Mila
Ich zucke zusammen und Nay lässt mich los, damit ich mich aufrappeln kann.
Dann gehe ich die wenigen Schritte zur Tür wobei ich Nay dicht hinter mir spüre.
Ich ziehe die Tür auf und stehe Mila gegenüber.
Ihre Augen weiten sich, als sie Nay hinter mir stehen sieht und sie scheint nicht mehr zu wissen, was sie eigentlich hier wollte.
Grinsend umarme ich sie zur Begrüßung, während sie mir ins Ohr zischt.
"Ich glaube wir müssen uns dringend mal unterhalten!"
Immer noch grinsend löse ich mich wieder von ihr und wende mich zu Nay.
"Nay, das ist Mila."
Ein Lächeln breitet sich auf seinem Gesicht aus und als er sich meiner Freundin zuwendet, spüre ich einen irrsinnigen Anflug von Eifersucht in meiner Brust.
"Hey Mila. Jara hat schon viel von dir erzählt. Ich bin Nayjuan."
Damit hat er recht - ich habe ihm wirklich schon einiges über Mila erzählt.
Wenn sie wüsste, was er schon alles über sie weiß...
"Hi Nayjuan."
Mila gibt ihm kurz die Hand, während sie mich durchdringend ansieht.
Wie soll ich ihr das nur erklären?
Sie denkt sicherlich, dass ich ihr Nayjuan schon eine ganze Zeit lang verschwiegen habe, so vertraut wie wir beide miteinander umgehen... Mal davon abgesehen, dass er gerade bei mir zuhause ist.
In gewisser Weise hat sie ja Recht - von dem Jungen vor sieben Jahren, der Nay einmal war, habe ich ihr nie erzählt.
Doch ich glaube nicht, dass dafür jetzt der richtige Zeitpunkt wäre. Irgendwie muss ich ihr also erklären, dass ich ihn erst seit gestern kenne - was auch irgendwie der Wahrheit entspricht.
Aber ich frage mich, ob sie mir das abnehmen wird.
Dass ich einen Typen, den ich gerade einmal einen Tag lang kenne, mit zu mir nach Hause nehme und wegen ihm die Schule schwänze... sieht mir eigentlich nicht wirklich ähnlich.
Mila reißt mich aus meinen Gedanken indem sie mir einen kleinen Stapel Blätter hinhält.
"Hier, der Gärtner hat heute wieder einiges an Stoff durchgebracht", sagt sie und grinst frech, während ich missmutig auf die Blätter schaue.
Herr Gärtner ist der wohl übereifrigste Lehrer an unserer Schule.
Mila hebt eine Augenbraue.
"Na, eigentlich hatte ich ja Mitleid mit dir, aber jetzt, wo ich den "Krankheitsgrund" gesehen habe...", sie zwinkert mir zu.
Immerhin scheint sie nicht allzu sauer zu sein, dass ich ihr nichts von Nay erzählt habe.
Oder nein, sie ist sauer, gibt mir aber zumindest die Chance, mich später zu rechtfertigen.
Denn ich muss später auf jeden Fall noch mal bei ihr vorbeischauen.
"Danke", erwidere ich wenig begeistert.
"Kann ich später noch mal bei dir vorbeikommen?"
"Auf jeden Fall."
Mila versucht sich an einem unheilvollen Blick, der ihr nicht so ganz gelingen will.
Ich glaube, ich muss mir echt was einfallen lassen, was ich ihr erzähle.
"Dann bis später", meint sie grinsend zu mir.
"Tschüss... äh ..."
Sie sieht ein wenig zerknirscht zu Nay hoch, da sie sich seinen Namen anscheinend nicht merken konnte.
"Nayjuan", hilft er ihr freundlich und lächelt.
"Hat mich gefreut, dich endlich mal kennenzulernen."
Mila wirft mir einen leicht verwirrten Blick zu, wendet sich dann aber ohne weitere Worte zum Gehen um, während ich innerlich seufze.
Nays Worte haben die Situation nicht besser gemacht, sind sie doch Hinweis darauf, wie viel ich ihm wirklich schon von ihr erzählt habe - und wie lang ich ihn damit schon kennen muss.
~ ❤️ ~
"Das ist also Mila", sagt Nay, als wir wieder auf dem Sofa im Wohnzimmer sitzen.
"Es ist echt schön, die Leute, von denen du mir immer erzählt hast, wirklich kennenzulernen."
Er lächelt mich an.
Ich lehne mich stöhnend an ihn.
"Was soll ich ihr nur erzählen?
Sie wird mir niemals glauben, wenn ich ihr sage, dass ich dich erst seit gestern kenne. Sie wird denken, dass ich dich die ganze Zeit vor ihr verheimlicht habe."
"Hm. Sag ihr doch einfach, dass du mich gestern im Wald getroffen hast. Dass ich aus einem Dorf in der Nähe komme."
Ich spüre, wie er die Schultern zuckt.
"Du kannst wenigstens versuchen, ihr zu sagen, dass du mich erst seit gestern kennst. Stimmt ja auch... Irgendwie."
"Und wie soll ich ihr erklären, dass wir schon so vertraut miteinander sind? Und dass ich heute die Schule wegen dir geschwänzt habe?"
"Liebe auf den ersten Blick?", schlägt Nay vor und ich muss lachen.
"Und du wolltest Zeit mit mir verbringen? Hm, ne, da fällt mir auch nichts wirklich Plausibles ein, wenn ich ehrlich bin. Sie wird dir schon vertrauen, meinst du nicht? Immerhin ist sie deine beste Freundin seit dem Kindergarten."
Ich lächle. Es kommt mir immer selbstverständlicher vor, dass Nay einfach so gut wie alles über mich weiß.
Ich kuschle mich an ihn woraufhin er einen Arm um mich legt und mich eng an sich zieht, dann greift er nach den Blättern, die Mila mitgebracht hat und studiert sie aufmerksam.
"Tu das weg", stöhne ich.
"Erinner mich nicht an die Schule."
"Woran denn dann?"
Ich sehe den Schalk in seinen Augen. "Daran, wie fantastisch ich küssen kann?"
"Angeber", murmele ich, erwidere jedoch freudig den Kuss, denn er mir schenkt.
"So. Und jetzt machen wir Hausaufgaben", stellt er klar, während er sich aufsetzt und mich erwartungsvoll ansieht.
Stöhnend drehe ich mich um und vergrabe den Kopf in einem der Sofakissen, nur um Augenblicke später hochgehoben zu werden.
Nay wirft mich über seine Schulter als würde ich nichts wiegen und mir bleibt nichts anderes übrig als mich meinen Hausaufgaben zu ergeben, als er mich am Wohnzimmertisch auf einem Stuhl ablädt und sich grinsend danebenstellt.
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