Der Wolf in meinem Bett
Abends liege ich im Bett und denke an Nay.
Vor mir liegt mein Handy, in das ich Nays Nummer bereits eingespeichert habe.
Jetzt überlege ich, ob ich ihm schreiben soll. Und wenn ja, was.
Schließlich kommt das dabei raus:
Hey
Schätz mal, du kannst dir denken, wer ich bin ;)
Wmd?
Miss u
Die Antwort kommt keine Minute später.
Scheinbar trägt er sein Handy bei sich.
Vielleicht hat er darauf gewartet, dass ich ihm schreibe?
Nay:
hab beschlossen draußen zu pennen
schau in die sterne & denk an dich;)
Sein Text lässt mein Herz höher schlagen.
Im Gegensatz zu mir hat sich Nay mit der Groß- und Kleinschreibung jedoch keine Mühe gemacht - genauso wie mit Zeichensetzung, aber es stört mich kein bisschen.
Irgendwie finde ich seine Nachricht so sogar noch cooler.
Nay:
noch da?
Da musste er wohl jetzt ein Fragezeichen setzen.
Schnell antworte ich ihm.
Klar.
Nay:
denke an den tag andem ich dich zum ersten mal getroffen hab
Danke, dass du mich gerettet hast ;)
Nay:
tut mir leid dass ich dich verletzt hab
ich war innerlich so zerrissen
immer wenn du mir von dem jungen - mir - erzählt hast und dich gefragt hast warum er - ich - so gemein zu dir war
hätte mich fast verwandelt manchmal
wie hättest du reagiert wenn auf einmal ein nackter junge vor dir läge XD
Wow, das war lang.
Bevor ich ihm zurückschreibe, denke ich über das nach, was Nay mir geschickt hat.
Ich weiß, dass er mit dem letzten Satz - falls man das als Satz bezeichnen kann - nur seine Gefühle überspielen will und versucht, die Ernsthaftigkeit, die im restlichen Text mitschwingt, ein wenig zu überspielen.
Ihm zuliebe gehe ich darauf ein.
Ich wäre schreiend weggerannt.
Nay:
glaub ich dir nicht
Was glaubst du denn, hätte ich gemacht?
Nay:
dich zu mir gelegt und gefreut dass ich da bin
Nay:
und mir angeboten mit zu dir zu kommen damit du mir klamotten geben kannst
Sicher.
Morgen wird mein Guthaben leer sein.
Wenn das von heute an nun jeden Abend so läuft, dann gute Nacht. Dann werde ich bald arm sein.
Nay:
spüre immer noch deine lippen auf meinen
Ich starre mein Telefon an und schließe die Augen.
Mir geht es nicht anders.
Aber ich hätte es nicht gewagt, ihm das zu schreiben.
Nay:
Jara?
Auf einmal scheint er doch der Großschreibung mächtig zu sein.
Nay?
Nay:
ich liebe es wenn du mich so nennst
Ich wünschte du wärst hier.
Mir ist kalt.
Nay:
stell dir meinen heißen körper vor vielleicht wirds besser
Nay:
da war grad ne sternschnuppe hab mich zu dir gewünscht;)
hat nicht geklappt
Seufzend sehe ich aus dem Fenster und stelle mir Nay vor, wie er mitten im Wald im Gras liegt und in die Sterne schaut.
Plötzlich komme ich mir hier im Haus total eingesperrt vor.
Er hat eine Freiheit, die ich niemals haben werde.
Wie gerne ich jetzt zu ihm in den Wald gehen würde.
Aber ich muss morgen in die Schule, und ich kann nicht einfach blindlinks in den Wald laufen.
Mit einem Mal ist es mir gar nicht mehr so wichtig aus dem Haus zukommen, dass Einzige, was ich will, ist Nay bei mir zu haben - egal, wo.
Er vermittelt mir ein Gefühl von Freiheit, egal wo ich gerade bin.
Kannst du kommen?
Nay:
zu dir? jetzt?
Ja
Nay:
wirklich?
oh fuck
bin in paar minuten da
warte im haus ich klopf an die tür
Ich stecke mein Handy in die Hosentasche und lasse mich rückwärts auf mein Bett fallen.
Ich weiß nicht, was mich gerade geritten hat, was mich dazu bewegt hat, ihn zu fragen ob er herkommt.
Aber ich brauche ihn einfach hier bei mir.
Ich vermisse ihn so, obwohl es gerade mal dreieinhalb Stunden her ist, seit er gegangen ist.
Wahnsinn wie sehr Nay mein Leben jetzt schon auf den Kopf stellt.
Als ich mich mit ihm als Wolf getroffen habe, waren unsere Treffen fest vereinbart, ich konnte ja nicht einfach mal eine SMS schicken oder anrufen.
Zwischen uns war alles ausgewogen, ich war für ein paar Stunden im Wald, dann bin ich gegangen mit der Sicherheit, dass es morgen genauso sein würde.
Doch schon jetzt, obwohl Nay mir heute erst sein ganzes Geheimnis erzählt hat, ist mein Leben so durcheinander wie noch nie.
Ich finde es wunderschön.
Langsam schleiche ich die Treppe nach unten, um Nay die Tür zu öffnen, wenn er kommt.
Mein Herz schlägt schneller vor Aufregung.
Meine Eltern sind schon ins Bett gegangen, als ich vorhin noch Fernsehen geschaut habe.
Sie müssen morgen wieder früher aufstehen als ich und sind sonst todmüde, wenn sie abends noch bis ultimo aufbleiben.
Ein leises Klopfen reißt mich aus meinen Gedanken und mein Herz hämmert gegen meinen Brustkorb, als ich die Tür einen Spaltbreit öffne.
Kalte Nachtluft strömt mir entgegen und trägt die Gerüche der Natur ins Haus.
Vor mir steht der schönste Wolf der Welt und reibt seinen Kopf an meinem Bein.
Im Maul trägt er seine Klamotten, die ich ihm behutsam abnehme.
Dann lasse ich ihn herein und schließe leise die Tür hinter mir, während mir die Frage im Kopf herumgeistert, was ich machen würde, wenn meine Eltern plötzlich auftauchen würden.
"Komm mit, aber leise", weise ich ihn an und schleiche die Treppe wieder nach oben in mein Zimmer.
Nachdem auch Nay drinnen und die Tür wieder zu ist, atme ich auf.
Dann bücke ich mich zu Nay und umarme ihn.
Er riecht wie als Mensch: nach Freiheit, Natur und Nay.
Der einzige Unterschied ist, dass er als Wolf auch noch diesen Tiergeruch hat, aber nur ganz leicht.
Es stört mich nicht.
Er legt seine Pfote auf die Klamotten in meinen Armen und ich verstehe.
Ich lege sie vor ihn hin und strecke mich dann auf meinem Bett aus.
Um Nay zu necken lege ich mich so hin, dass ich ihn vom Bett aus genau im Blick habe.
Aus seiner Kehle entweicht ein leises Knurren und ich grinse.
Als er sich jedoch umdreht und plötzlich als Mann dasteht, fällt mir das Grinsen wieder aus dem Gesicht. Damit hatte ich nicht gerechnet.
"Tja, da schaust du, was", meint er mit rauer Stimme, doch ich höre das Lächeln darin heraus.
"Dachtest wohl, ich würde mich vor dir schämen?"
Ich kann nicht anders als auf seinen knackigen Hintern zu starren.
Wie es wohl wäre...
Schnell kneife ich die Augen zusammen, doch wie von selbst öffnen sie sich wieder.
Nay hat den Körper eines jungen Gottes - zumindest so wie ich mir einen vorstelle.
Er ist perfekt.
Schlank aber kräftig, gut definiert mit einer gehörigen Portion Muskeln, aber nicht so, dass es übertrieben aussähe.
Nay sieht einfach wahnsinnig gut aus.
Mittlerweile trägt er dunkelblaue Boxershorts und ist gerade dabei, sich eine Jogginghose überzuziehen, während er sich zu mir umdreht.
Beim Anblick seines nackten Oberkörpers läuft mir erneut das Wasser im Mund zusammen - ich kann es nicht verhindern.
Er sieht einfach zum Anbeißen aus.
Als Nay mein Starren bemerkt, fängt er an, leise zu lachen.
Ein T-Shirt hat er scheinbar gar nicht erst mitgenommen.
Langsam kommt er zu mir ans Bett, legt sich neben mich und zieht mich in seine Arme.
Tief atme ich seinen Geruch ein.
Mir wird klar, dass ich in seinen Armen einschlafen will - und dass ich nie mehr etwas anderes möchte.
"Danke, dass du hier bist", flüstere ich an seine Brust.
"Gekommen, so schnell ich konnte", sagt er ebenso leise und mein Herzschlag beschleunigt sich.
Im selben Moment merke ich, wie Nays Herz rast.
Viel schneller als meines.
Erschrocken richte ich mich auf und lege beide Hände auf seine Brust.
"Was ist los mit dir? Wir müssen einen Arzt holen!"
Ich will aus dem Bett springen und zum Telefon hasten, doch Nay hält mich fest.
"Hey, beruhig dich. Alles gut."
Er lacht leise.
"Wölfe haben einen schnelleren Herzschlag als Menschen, besonders bei Anstrengung."
Sanft zieht er mich wieder zurück in seine Arme.
Ich stoße die Luft aus, die ich, ohne es zu merken, angehalten habe.
"Weißt du, was für einen Schock ich gerade bekommen habe?"
Nay vergräbt sein Gesicht in meinem Haar.
"Tut mir leid", knurrt er leise und ich bekomme Gänsehaut am ganzen Körper.
"Schon krass, oder?", frage ich leise.
"Was meinst du?"
"Naja.... Ich meine, ja, ich kenne dich schon seit einer Ewigkeit, aber so richtig habe ich dich erst gestern kennengelernt. Ich meine... gestern! Und trotzdem liegen wir jetzt hier und es gibt keinen anderen Ort, an dem ich lieber sein würde und keine andere Person, bei der ich lieber sein würde.
Das... geht alles so schnell.
Ist das nicht eigenartig?"
"Nein", haucht er und zieht mich noch fester an seinen Körper.
"Das ist nicht eigenartig. Das ist Liebe."
Ich halte den Atem an und bin mir nicht sicher, ob ich mich gerade eben verhört habe.
Hat er mir eben durch die Blume gesagt, dass er mich liebt?
"Du..."
"Pschht", flüstert er.
"Lass mich bitte erst sprechen."
Ich nicke ganz leicht, er spürt es und spricht weiter.
"Das ist nicht eigenartig, denn die Liebe ist wunderschön.
Und zum Thema schnell... seit ich dich das erste Mal gesehen habe, wusste ich, dass ich dich will.
Naja, okay, ich gebe zu dass ich das damals als Junge vielleicht noch nicht einordnen konnte, was ich fühlte, aber meine Liebe zu dir geht weit über diese beiden Tage - gestern und heute - hinaus.
Ich habe es geliebt, dass du mich jeden Tag im Wald besucht hast.
Dass du mir alles anvertraut hast und mich selbst als Wolf nicht abgewiesen hast, habe ich geliebt.
Jedes Mal, wenn ich dich dort im Wald auf mich warten sah, ist mir klar geworden, dass ich dich liebe, und dass ich verloren bin, weil ich dir niemals als Mensch nahe sein würde und irgendwann einmal nicht mehr der sein würde, den dein Herz begehrt.
Weil ich ein Wolf war - bin - und meine menschliche Hälfte zu deinem Schutze für immer vergessen wollte.
Es ist unfassbar und meinetwegen auch eigenartig, was in den letzten zwei Tagen passiert ist, das stimmt, aber es ist wunderschön.
Ja, ich liebe dich, Jara."
Nay liebt mich.
Es kann sein, dass ich ihn etwas erschrocken ansehe.
Ich habe keine Ahnung, was ich ihm erwidern soll.
"Du musst mir jetzt nicht sagen, dass du mich auch liebst.
Für dich bin ich ja quasi erst gestern zum potentiellen Partner geworden, wohingegen du für mich immer dieselbe warst.
Ich verlange nicht von dir, dass du mir nach den zwei Tagen, die du mit mir als Mensch verbracht hast, sagst, dass du mich liebst.
Das wäre unsinnig und unfair von mir.
Ich bin bereit, dir die Zeit zugeben, die du brauchst."
Mir ist klar dass ich in ihn verliebt bin.
Wahrscheinlich deutet sogar alles darauf hin, dass ich ihn liebe, aber ich werde seinem Angebot nachgehen. Ich werde ihm diese drei Worte erst sagen, wenn ich mir wirklich sicher bin.
Ich weiß nicht, ob er aus meinen Augen irgendetwas herauslesen kann, aber Nay lässt mich ihm nicht antworten.
Er versiegelt meine Lippen mit seinen und die Gedanken, die ich mir gerade noch gemacht habe, rücken immer weiter in den Hintergrund.
Noch ein Bild von Nay😊😊😊
Es ist sooo cool❤❤ Love it💕
Danke TashinaAjala12😉
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