Der Aufbruch
Die letzten Stunden vor der Nacht und dem Morgen unserer Abreise verbrachten Legolas und ich damit, meine Kampftechniken mit Pfeil und Bogen sowie Dolchen zu verfeinern. Mittlerweile hatte ich ihn sogar einige Male geschlagen, wobei ich das eher auf meine neuen elbischen Fähigkeiten zurückführte als auf die Zeit, in der ich zuhause manchmal gekämpft hatte. Ich musste trotzdem zugeben, dass ich darauf sehr stolz war. Ebenso konnte ich bald auch ein paar Brocken Sindarin sprechen, das fand ich beinahe noch besser als die Kampfübungen, da mich diese Sprache schon immer fasziniert hatte.
Nachdem Elrond uns wortreich verabschiedet hatte, drehten wir uns um und passierten das Tor.
Ich sah noch einmal zu Arwen zurück, mit der ich mich ja mittlerweile gut verstand. Sie hatte jedoch nur Augen für Aragorn. Ich konnte mir gar nicht vorstellen wie es sich anfühlen musste, den Geliebten auf so eine Reise gehen lassen zu müssen, von man nicht wusste, ob er zurückkehren würde. Und begleiten konnte sie ihn ebenfalls nicht. Es musste grausam sein.
Auf dem Weg fiel mir auf, dass außer den Hobbits so gut wie niemand redete. Alle waren in Gedanken versunken oder schlicht und einfach schlecht gelaunt. Lustig, dabei hatten sie sich doch alle freiwillig gemeldet!
Als wir die erste Pause machten, setzte ich mich möglichst an den Rand, ich hatte im Moment keine große Lust auf ein Gespräch. Ich zog die Messer aus dem Rucksack, die ich außer dem Bogen und den zwei Dolchen noch bekommen hatte. Wenn ich sie woanders verstauen würde, wären sie nicht so leicht zu finden und ich hätte noch ein Ass im Ärmel, wenn mir meine Waffen abgenommen würden. Eins landete in meinem Stiefel, der Rest im Gürtel und unter der Jacke. Tja, Sicherheit ging vor.
Sofort musste ich an Zuhause denken. Ich hatte mich zwar mit meiner Familie nicht verstanden, aber meine beste Freundin war immer für mich da. Und andersherum.
Wir redeten immer viel über Herr der Ringe, zitierten das Buch oder verglichen Leute aus unserem Umfeld mit Tolkiens Charakteren. Dabei waren oft sehr interessante Dinge herausgekommen!
Wir waren noch nicht unglaublich lang befreundet, verstanden uns aber teilweise so gut, dass man meinen könnte, wir wären Geschwister. Den Gegenbeweis lieferte jedoch schon alleine das Aussehen:
Sie war etwas kleiner als ich, hatte hellbraune Haare und hellblaue Augen.
Ich dagegen war ziemlich groß, hatte sehr lange, blonde Haare und dunkelblaue Augen.
Wenn ich mir überlegte, was sie sagen würde, wenn sie mich jetzt sähe! Ich musste kichern.
Da drehte Legolas sich zu mir um. In der kurzen Zeit waren wir beinahe Freunde geworden, ich hatte ihm viel von mir erzählt und er von sich. Vermutlich konnte er sich vorstellen, woran ich gedacht hatte.
Ich musste seufzen. Wer wusste schon, wann ich wieder nach Hause konnte? Natürlich würde ich bleiben und der Gemeinschaft helfen, doch was würde mit mir passieren, wenn ich diese Aufgabe erledigt hatte?
Nun stand Legolas von der anderen Seite unseres Lagers auf und setzte sich neben mich. "Du denkst zu viel an die Zukunft, Nauriel. Mache dir vorerst keine Sorgen, wie du zurückkommst, wir haben im Moment genug zu tun."
Wo er recht hatte... Allerdings war ich bei dem Namen zusammengezuckt, den er und Elrond mir gegeben hatten. Auch konnte ich mir ein "Ja doch, Meister Yoda!" gerade noch so verkneifen.
Der Elb redete weiter. "Außerdem kann ich mich, wenn wir nach Lothlórien kommen, mit der Herrin Galadriel besprechen, ich muss sowieso mit ihr reden."
"Und wenn du das nicht müsstest?", fragte ich gespielt beleidigt. "Würdest du sie dann überhaupt fragen?"
Legolas lachte nur, als plötzlich ein Schatten neben mir auftauchte. Ich erschrak ein wenig, beruhigte mich aber, als ich Aragorn erkannte. Er konnte unmöglich unser Gespräch mitgehört haben, hoffte ich zumindest.
"Wenn ich dich etwas fragen darf, Nauriel... ihr beiden scheint euch sehr gut zu verstehen, jedoch habe ich bei meinen Besuchen im Düsterwald nie etwas von dir gehört. Wie lange kennst du Legolas schon?"
Ich versuchte schon, mir irgendetwas auszudenken, als der Elb hastig antwortete.
"Wir kennen uns schon länger, jedoch wohnt sie relativ am Rand des Düsterwaldes und durfte diesen auch noch nie verlassen. Deshalb habe ich sofort gefragt, ob Nauriel mitkommen dürfe, als mein Vater mich nach Bruchtal schickte."
Gedanklich wischte ich mir den Schweiß von der Stirn, als Aragorn endlich ging. Ich mochte ihn, aber seine Scharfsinnigkeit konnte zuweilen etwas unangenehm sein. Schnell warf ich Legolas einen dankbaren Blick zu, bevor wir aufstanden und gemeinsam weitermarschierten.
Ich merkte förmlich, wie sich die Landschaft veränderte. Rund um Bruchtal waren viele Wälder und flache Ebenen gewesen, während es auf unserem Weg nun teilweise sehr felsig und uneben aussah. Nicht, dass ich etwas dagegen hatte, ich liebte klettern, jedoch würde es auf Dauer ziemlich ermüdend werden.
Als die Sonne langsam unterging, suchten wir uns einen guten Platz für unser Lager aus. Nach lange aufbleiben und Reden war heute niemandem, also aßen wir nur schweigend etwas Brot und Suppe von Sam, worüber die armen Hobbits reichlich enttäuscht waren. Sie waren zwar unglaublich verfressen, aber sie taten mir leid. Was würde erst passieren, wenn uns die Lebensmittel tatsächlich knapp wurden! Ich wollte gar nicht daran denken.
Aragorn und Gandalf einigten sich darauf, sich die Nachtwache zu teilen, da beide wussten, dass sie sowieso kein Auge zubekommen würden. Sie taten mir ebenso leid, aber ich war auch etwas froh darüber. So musste keiner von uns mitten in der Nacht aufstehen!
Während ich noch etwas vor mich hinsummte, legten wir uns schlafen. Ich wälzte mich hin und her, die anderen konnten jedoch anscheinend auch nicht schlafen. Boromir lag auf der Seite und strich geistesabwesend immer wieder über seinen Schild und sah zu den Hobbits, Merry, Sam und Pippin überlegten leise, welche Pflanzen und Früchte noch essbar waren, Frodo starrte in die Luft und warf den Kopf hin und her. Gimli murmelte vor sich hin und blickte wachsam in die Gegend. Einzig Legolas schien zu schlafen, aber auch nur, weil Elben dies mit offenen Augen taten. Wer wusste schon, wo er in Gedanken war?
Aragorn bemerkte die allgemeine Unruhe. "Ihr solltet jetzt schlafen", mahnte er, "bei Sonnenaufgang ziehen wir weiter."
"WAS??", fragte ich entsetzt. "Wieviel Uhr ist das?" Mit meinem Ausruf hatte ich alle aus dem Halbschlaf gerissen. Legolas antwortete als erster: "Etwa sechs Uhr morgens, wir müssen allerdings etwas früher aufstehen, um unsere Sachen zu packen."
Erschüttert sah ich zu ihm. Das konnte nicht sein Ernst sein! So früh musste ich nicht einmal in der Schulzeit aufstehen! Okay, eigentlich schon, aber ich tat es nicht, sondern blieb immer noch eine Viertelstunde liegen. Bis mein Blick dann auf den Wecker fiel und ich beinahe einen Herzinfarkt bekam. Früh aufstehen konnte nicht gesund sein!
Inzwischen sahen mich alle fragend an. Schließlich meinte ich resigniert: "Na gut. Aber viel Spaß dem, der versucht, mich zu wecken!"
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Hey, da bin ich wieder! :)
Ich hätte das Kapitel gestern schon hochgeladen, aber aus irgendeinem Grund hat Wattpad es gelöscht und ich durfte von vorne anfangen! D:
Na ja, jetzt ist es da xD
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