Wie immer herrschte in der Taverne ein wildes Durcheinander. Lautes Geschrei, das Klirren von Gläsern und das dumpfe Geräusch von Faustschlägen erfüllten die stickige Luft. Nanami bewegte sich geschickt durch die sich prügelnden Gäste, wobei sie drei Gläser und eine Flasche Rum balancierte. Ihre Schritte waren leicht und sicher, als würde sie ein gefährliches, aber vertrautes Tanzparkett betreten. „Will, würdest du die Augen offen halten?", rief sie über das Getöse hinweg, während sie sich zu ihm hindurchschlängelte. Will lehnte an einem der tragenden Pfeiler und beobachtete das Treiben mit wachsamen Augen. „Das hier ist mein Terrain, also fang keine Prügelei an, aus der ich dich rausprügeln muss", fügte sie mit einem schelmischen Lächeln hinzu, das einen Hauch von Sorge verriet. Will nickte und grinste leicht, seine Augen ruhten aufmerksam auf den sich bewegenden Schatten und Gestalten um sie herum. „Keine Sorge, Nanami. Ich werde mich benehmen, ich bin ja nicht Jack", antwortete er, aber in seiner Stimme lag ein Anflug von Abenteuerlust, den sie nur zu gut kannte.
Nanami stellte die Gläser und die Flasche Rum vorsichtig auf den wackeligen Holztisch, an dem Jack und Gibbs bereits Platz genommen hatten. Der Tisch war alt und hatte schon bessere Tage gesehen, aber in dieser heruntergekommenen Taverne war er der beste, den man bekommen konnte. Jack hatte sich lässig zurückgelehnt, seine Hände hinter dem Kopf verschränkt und ein breites, verschmitztes Grinsen auf den Lippen. Es schien, als wäre das Chaos um ihn herum nichts weiter als eine amüsante Ablenkung. Gibbs hingegen wirkte nervöser, seine Augen huschten unruhig von einem betrunkenen Streit zum nächsten, während er hastig den ersten Schluck Rum nahm.
Nanami setzte sich zu den beiden und musterte sie mit einem scharfen Blick. "Also, was habt ihr beide vor? Das letzte Mal, als ich euch zusammen sah, hast du geschworen, das Festland nie wieder zu verlassen," sagte sie und sah dabei direkt Gibbs an. Dann wandte sie ihren Blick zu Jack. "Und du, warst halt du..." Jack's Grinsen wurde breiter, als er antwortete: "Ich verfolge die Black Pearl." Gibbs verschluckte sich beinahe an seinem Rum und hustete laut. "Und sie will den Grünschnabel da beschützen... Ich weiß, wo die Pearl ist, und ich will sie übernehmen."
"Das ist keine gute Idee, Jack," entgegnete Gibbs sofort und seine Stimme klang besorgt. "Du kennst die Geschichten über die Black Pearl besser als ich." "Daher weiß ich auch, was Barbossa vorhat," konterte Jack mit einem selbstsicheren Funkeln in den Augen. "Ich brauche nur eine Crew." Nanami hob die Flasche Rum an ihre Lippen und nahm einen tiefen Schluck, bevor sie gelangweilt einwarf: "Captain Barbossa hat was gegen Dummköpfe. Er macht keine Geschäfte mit ihnen." "Gut, dass ich kein Dummkopf bin", erwiderte Jack ohen zu zögern. Nanami hob eine Augenbraue und ihr Blick wurde herausfordernd. "Oh, okay, dann beweis mir, dass ich mich irre. Warum sollte Barbossa...", sie nahm einen weiteren Schluck aus der Flasche, "...dir sein Schiff übergeben?"
"Es gibt da ein gutes Druckmittel," meinte Jack mit einem schelmischen Grinsen und deutete mit einem Nicken in Richtung von Will, der immer noch an einen stützenden Pfahl gelehnt stand. Der junge Mann wirkte verloren in Gedanken, unwissend, dass er gerade zum Zentrum einer gefährlichen Diskussion wurde. Nanami runzelte die Stirn und verschränkte die Arme vor der Brust. "Was hat Will damit zu tun?" forderte sie sofort zu wissen, ihre Augenbrauen zogen sich skeptisch zusammen. "Er ist der Sohn von Stiefelriemen Bill Turner. Sein einziges Kind. Kapier?" Jack sprach in einem Ton, als ob die Antwort offensichtlich wäre, als ob das Gewicht seiner Worte allein Nanami die Augen öffnen sollte.
Nanami sah Jack einen Moment lang schweigend an, dann dämmerte ihr die Bedeutung seiner Worte. "Tatsächlich. Druckmittel, sagst du," murmelte Gibbs nachdenklich, ihre Miene wurde ernst. "Ich glaube, der Wind dreht sich, sage ich. Ich besorge die Crew. Es gibt genug Seeleute, die so verrückt sind wie du," erklärte Gibbs mit einer neuen Entschlossenheit in der Stimme. Es schien, als wäre ihm ein Licht aufgegangen, während Nanami noch immer im Dunkeln tappte.
"Das kann man nur hoffen," meinte Jack lakonisch und hob sein Glas. "Nimm, was du kriegst." "Und gib nichts zurück," vollendete Gibbs den Spruch mit einem breiten Grinsen, und die beiden Männer stießen ihre Gläser an, als ob sie ein unausgesprochenes Gelübde erneuerten. Nanami, die das Geschehen still beobachtet hatte, warf ihre Hände in die Luft und seufzte genervt. "Okay, kann mich endlich jemand aufklären? Warum willst du meinen besten Freund für die Pearl eintauschen? Ich meine, ich wäre das bessere Druckmittel..." Ihre Stimme klang fordernd und ihre Augen funkelten vor Unverständnis, als sie Jack fest in die Augen sah.
Jack nahm einen weiteren Schluck Rum und stellte sein Glas mit einem leisen Klirren auf den Tisch. "Liebes, Barbossa hat keine Verwendung für dich als Druckmittel. Will hingegen... Er ist der Schlüssel zu etwas, das Barbossa dringend braucht. Stiefelriemen Bill ist mehr als nur ein lausiger Pirat gewesen. Sein Nachkomme ist wertvoll. Will ist unser Trumpf." Nanami starrte Jack an, ihre Augen suchten nach einer Spur von Lüge, aber alles, was sie fand, war eine kalte, harte Entschlossenheit. "Und was, wenn das schiefgeht? Was, wenn Barbossa ihn einfach tötet?" Ihre Stimme zitterte leicht, ein Hauch von Besorgnis und Angst mischte sich in ihre Worte.
"Das ist ein Risiko, das wir eingehen müssen," antwortete Jack ruhig. "Aber ich bin nicht darauf aus, Will zu verlieren. Er ist unser Ass im Ärmel, und mit der richtigen Taktik werden wir Barbossa überlisten." Nanami schüttelte den Kopf, ihre Sorge wich langsam einer resignierten Akzeptanz. "Ich hoffe, du weißt, was du tust, Jack. Denn wenn nicht, verlierst du mehr als nur ein Schiff." Jack lächelte, ein Lächeln, das Vertrauen und Unbekümmertheit zugleich ausstrahlte. "Vertraue mir, Liebes. Ich habe immer einen Plan."
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„Eine Augenweide. Alles gute Männer auf jedem Mast. Ein jeder ist sein Salz wert. Und verrückt sind sie auch", sagte Gibbs am nächsten Tag, als er Jack seine neue Crew vorstellte. Seine Augen funkelten vor Begeisterung, während er stolz die Männer betrachtete, die sich vor ihnen aufgereiht hatten. Jack betrachtete die Crew mit einem zufriedenen Lächeln und nickte anerkennend. „Eine fähige Crew", sagte er. Will, der etwas abseits stand, konnte seine Skepsis kaum verbergen. „Also, das ist deine fähige Crew?", fragte er mit einem Hauch von Zweifel in der Stimme. Sein Blick wanderte über die Männer, die Jack ausgewählt hatte, und er konnte die Sorge nicht verbergen.
Nanami musterte die Crew ebenfalls. Sie war anders, als sie es erwartet hatte, aber genau deswegen wusste sie, dass sie perfekt für Jacks unkonventionelle Art des Piratendaseins war. „Sie sind wirklich anders", flüsterte sie leise, mehr zu sich selbst als zu den anderen. In diesem Moment wandte Jack sich einem alten Mann zu, der ruhig am Rand der Gruppe stand. Auf seiner Schulter saß ein bunter Papagei, der neugierig die Anwesenden musterte. „Seemann!", rief Jack, seine Stimme klang energisch und bestimmend. Der alte Mann hob den Kopf und schaute Jack mit klaren, wachen Augen an. „Cotton, Sir", stellte Gibbs ihn vor. Jack trat näher und sah den Mann eindringlich an. „Mr. Cotton. Befolgen Sie mutig jeden Befehl, auch angesichts des beinahe sicheren Todes? Mr. Cotton, antworten Sie." Eine kurze, gespannte Stille folgte. Will runzelte die Stirn und schaute verwirrt zu Gibbs. „Er ist stumm, Sparrow. Man hat ihm die Zunge rausgeschnitten", meldete sich Nanami zu Wort:" Der Papagei spricht für ihn. Aber wer weiß schon, wie genau man das nehmen muss." Ihre Worte klangen wie eine Selbstverständlichkeit, als wäre es das Normalste der Welt. Jack drehte sich zu ihr um und musterte sie neugierig. Woher wusste sie das?
Captain Jack Sparrow wandte sich mit einem spitzbübischen Lächeln an Mr. Cotton und seinen bunten Papagei: „Mr. Cottons Papagei, gleiche Frage wie immer." Der Vogel krächzte krächzend: „Wind in den Segeln!" Gibbs nickte verständnisvoll und interpretierte: „Das bedeutet vermutlich 'Ja'." „Na klar. Zufrieden?", fragte Jack dann seinen jungen Begleiter Will Turner, der ihn mit einem skeptischen Blick bedachte und schulterzuckend erwiderte: „Verrückt sind sie jedenfalls." „Und was springt für uns raus?", rief ein Pirat aus der Menge und trat näher. Jack, immer der charmante Draufgänger, ging mit federnden Schritten auf den Mann zu, nahm ihm den Hut ab und betrachtete ihn mit einem breiten Grinsen. Doch statt des grobschlächtigen Piraten sah er plötzlich eine Frau vor sich stehen, deren braune, von der Sonne geküsste Locken ihr sanft über die Schultern fielen. Überrascht entfuhr es ihm: „Eine Maria!"
Doch kaum war das Wort über seine Lippen, spürte er auch schon den stechenden Schmerz einer schallenden Ohrfeige auf seiner Wange. Die Frau funkelte ihn belustigt an und fragte mit scharfer Zunge: „War die auch verdient, Sparrow?" Jack rieb sich die schmerzende Stelle und erwiderte reumütig: „Ja, die war verdient." Mit funkelnden Augen und vor Zorn bebender Stimme zischte sie: „Jack, du hast mein Boot gestohlen!" Jack hob beschwichtigend die Hände, wollte etwas erklären, doch bevor er ein Wort herausbrachte, klatschte die nächste Ohrfeige auf die andere Wange. „Geborgt! Geborgt, ohne Erlaubnis", versuchte er sich hastig zu verteidigen. „Ich wollte es zurückbringen!" Die Frau lachte kalt und entgegnete schneidend: „Aber das hast du nicht!"
Jack, stets ein Meister der Improvisation, setzte sein charmantestes Lächeln auf und versprach: „Du kriegst ein anderes." Sie hob eine Augenbraue und schnaubte verächtlich: „Das werde ich." Dabei zeigte sie mit ihrem Finger drohend auf ihn, und in diesem Moment spürte Jack, dass sie es absolut ernst meinte. Eine Weile standen sie sich gegenüber, während die Crew um sie herum gespannt zusah, bereit für das nächste Kapitel dieses aufregenden Abenteuers.
Nanami trat nach vorne und hob entschlossen die Hand, um sich Gehör zu verschaffen. „Ein besseres", forderte sie mit klarer, bestimmter Stimme. „Du bekommst das da." Ihr Finger zeigte geradewegs auf das prächtige Schiff, das sie zuvor von Commodore Norrington gekapert hatten. „Welches?", fragte Jack sofort, seine Augen weiteten sich vor Schreck. Er sah Nanami an, als könne er nicht glauben, was er da hörte. „Das da!", wiederholte sie unnachgiebig und deutete erneut auf das Schiff, das im Hafen vor Anker lag, majestätisch und erhaben. „Das da, oder Will und ich sind raus."
Jack blinzelte, das Grinsen auf seinen Lippen verschwand nur kurz, bevor er es wiedererlangte. „Aye, das da", sagte er und wandte sich wieder Nanami zu. „Was sagst du, meine Schöne?" Nanami musterte ihn einen Moment, bevor sie mit einem Lächeln auf den Lippen nickte. „Aye", antwortete sie fest und ging mit den anderen jubelnden Crewmitgliedern zum Schiff hinüber. Während sie sich entfernten, brummte Gibbs skeptisch: „Das bringt Unglück, eine Frau an Bord."
Jack verzog das Gesicht und nickte zustimmend, seine Augen folgten Nanami, die sich souverän unter die Crew mischte. „Ich bin auch eine Frau!", rief sie über die Schulter zurück, ohne langsamer zu werden. Jack grinste, ein Ausdruck voller Bewunderung und etwas, das man fast als Zuneigung deuten könnte. „Schlimmer wäre es ohne sie", sagte er leise, mehr zu sich selbst als zu irgendjemandem sonst.
Gibbs schnaubte nur, aber Jack ließ sich davon nicht beirren. Er wusste, dass sie jemanden wie Nanami brauchten – stark, entschlossen und furchtlos. Und obwohl er es nicht laut sagen würde, schätzte er ihre Anwesenheit mehr, als er zugeben wollte. Die Crew war inzwischen an Bord des stolzen Schiffes und bereitete sich darauf vor, die Segel zu setzen. Jack sah zu, wie Nanami sich an Deck bewegte, ihre Befehle klar und präzise, ihre Haltung selbstsicher. Es war klar, dass sie genauso zur Crew gehörte wie jeder andere, und vielleicht sogar mehr.
Er wandte sich an Will, der neben ihm stand und das gleiche Schauspiel beobachtete. „Es wird nicht leicht mit ihr", sagte Will, ein Hauch von Sorge in seiner Stimme. Jack nickte, ein schelmisches Funkeln in seinen Augen. „Nein, aber es wird auch nie langweilig." Gemeinsam machten sie sich auf den Weg zum Schiff.
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"Tote erzählen keine Geschichten," krächzte der Papagei, der stolz auf der Galionsfigur des Schiffes hockte. Die menschliche Besatzung stand dicht gedrängt an der Reling und beobachtete die Überreste der Schiffswracks, die träge im Meer trieben. Die melancholische Stimmung schien die Luft zu durchdringen, als jeder von ihnen die schicksalhaften Ereignisse zu erahnen versuchte, die diese Wracks hervorgebracht hatten.
"Beängstigend, wie viele redliche Seeleute hier ihr Leben verloren haben," murmelte Gibbs, während sein Blick über das endlose Blau schweifte. Nanami, die neben ihm stand, seufzte leise und sagte: "Sie sind jetzt an einem besseren Ort." Jack, der am Steuerrad stand, hörte ihre Worte und schnaubte. Nanami lief zu ihm hinüber, neugierig, wie immer. "Einem besseren Ort?" wiederholte er spöttisch. "Glaubst du wirklich, er würde...?"
"Wer weiß schon, was er so treibt, wenn er neue Seeleute in seine Crew aufnimmt. Es geschehen seltsame Dinge," erwiderte Nanami und beobachtete dabei, wie Jack seinen geheimnisvollen Kompass wegsteckte und der Nebel um sie herum dichter wurde. "Woher hast du eigentlich diesen Kompass?" fragte sie schließlich, ihre Neugier ungestillt.
Jack grinste breit, ein Funken von Geheimnis in seinen Augen. "Man weiß nicht viel über Jack," begann er in der dritten Person zu sprechen, was Nanami nur dazu brachte, die Augen zu rollen. "Aber er kam nach Tortuga, um den Schatz der Isla de Muerta zu finden." "Du bist verrückt," murmelte Nanami und schüttelte den Kopf. "Du redest schon wieder über dich selbst in der dritten Person."
"Oh, das war, nachdem wir uns kennengelernt haben..." begann Jack, doch Nanami unterbrach ihn sofort, ihre Augen blitzten vor Wut. "Du meinst, nachdem du mir Versprechungen gemacht hast, ich mein Schiff untergehen sehen musste, meinen Captain verraten habe und dann einfach abgehauen bist, nachdem ich dir geholfen habe, Salazar ins Dreieck zu locken?" Ihre Stimme bebte vor aufgestauter Wut und Enttäuschung. "Damals warst du noch kein Captain der Black Pearl."
Jacks Gesicht verdunkelte sich einen Moment, als er an die vergangene Zeit dachte. Doch dann huschte ein schelmisches Lächeln über seine Lippen. "Vergangenheit, meine Liebe. Wir leben im Hier und Jetzt." Nanami seufzte tief und schaute hinüber zu den Schiffswracks, die im Nebel verschwanden. "Manchmal frage ich mich, Jack, ob du überhaupt eine Vorstellung davon hast, was du anderen antust." "Vielleicht," antwortete er leise und blickte hinaus auf das Meer. "Vielleicht auch nicht. Aber was wäre das Leben ohne ein bisschen Abenteuer?" Nanami schwieg. Die Geschichten von Toten mögen vielleicht verstummt sein, aber die Geschichten der Lebenden waren noch lange nicht zu Ende.
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