kapitel 16 : zeit zu zeit
„Captain Jack Sparrow", begann ein älterer Wann mit einem leichten Schnauben, „der schuldet mir noch vier Dublonen. Ich hörte, er sei tot."
„Singapur", meinte ein Fischer mit einem Hauch von Lachen in der Stimme. „Er soll betrunken und mit einem verschmitzten Grinsen im Gesicht gesehen worden sein. Wie die Gezeiten, so sicher ist auch, dass Jack Sparrow in Singapur ist."
Eine Frau im gelben Kleid lächelte geheimnisvoll und schüttelte dann den Kopf. „Jack Sparrow?", wiederholte die andere Frau in einem roten Kleid, die ihre Augenbrauen fragend hochzog. „Seit Monaten habe ich ihn nicht mehr gesehen. Die letzte Nachricht, die ich von ihm bekam, war vor einem halben Jahr. Er schien in den Untiefen von Singapur zu verschwinden." Die Frau im gelben Kleid sah Will durchdringend an, als ob sie sein Schicksal mit einer einzigen Geste besiegeln könnte. „Wenn du ihn findest, gib ihm bitte etwas von mir", sagte sie, während sie eine kleine, prächtige Brosche aus ihrem Kleid zog und sie Will in die Hand drückte. Doch der Moment der Gunst wurde abrupt unterbrochen, als sie ihm eine scharfen, schmerzhaften Ohrpfeige versetzte. „Autsch", entfuhr es Will, als er sich zur Seite drehte und den schmerzhaften Schlag versuchte zu ignorieren.
Nanami, die sich von der Seite genähert hatte, sah Will mit einem scharfen Blick an. „Wie viele weitere sinnlose Befragungen sollen wir noch durchführen?", fragte sie mit einer Mischung aus Frustration und Ungeduld in der Stimme. Will zog die Stirn kraus und antwortete ruhig, aber bestimmt: „So viele, wie nötig sind. Jeder Hinweis, jede Spur zählt. Wenn es bedeutet, dass wir Jack Sparrow noch einmal aufspüren müssen, dann werden wir das tun." „Ich weiß nichts über Jack Sparrow", begann der Mann, dessen Augen von den Jahren und der See gezeichnet waren. „Aber es gibt da eine Insel südlich der Malakkastraße. Gelegentlich tausche ich dort Gewürze gegen köstliches Menschenfleisch." Sein Gesicht verzog sich zu einem unheimlichen Lächeln. „Ich weiß nichts über Jack, aber dort findet ihr ein Schiff. Ein Schiff mit schwarzen Segeln."
Nanami ließ ihren Blick zu Will wandern, der neben ihr stand, während die Worte des Mannes langsam in ihr Bewusstsein drangen. „Die Black Pearl... Dann kann die Crew also nicht weit sein," murmelte sie, ihre Stimme zitterte leicht, durchzogen von einer Mischung aus Vorfreude und wachsender Anspannung. Die Vorstellung, Jack Sparrow bald wiederzusehen, löste in ihr ein Wechselbad der Gefühle aus – Freude, Unruhe und auch eine Spur von Angst. Will, der ihre Gedanken beinahe zu lesen schien, nickte nur. Seine Augen funkelten vor Entschlossenheit, ein Ausdruck, den Nanami gut kannte. Gemeinsam standen sie an der Reling ihres Schiffes, der Wind zerzauste ihre Haare und blähte die Segel auf, während die Insel langsam am Horizont auftauchte. Die Natur erwachte um sie herum zum Leben, doch Nanami konnte ihre Gedanken kaum davon ablenken, was sie auf dieser mysteriösen Insel erwarten würde.
„Eines Tages, Nami, wirst du mir erklären müssen, wie du Jack kennst," begann Will mit einem schiefen Lächeln, seine Stimme klang neugierig und leicht forschend, als er ins Beiboot stieg. Der Name des berüchtigten Piratenkapitäns hing wie ein unausgesprochenes Geheimnis zwischen ihnen, und es schien, als würde Will endlich mehr über Nanamis Vergangenheit erfahren wollen. Nanami grinste leicht, doch ihre Augen verrieten eine tiefergehende Unruhe. „Vielleicht eines Tages, Will. Aber nicht heute." Sie ließ sich neben ihm ins Beiboot gleiten, und der Mann, der sie begleitete, begann in rhythmischen Zügen zu rudern. Die Stille zwischen ihnen war schwer, erfüllt nur vom leisen Plätschern des Wassers, das sanft gegen die hölzerne Bordwand schlug.
Doch nach etwa zwanzig Metern hielt der Ruderer abrupt inne. Er wirkte plötzlich unwillig, weiterzufahren, und eine kaum merkliche Spannung legte sich über die kleine Gruppe. „Was ist los? Wir haben es doch fast geschafft", fragte Will ungeduldig, die Nerven lagen ihm offensichtlich blank. Doch der Mann antwortete nicht in einer Sprache, die sie verstehen konnten. Die Worte, die seinen Lippen entglitten, klangen wie eine rätselhafte Melodie, ein Klang, der aus einer anderen Welt zu stammen schien, und ließen Nanami erschauern. „Was hast du gesagt?" fragte sie und versuchte, die seltsamen Laute zu begreifen, doch die Antwort des Ruderers blieb ein Rätsel. Als er keine Anstalten machte, weiterzurudern, wechselte Nanami einen Blick mit Will. Es war klar, dass sie sich nicht aufhalten lassen würden.
„Na schön", murmelte Nanami leise, ihre Entschlossenheit stieg in ihr auf wie eine Flamme. „Wenn er nicht weiter will... dann gehen wir eben zu Fuß." Ohne zu zögern, sprang sie ins türkisfarbene Wasser, das kühl und belebend auf ihrer Haut prickelte. Will zögerte nur kurz, bevor er ihr folgte. Gemeinsam schwammen sie durch das seichte Wasser zum Ufer, und als sie den feinen Sand unter ihren Füßen spürten, atmeten sie erleichtert auf. „Jack!", rief Nanami mit aller Kraft in die dichte Vegetation hinein, ihre Stimme hallte zwischen den Bäumen wider. „Jack Sparrow, bist du hier?" Doch die Antwort blieb aus. Die Stille des Dschungels schien ihre Rufe gierig zu verschlingen, und ein unheimliches Schweigen legte sich über die Szenerie.
Nanami warf Will einen besorgten Blick zu, ihre Augen suchten nach einem Anhaltspunkt, nach einem Zeichen, das ihre Vermutungen bestätigte. „Ich glaub, hier ist niemand. Vielleicht sind sie tiefer in den Dschungel gegangen... Hast du irgendetwas bemerkt, als wir uns näherten? Irgendwas Ungewöhnliches?" Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, voller Unruhe. In diesem Moment landete ein grellbunter Papagei direkt vor ihnen, seine schillernden Federn leuchteten in der Dämmerung. „Oh, wie schön, ein bekanntes Gesicht", sagte Will mit einem Lächeln und beugte sich zu dem Vogel hinab.
„Friss mich nicht", krächzte der Papagei, seine Stimme war durchtränkt mit einem Hauch von Spott, der Nanami irritierte. „Warum sollten wir dich essen?" fragte sie verblüfft und musterte den Vogel genauer, dessen kluge, lebhafte Augen sie aufmerksam beobachteten. Der Papagei spreizte seine Flügel, als wolle er seine Wichtigkeit unterstreichen, und plusterte sich auf. „Du würdest es nicht schaffen, selbst wenn du es versuchst", antwortete er selbstsicher, bevor er sich mit einem kräftigen Flügelschlag in die Lüfte erhob und davonflog, als hätte er seine Mission erfüllt. Nanami und Will standen da, die Überraschung deutlich in ihren Gesichtern. „Nun gut," sagte Nanami schließlich und brach die Stille, die nach dem Verschwinden des Papageis über ihnen lastete. „Das war... eigenartig. Lass uns den Dschungel durchsuchen. Vielleicht finden wir ja einen Hinweis auf Jack oder seine Crew." Will nickte, und ohne weitere Worte drangen sie tiefer in das dichte Grün des Dschungels ein, ihre Schritte vorsichtig, aber bestimmt.
Nach einer Weile entdeckten sie eine alte Feldflasche, die Nanami sofort erkannte. „Gibbs", flüsterte sie, als sie das Seil bemerkte, das an der Flasche befestigt war. „Vielleicht führt uns das weiter." Sie folgten dem Seil, das sich durch das dichte Unterholz schlängelte, doch nach einigen Schritten endete es abrupt, durchtrennt. Plötzlich erklang ein schmerzerfüllter Schrei aus dem Baum vor ihnen – doch es war kein gewöhnlicher Baum. Ein Mann, perfekt getarnt in den Farben des Waldes, verschmolz beinahe vollständig mit dem Stamm. Will erschrak heftig, sein Herz setzte einen Schlag aus, als er plötzlich von starken Armen gepackt und in die Luft gehoben wurde.
Nanami zuckte zusammen, ein intensives Déjà-vu überkam sie – die Erinnerung an ihre erste Segeltour mit Jack und Will. Kaum hatte sie einen klaren Gedanken gefasst, als sie merkten, dass sie von den Einheimischen der Insel umzingelt waren. Will zog sein Schwert und fuchtelte wild damit herum, doch die Eingeborenen beobachteten ihn nur verwirrt. Nanami hob eine Augenbraue und ließ die Szene einen Moment auf sich wirken. Dann, mit einem leichten Seufzen, hob sie die Hände in einer friedlichen Geste. „Will, hör auf. Das bringt uns nicht weiter," sagte sie ruhig, ihre Stimme besänftigend. Die Eingeborenen musterten Will weiter mit neugierigem Blick, und Nanami erkannte, dass sie handeln musste, bevor die Situation außer Kontrolle geriet. Mit einem schnellen Handgriff nahm sie eines der Blasrohre der Eingeborenen und zielte sorgfältig. Ein Giftpfeil schoss in Richtung Will, traf ihn an der Schulter. Nanami wusste, dass das Gift ihn nicht töten würde – sie vertraute fest auf die Legenden, die sie über diese Insel gehört hatte. Es würde ihn nur für eine Weile außer Gefecht setzen.
Will stöhnte leise, bevor er ohnmächtig zu Boden sank, sein Schwert entglitt seinen Fingern und landete mit einem dumpfen Geräusch im Sand. Nanami ließ einen Atemzug der Erleichterung entweichen, bevor sie sich zu den Einheimischen umdrehte, die sie nun mit einer Mischung aus Respekt und Neugier ansahen. Sie war bereit, mit ihnen zu verhandeln, um herauszufinden, was mit Jack und der Crew geschehen war – und wie sie diesen rätselhaften Ort wieder verlassen konnten. Will fühlte, wie sein Bewusstsein langsam zurückkehrte, als die Ohnmacht nachließ. Ein dumpfer Schmerz pochte in seiner Schulter, wo der Giftpfeil ihn getroffen hatte. Er blinzelte verwirrt, doch als er versuchte, sich zu bewegen, stellte er fest, dass seine Hände fest über seinem Kopf zusammengebunden waren. Mit einem Keuchen realisierte er, dass er an einen Ast gehängt worden war, seine Füße knapp über dem Boden baumelnd. Die grobe Rinde des Astes rieb unangenehm an seinen Handgelenken, und er spürte, wie Panik in ihm aufstieg.
„Nanami!", rief er, seine Stimme klang rau und verzweifelt. „Wo bist du?" „Hier, Will, ganz ruhig." Nanamis Stimme drang beruhigend an sein Ohr, doch als er den Kopf wandte, erkannte er, dass auch sie gefesselt war. Ihre Handgelenke waren fest zusammengebunden, aber im Gegensatz zu Will zeigte sie keine Anzeichen von Widerstand. Im Gegenteil, sie stand ruhig da, ihre Miene entschlossen, während sie die Einheimischen beobachtete, die um sie herumstanden. Einige von ihnen warfen ihr verwirrte Blicke zu, als könnten sie nicht verstehen, warum sie sich nicht wehrte.
„Was zum Teufel...", begann Will erneut, seine Stimme zitterte vor Verwirrung und aufkommender Wut. Doch Nanami legte ihm eine warnende Hand auf den Arm und warf ihm einen scharfen Blick zu, der ihm deutlich machte, dass er besser still sein sollte. Doch die Worte blieben ihm im Hals stecken, als er plötzlich eine vertraute Gestalt erblickte. Jack Sparrow saß auf einem prunkvollen, aber furchterregenden Thron, der mit Schädeln geschmückt war – Knochenschädel, die bedrohlich aufgespießt um ihn herum ragten. Sein Gesicht war grotesk geschminkt, und auf seinen Wangen waren jeweils drei Augen aufgemalt, die unheimlich realistisch wirkten. Weitere Augen zierten seine geschlossenen Augenlider, sodass es auf den ersten Blick fast unmöglich war zu erkennen, dass Jack tatsächlich die Augen geschlossen hatte. Er wirkte wie eine absurde Gottheit oder ein Wahnsinniger, der sich in einer gefährlichen Rolle gefangen hatte.
„Jack. Ich bin richtig froh, dich zu sehen", lallte Will, sein Kopf schien noch von den Nachwirkungen des Giftes benebelt, doch er konnte seine Erleichterung kaum verbergen. Mit seiner Bemerkung unterbrach er die eingehende Musterung, die Nanami in dieser seltsamen Szene gefangen hielt. Sie versuchte zu begreifen, was vor sich ging, doch Jacks Erscheinung war so surreal, dass sie sich fragen musste, ob sie sich noch in der Realität befanden. Jack erhob sich langsam von seinem Thron, seine Bewegungen waren bedächtig, fast rituell. In seiner Hand hielt er ein seltsames Objekt, das auf den ersten Blick wie ein Staubwedel aussah, doch bei näherer Betrachtung stellte es sich als etwas viel Eigenartigeres heraus – eine Art Zeremonialinstrument, das er mit einer Mischung aus Würde und Absurdität vor sich hertrug. Er trat auf Will zu, seine Haltung so, als würde er ihn genaustens inspizieren.
„Jack, ich bin es. Will Turner", sagte Will, seine Stimme flehte beinahe. Doch Jack schien ihn nicht zu erkennen, oder er tat zumindest so. Er ignorierte Wills Worte geschickt und begann stattdessen, mit den Einheimischen in einer fremden Sprache zu sprechen – eine Sprache, die Nanami trotz ihrer umfangreichen Sprachkenntnisse nicht verstand. Sie runzelte die Stirn, während sie versuchte, irgendein Muster oder eine Bedeutung aus den Lauten herauszuhören, doch sie blieben ihr ein Rätsel. Die Einheimischen jedoch schienen Jack mit einer Art Ehrfurcht zu begegnen; sie nickten respektvoll, fast als würden sie sich vor ihm verneigen. „Lasst mich runter!", rief Will plötzlich, seine Stimme überschlug sich vor Frustration. Er zappelte hilflos an seinen Fesseln, doch Nanami rollte nur genervt mit den Augen. Sie hatte längst erkannt, dass solche Ausbrüche nichts bringen würden. Jack spielte offensichtlich eine Rolle – eine Rolle, die ihn am Leben hielt. Und Jack Sparrow war ein Meister darin, sich an die bizarrsten Umstände anzupassen, um zu überleben.
„Jack, der Kompass. Ich brauche ihn", fuhr Will hastig fort, seine Worte überschlugen sich in seiner Dringlichkeit. „Elisabeth ist in Gefahr. Wir wurden wegen dir verhaftet. Sie wird gehängt." Doch Jack schien sich wenig für Wills verzweifelte Bitte zu interessieren. Stattdessen sprach er erneut mit den Einheimischen, die auf seine Worte hin reagierten und Will grob packten, um ihn wegzuführen. Doch in einem kurzen, fast unmerklichen Moment, als sie aneinander vorbeigingen, beugte sich Jack leicht zu Will und flüsterte ihm schnell und leise ins Ohr: „Rette mich." Dann trat er zurück, als wäre nichts geschehen, und wandte sich an Nanami, während Will, gefesselt und unwillig, von den Einheimischen fortgezerrt wurde.
„Wirst du auch gehängt?" fragte Jack, seine Stimme klang fast beiläufig, doch seine Augen – die echten – hatten sich geöffnet und funkelten nun ernsthaft, als er sie direkt ansah. Nanami erwiderte seinen Blick, ihre Augen blitzten vor Trotz und Stolz. „Glaubst du, das Meer würde mich sterben lassen, nachdem, was ich getan habe?" konterte sie, ihre Stimme ruhig, aber von einer tiefen Entschlossenheit durchdrungen. Jack betrachtete sie einen Moment lang schweigend, als ob er ihre Worte in sich aufnahm und prüfte, was sie wirklich bedeuteten. Dann zuckte er leicht mit den Schultern, ein Anflug seines typischen spöttischen Lächelns huschte über seine Lippen.
„Nun, das Meer ist bekannt dafür, dass es seine Lieblinge nicht so leicht loslässt", erwiderte er schließlich, seine Worte voller Doppeldeutigkeit. „Aber es hat auch die Angewohnheit, sich von Zeit zu Zeit einen Preis zu holen." Nanami erwiderte sein Lächeln, doch es war ein Lächeln, das von dem Wissen um die Gefahren durchzogen war, die vor ihnen lagen. Sie war bereit, mit Jack dieses riskante Spiel weiterzuspielen, doch tief in ihrem Inneren wusste sie, dass dieser Tempel, diese Insel, und die Rolle, die Jack hier spielte, viel mehr verbargen, als sie im Moment ergründen konnte.
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