Kapitel 7
Kapitel 7
Yoren tauchte wirklich am nächsten Nachmittag auf und sah mich streng an.
»Du hast dich wohl doch übernommen«, sagte er ernst und zog eine Augenbraue nach oben. Er setzte sich an das Fußende meines Bettes und musterte mich genau.
»Ich habe lediglich schlecht geschlafen. Es ist nicht wirklich angenehm, den ganzen Tag im Bett zu liegen, weil man mit einem Fuß nicht auftreten kann«, sagte ich und hoffte, dass er mir glauben würde. Er sollte mir noch mehr erklären und zeigen, bevor ich aufbrechen musste. Wer weiß schon, ob ich dann nochmal die Chance bekommen würde, unter vier Augen mit ihm zu reden.
»Übermorgen wirst du schon abreisen. Ich bezweifle stark, dass ich dir bis dahin noch etwas beibringen kann.«
Enttäuscht schaute ich ihn an, dann senkte ich meinen Blick und murmelte leise: »Ich will nicht gehen.« Yoren hörte es aber trotzdem und rückte etwas zu mir auf.
»Ich weiß«, sagte er und legte eine seiner Hände zögernd auf mein gesundes Bein.
»Gibt es irgendeinen Weg, eine Möglichkeit dem zu entgehen?«, fragte ich mit so einer Inbrunst in meiner Stimme, dass es mich selbst erschrak.
»Wäre ich nur der Sohn eines Lords, könnte ich versuchen, das Ganze neu zu verhandeln. Aber als Kronprinz darf ich keine Bürgerliche heiraten.«
Ich blinzelte verwirrt. So hatte er meine Frage verstanden?
»Ich würde lieber dich heiraten als Alastar«, sagte ich dann ehrlich. Ein kleines Lächeln huschte über Yorens Züge.
»Ich bin auch nicht perfekt. Also zeig mir mal lieber, was für Fortschritte du gemacht hast.« Yoren stand auf und holte die Waschschüssel, welche er wieder auf meinem Bett platzierte.
Wir verbrachten bestimmt eine Stunde, in welcher er mir zeigte, wie man kleine Formen aus dem Wasser formen kann und wie man die Magie gezielter einsetzt. Am Ende schaffte ich es sogar ein kleines Pferd zu formen, welches ein paar Zentimeter galoppierte, bis es in sich zusammenfiel.
»Das ist beeindruckend. Du lernst wirklich schnell«, kommentierte Yoren meinen letzten Versuch. Ein stolzes Lächeln schlich sich auf mein Gesicht.
Doch es verschwand sehr schnell wieder, genauso schnell, wie Yoren mich wieder verlassen musste.
Am nächsten Tag versuchte ich vorsichtig, mit meinem verletzten Fuß aufzutreten. Laut dem Heiler, der kurz vorher vorbeigeschaut hatte, heilte mein Fuß ordentlich und ich sollte die Kutschfahrt überstehen. Dennoch tat es weh aufzutreten und ich verzog meinen Mund schmerzverzerrt. Eine Flucht wurde immer unwahrscheinlicher und das zog mich immer weiter runter. Morgen um diese Zeit würde ich schon in einer Kutsche sitzen. Die Angst davor, was mich erwarten würde, lähmte mich regelrecht. Langsam ließ ich mich wieder auf mein Bett sinken und vergrub mein Gesicht in meine Hände. Verzweifelt biss ich auf meiner Unterlippe. Wie konnte mein Leben innerhalb von ein paar Tagen sich so verändern?
Warum könnte ich nicht einfach meine Gabe wieder abgeben und nach Hause gehen? Warum habe ich überhaupt diese Gabe bekommen?
Trotz der Dunkelheit konnte ich ein Leuchten sehen. Meine Magie, wie ich dank Yoren wusste. Sie hüllte mich ein, so als ob sie mich trösten wollte.
»Du bist etwas Besonderes. Erfülle deine Mission.«
Erschrocken riss ich meine Augen auf und schaute mich um. Ich war allein, aber diese Stimme. Es war die Stimme der Mondgöttin, dass was sie mir bei der Auswahlzeremonie gesagt hatte.
Aber was ist denn meine Mission? Sie hatte doch nichts in der Richtung gesagt oder? Verzweifelt rief ich mir jedes Detail der Nacht in Erinnerung, doch nichts wies auf eine Aufgabe für mich hin.
Aber dann hatte sie mir meine Gabe doch aus einem Grund gegeben oder? Nachdenklich schaute ich zu der Waschschüssel, die noch gefüllt war.
Meine Zimmertür ging auf und ich zuckte erschrocken zusammen.
»Guten Morgen«, sagte Yoren und lächelte mich an.
»Guten Morgen«, erwiderte ich immer noch überrascht.
»Heute ist leider das letzte Mal, dass ich dich besuchen kann.«
»Ich weiß«, sagte ich nur und wich seinem Blick aus. Aus dem Augenwinkel sah ich, dass Yoren auf mich zukam und sich neben mich auf das Bett setzte. Obwohl uns ein paar Zentimeter trennten, wurde mir viel wärmer und mein Herzschlag verschnellerte sich.
»Nakoa ich verspreche dir, dass du kein schlechtes Leben führen wirst. Solange du dich daranhältst, was man dir sagt, wird es dir an nichts fehlen.« Yoren legte eine Hand auf Meine und lächelte mich aufrichtig an.
»Doch mir wird etwas fehlen.« Er runzelte fragend die Stirn und schien zu überlegen. Materiell würde mir vielleicht wirklich an nichts fehlen, aber der Rest ...
»Liebe, ich meine, ich wollte immer aus Liebe heiraten.«
Sobald ich diese naiven Worte gesagt hatte, bereute ich es. Yorens Blick sagte eindeutig, dass er meinen Gedanken nicht nachvollziehen konnte.
»Liebe ist etwas, was sich langsam in der Ehe entwickeln kann«, sagte er und er meinte es offensichtlich ernst. Mit aufeinander gepressten Lippen schaute ich ihn an. Wahrscheinlich waren unsere familiären Verhältnisse zu verschieden, sodass er mich nicht nachvollziehen konnte. Er wusste wahrscheinlich von klein auf, dass er aus politischen Gründen heiraten würde, während ich theoretisch die Chance dazu gehabt hätte aus Liebe zu heiraten.
Er erwiderte meinen Blick und seine rötlichen Augen glühten regelrecht. Seine Hand, die immer noch Meine hielt, wurde wärmer. Die Luft um ihn herum flimmerte regelrecht. War das sein Feuer?
Ich zuckte fast zusammen, als er meine Hand an seinen Mund führte und einen leichten Kuss darauf hauchte.
»Ich wünsche dir eine schöne Reise Nakoa. Lass dich einfach darauf ein, wie gesagt, wird es nicht so schlimm, wenn du dich an die Regeln hältst. Wir werden uns bei deiner Hochzeit wiedersehen, eventuell auch schon ein paar Tage früher.«
Yoren lächelte mich an und ließ meine Hand los. Ich schluckte und überlegte, was ich sagen sollte, aber mir fiel einfach nichts Passendes ein. Das konnte es doch nicht einfach so gewesen sein? Allein die Vorstellung ihn nie wieder allein zu sehen schmerzte.
Da er immer noch neben mir saß, obwohl er sich schon verabschiedet hatte, zeigte mir wenigstens, dass er mich auch noch nicht verlassen wollte.
Mit schnell klopfenden Herzen legte ich meine Hand auf seine, die immer noch in meiner Reichweite lag. Prickelnde Magie umgab uns und es knisterte regelrecht. Kurz schloss ich meine Augen und genoss den Moment. Bis er langsam seine Hand drehte, sodass wir unsere Finger miteinander verschränken konnten.
Mit immer noch geschlossenen Augen lächelte ich. Das Prickeln der Magie breitete sich immer weiter aus und es erwärmte mich wohltuend, als wollte es mir sagen, dass alles gut werden würde.
»Nakoa«, hörte ich Yoren flüstern und ich öffnete wieder meine Augen, um ihn anzusehen. Er starrte auf unsere Hände. Sein Mund war nicht komplett geschlossen und er hatte einen verständnislosen Gesichtsausdruck. Seine Augen glühten regelrecht rot, so als ob ein Feuer vor uns brennen würde.
»Das ... das ist unmöglich!«, hauchte Yoren offensichtlich fassungslos.
Verwirrt schaute ich nun auch zu unseren Händen und schnappte erschrocken nach Luft. Sie brannten! Flammen zündelten um meine Haut, verbrannten mich aber nicht. Im Gegenteil, das war die wohltuende Magie, die ich gespürt hatte!
»Was?«, brachte ich hervor und löste meine Hand von Yorens. Sie brannte noch immer.
Meine Augen fanden Yorens, der mich erschrocken anschaute.
»Du hast auch die Gabe des Feuers, andernfalls würde es dich verbrennen und ich wollte kein Feuer heraufbeschwören, du hast das getan«, sagte er deutlich gefasster.
»Ich dachte, die Mondgöttin vergibt nur eine Gabe?«, fragte ich und schüttelte meine Hand, doch die Flammen leckten weiter über meine Haut, ohne mir oder meinem Kleid zu schaden.
»Das ist eigentlich auch so.«
Hektisch sah Yoren sich um und legte anschließend beide Hände um meine flammende Hand, um das Feuer zu löschen. Die Flammen gehorchten ihm.
»Du darfst niemandem davon erzählen!« Eindringlich sah er mich an, sodass ich nur eingeschüchtert nicken konnte.
»Niemanden Nakoa, niemanden! Versprich mir das.«
»Ich verspreche es«, sagte ich, obwohl mir sein Verhalten Angst machte.
Yoren ließ meine Hand los, schenkte mir noch einen ernsten Blick, ehe er aus meinem Zimmer verschwand.
Viel zu spät bemerkte ich, dass ich ihn nicht nach dem Wieso gefragt hatte.
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