★ Ein Dschinn für alle Fälle ★
Alan klickte den Schutzring an. Einmal, zweimal, dann so oft, als würde es helfen, verzweifelt auf seine Maus zu hauen. "Tu doch etwas! Oh?"
Tatsächlich geschah etwas. Nebel löste sich aus dem Ring und schwebte um ihn. Plötzlich war er nicht mehr allein. Ein Dschinn tauchte auf.
Alan lehnte sich irritiert nach vorne. "Ich bin ein kleiner Dschinn und erfülle dir einen Wunsch. Wie kann ich dir behilflich sein?", las er vor. "Ernsthaft? Da war ein Dschinn im Schutzring?"
Neugierig tippte Alan ins Feld 'bring mich raus' ein, zögerte jedoch. Dschafar wollte auf keinen Fall, dass er ihm die Lampe überreichte, da er sonst 250 Sterne verlieren würde.
Er musste dringend mit Jasmin05 reden. Kurzerhand kopierte er den ganzen Chatverlauf mit Dschafar und schickte ihn an Jasmin05.
Eine Weile herrschte Stille.
Dann kam die Empörung.
Jasmin05: [Was?!?!]
Jasmin05: [Nicht sein Ernst. Ich habe mich immer gefragt, wie er so schnell auflevelt, aber die Taktik ist fies.]
Ala_Din: [Was tun wir?]
Die Frage hing im Raum, während der Dschinn auf seine Anweisung wartete.
Jasmin05: [Planänderung. Wir müssen dich zu Dschafar bringen, damit du ihm die Lampe gibst. Das hat er davon, wenn er andere Spieler reinlegt. Hoffentlich ist es ihm eine Lehre, sobald er einmal seine 250 Sterne verliert, damit er das nicht nochmal macht.]
Ala_Din: [Wir haben zehn Minuten. Soll ich zu dir kommen? Ich habe einen Wunsch frei.]
Jasmin05: [Nein, dann geh gleich zu Dschafar. Ich komme nach, wenn du mir die Koordinaten durchgibst.]
Jasmin05: [Oder nein. Ich muss offline gehen, meine Oma ruft an. Das hat Vorrang vor dem Spielen.]
Jasmin05: [Das wird ein Kampf, den du leider alleine bestehen musst. Tut mir leid.]
Ala_Din: [Keine Ursache.]
Doch da war sie schon weg. Auch wenn er sich alleingelassen fühlte, konnte Alan es verstehen. Er wünschte, dass seine Oma noch leben würde. Wenn er nochmal mit ihr reden könnte, würde er auch alles stehen und liegen lassen.
So streckte er seinen verspannten Nacken und fokussierte sich. "Zehn Minuten. Dann bring mich zu Dschafar", sagte er und änderte die Anweisung an den Dschinn. "Und hoffen wir, dass er kein Killerschwert mehr hat."
Der Nebel schlang sich um ihn. Ala_Din löste sich auf. Er tauchte in der prächtigen Vorstadtsiedlung auf, wo schicke Paläste aneinandergereiht standen, wie gerade Zähne. Kristalle glänzten überall und er erinnerte sich daran, dass auch er Kristalle zum Verkauf hatte.
"Das schaffe ich noch", feuerte er sich selbst an und steuerte Ala_Din zügig zum nächsten Händler. Er bot ihm sieben Sterne und Alan levelte bereitwillig auf, um sich wenigstens ein bisschen mehr für die kommende Begegnung gewappnet zu fühlen.
Dann schlich er sich Dschafar an. Palastwachen patrouillieren den kleinen Palast, der bei weitem nicht so schön wie der von Jasmin war. Ala_Din duckte sich und versteckte sich hinter einer Palme. Er schlich weiter. Er wartete, bis er sich in Sicherheit wähnte, aber es verstrich zu viel Zeit.
Er musste auf Risiko spielen. Ala_Din rannte los.
"Komm schon!", stieß Alan zwischen zusammengepressten Zähnen hervor, als sein Avatar einfach quer durch das Feld rannte. Die Wachen drehten sich um und kamen auf ihn zugerannt. Alan drehte den Cursor angestrengt wahllos durch die Gegend und schaffte es mit mehr Glück als Verstand in die inneren Bereiche des Tempels.
Noch zwei Minuten.
Endlich sah er Dschafar, der überrascht wirkte, ihn zu sehen. Er zückte sein Killerschwert. Er müsste Ala_Din nur die zwei Minuten auf Abstand halten, dann hätte er verloren.
Verbissen wich Alan aus und fragte sich, wie er nah genug an den Zauberer rankommen sollte.
Noch eine Minute.
Ala_Din wich zurück und zog die Wunderlampe hervor. Alan drückte beinahe eine Delle in seine Maus, so oft tippte er drauf, bis der Dschinn endlich erschien.
"Ich bin ein großer und mächtiger Dschinn und erfülle dir drei Wünsche. Drei sogar?" Alan hatte keine Zeit, sich zu freuen. Er verschaffte sich weiteren Freiraum. Dann begann er in die Tasten zu hauen - verflucht, dass er nur so langsam tippen konnte!
Löse das Killerschwert auf.
Als er auf Enter drückte, wurde ihm klar, dass er das Schwert lieber an sich nehmen hätte sollen und Dschafar alle Sterne hätte stehlen können. Doch dafür war es bereits zu spät.
Das Schwert verpuffte.
Der Zauberer beschwor einen Sturm herauf. Obwohl Alan nicht wirklich dort war, spürte er das Prickeln der aufgeregten Magie.
"Langsam wird es persönlich", murmelte er angestrengt und tippte einen neuen Befehl beim Dschinns ein.
Der Sturm wickelte sich um ihn und Alan sah nur noch Sterne. Seine Sterne, die dahinschmolzen wie warme Butter. Sein Rang fiel.
Endlich drückte er auf Enter.
Alan hoffte, dass der Befehl klappte, denn ohne den Ring von vorhin war er schutzlos und nur noch Level vier.
Level drei.
Gleich wäre er tot und alle Mühe umsonst.
Der Dschinn bewegte sich auf Dschafar zu. Alan hatte sich gewünscht, dass er Dschafar die Lampe überreichen sollte, damit er die Aufgabe erfüllt hatte. Hätte er sich das vielleicht sogar schon eher wünschen können? Er hatte gerade wenig Zeit zum Denken.
Level zwei.
Level eins. Er war ein Taugenichts.
Und dann ... Plötzlich war er ein Prinz.
Ala_Din leuchtete fröhlich auf, als 250 Sterne auf ihn regneten und erhob sich als stattlicher junger Mann aus dem Glanz, als wäre Cinderellas gute Fee persönlich bei ihm gewesen.
"Das gibt's nicht!" Alan sprang vom Schreibtisch auf und streckte jubelnd die Hände in die Höhe. Er hatte es geschafft. Gerade so und mit nur noch sieben Sekunden übrig, aber er hatte es geschafft!
Dschafar bebte vor Wut, weil er kein Magier mehr war, sondern nur noch ein hoheitlicher Amtsträger.
Alan beeilte sich, in die Tasten zu tippen.
Ala_Din: [Einen Wunsch habe ich noch, also sieh zu, dass du keine Spieler mehr ärgerst, oder ich wünsche mir auch ein Killerschwert.]
Dschafar: [Das würdest du nicht tun.]
Ala_Din: [Willst du es testen?]
Dschafar trat den Rückzug in die Sicherheit seines nun nur noch kleineren Palastes an, während Alan sich fühlte, als hätte er das ganze Spiel gewonnen, obwohl es nur 250 Sterne waren.
Aber das war egal. Als Jasmin einige Minuten später endlich wieder das Spielfeld betrat, stand er als lächelnder und umwerfender Prinz vor ihr.
Jasmin05: [Ich sehe, du warst erfolgreich :) Gut gemacht!]
Ala_Din: [Danke. Willst du die Lampe haben? Immerhin war das am Anfang so abgemacht gewesen, damit du auch etwas von den Sternen hast.]
Jasmin05: [Sterne sind mir egal! Ich spiele nur, weil es mir Spaß macht, und um den Freunden meines Bruders zu beweisen, dass Mädchen sehr wohl gut spielen können. Immer diese Vorurteile ...]
Ala_Din: [Du bist mir sympathisch.]
Jasmin05: [Danke! Du mir auch. Jetzt ist Platz oben auf der Rangliste und du hast noch einen Wunsch frei. Hast du Lust, dir einen hochgelevelten Palast neben mir zu wünschen? Dann helfen wir den Anfängern und kicken gemeinsam alle doofen Spieler wie Dschafar und deinen anderen komischen Freund aus dem Rennen.]
Alan grinste, weil ihm die Idee gefiel.
Ala_Din: [Danke, aber nein. Ich behalte meinen Wunsch, damit Dschafar sich benimmt. Und ich will mich selbständig hocharbeiten. Wo wäre sonst der Spaß, wenn ich gleich alles hätte? Ich will spielen und mich jedes Mal freuen können, wenn ich neue Level erreiche.]
Ala_Din: [Aber beim Helfen und Rauskicken bin ich gerne dabei.]
Jasmin05: [Gute Entscheidung. Treffen wir uns morgen früh im Spiel?]
Ala_Din: [Gerne. Bis morgen!]
Jasmin05: [Bis morgen!]
Alan schloss das Spiel. Sobald die 1001 Sterne auf dem Feld erloschen waren, stand er zufrieden auf. Er hatte den halben Tag vor dem Computer verbracht, aber es hatte Spaß gemacht.
Gewissermaßen war es, wie Jasmin gesagt hatte: Es war wie ein magisches Theater, in dem er seine Rolle frei von Erwartungen spielen konnte. Durch Ala_Din hatte er heute auch mehr zu sich selbst gefunden. Auch wenn das Level in der Realität keine Rolle spielte, war er jetzt immerhin ein stattlicher Prinz, der sich nicht mehr alles gefallen lassen musste.
Weder von Dschafar, noch von Ben, noch von allen anderen.
Er freute sich schon auf die nächste Runde.
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