19: Genau im Gegenteil
Zwei Tage erst hatte ich ihr nicht geschrieben, und obwohl ich es nicht zugeben wollte, fehlte sie mir irgendwie. Wie ist das überhaupt möglich in so kurzer Zeit? Wir hatten uns noch nie gesehen, lediglich ein paar mal miteinander geschrieben und trotzdem war sie in der Lage gewesen mein ganzes Leben durcheinanderzubringen. Meine ganzen Gefühle durcheinanderzubringen. Ich merkte immer häufiger, dass ich nicht mehr in diese Rolle schlüpfen wollte. Nicht mehr nur so handeln wollte, wie man es von mir erwartete. Ich wollte so gerne mit jemandem über diesen ganzen Gefühlswirrwarr reden. Ich wollte mit ihr darüber reden, was mich aber nur noch mehr verwirrte, da ich eigentlich sauer auf sie war. Oder sein musste, doch es fiel mir extrem schwer. Ich konnte einfach immer noch nicht glauben, was sie mir vorgeworfen hatte. So war sie nicht. Ich kannte sie doch und das passte einfach nicht zu ihr. Zumindest dachte ich, ich würde sie kennen.
Es hat sicher jemand ihr Handy gehackt, dass kann nicht sie selbst gewesen sein. Aber wenn es nur so einfach wäre. Wenn es doch wirklich nur ein Missverständnis wäre... Das schlimmste an der ganzen Sache war aber, dass wenn es tatsächlich nur ein Missverständnis war, ich nicht die Möglichkeit hatte es aus der Welt zu räumen. Ich wusste ja nicht wer sie war....
Die Schulstunden an diesem Tag zogen sich endlos in die Länge und ich war froh als es endlich zur Pause klingelte. Ich brauchte frische Luft. Mit schnellen Schritten verließ ich das Schulgebäude bis ich auf dem Schulhof zum stehen kam. Noch war er ziemlich leer, so dass sie mir sofort ins Auge stach. Das Mädchen, das ich auf der Party letzten Freitag aus dem Wasser geholt hatte. Soweit ich mich erinnerte hatte Kyle mir erzählt ihr Name wäre Chloe. Sie saß alleine auf einer Bank, in der Hand ein Buch, in das sie ganz vertieft zu sein schien. Es sah aus, als lebe sie in ihrer eigenen Welt, abgeschottet vom ganzen Rest. Als würde sie hier irgendwie nicht reinpassen. Doch da war noch etwas anderes, etwas, das mich.... faszinierte.
Ich beschloss, mich bei ihr für Freitag zu entschuldigen, dass ich die Situation mit Roxanne nicht aufgeklärt hatte. Auch wenn ich sie dadurch aus ihrer eigenen Welt in die Wirklichkeit holen musste. Langsam bewegte ich mich auf sie zu, mir war egal, was andere davon hielten, dass ich mit einem "Freak" redete. Je näher ich allerdings kam, umso deutlicher konnte ich noch etwas anderes erkennen. Etwas in ihrer Tasche. Etwas, das mir gehörte. Ein Geschenk an sie. Etwas kleines, grünes. Die Erkenntnis traf mich wie ein Schlag.
Das Froschgesicht war Chloe. Chloe war das Froschgesicht. Chloe, das Mädchen mit diesen warmen, ozeanblauen Augen. Das Mädchen, in wessen Gegenwart man sich augenblicklich wohl fühlte. Obwohl ich geschockt war, war es umso einleuchtender, je mehr ich diese beiden Personen in meinen Gedanken versuchte zu vereinen. Alles passte perfekt...
Eine Sache jedoch konnte ich mir nicht erklären. Der kleine Frosch in ihrer Tasche bedeutete, dass sie doch da gewesen war. Also wusste sie, wer ich war? Sie wusste es und hatte es verschwiegen? Oder war sie erst gekommen, nachdem ich bereits gegangen war? Ich wollte sie so vieles fragen, ihr so vieles an den Kopf werfen, doch als ich bei ihr angelangt war, bekam ich einfach kein Wort raus. Sie bemerkte mich nicht. Wortlos ließ ich mich auf die Bank neben ihr fallen, schielte zu ihr rüber. Sie schien immer noch keine Notiz von mir zu nehmen. War weiterhin völlig in ihr Buch vertieft. Ich versuchte zu erkennen, welches es war. Doch ich musste noch nicht einmal den Titel sehen, denn ich kannte dieses Cover in und auswendig. Ich hatte es schließlich selber einige Male gelesen.
Da ich immer noch nicht wusste, was ich sagen sollte, begann ich also mit dem ersten was mir in den Sinn kam. "Das ist eines der großen Geheimnisse des Lebens. Heutzutage gehen die meisten Menschen an einer Art von schleichender Vernünftigkeit zugrunde..." Ich schaute in ihre Richtung und war mir einen ewig langen Moment unsicher ob sie überhaupt mit mir reden wollte, doch dann ließ sie seufzend ihr Buch sinken und beendete den Satz: "Und erst, wenn es zu spät ist, entdecken sie, dass die einzigen Dinge, die man niemals bedauert, die Sünden sind." Das Bildnis des Dorian Gray. Oscar Wilde.
"Chloe...", versuchte ich meine Stimme fest klingen zu lassen, doch es kamen nur gequälte Laute aus meinem Mund. Ich war unfähig irgendetwas zu sagen, ihr irgendwas an den Kopf zu werfen. Zu viel Schmerz lag in diesem Blick. Zu viel Unverständnis. Und doch, was hätte ich in diesem Moment alles dafür gegeben, das Geheimnis dieser magischen blauen Augen ergründen zu können. Obwohl so viel Wahrheit in ihnen lag, konnte ich sie nicht verstehen. Denn gleichzeitig war es, als wäre das Wort Mysterium erst durch sie lebendig geworden, das mit einem undurchsichtigen Schleier alle umliegenden, lichtbringenden Sterne zum zweifeln brachte. Selten war ich so sprachlos.
"Aiden...", setzte auch sie an. Wär es nach mir gegangen, hätte ich alles vergessen können, was wir vorgestern gesagt hatten. Doch es war nicht nur ein Missverständnis, denn ihre nächsten Worte holten mich augenblicklich in die Realität zurück. "Ich dachte, wir hätten alles gesagt!" Sie wollte aufstehen, doch ich hielt sie an ihrem Arm zurück, woraufhin sie sich wieder neben mich auf die Bank setzte, ihr Gesicht zu mir gewandt. "Ich verstehe das aber nicht, Chloe. Du warst da.... Was hat so plötzlich deine Meinung geändert?", wollte ich von ihr wissen. "Aiden, ich... Ja, Ich bin gekommen, und als ich gesehen habe, dass du es warst, bin ich total durchgedreht. Als ob du dich mit mir abgeben würdest.." - "Warum dachtest du das, verdammt? Alles was ich gesagt hatte, war ernst gemeint!" Sie seufzte. "Das habe ich auch gehofft. Deswegen bin ich ja auch zurück gekommen... Aber du warst weg, ich war zu spät!" - "Deswegen wolltest du den Kontakt abbrechen, Chloe? Weil ich nach einer Stunde warten nicht mehr im Regen stehen wollte? Das lässt dich daran zweifeln, dass ich es ernst gemeint habe?" - "Weißt du? Ich glaube dir jedes Wort, wenn ich dir jetzt in die Augen sehe. Jedes Wort, wenn du sagst, dass du niemals gelogen hast. Aber dann hast du diesen ganzen Quatsch auch nicht ernst gemeint. Ich meine sowas lächerliches würdest du nicht schreiben, du kennst dich doch. Du hast das kleine, naive Froschgesicht doch nur verarscht. Und das mit dem Treffen hast du dir auch zum Glück rechtzeitig anders überlegt."
Ich verstand erst nicht, wie sie auf so etwas kam. Warum sie so von mir dachte, da ich wirklich immer ehrlich zu ihr war. Aber so langsam dämmerte es, da mir der Wortlaut, den sie benutzte erschreckend bekannt vorkam. Ich konnte darauf nichts erwidern. "Aiden, dass du nicht mehr da warst, hat nicht meine Meinung geändert, nein. Ich wollte am Montag zu dir kommen, dir alles erklären, mich persönlich bei dir entschuldigen, aber...", sie ließ den Satz in der Luft hängen, denn den Rest kannten wir beide. Ich hatte sie vor allen verleugnet. Ich hatte damit ihren Verdacht bestätigt, dass ich mich 'nicht mit ihr abgeben würde.' Hätte ich gewusst, dass sie zugehört hatte, hätte ich so etwas niemals gesagt, denn es entsprach nicht der Wahrheit. "Schon gut, ich bin es gewohnt.", sie strich mir mit ihrer zärtlichen Hand sanft über meinen Arm.
Immer noch unfähig zu antworten, starrte ich nur in diese eisblauen Augen, aus denen Schmerz sprach, aber auch Verständnis. Verständnis? Wieso zeigte sie mir gegenüber Verständnis, wenn ich derjenige war, der sie verletzt hatte? Sie zeigte Verständnis, da sie es gewohnt war. Sie war es gewohnt, dass man sie verletzte, sie verleugnete, sie auslachte, sie demütigte, sie verarschte. Sie war es aber nicht gewohnt, dass man genau das Gegenteil im Sinn hatte, und als ich endlich die richtigen Worte gefunden hatte, um ihr das klar zu machen, war sie bereits weg. Vor einem Moment spürte ich noch die Wärme, als ihr Blick mich getroffen hatte, doch nur einen Wimpernschlag später schaute ich nur noch in die kalte Leere vor mir, die sich langsam in meinem ganzen Körper ausbreitete.
Hallöchen meine Lieben!
Wir nähern uns leider schon so langsam dem Ende, da dies ja auch nur eine Kurzgeschichte ist.
Ich habe tatsächlich mit mir gehadert dieses Kapitel jetzt schon hochzustellen, da es das erste Mal ist, dass ich Update ohne mindestens ein weiteres Kapitel schon vorgeschrieben zu haben. Das Problem ist jetzt, dass ich zwar eine Idee für ein mögliches Ende im Kopf habe, aber mir absolut unsicher damit bin und ich euch auch nicht enttäuschen möchte.
Deshalb frage ich euch jetzt ob ihr eventuell Ideen, Wünsche, Vorschläge etc. habt, die ich unbedingt mit einbauen soll, oder auch irgendetwas was ihr auf keinen Fall drin haben wollt. Also ob es zum Beispiel direkt ein Happy-End zwischen Chloe und Aiden geben soll, indem sie sich aussprechen etc., oder ob es vielleicht vorher noch Szenen zwischen zB Chloe und ihrem Vater, Aiden und Kyle, Aiden und Roxanne, etc. geben soll. Auch kleine Sachen könnt ihr vorschlagen, ob irgendwer zB irgendwas bestimmtes nochmal erwähnen soll. Also wie gesagt, wenn euch irgendetwas am Herzen liegt, dann schreibt es mir doch einfach in die Kommentare oder schreibt mir privat:) Noch ist alles offen!! Würde mich über Vorschläge freuen und versuche dann natürlich auch so schnell es geht weiterzuschreiben.
btw: liebe euch alle dafür, dass ihr euch überhaupt die Zeit nehmt diese Geschichte zu lesen und natürlich auch wenn ihr votet und kommentiert!💕
xoxo
halcyon_bird
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