★1.★
Der Wind ließ die Blätter draußen rascheln. Ich konnte sehen, wie ein paar zu Boden schwebten. Der Regen prasselte laut und stark gegen die Fensterscheibe, und neben mir schnarchte meine Freundin Romy. Anscheinend hatte sie einen Traum, denn aus ihren Fingerspitzen sprühten die ganze Zeit orangene Funken.
Ich war in einer Clique, die aus mir, Romy, Jill, Shery und Jacqueline bestand. Wir gingen auf eine Zauberschule, auf der man lernte, mit seinen Kräften umzugehen. Ich konnte Dinge bewegen, ohne sie berühren zu müssen. Das war manchmal ziemlich praktisch, aber manchmal auch nicht. Es ist nämlich nicht besonders lustig, wenn dir plötzlich irgendein Gegenstand ins Gesicht knallt, weil du wütend deine Hände geschwungen hast. So entdeckte ich meine Zauberkraft. Danach wurde mir mitgeteilt, dass all meine Vorfahren Magie besessen hatten. Meine Mum und mein Dad konnten beide das Gleiche - Essen herbeizaubern. Ich war jetzt das zweite Jahr auf dieser Schule namens Mythos Academy.
Romy schlief heute Nacht bei mir. Wir hatten am Abend gelernt, weil wir morgen eine Schularbeit in Allgemeine Lehre hatten. Auf der Schule gab es nur fünf verschiedene Fächer. Am wenigsten konnte ich Geschichte leiden. Es war einfach so langweilig. Wieso war es wichtig, zu wissen, was irgendwelche für mich fremden Menschen vor hunderten von Jahren getrieben hatten?
Nun lag ich also in meinem Bett in meinem eigenen Zimmer und lauschte dem Wind und dem Schnarchen von Romy. Ich beobachtete die orangenen Funken, die in schönen Mustern in die Luft stiegen und sich dann auflösten. Plötzlich krachte es laut und Blätter und Regentropfen kamen ins Zimmer. Ich sprang auf, verhedderte mich in der Bettdecke, und fiel mit einem lauten 'Rumps' hin.
"Scheiße!", fluchte ich und rappelte mich wieder auf. Dann drückte ich mit aller Kraft das Fenster zu. So einen starken Wind hatte ich noch nie erlebt. Dadurch war natürlich auch Romy aufgewacht. Jetzt sprühten keine Funken mehr aus ihren Fingerspitzen.
"Was war das denn?", fragte sie verschlafen und rieb sich ihre Augen.
"Das Fenster ist aufgegangen. So tollpatschig wie ich bin, hab ich es logischerweise nicht hingekriegt, es ohne Probleme zu schließen", erklärte ich.
Romy stöhnte genervt auf und erwiderte: "Wieder einmal so typisch Virginia. Lass mich jetzt schlafen." Ich schnaubte und verfrachtete die am Boden liegende Decke aufs Bett zurück. Schließlich verkroch ich mich darunter und schlief nach ein paar Minuten ein.
Am nächsten Tag trennten sich unsere Wege. Romy musste zu Sport und ich zu Geschichte. Erst in der dritten Stunde hatten wir zusammen Allgemeine Lehre. Ich holte Jill von ihrem Zimmer ab und ging mit ihr zu unserem Kurs. Geschichte hatten wir heute gemeinsam.
"Und, wie hast du geschlafen?", fragte sie. Man merkte deutlich, dass es bei ihr etwas länger geworden war.
"Nicht so gut wie Romy." Ich grinste. "Die sägt in der Nacht immer einen ganzen Wald um, so laut wie sie schnarcht."
"Ach ja, ihr habt ja gestern zusammen gelernt. Wie war's? Verstehst du alles?" Jill war schon immer ein Kontrolltyp gewesen.
"Na ja, so halbwegs. Im Buch, Kapitel drei check ich null, aber der Rest geht."
Jill zog eine Augenbraue hoch. "Du solltest alles können, das ist dir schon klar, oder?"
Ich seufzte. "Ja, ich weiß, Mutter!" Manchmal führte sie sich echt auf wie eine Mutter. Wir betraten das Schulgebäude und gingen zum richtigen Raum. Ein paar Schüler befanden sich bereits darin und unterhielten sich.
"Wieso bist du so müde?", wollte ich wissen, als wir uns einen Platz gesucht hatten, und sämtliche Hefte und Bücher ausgepackt hatten.
"Ich war gestern noch bei Harry. Nur 'ne Weile, gar nicht so arg lang."
Jetzt war ich diejenige, die eine Augenbraue hochzog.
"Na gut, es war halb drei, als ich gegangen bin." Ich grinste zufrieden. So leicht konnte man die Wahrheit erfahren. Leider läutete es in diesem Moment und die restlichen Schüler trafen ein und setzten sich.
Als Mrs. Crack das Klassenzimmer betrat, war ich mit meinen Gedanken schon wo anders.
Das Gute an dieser Schule war, dass man wenig Unterricht hatte. Meistens hatten wir nur vier Stunden am Tag. Wenn man so wenig Fächer hat, ist das auch logisch. Mein Lieblingsfach war Zauberkunst. Das möchte jedoch so ziemlich jeder. Wir stellten Kunstwerke mit Magie her und verkauften sie dann. So verdiente die Schule etwas Geld für neue Möbel, Unterlagen und so weiter.
Das Klingeln riss mich aus meinen Gedanken. In der zweiten Stunde hatte ich Sport mit Mr. Vic. In diesem Fach lernten wir, uns zu wehren und gegen Feinde kämpfen zu können. Sport mochte ich eigentlich auch gern. Es war zwar hin und wieder anstrengend, aber auch lustig. Mr. Vic war besonders nett und schenkte gerne gute Noten her.
In dieser Stunde stellten wir uns zu zweit auf eine Matte, und mussten - wieder einmal - unseren Partner besiegen. Das Mädchen, welches gegenüber von mir stand, hieß Lily und konnte Objekte zu Pudding verwandeln. Ich hatte zuvor noch nie gegen sie gekämpft.
Plötzlich streckte sie ihre Arme aus und verwandelte die Matte, auf der wir standen, zu violettem Pudding. Ich konnte mich nicht mehr bewegen, denn meine Füße steckten in der klebrigen Masse fest. Ich setzte meine Kräfte ein. In Gedanken stellte ich mir vor, wie ich das lila Zeugs aufhob. Schwungvoll warf ich es auf Lily, die überrascht aufkreischte. Damit hatte sie nicht gerechnet. Als sie sich wieder frei gemacht hatte, blickte sie mich herausfordernd an.
Lily formte eine riesige Puddingkugel in ihrer Hand und zielte auf mich. Doch bevor mich das Zeug berühren konnte, setzte ich erneut meine Gabe ein und ließ den violetten Ball in der Luft herumfliegen. Anscheinend wurde Lily schön langsam sauer, denn sie wusste, dass sie so, wie sie sich anstellte, keine Chance hatte. Ich warf den Ball auf sie. Der Pudding machte ein platschendes Geräusch und rann an ihrem Körper herunter. Mr. Vic kam und stoppte unseren Kampf.
"Ich hab euch beobachtet. Lily, du musst dir etwas einfallen lassen. Du weißt, dass Virginia erfahrener ist als du. Sie hat eine nützliche Gabe, mit der sie leicht jemanden wie dich besiegen kann, aber deine Kräfte kann man auch gut einsetzen. Komm mit, ich zeig dir einige Tricks. Virginia, du kannst schon deinen nächsten Gegner suchen. Ich behalte sich weiter im Auge." Ich nickte und entfernte mich von den beiden. Lily war in der ersten Klasse und konnte deswegen noch nicht so viel. Zurzeit stand nur einer allein und hatte nichts zu tun. Ich kannte ihn noch nicht und sah ihn das erste Mal. Ich hatte hier viele noch nicht kennen gelernt. Ich ging zu ihm hin.
"Hey, bist du frei?", fragte ich. Er fing an blöd zu grinsen. Oh, Mann! Ich hasste pubertierende Typen.
"Mhh ... Jetzt leider nicht - wir können es schließlich nicht hier vor den anderen Leuten machen, aber heute Abend vielleicht?" Er zwinkerte mir zu. Ich verdrehte genervt die Augen und verschränkte meine Arme vor der Brust. "Das meine ich nicht du Trottel." Er lachte. Ich kam mir verarscht vor. "Okay, dann zeig mal was du drauf hast", sagte er und machte sich bereit. Ich überlegte, womit ich anfangen könnte. An der gegenüberliegenden Wand, die ziemlich weit von mir entfernt war, hingen Waffen. Ich setzte meine Gabe ein und ließ ein Schwert zu mir fliegen. Der Typ vor mir pfiff anerkennend und grinste wieder. Was konnte er machen? Welche Kräfte besaß er? Ich stellte mich in Kampfposition und griff an, doch bevor ich ihn auch nur berühren konnte, sprang er zur Seite, packte mich am Arm und zog mich nach hinten, sodass ich zu Boden fiel. Scheiße, der hatte aber eine super Reaktion. Ich rappelte mich wieder auf und machte mich erneut bereit. Mein Gegner holte sich den Kampfstab, der neben der Matte lag. Wir begannen einen wilden Kampf. Ich sah nicht mehr, was um uns herum geschah, nur noch mein Schwert und sein Eisenstab. Wieso setzte ich nicht einfach meine Kräfte ein? Ich wartete auf einen guten Zeitpunkt, und riss dem Typ seinen Stab aus der Hand. Jetzt schwebte er drei Meter über seinem Kopf. Er schaute mich bewundernd an. Das Klingeln der Schulglocke beendete den Sportunterricht. Er grinste mich schelmisch an und drehte sich um. Alle Schüler stürmten zur Tür, um schnell zu ihren Freunden zu kommen, die in anderen Kursen gewesen waren.
Ich drängte mich in die Menge und quetschte mich zur Tür hinaus. Draußen vor der Tür wartete Romy auf mich. Als sie mich sah, lächelte sie und umarmte mich zur Begrüßung. Wir hatten uns ja schon so lange nicht mehr gesehen!
Gemeinsam machten wir uns auf den Weg zum "Allgemeine Lehre -Saal". Die Trennwände waren schon aufgestellt. An jedem Tisch konnten immer zwei Personen sitzen. Mr. Joly, unser Lehrer, saß vorne am Pult und blätterte konzentriert seine Mappe durch. Romy und ich suchten uns einen Platz ganz hinten. Nach dem Läuten stand Mr. Joly auf und schaute die Leute im Raum das erste Mal an. "Guten Tag. Heute findet eine Schularbeit statt, wie ihr hoffentlich wisst." Er erklärte noch ein paar Sachen, dann wurden die Hefte ausgeteilt, und los ging's!
"Also ...", setzte Jill in der Mittagspause in der Cafeteria an. "Ich hab ihn geküsst!" Alle stießen ein überraschtes 'Ohh' und 'Ahh' aus. Außer ich. Ich lächelte ihr zu, als sie mich ansah. Ich verdrückte mein Gemüselaibchen und ging dann auf mein Zimmer. Dort fuhr ich meinen Laptop hoch und schaute, was es so neues auf Facebook gab. Nicht viel, nur eine Anfrage von Jacqueline. Sie hatte sich endlich angemeldet. Dann kamen noch meine Mails dran. Mum hatte mir geschrieben.
Hi Schatz!
Wie geht's dir denn? Kommst du am Wochenende vorbei? Oder musst du lernen? Ich hab dich nämlich schon längere Zeit nicht mehr gesehen. Papa vermisst dich auch.
A bientôt et grosses bises!♥♥
Ich antwortete ich mit einer kurzen Email, dass ich wahrscheinlich kommen würde, und packte dann meine Hausaufgaben aus.
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