90.
Wir haben es eim Voting direkt auf Platz #1 geschafft! Ich bin euch so unendlich dankbar!
Harry
Da standen wir also, bereit, den Kampf unseres Lebens zu beginnen.
Mein Blick auf die Stadt, die uns in den nächsten Minuten und Stunden das Leben kosten könnte.
Wir hatten uns den ganzen Morgen ausgerüstet, Pläne geschmiedet und vor allem gezittert vor Angst.
Seit die Sonne aufging, war es still im Platoon. Alle wussten, es würde schwer werden, nicht zu sterben.
Aber noch immer wussten nicht genug, wie schwer es wirklich werden würde.
Ich schloss die Augen für einen kurzen Moment, als die Truppe sich aufstellte. Tief atmete ich ein, und wieder aus. Der Geruch war wie immer der Gleiche. Verbranntes Benzin der Panzer und Angstschweiß.
Der Wind war still, das Wetter stand also auf unserer Seite. Oder auf der Seite der Deutschen. Heute gab es kein Gut oder Schlecht mehr. Alle Grauzonen waren nonexistent. Wir befanden uns einzig im schwarz.
Ich schlief letzte Nacht genau zwei Stunden und träumte Schreckliches. Einhundert Szenarien spielten sich in meinem Kopf ab, die heute passieren könnten. Und einhundert davon endeten mit unser aller Tod.
Irgendwo hörte ich Liam leise beten.
Aber ich konnte nicht zuhören. Meine Gedanken waren in der Zukunft. Ich dachte an Anne, die ich nicht einmal beschützen konnte, denn Pattons und Joseph würden sie mit sich nehmen. Das Einzige, das mich beruhigte, war dass sie sich im Hintergrund halten würden, während wir als Bodentruppe vorne gingen, um die die Offensive zu beginnen.
Ich sagte Pattons, offensiv kämpfen, wäre unser aller Verderben. Er hörte nicht auf mich.
„Bist du bereit?", fragte mich jemand von der Seite, was mich die Augen wieder widerwillig öffnen ließ. Es war Keith, der mit neutralem Ausdruck zur Stadt sah. Diesmal trug er eine Thompson anstatt eine Sten um die Schulter.
„Nein", antwortete ich.
Er atmete tief durch. „Okay. Ich bin es auch nicht."
Unsere Situation schien so aussichtslos, dass ich einen Moment darüber nachdachte, mich zu erschießen, bevor es jemand anders tun konnte.
Aber dieser Gedanke verflog sofort, als ich Annel sah, die auf mich zugetrottet kam. Ihr Kopf hing nach unten, ihre Augen waren stets rot vom Weinen und ihre Blicke sprachen Bände. Sie hatte schreckliche Furcht, vor allem musste sie Anne zurücklassen.
Wer wusste, ob die beiden sich noch einmal wiedersehen würden, wenn wir einmal losmarschiert waren. Auf jeden Fall hatte ich vorhin schon beobachtet, wie Anne sich tränenreich von ihrer Schwester verabschiedete, ihr aber immer noch Mut machte. Was hätte sie auch anderes tun sollen?
Doch ich hatte genug getrauert. Die Zeit war gekommen, jemand zu sein, der ich noch vor mehreren Monaten war. Ein Teil dieser Infanterie.
„Also Männer!", schrie ich deswegen durch die Gruppe, die mit mir vorlaufen würde, als alle immer näher kamen.
Als ich mich zu ihnen drehte, spiegelte sich Todesangst in ihren Gesichtern. Niemand wollte hier weg.
„Lasst die Köpfe nicht so hängen, haltet stets die Augen offen! Wir laufen los!"
Kleinfüßig setzten sie sich in Bewegung. Ich sah ein letztes Mal zu Patton, Joseph, Walt und Anne, die hinten standen und warteten. Joseph nickte mir zu und ich deutete es als ein „Viel Glück, Leutnant". Ich nickte zurück. Viel Glück, Joseph.
Liam und Niall gesellten sich zu Keith und mir, als auch ich loslief. Annel hielt sich zwischen Liam und mir. Ihr würde nichts passieren, solange sie bei uns war. Dafür hätte ich sehr viel gegeben.
„Liam", sagte ich zu dem starken Mann rechts von mir. „Sag mir, wie ausgeprägt ist dein Optimismus?"
Er lächelte mir sanft zu. „Er ist sehr ausgeprägt, Harry. Willst du wissen, wie oft ich heute gebetet habe?"
„Sag es mir."
„Einmal. Und das ist ein sehr gutes Zeichen."
Ich wand meinen Blick auf Annel, die zwischen uns lief. Ich hoffte, Liam hatte Recht.
Wir kamen der Stadt und den vielen Häusern immer näher. Ich musste verwundert die Stirn runzeln. Bis jetzt konnte ich noch keinen einzigen Soldaten erkennen. Nicht einmal ein normaler Bürger, gar niemanden. Die Stadt schien wie leergefegt.
Natürlich war mir bewusst, dass die Deutschen wissen mussten, dass wir sie bald angreifen würden, aber wussten sie auch, wann genau? Und sie sind sie deswegen geflüchtet? Oder vielleicht wussten sie es doch nicht und haben ihre Truppen deswegen woanders stationieren lassen?
Als wir nun zwischen den hohen Häusern liefen, hob ich meine Thompson vor die Brust, genauso wie jeder es tat. Ich sah mich skeptisch überall um. Die Häuser schienen leer, immer noch keine Menschenseele auf der Straße. Keine Autos. Leere Läden.
Ich hasste es, dass Pattons uns vorschickte, um die Lage zu kontrollieren. Es war scheiße gefährlich hier unten.
„Wieso ist hier niemand?", fragte Keith und sah sich ebenfalls um. „Ich hatte mit einem Schwall an Nazis gerechnet."
„Damit haben wir alle gerechnet", sagte Pete, der mit uns lief. Auch wenn ich Pete hasste, konnte ich mich glücklich schätzen, dass er in unserer Nähe lief. Er war ein guter Schütze und kannte niemals Gnade. Deswegen war es nicht einfach, ihn zu töten.
„Die Stadt kann unmöglich so verlassen sein", sagte Liam. „Das ergibt keinen Sinn. Selbst wenn ihre Truppen nicht mehr hier sind, müssten Zivilisten unterwegs sein. Es scheint, als wäre diese Stadt tot."
Alle schwiegen, ich drehte mich um meine eigene Achse. Es lag etwas in der Luft. Irgendetwas, das uns sagte, dass es hier nicht so tot ist, wie wir annahmen.
„Wir sollten zurück zu Pattons", sagte Louis, der auch bei uns lief. „Das alles ist ..."
Scheiße, und dann hörte ich einen kräftigen Schrei, der definitiv nicht zu uns gehörte.
Sie schossen auf uns, als stünden wir an einer Schusswand. Die Kugeln kamen von allen Seiten. Oben, unten, links, rechts, sie waren überall.
„In Deckung!", brüllte Pete und Panik brach aus.
Kevin erwischte es sofort. Charles erwischte es sofort. Und viele weitere erwischte es sofort.
„Weg hier, los!", schrie ich und noch bevor ich mir Annel krallen konnte, zog Liam sie am Arm in eine Gasse.
Schwer atmend kamen wir dort an und ich blickte hinter mich, als ich mich gegen die Hauswand presste. Keith hatte es geschafft, gefolgt von Louis und Niall. Pete versteckte sich weiter weg hinter einem Auto.
„Scheiße", keuchte ich und sah zu, wie einer unserer Soldaten mitten in den Kopf getroffen wurde.
Die Schüsse waren enorm laut. Die Handgranaten, die sie warfen, dröhnten in meinen Ohren. Und das Adrenalin stieg schlagartig.
„Verdammt!", stieß Niall aus und trat gegen die Steinwand. „Alleine in den letzten dreißig Sekunden haben wir zwanzig Männer verloren!"
„Sie sind alle in den Häusern versteckt", sagte Keith nachdenklich. „Denkt ihr, sie haben noch Bodentruppen, die von vorne kommen könnten?"
„Gut möglich", antwortete ich und ging zum dritten Mal heute sicher, dass meine Thompson beladen war. „Sie könnten auch von hinten angreifen. Oder von oben. Im Moment müssen wir mit allem rechnen."
„Fakt ist, dass wenn sie noch Bodentruppen hätten, die nicht in den Häusern sind, sie noch relativ weit weg sein müssten."
„Ich weiß es nicht. Was denkst du gerade?", fragte ich nach, weil die Falte zwischen seinen Brauen tiefer wurde. Er ließ seinen Blick durch die ganze Gasse gleiten.
„Man, keine Zeit zum Denken!", meckerte Niall und deutete aus der Gasse heraus. „Guckt euch diese Scheiße an! Wie sollen wir da durchkommen? Die durchlöchern uns wie ..."
„Niall!", mahnte ihn Liam streng, worauf dieser sofort schwieg. Er schrie Niall sonst nie an. „Halt. Die. Klappe! Wir werden uns nicht ins Verderben stürzen, nur weil du leichtsinnig bist!"
Eine Kugel schlug plötzlich direkt über Louis Kopf in der Hauswand ein und wir duckten uns allesamt. Louis wurde nervöser.
„Sie sind weit oben", sagte Keith. „Und von oben ist man stärker. Das bedeutet ..."
„Wir müssen noch weiter nach oben", vollendete ich seinen Satz. „Aber wie ..."
„Damit." Er zeigte auf eine Feuerleiter an der Wand und ohne zu zögern, nickte ich einverstanden.
„Sehr gut." Ich stand auf und schnallte mir die Thompson auf den Rücken. „Niall, Keith, ihr kommt mit mir. Liam, ich möchte, dass du bei Annel bleibst."
Selbstverständlich nickte Liam und nahm Annel an der Hand. „Verstanden, Harry."
Noch bevor ich zu der Leiter gehen konnte, kam Pete schwer schnaufend angerannt. Es hatte ihn an der Wange erwischt. „Ich komme mit euch", sagte er und ich stimmte zu. Umso mehr Männer, umso besser.
Also kletterten wir die wackelige Leiter nach oben. Keith war unter mir, dann Niall und Pete.
„Wir werden versuchen von oben einzusteigen!", rief ich ihnen zu, als ich fast oben ankam.
„Hoffen wir mal, wir werden jetzt nicht unschön begrüßt!", gab Keith zurück.
Allerdings war diese Hoffnung vollkommen umsonst, denn schon in der Sekunde, in der ich über das Dach gucken konnte, entdeckten mich zwei Nazis, die sofort ihre Waffen auf mich richteten.
Augenblicklich duckte ich mich und zog meine Handfeuerwaffe hervor. Und dann betete ich, sie würden nicht schießen, wenn ich mich wieder aufrichtete.
Also schoss ich zweimal auf sie. Einen traf ich direkt in die Brust, bei dem anderen musste ich noch zweimal hinterherschießen, weil ich ihn nur streifte.
Etwas, das ich schon immer gut konnte, war schneller sein als andere.
Ich half Keith auf das Dach und dann ging ich sicher, dass hier niemand sonst war, der uns schaden oder uns sehen konnte. Wir waren alleine, nur die Schüsse wirkten von hier oben lauter. Außerdem hatte ich auch nicht das Gefühl, dass sie weniger wurden. Ich hoffte nur, unsere Soldaten schafften es, sich in Sicherheit zu bringen.
Ich ging so gut geduckt wie ich konnte zum Rand des Daches und blickte nach unten. Genau unter mir war ein großes Fenster.
„Es sollte kein Problem sein, von hier reinzukommen", sagte ich zu den anderen.
Keith tauchte neben mir auf und schaute eher eingeschüchtert nach unten. „Das sieht ziemlich lebensgefährlich aus."
„Alles hier sieht lebensgefährlich aus, du Vollidiot", sagte Pete und für den Spruch wollte ich ihn erschießen. „Also los, wer fängt an?"
„Ich", opferte sich Niall und schnallte sich sein Gewehr auf den Rücken.
„Nein, ich gehe als erstes", widersprach ich ihm jedoch. „Du hast nur ein Scharfschützengewehr. Sollte jemand in dem Zimmer sein, kannst du nicht schnell genug schießen."
„Ich kann schnell genug schießen!"
Aber ich achtete nicht weiter auf ihn, sondern krallte mich so fest ich konnte an die Dachrinne und ließ mich langsam nach unten hängen.
Okay, jetzt erschien es mir ebenso verdammt hoch.
Ich zog die Beine an und trat gegen die Fensterscheibe. Es tat sich nichts. Ich Idiot, was hatte ich auch erwartet?
„Schwung holen", gab mir Keith einen Tipp, der mir unsicher von oben zusah.
„Was du nicht sagst", murmelte ich und tat, was er sagte. Ich stieß mich von der Hauswand ab und trat dann mit mächtigem Schwung gegen die Scheibe, sodass sie direkt zersprang und ich durch das Fenster brach.
Ich kam unsanft in einem leeren Zimmer an. Erst dachte ich, wir hatten Glück gehabt und tatsächlich sei niemand hier gewesen. Aber ich hatte mich geschnitten, als ich das Gestell eines Scharfschützengewehrs am Fenster stehen sah. Jemand war hier.
Und dieser jemand kam vom Nebenzimmer in dieses gestürzt und überlegte nicht lange, als er mit einer Pistole in der Hand, auf mich zugerannt kam. Er schrie wie ein Tier, aber schoss nicht. Deswegen schaffte ich es, meine Waffe zu zücken.
Allerdings war er zu schnell und warf sich auf mich, sodass mir meine Waffe aus der Hand fiel. Er schrie irgendwelche unverständlichen Wörter auf Deutsch und verpasste mir mit der Pistole einen rechten Haken.
Als er ausholte, um noch einmal zuzuschlagen, nutzte ich die freie Millisekunde und übernahm die Oberhand. Ich schaffte es nicht nach meiner Waffe zu greifen, deswegen schnappte ich mir ein Telefongerät und schlug mit dem Kasten auf seinen Kopf ein.
Er zappelte wild umher, ich schlug erneut dreimal zu. Seine Stirn heftig platzte auf.
Als ich ein fünftes Mal zuschlagen wollte, schaffte er es, meine Arme zu ergreifen und von sich zu drücken. Es war ein Kraftspiel, gegen seinen Druck anzukommen. Ich hatte das Gefühl, mir würde gleich eine Ader im Kopf platzen, so viel Kraft wand ich auf, um nach dem Kabel des Telefons greifen zu können, das über seinem Kopf baumelte. Ich konnte es ergreifen und wickelte es blitzschnell um seinen Hals.
Dann zog ich fest zu.
Hinter mir stieg jemand durch das Fenster, es war Keith. „Scheiße, Harry!"
Der Nazi starrte mir genau in die Augen, als ich das Kabel um seinen Hals immer fester zuzog und sein Kopf tiefrot wurde. Schwach wollte er nach meiner Kehle greifen, aber er hatte nicht genug Kraft, um richtig zuzudrücken.
Noch bevor er an Erstickung krepieren konnte, erlöste Keith ihn mit einem Schuss in den Kopf. Das Blut spritzte mir ins Gesicht.
Ich stieg direkt von ihm herunter und spürte, wie mein ganzer Körper zitterte. Das Adrenalin in mir wirkte wie ein Aufputschmittel.
„Wo sind die anderen?", fragte ich Keith hektisch und hob meine Pistole auf. Ich lud sie nach. „Warum dauert das so lange, verdammt?"
Und dann erschienen Pete und Niall auch schon im Zimmer. Sie erblickten den deutschen Soldaten am Boden, waren aber nicht lange interessiert daran. Pete ging ins Nebenzimmer, Niall positionierte sich mit seinem Scharfschützengewehr am Fenster.
„Was soll ich tun?", fragte Keith hilflos.
„Erst mal gar nichts", antwortete ich und erspähte ein weiteres Scharfschützengewehr am Boden. Ich nahm es mir. „Niall, lassen sich die deutschen Gewehre bedienen wie die amerikanischen?"
„Das Visier könnte anders sein", erklärte er, als er konzentriert durch sein eigenes Visier schaute. „Magazin enthält eventuell weniger Schuss, aber ansonsten könnte es jeder Vollidiot bedienen. Wieso?"
Ich gesellte mich neben ihn und hielt mir das Scharfschützengewehr vor das Auge. „Weil ich nun testen werde, ob du mir mit den Jahren genug beigebracht hast."
„Verdammt", gab Keith im Hintergrund leise von sich. Ich hörte, wie er sich hinsetzte. „Verdammt, wir können unmöglich so viele Soldaten mit nur zwei Schützen erledigen. Was, wenn die Bodentruppen einmarschieren? Oder wenn sie Kampfflugzeuge beauftragt haben, demnächst hier einzutreffen?"
„Mach dir nicht ins Hemd", schnauzte Pete ihn an, der wohl wieder das Zimmer betrat. „Wir werden sie umbringen. Allesamt."
„Bereit?", fragte ich Niall, als ich einen Nazi anvisiert hatte, der im Haus gegenüber stand und lauter Schüsse von sich gab.
„Bereit, wenn du es bist."
„Okay ... Los."
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