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88.

Harry

Erst dachte ich, niemand sei im Zelt, aber dann sah ich die beiden Mädchen auf dem Boden liegen. Annel lag – die Knie an die Brust gedrückt - auf der Seite und Anne umschling sie fest von hinten. Beide hatten nasse Wangen und ihre zitternden Atemzüge erfüllten das Zelt.

Es war ein trauriger Anblick. Und er war noch trauriger, als Anne ihren Kopf hob und mich mit ihren nahezu niederschmetternden, traurigen Augen anblickte.

Sie wirkte nicht erfreut mich zu sehen. Aber ich erwartete nichts anderes.

Ich kniete mich vor die beiden, legte meine Hände auf meine Beine und ließ den Kopf sinken. Es machte mir das erste Mal nichts aus, mich so gedemütigt vor einem Menschen zu zeigen und ihn auf Knien anzubetteln, mir zu vergeben.

„Anne ...", sagte ich leise und wagte es mich nicht einmal, sie anzusehen. „Ich bitte dich um Verzeihung."

Sie sagte nichts, deswegen blickte ich auf. Ihre Augen waren so wutentbrannt, dass es mein Herz zum Schnellerschlagen brachte. So wütend hatte ich sie nur gesehen, als sie Pattons die Waffe entgegenstreckte und ihn töten wollte.

Ich musste den Blickkontakt abbrechen und wand mich Annel zu, die sich schniefend aufrichtete. „Annel, ich muss mich auch bei dir entschuldigen. Ich war egoistisch, dich alleine gelassen zu haben. Und es tut mir unendlich leid, dass ich dir nicht den Schutz bieten konnte, den du verdient hast."

Annel blinzelte mich nur trübselig an. Ihr Gesicht war das Gegenteil von Annes. Während ich dachte, Annel würde Gnade mit mir haben, dachte ich, Anne wollte mir den Hals durchschneiden.

„Bitte, Anne", wiederholte ich mich flehend. „Sieh mich nicht so an. Ich kann nicht rückgängig machen, was passiert ist, aber ich bitte dich, du musst mir verzeihen."

Mit jedem meiner Worte sackten meine Schultern mehr in sich zusammen. Ich fühlte mich plötzlich winzig klein und vollkommen alleine gelassen. Wie ein einsamer Junge, der doch einfach nur gerne nach Hause kommen würde. Wo auch immer dieses Zuhause sein sollte.

Und dann reagierte Anne. Allerdings nicht verbal.

Sie sprang mir um den Hals, nicht jedoch um mich zu umarmen, sondern um mir wehzutun. Sie verursachte, dass ich rückwärts auf den Rücken fiel und verpasste mir eine Ohrfeige nach der anderen.

Ich nahm jeden Schlag hin und so auch jede Beleidigung. All dies brannte sich in mein Gedächtnis und ich wusste, würde ich in den nächsten Tagen sterben, dann wäre der Schmerz, dem Tod nahe zu sein, kein Vergleich mit diesem Moment gerade.

„Du verdammtes Arschloch!", schrie sie mich an und schlug mir erneut ins Gesicht. „Wie konntest du nur, wie konntest du nur, wie konntest du nur?"

Nach neun Ohrfeigen und fünf weiteren Beleidigungen, verfiel sie lauthals ihren kommenden Tränen.

Sie schlug nur noch schwach mit ihren Fäusten auf meine Brust ein, ihre Stimme war kaum noch zu hören. Ich beobachtete sie die ganze Zeit dabei und dachte an die Nacht, in der wir miteinander schliefen. Oder die Nacht in der Scheune. Unser erster Kuss, unsere erste Umarmung, der Moment, in dem sie mich zum Urinieren mitschleppte, der Tag, an dem ich sie aus dem Fluss gerettet habe. Wie oft ich ihr beim Schlafen zusah. All diese Dinge, die ich mit ihr erlebte und wie ich mich Tag für Tag mehr in sie verliebte.

Ich wünschte, ich hätte ihr all das gesagt.

„Wie konntest du nur zulassen, dass sie ihr wehtun?", weinte sie und hob das letzte Mal ihre Faust an, um sie dann erschöpft auf meiner Brust fallen zu lassen.

Annel saß in der Ecke des Zeltes und schaute Anne mit Tränen in den Augen an. Sie sorgte sich um ihre Schwester, ich konnte es in ihrem Gesicht ablesen. Aber das tat ich auch.

Von hier unten sah Anne noch kaputter aus. Ihre abgeschnittenen Haare spiegelten perfekt ihr Innerstes. Zerstört. Und es würde Jahre dauern, sie wieder so gepflegt und lang über ihre Schultern fallen lassen zu können.

„Ich wollte nie, dass es so kommt", flüsterte ich. Den Schmerz auf meinen Wangen konnte ich kaum wahrnehmen, weil ich nur auf sie konzentriert war und darauf, wie ihre Tränen auf meine Kleidung tropfte, während sie so auf mir saß. „Glaub mir. Bitte. Ich würde alles tun, um es ungeschehen machen zu können."

Für einige Sekunden verweilte Anne noch schluchzend auf mir, schaute mich aber nicht an. Bis sie den Kopf langsam schüttelte und von mir herunterstieg, als sei ich ein widerliches Tier. „Ich kann dir nicht verzeihen", sagte sie und setzte sich zu Annel, um sie an sich zu pressen. „Denn du kannst nichts ungeschehen machen. Es ist passiert."

Ich stemmte mich nach oben. „Ich konnte nicht ahnen, was Walt und Pete ihr antun würden, wenn wir nachts gegangen sind. Glaub mir doch."

Aber sie ließ plötzlich keine Emotion mehr zu, nur noch Verachtung. „Du bist ein verlogenes Schwein", warf sie mir an den Kopf, aber ging meinem Blick aus dem Weg. „Du wusstest es schon, als wir in der Nacht in Halle waren. Und trotzdem hast du mich dazu gebracht, sie alleine zu lassen."

„Ich habe Liam zu ihr geschickt."

„Es war scheinbar nicht genug."

„Ich habe mein Bestes getan."

„Du hättest Walt bei Sergeant Pattons verraten können."

Ich schüttelte den Kopf. „Er hat mir gedroht, uns zu verraten."

Daraufhin verzog sich Annes Gesicht zu etwas, das man mit Leid vergleichen konnte. Aber sie war nicht die Einzige, die gerade litt. Ich tat es auch.

Sie musste sich die nächsten Tränen zurückhalten. „Du wusstest, nichts ist mir wichtiger als meine Schwester", sagte sie, angestrengt, stark und selbstsicher zu klingen. „Ich hätte Pattons mich totschlagen lassen, wenn er es herausgefunden hätte, solange Walt und Pete ihre Finger von ihr gelassen hätten."

Ich schluckte schwer. Es war mir bewusst, dass das bedeutsamste in Annes Leben ihre Schwester war, aber irgendwie hatte ich diese Tatsache verdrängt, als ich annahm, ich könnte es wagen, Walt nicht zu verraten.

Doch ich sagte: „Ich will nicht mit dem Gedanken sterben, dass du mich hasst."

Jetzt blickte Anne mich an. Es war eine Mischung aus Zorn und Sehnsucht. Zumindest dachte ich, die Sehnsucht in ihren Augen zu erkennen. „Hass ist gar kein Ausdruck, Harry."

Noch nie taten mir Worte so weh, wie jetzt gerade. „Ich habe alle Regeln für dich gebrochen", sagte ich leise. „Bedeutet das denn nichts?"

„Und trotzdem warst du zu rücksichtslos, um das Richtige zu tun."

„Ich dachte, du wärst das Richtige."

„Du bist so krank, Harry." Annes Stimme verriet mir, dass sie einen dicken Kloß im Hals hatte. Sie legte ihren Kopf auf Annels Kopf ab und drückte sie enger an sich. „Sie hätten sie töten und mir für immer wegnehmen können. Wieso ist dir das nicht klar?"

Ich blickte zu Annel, die mich bereits ansah. Sie hatte so unschuldige, blaue Augen. Sie waren so ehrlich und unschuldig, es tat mir mit jedem Augenblick mehr weh, ihr diese schrecklichen Nächte mit Walt und Pete zugemutet zu haben. Dieses kleine Mädchen hatte diese Folter nicht verdient.

Deswegen sagte ich zu ihr: „Es tut mir schrecklich leid, Annel ... Es ist unverzeihlich, aber es tut mir einfach nur schrecklich leid."

Es fiel mir ein pfundschwerer Stein vom Herzen, als Annel mit ihrer leisen, lieblichen Stimme zu mir sprach. „Ich verzeihe dir."

„Du verzeihst mir?"

Als Antwort lächelte sie ganz schwach, auch wenn die nasse Röte in ihren Augen nie wieder verging, in der Zeit, in der ich sie noch sah.

Ob Anne vielleicht ...?

„Denk bloß nicht, dass ich das gleiche sagen werde", spuckte sie mir sofort entgegen, noch bevor ich meinen Wunschgedanken vervollständigen konnte. „Du und ich, wir beide wissen genau, du hast Schreckliches getan. Und deswegen will ich, dass du endlich aus diesem Zelt verschwindest."

Der Funke Hoffnung, der eben noch in meinem Herzen keimte, war sofort verloren und mir wurde bewusst, die Zeit war nun gekommen, zu gehen.

„Ich war so blind, wenn es um dich ging", sprach ich dennoch meine Gedanken aus, denn was anderes blieb mir sowieso nicht mehr übrig. „Ich habe jeden belogen, ein Verrat nach dem anderen begangen und bin Risiken eingegangen, die uns jedes Mal schaden hätten können. Aber ich war so blind."

Sie sprach nicht.

„Fast hätten wir es geschafft ..."

„Fast", sagte Anne dazwischen. „Nur fast."

Ich nickte schwach. „Ja ... nur fast."

Als ich aufstand, weigerte sich mein Verstand, Anne und Annel zurückzulassen. Aber trotzdem begriff ich, es machte sonst keinen Sinn. Tausend Worte darüber, wie sehr ich Anne liebte und wie viel ich geben würde, um sie niemals wieder alleine lassen zu müssen, plagten meinen Kopf und dann trat zum tausendsten Mal dieser verfluchte Kopfschmerz ein.

Ich schob das Laken des Zeltes beiseite, wollte eigentlich ein letztes Mal über meine Schulter blicken, aber traute mich nicht. Ich hatte so viele gedankliche Bilder in den letzten Monaten von ihr gemacht in denen sie lächelte, sie sollten nun für den Rest meines Lebens ausreichen.

Wie jemand, der gerade seine Seele verlor, wandelte ich durch das ruhige Lager und wusste nicht, wohin mit mir. Die meisten Männer schliefen bereits, nur wenige waren noch wach und sprachen leise miteinander. Die, die wach waren, sahen mich entweder mitleidig oder vorwurfsvoll an.

Bis ich irgendwann Niall begegnete, der mutterseelenalleine am Feuer saß und auf die letzte Asche blickte. Alles an ihm war gegensätzlich zu dem, was er vorhin noch ausstrahlte. Da war kein Zorn mehr, kein Hass, keine Gehässigkeit.

Das Bild von Liam lag neben ihm.

Nur noch seine bleiche Haut, die tiefe Narbe in seinem Gesicht, die Schnapsflasche neben seinen Füßen und das Glitzern in seinen Augen, das mir sagte, dass jetzt der Moment gekommen war, in dem er begriff, was er vorhin angerichtet hatte.

Unsere Blicke trafen sich, aber ich kam ihm nicht näher. Niall hatte dieses ganze Chaos erst verursacht.

Es waren keine Worte nötig, um sagen zu können, was wir dachten.

Er machte sich Vorwürfe, er wollte allein sein, er wollte sich das Gehirn so lange mit Alkohol zuschütten, bis er aufhörte zu denken.

Und ich hörte zu, bis ich entschied, zu gehen.

Ich wusste nun, was ich machen sollte. Vielleicht hätte ich besser schlafen sollen, aber das konnte ich sowieso nicht, deswegen wollte ich meine Zeit mit etwas verbringen, das ich schon seit Jahren hätte tun sollen.

Ich ging zu Keiths Zelt, dieser lag mit offenen Augen im Feldbett und setzte sich augenblicklich hin, als er mich erkannte.

„Harry", sagte er, verwirrt darüber, dass ich zu ihm kam. „Was ist los?"

„Ich brauche etwas zum Schreiben. Hast du etwas da?"

Sofort nickte er und griff in seinen großen Rucksack. „Ist alles in Ordnung?", fragte er mich mit ehrlicher Sorge. „Die Situation vorhin ist wirklich sehr ausgeartet."

„Mach dir darüber keinen Kopf", meinte ich, aber alleinig an meiner Stimme musste er erkennen, dass die Zeit vielleicht gekommen war, um sich den Kopf zu zerbrechen. Zumindest für mich. Ich nahm ihm den Zettel und den Stift ab, den er mir hinhielt. „Du solltest schon längst schlafen. Morgen werden wir uns früh bereit machen."

Keith atmete schwer aus. Auch er wusste, was in ein paar Stunden auf uns zukommen würde. Ich hätte ihm etwas zusprechen sollen, das ihn aufbaute, aber dazu hatte ich keine Kraft mehr. Diese Nacht war verdammt.

Bevor ich ging, sagte er noch: „Harry."

Ich blieb stehen.

„Ich will dir sagen, dass du für mich ein großes Vorbild bist."

Nun runzelte ich die Stirn. „Was?"

Er meinte es ernst, das sagte mir seine Miene. Und irgendwie schien er auch Mitleid mit mir zu haben. „Ich weiß, du hast so viel erlebt, aber trotzdem bist du so unheimlich stark. Für dich bin ich nur irgendein nerviger Idiot, aber für mich warst du der Sergeant, den diese Infanterie gebraucht hätte. Vielleicht wären wir dann ganz woanders. An einem besseren Ort."

Genau das hätte ich damals auch zu Sergeant Pepper sagen können.

„Ich dachte nur, du solltest es wissen", sprach Keith weiter und legte sich zurück in sein Bett. „Worte unausgesprochen zu lassen, würde niemandem mehr etwas bringen."

Ja, scheiße, seine Worte bauten mich auf. „Ich danke dir, Keith", war ich vollkommen ehrlich zu ihm. „Das tue ich wirklich."

„Ich danke dir, Sergeant Harry."

Als ich das Zelt verließ, war mein nächster Stopp: Mein eigenes Zelt.

Ich war seit Winter 1941 im Krieg und nun hatten wir Frühling 1945. Fast vier Jahre hatte ich mich gedrückt, Dinge zu denken, Menschen zu vermissen oder Erinnerungen zuzulassen, die eigentlich nötig gewesen wären.

Ich hatte so wenig zu verlieren, die Zeit war gekommen, mich meiner Familie zu widmen.

Also setzte ich mich an den Tisch in meinem Zelt und legte das etwas schmutzige Blatt Papier vor mich.

Meine Hände zitterten und ich rieb mir undenklich oft über das Gesicht, während ich über Worte nachdachte, die ich nun niederschreiben könnte. Immer wieder legte ich den Stift weg, nur um ihn dann nach zwei Sekunden wieder in die Hand zu nehmen.

Doch irgendwann musste ich es tun. Und mir würde keine weitere Woche bleiben, um all dies, was ich schreiben würde, loszuwerden.

Also schrieb ich endlich diesen gottverdammten Brief, als ich drohte, zu implodieren.

Hi Mom,

ich liebe dich, wie geht es dir?

Alleine die ersten Sätze brachten mich zum Schwitzen. Ich kämpfte mit jedem Wort. Meine Handschrift war grauenvoll und unlesbar, aber das war unwichtig.

Ich schrieb einfach weiter. Mit jedem weiteren Wort war ich unzufrieden, immer wieder dachte ich mir: Nein, das ist nicht gut genug. Ich vermisse sie viel mehr, als ich es hier schreibe.

Die Worte Lisbeth und George verabreichten mir einen kleinen Infarkt. Sie fehlten mir so sehr, oh Gott, sie fehlten mir so, so sehr.

Ich schluckte fast zehn Mal meine Tränen herunter, als mein Brief sich dem Ende näherte. Und auch wenn ich Mom gerne wissen lassen würde, dass ich noch lebte, wusste ich, es hatte keinen Zweck.

Also schrieb ich:

Verzeih mir, dass ich mein Leben in Deutschland lassen werde.

Und Mom, bitte verzeih mir, dass ich diesen Brief niemals losschicken werde.

Danach wollte ich noch hundertmal schreiben, dass ich sie liebte und wie viel Schuld auf mir lastete, aber mehr als trauern konnte ich nicht mehr.

Ich beendete den Brief und starrte ihn dann fünf Minuten nur an, als ich meinen Kopf zwischen die Hände stemmte.

Es war nicht wirklich befreiend all dies geschrieben zu haben, aber ich bereute es nicht, es trotzdem getan zu haben.

Denn ich liebte meine Mom, Lisbeth und George. Und auch wenn sie diese Worte niemals zu Gesicht bekommen werde, hoffte ich, sie wussten es.




:(

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