6.
Oben ein Fanedit von TheDiaryPrincess :)
Annemarie
„I-Ich weiß es nicht", war das Einzige, das ich darauf antworten konnte, denn ich wusste es wirklich nicht. Ich hatte angenommen, sie hatten ihn erschossen, doch anscheinend war dem nicht so. Wo war er nur?
„Gott verdammt!" Der ältere Mann schoss vor Wut in die Wiese direkt neben mich und ich presste mich enger an Annel, weil ich ihr und mir Schutz bieten wollte. Die Waffe wurde wieder auf uns gerichtet und unser Zittern war unaufhaltsam. „Ihr wisst es, ihr Drecksplagen! Ihr wisst es oder" – Er griff Annel grob am Haar und zog sie gewaltsam aus meinen Armen, ohne dass ich etwas dagegen tun konnte. Nun hielt er ihr die Waffe an den Kopf und starrte mich hasserfüllt an. „Oder ich schieße deiner kleinen Schwester ihren beschissenen Schädel weg. Und du" – Er beugt sich warnend zu Annel, die verängstigt ihren Kopf von seinem weghielt und wimmerte – „Du wirst mir sagen, wo er ist oder ich schieße deiner großen Schwester den Kopf weg."
Vor lauter Verweiflung kniete ich mich hin und bettelte ihn vergeblich an. „Bitte ... Wir wissen nicht, wo er ist, Gott, bitte ..." Mir flossen die Tränen wie Bäche über die Wangen und ich beugte mich nach vorne auf den Boden, um meine Unterwürfigkeit zu präsentieren. Ich würde alles tun, um Annel zu schützen. „Bitte ..."
Einen beklommene Stille trat ein, in der ich einzig Annels gebrochenen Atem hören konnte und ein paar Schritte der Männer um uns herum. Es war Folter nicht zu wissen, ob man den nächsten Moment überleben würde. Doch ich wusste, wenn sie Annel töten würde, würde ich sie anbetteln, mir auch das Leben zu nehmen.
„Steh auf." Der ältere Mann stieß Annel harsch in meine Richtung und ich hob meinen Kopf, hoffte, er würde vielleicht auf mich hören. „Ich sagte, steh auf!"
Ich tat sofort was er sagte und stellte mich kerzengerade hin, strich schnell mein verschmutztes Kleid glatt und sah ihm direkt in die Augen. Was kam nun?
Sein rechtes Auge war etwas zugekniffen und ich erkannte, dass er dunkelbraune Augen hatte. Er kam mir gefährlich einen Schritt näher, hielt seine Waffe zu Boden. „Nun", sagte er ruhig, „dann gibt es nur eine Möglichkeit." Ein bitteres Lächeln spiegelte sich auf seinen Lippen und dann sah er nach links. „Horan. Herkommen."
Ein blonder, schmaler Junge kam aus der Masse getreten und sah unwissend zwischen dem Mann und mir hin und her. Er sah zu nett aus, um einer von ihnen zu sein.
„Hier her", befahl der Mann unfreundlich und zeigte mit seinem Finger zwischen ihn und mich. „Los, Bewegung!"
Der junge Mann tat wie ihm befohlen und stellte sich zwischen den älteren und mich. Noch bevor ich überhaupt Blickkontakt mit ihm aufnehmen konnte, wurde ihm von dem älteren die Waffe in die Hand gedrückt und auf mich gerichtet.
Ich schluckte schwer und ich schwor, der blonde Junge tat es auch, als er mir nun das erste Mal in die Augen sah.
Doch sein Befehlshaber hielt weiterhin seine Hand in die Höhe, direkt in meine Richtung und raunte ihm zu: „Erschießen ist die einzige Möglichkeit. Nicht wahr, Horan?"
Mein Herz raste schneller und mir blieb nichts anderes übrig, außer in die Augen des blonden Mannes zu sehen und zu beten, dass er es nicht tun würde. Ich wollte nicht sterben, nicht so, nicht hier, nicht vor Annel.
„Sergeant", traute sich der junge Mann zu sagen, nahm aber nicht seinen Blick von meinen Augen, „sie ist – sie hat damit nichts zu tun."
Sein Seargent jedoch sah mir nun auch ins Gesicht und sein rechter Mundwinkel hebte sich, als ich leise „Bitte" hauchte. „Du hast Recht, Junge. Ich habe eine viel bessere Idee."
Nun wurde die Waffe auf meine kleine Schwester gerichtet, die stocksteif neben mir stand und nach meiner Hand griff.
„Erschieß sie", raunte der alte Mann und brach damit mein halbes Herz.
Was? Sie sollte erschossen werden? Himmel, bitte, das durfte nicht passieren. Nicht Annel, nicht meine kleine Schwester. Ich zog sie enger an mich heran und sie vergriff sich in meinem Kleid. Mehr blieb uns nicht übrig.
Die Spannung war furchteinflößend.
„Sie ist noch ein Kind", sagte der blonde Mann mit zitternder Stimme und man sah ihm an, wie sehr er litt. „Ein Kind."
Doch sein Sergeant ließ nicht mit sich verhandeln und hielt die Waffe strenger in unsere Richtung, worauf der Blonde aufzuckte. „Verdammt, erschieß sie oder ich lasse dich hier verrotten! Sie sind deutscher Abschaum!" Aber als der junge Mann sich immer noch nicht regte, riss ihm sein Befehlshaber die Waffe aus der Hand. „Dann mach ich es eben selbst!"
Er schupste ihn zur Seite und ich drückte Annels Kopf hastig an meine Brust und drehte ihm den Rücken zu, damit ihr nichts geschah. Ich kniff meine Augen zu und hielt den Atem an.
Der Schuss ertönte gemischt mit einem Schrei.
Für einen kurzen Moment dachte ich, es wäre vorbei, alles wäre vorbei, doch es war noch lange nicht vorbei.
Ich öffnete meine Augen wieder, doch drehte mich nicht um, als ich eine laute Stimme hörte, sie gehörte jedoch nicht dem Sergeant.
„Gott verdammt, Schluss mit der Scheiße!", rief jemand wütend, was mich dazu brachte, mich langsam umzudrehen, damit ich sehen konnte, wie der Mann, der mich im Schrank erwischte, die Hand des Sergeants zu Boden hielt, damit er nicht auf uns schießen konnte. Er riss ihm die Waffe aus der Hand und ging einen Schritt zurück in unsere Richtung. „Der Plan war Dorner zu finden und nicht seine Töchter zu erschießen! Das hier ist Bullshit!"
Ich kam nicht mal auf den Gedanken Annel loszulassen, stattdessen starrte ich nur den breiten Rücken des Mannes an, der sich vor uns stellte und den Sergeant anschrie. Es passiert so schnell, ich konnte nicht klar denken, mein Puls pochte heftig.
Der Sergeant starrte den Mann tötend an und spannt sich komplett an. „Du verdammter, kleiner Bastard", presste er zwischen seine Zähne hindurch. „Wie oft soll ich dir noch sagen, dass ich das Sagen habe und nicht du?"
„Es ist mir scheiß egal", antwortete dieser mutig. „Wir sollten lieber Dorner suchen und nicht unsere Zeit mit so einer Scheiße verschwenden!"
„Harry", mischte sich der kurzhaarige ein, der vorhin Liam genannt wurde. Er hob beruhigend die Hände. „Es macht keinen Sinn, stell dich zur Seite."
„Dein große Fresse geht mir dermaßen auf den Sack", meckerte der Sergeant und zeigte auf zwei Männer in der Runde. „Los, schafft ihn mir aus dem Weg, wir müssen endlich weiter kommen."
Die zwei Männer gingen nur mit Widerwillen auf den Mann namens Harry zu und wollten ihn greifen, doch dieser wehrte sich und versuchte seine Arme zu entreißen, doch es gelang ihm nicht.
„Scheiße, das hier ist reine Zeitverschwendung!", keifte Harry und ihm wurde gleichzeitig die Waffe entrissen und dem Sergeant zugeworfen. „Dorner kann bereits überall sein, denkt ihr nicht nach?"
Der Sergeant ließ sich nicht von dem Tumult aus der Ruhe bringen, sondern richtete wieder die Waffe auf uns. „Es wird Zeit den Dreck zu beseitigen", sagte er. „Sieh genau hin, Styles."
„Ich weiß, wo unser Vater ist!"
Der Sergeant hielt inne und sofort herrscht Ruhe, sogar der Mann, der uns beschützte, war still, sah mich nur perplex an.
Mit zitterndem Atem sah ich eingeschüchtert zu dem Mann, der uns erschießen wollte und hoffte, dass das hier kein Fehler war. „I-Ich weiß, wo er ist", wiederholte ich mich leise, hielt Annel jedoch noch fest an mich gedrückt.
„Wo?", fragte der Sergeant gefährlich leise, hielt die Waffe noch oben. „Sag mir wo."
„Ich kenne den Namen des Ortes nicht, aber ... I-Ich kann euch hinbringen."
Er kniff die Augen skeptisch zu. „Wieso sollte ich dir jetzt glauben? Du lügst, um am Leben zu bleiben."
Der Kloß in meinem Hals nahm langsam ab und ich versuchte eine starke Stimme zu bekommen, um aufrichtig und ehrlich zu klingen, auch wenn das, was ich sagte, ganz und gar nicht der Wahrheit entsprach. „Tötet uns, wenn ich mich irre." Wir hatten sowieso nichts mehr zu verlieren. Mutter war tot, Vater war fort. Was hätte ich sonst tun sollen, um unser Leben zu retten?
Konzentriert ließ der Sergeant den Revolver sinken, sah mir weiterhin tief in die blauen Augen. „Du wirst uns also zu ihm bringen."
Ich nickte und hoffte, dass das hier kein Fehler war.
Er sah durch die Runde und steckte seine Waffe weg. „Männer. Wir haben ab sofort weibliche Gäste."
Zu meinem Entsetzen jubelte die Menge lauthals los, als hätten sie genau auf diese Aussage gewartet. Mir wurde klar, dass die nächsten Tage, Wochen oder Monate die schlimmsten meines Lebens werden würden. Ich wusste nicht, wo ich sie hinführen sollte, ich wusste nicht, wo Vater war, ich wusste nur, dass ich Annels Leben retten wollte.
Annel und ich sahen uns verunsichert um, als die Menge sich auflöste und die Stimmung heiter war. Was würde bloß auf uns zukommen?
„Holt das Lager her und dann verbringen wir erst mal die Nacht hier", befahl der Sergeant mit erschreckend guter Laune. „Los, hopp, hopp, ich habe Hunger!"
Annel sah zu mir hinauf und flüsterte: „Anne, was hast du getan?"
Ich traute mich nicht, sie anzusehen. „Ich weiß es nicht."
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