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103.

Annemarie

Der Druck in meinem Körper stieg mit jeder weiteren Sekunde, die verging. Mein Vater stand tatsächlich vor dieser Schranktür und bedrohte den, den ich liebte und mich mit einer Waffe.

Was war nur aus diesem Leben geworden?

Ich hörte wie Harry versuchte, still zu bleiben, dennoch ließ er meine Hand nicht los. Nun war er derjenige, der sie zu fest drückte.

„Los, raus da!", brüllte mein Vater plötzlich und ich zuckte zusammen. „Ich gebe dir noch fünf Sekunden oder dein Blut wird überall in diesem Schrank zu sehen sein!"

In meinem Hals wuchs ein Kloß heran, als mir klar wurde, dass das Warten keinen Sinn hatte. Wir mussten irgendetwas tun. Und ich würde nicht durch die Hand meines Vaters sterben, nein.

Also legte ich meine Hand auf die Schranktür, um sie aufzudrücken.

Harry hielt mich zurück und sah mich entsetzt an.

Ich deutete ihm ängstlich, dass er sich nicht bewegen sollte. Mein Vater durfte ihn nicht sehen. Mich würde er nicht erschießen. Harry vielleicht schon.

Nur wehmütig ließ Harry meine Hand los und sein Blick sagte mir, dass er mit meiner Entscheidung nicht zufrieden war. Aber er konnte mich nicht zurückhalten.

Also öffnete ich die Tür und stieg mit den Augen zum Boden gerichtet aus dem Kleiderschrank. Die Tür schloss ich direkt wieder, damit er Harry nicht zu Gesicht bekam.

Ich wagte es mich nicht, den Kopf zu heben, als ich meinem Vater nun gegenüber stand. Eigentlich sollte ich mich freuen, ihn endlich wieder zu sehen. Und ich sollte mich freuen, dass er die Macht hat, mich zu befreien und mir wieder mein altes Leben zu bescheren. Aber ich tat nichts davon. Denn all die, von denen er mich hätte befreien können, waren tot und mein Vater für mich nicht mehr der, der er einst war.

„Annemarie", keuchte mein Vater fassungslos, worauf ich ihn schließlich ansah. Er ließ seine Schrotflinte sinken. Sein Gesicht spiegelte die pure Bestürzung.

Irgendetwas in mir passierte, als ich ihn in voller Montur dort stehen sah. In seiner Uniform, auf der ein Hakenkreuz prangte. Mit seinem fast komplett grauem Haar und dem stets rasierten Bart. Seine Augen kamen mir mit einem Mal nicht mehr nett vor, sondern verbittert.

„Himmel, Annemarie", wiederholte Vater und ihm schossen zeitgleich die Tränen in die blauen Augen. Er legte seine Waffe weg und kam mit offenen Armen auf mich zu. „Ich dachte, du seist tot!"

Doch noch bevor er mir einen zweiten Schritt näher kommen konnte, ging ich ihm aus dem Weg und fort von dem Schrank. Ich stand nun vor seinem Schreibtisch, worauf er mich perplex betrachtete.

„Nun", sagte ich, wollte stark klingen, tat es aber nicht. Ich kämpfte mit den Tränen. „Ich lebe noch."

„Das sehe ich." Mein Vater lächelte und unterdrückte weitere Tränen. „Du kannst dir nicht vorstellen, wie glücklich ich bin dich hier zu haben. Ich wusste, diese nichtsnutzigen Soldaten konnten meiner Tochter nichts anhaben." Er setzte sich an seinen Schreibtisch, als er zu bemerken schien, dass ich nicht in der Stimmung bin, ihm in die Arme zu fallen. Vater griff sich eine Tasse und füllte diese mit Tee. „Sag, wie geht es dir? Du siehst nicht gut aus. Gott, ich bin so erleichtert. Möchtest du Tee? Etwas zu essen?"

Ohne Worte ergriff ich die Teetasse, die er mir über den Tisch entgegenhielt und sah auf die braune Flüssigkeit darin. Kamille. Sein Lieblingstee.

„Wie bist du hier reingekommen?", hörte mein Vater nicht auf, Fragen zu stellen. „Und wo ist meine kleine Anneliese?"

In mir brodelte etwas. Es war keine Wut oder Hass, nein. Mir saß gerade die größte Enttäuschung meines Lebens gegenüber und sorgte sich um mich, nachdem ich Horrormonate erlebte. Und diese Realisation ließ mich brodeln.

„Schätzchen." Mein Vater neigte den Kopf, als er sich in seinem Stuhl vorlehnte. „Was ist los mit dir? Ich habe mir solche Sorgen gemacht, bitte, setz dich doch, damit du mir alles erzählen kannst. Hier bist du sicher, das verspreche ich dir."

„Du sagtest immer, das was hier draußen passiert, sei nicht schlimm", sprach ich meine ersten Worte zu ihm. Ich sprach sie leise und bedacht. Sie lagen mir schon seit Wochen auf der Zunge. „Aber ..." Ungläubig blickte ich zu ihm auf. „Aber es sterben so unendlich viele Menschen, Vater."

Seine Miene änderte sich schlagartig. Er wirkte nicht mehr erfreut oder erleichtert.

Ich hatte das Gefühl, jeden Moment die Tasse in meiner Hand zu zerquetschen. „Es sterben täglich so viele Männer wegen dem, was hier passiert ... Wie konntest du uns nur immer wieder das Gegenteil erzählen?"

Mein Vater richtete sich mehr auf und legte seine Hände auf die Tischplatte. Er war ruhig, als er sagte: „Menschen sterben überall, Annemarie. Ich habe euch nie gesagt, dass sie es nicht tun. Die Gründe sind manchmal eben sehr verschieden."

„Was?" Ich kam ihm einen Schritt näher. „Hier gibt es nur einen Grund. Der Krieg, den Deutschland begonnen hat."

„Wir haben den Krieg nicht begonnen. Er ist durch Konflikte und Unstimmigkeiten entstanden. Ich verstehe, dass du wohl viel erfahren hast in den letzten Monaten, aber das gibt dir nicht das Recht jemanden oder eine Masse zu verurteilen."

„Ich habe jedes Recht, eine Masse zu verurteilen." Meine Stimme wurde schärfer. „Ich habe gesehen, wie getötet wird und wie immer wieder getötet wird."

„Man müsste nicht töten, wenn es keine Gegner geben würde."

„Die Gegner, vor denen du geflüchtet bist, als sie Annel und mich mitgenommen haben."

Daraufhin schwieg er. Seine Augen wurden enger.

Mit jedem weiteren Moment wurde ich wütender. „Du hast zugelassen, dass wir monatelang mit diesen Menschen laufen mussten. Und du hast zugelassen, dass sie uns schänden und Dinge sehen lassen, die kein Mensch jemals zu Gesicht bekommen sollte."

„Ich hatte keine andere Wahl", sagte mein Vater. „Ich wusste, sie würden mich suchen und ich wusste, sie würden euch nichts tun, denn sie brauchten dich, um sie zu mir zu bringen."

„Du wusstest, sie brauchten mich, um sie zu dir bringen", wiederholte ich und konnte nicht fassen, was mein Vater mir gerade erzählte. „Du sagtest, du würdest unsere Familie immer beschützen. Sie haben ... Sie haben Mutter getötet. Weißt du das? Und wenn sie nur mich brauchten, was denkst du, haben sie mit Annel angestellt?"

Für einen Augenblick hielt er schweigend den Blickkontakt, bis er leise fragte: „Was ist mit meiner kleinen Annel?"

Niemals wollte ich die folgenden Worte in den Mund nehmen, aber er hatte uns all dies angetan. Deswegen sagte ich ohne Hemmungen: „Sie haben sie vergewaltigt. Sie haben sie geschlagen und immer und immer wieder vergewaltigt."

Mein Vater schluckte schwer.

„Und ich weiß, was du hier tust."

Er runzelte die Stirn. „Was ich tue?"

„Du bist einer der Gründe, weswegen tausende unschuldige Menschen sterben müssen."

„Annemarie, zügle deine Zunge." Vater erhob sich langsam von seinem Stuhl und sah mich strenger an.

„Du tötest Menschen, weil sie anders sind. Du schickst sie in Lager, um sie dort auf unmenschlichste Art und Weise krepieren zu lassen. Du lässt zu, dass man sie vergewaltigt und schlägt und ihnen schreckliche Dinge antut." Während ich all dies aufzählte, merkte ich erst, dass ich den Kampf gegen meine Tränen verloren hatte. „Und du arbeitest für einen Mann, der diejenigen auslöschen will, die nicht das tun, was er ihnen sagt."

„Noch ein einziges Wort!", schrie mein Vater plötzlich und ging um den Schreibtisch herum. „Du hast keine Ahnung, was du da redest, also benimm dich auch nicht so!"

„Ich weiß genau, wovon ich rede!", brüllte ich zurück. „Ich habe es mit eigenen Augen gesehen! Kleine Mädchen, die sterben müssen, weil sie Juden sind! Frauen, die missbraucht werden und Männer, die deinetwegen ihre Familie alleine lassen müssen und nie wieder zurückkommen werden! Du bist eines der vielen tausend Monster in diesem Land!"

Und dann klatschte es. Mein Vater hob die Hand und langte mir mit der Rückhand so heftig gegen die Wange, dass ich einen Schritt zur Seite stolperte.

Aber das war ich bereits gewohnt. Pattons hatte mir oft genug Schmerzen angetan, deswegen blieb ich ruhig stehen.

Totenstille trat ein, als ich meinen Kopf allmählich wieder zu meinem Vater drehte, der mich zornig anstarrte. Es war nicht die erste Backpfeife, die er mir verpasste, trotzdem tat er es nie oft.

„Ich bin schlimmere Schläge gewohnt", sagte ich wieder gelassener. „Sergeant Pattons hat mich abgehärtet. Ich bin mir sicher, du kennst ihn. Er wollte dich töten."

„Was ist nur mit dir los?", fragte mein Vater. „Rede nicht mit mir wie mit einem Tier. Ich weiß, wer Sergeant Pattons ist."

„Du kennst ihn also wirklich."

Er drehte sich um und setzte sich aufgebracht an seinen Schreibtisch. „Ich will nichts davon hören, verstanden? Du solltest froh sein, dass du noch lebst!"

„Erzähl mir, warum er dich töten wollte."

„Annemarie, ich werde dich einsperren lassen, wenn du nicht sofort zur Vernunft kommst!"

Aber seine Drohungen beeindruckten mich nicht mehr. Er hatte mich bereits seit Jahren weggesperrt. Nun hatte ich daraus gelernt. „Sag es mir", drängte ich deswegen weiter. „Das bist du nicht nur mir schuldig, sondern auch meiner Mutter. Die deinetwegen gestorben ist. Und Annel. Die deinetwegen Höllenqualen erleben musste."

„Du hast vollkommen den Verstanden verloren", murrte mein Vater verärgert. „Ich möchte mich freuen, dass meine Töchter noch leben, ist das etwa zu viel verlangt?"

Aber was er konnte, konnte ich auch. Und ich hatte gelernt, wie man jemanden zum Reden bringen konnte. Deshalb griff ich nach der Handfeuerwaffe, die auf seinem Schreibtisch lag und hielt sie in seine Richtung.

Er riss sofort die Augen auf und spannte sich an.

„So habe ich mal einen Offizier zum kooperieren gebracht", sagte ich und lud die Waffe nach. Alles fühlte sich an, als wäre ich ein anderer Mensch. Ich spürte gar nichts mehr. „Vielleicht bist du genauso klug genug und erzählst mir nun, wer du wirklich bist."


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