Ein Versuch ist es wert oder nicht?
Y/N POV
Ich schrecke hoch als die Tür piept. Mein Blick ist vom Schlaf noch etwas verschwommen, ich stütze mich mit der einen Hand ab und reibe mir kurz mit der anderen Hand über die Augen und blinzel zweimal. Meine Sicht ist nun wieder klar. Als ich zur Tür sehe, bereue ich es aber sofort. Diesen Anblick brauche ich nicht, weder klar noch verschwommen.
Der Wolftyp steht da. Wie hieß er noch gleich? Hongjoong?
Er starrt mich an. Und sein Blick ist so...merkwürdig?
Da dämmert es mir. Ich bin ohne T-Shirt eingeschlafen. Ach du Scheiße!
Ein spitzer Schrei kommt über meine Lippen und ich schnappe mir eilig die Decke und ziehe sie hoch bis zum Kinn.
Er quittiert das mit einem Grinsen, das die Hälfte seines schmalen Gesichts in Anspruch nimmt. Er fährt mit seiner Zungenspitze über seine weißen Zähne und schon erinnert er mich wieder an einen Wolf auf der Jagd. Er lässt mich nicht aus den Augen.
"Von mir aus, kannst du die Decke auch unten lassen" bemerkt er trocken und seine Augen blitzen wie Bernstein in der Sonne.
"Perversling! Vergiss es!" Zische ich und klammere mich fest an die raue Decke.
Er winkt lässig ab und lächelt süffisant " Ich werde da nicht rot." Die Betonung lag eindeutig auf Ich. Sein Blick liegt immer noch auf mir und ich winde mich innerlich unter ihm. Kann er nicht endlich weg sehen? Denn leider werde ICH im Gegensatz zu IHM wirklich gerade rot. Ich kann deutlich fühlen, wie mir die Hitze ins Gesicht steigt und meine Wangen zum glühen bringt.
Er grinst, tut mir dann aber den Gefallen und schaut weg. Sein Blick fällt auf den Stuhl über dessen Lehne mein T-Shirt hängt.
"Du brauchst also neue Sachen?" fragt er leichthin.
"Ja" Ich nicke " und ein Handtuch" ergänze ich noch schnell.
"Wir sind hier kein Hotel!" raunzt er mich an. Ich zucke leicht zusammen. Gott, woher der plötzliche Sinneswandel?
Ich starre ihn ungläubig an und schon schwappt mein Ärger förmlich aus mir heraus "Ach nee! Was du nicht sagst! Aber ihr haltet mich verdammt nochmal hier fest und ich habe nicht die leiseste Ahnung wieso eigentlich! Da werd ich doch wohl wenigstens nach Sachen und einem Handtuch fragen können!" Am liebsten hätte ich ihm jetzt noch einen Piepvogel gezeigt, lass es aber besser bleiben.
Ich funkel ihn stattdessen böse an. Dieser Typ brachte mich echt auf die Palme. "Lass mich gehen" Fordere ich und freue mich, dass meine Stimme fest ist "Lass mich gehen, dann musst du dich um gar nichts mehr kümmern." Vielleicht konnte ich ihn damit ködern. Soll er mich doch einfach frei lassen, dann hat er auch keinen Stress und keine Arbeit mehr mit mir.
Er schüttelt den Kopf. "Du hast keine Ahnung." sagt er rau "Ich mache mir bestimmt nicht die Mühe dich hierher zu bringen, nur um dich dann wieder gehen zu lassen."
"Was hast du mit mir vor?" frage ich und meine Stimme zittert leicht. Bin ich wirklich bereit für die Antwort?
Die Frage gefällt ihm. Das sehe ich in seinen Augen. Um seine Mundwinkel spielt ein Lächeln und ich begreife, dass das alles für ihn ein Spiel ist. Ein Spiel, in dem er die Würfel in der Hand hält. Ein Spiel, das ihm sichtlich gefällt. Mir wird trotz der dicken Decke kalt.
"Du wirst mir viel Geld bringen" antwortet er und sieht dabei sehr zufrieden aus.
Das Grauen, dass seine Worte in mir auslösen, lässt mit Sicherheit alle Farbe aus meinem Gesicht weichen. Er wird doch nicht...
Ich kralle mich noch mehr an der Decke fest. Ich weiß diese olle, raue, alte Decke gerade wirklich sehr zu schätzen und ich möchte sie in meinem Leben nie wieder loslassen. Ich weigere mich darüber nachzudenken, was seine Worte alles bedeuten könnten, trotzdem fangen die Gedanken in meinem Kopf an zu rotieren und ganz von selbst unheilvolle Bilder zu produzieren von denen mir speiübel wird.
Er muss mir den Schreck im Gesicht ablesen können, denn er fängt an zu lachen. Er kichert richtig und scheint das gerade echt lustig zu finden. Mit ist überhaupt nicht zum lachen zu Mute. Was für ein krankes Spiel, das er hier spielt.
Sein Lachen hilft mir aber. Da es so gar nicht zu meiner Situation passt, stoppt es mein Kopfkarussel aus Gedanken und schrecklichen Bildern und entfacht wieder ein bisschen von dem Ärger, der mich mutiger macht und mir Kraft gibt. Ich versuche, mich wieder voll auf ihn zu konzentrieren.
Ich starre ihn an und begreife rein gar nichts, außer, dass er für mich ein Rätsel ist und dass ich für ihn scheinbar nur ein Spielball bin und sonst nichts.
Das plötzliche Erklingen einer verwegenen aber einprägsamen Melodie, reißt mich unvermittelt aus meinen Überlegungen. Sie klingt ein bisschen wie die Filmmusik aus Fluch der Karibik und zaubert mir Bilder eines dunklen Piratenschiffs in den Kopf, das auf dem offenem Ozean rießige Wellen durchbricht. Verwirrt sehe ich zu ihm, denn die schöne Melodie, die so sehr nach der Freiheit klingt, nach der ich mich sehne, kommt aus seiner Richtung.
Er zieht mit gerunzelter Stirn sein Handy aus der Hosentasche, wirft einen kurzen Blick aufs Display und dreht sich dann von mir weg, als er den Anruf entgegen nimmt. Die Melodie erstirbt. "Was gibt's?" fragt er und klingt kurz angebunden. Der Anruf kommt ihm ungelegen. Seinen Gesprächspartner kann ich nicht hören, aber Hongjoong wirkt plötzlich sehr angespannt. Seine Schultern und Rückenmuskeln zeichnen sich nun deutlich unter seinem T-Shirt ab.
Ich sehe schnell weg. Mein Blick fällt auf die Tür.
Und dann denke ich überhaupt nicht mehr nach. Die Tür ist nicht verschlossen. Sie steht einen Spalt offen. Dieser Spalt ist meine Chance. Ich werfe die Decke zur Seite, springe aus dem Bett, ignoriere das Stechen im Bein so gut es eben geht und sprinte auch schon los.
Ich renne aus meiner Zelle und wende mich direkt nach links. Ich muss mich nicht umdrehen um zu wissen , dass er nicht weit hinter mir ist. Ich hatte sein Fluchen gehört und ein Geräuch, dass so klang, als hätte er sein Smartphone auf den Betonboden fallen lassen, es klang sehr hässlich und ich konnte mir denken, dass das Display bestimmt dabei kaputt gegangen ist, vielleicht sogar das ganze Telefon.
Ich sprintete, wie als wollte ich den Weltrekord brechen und riss meine Beine bei jedem Schritt weiter nach vorn. Das Einzige, auf das ich gerade zählen konnte, war mein Wille. Der Rest ließ mich leider im Stich. Meine Beine fühlten sich schwach und wackelig an, mein ganzer Körper war erschöpft, obwohl ich gerade erst losgerannt bin und ich bekam die schreckliche Gewissheit, dass es ein Fehler gewesen war, die Flucht zu versuchen. Ich würde es nicht schaffen.
Seine Schritte hallten laut hinter mir auf den Betonboden. Er holte auf. Er hatte mich gleich. "Bleib sofort stehen!" brüllte er in einem Ton, der mir das Blut in den Adern gefrieren und die Luft um mich herum erzittern ließ.
Spinnt der? Wenn ich jetzt stehen bliebe, würde der Wolf sich auf mich stürzen und mich in der Luft zerreißen.
Sein Brüllen hatte mir so viel Angst eingejagt, dass meine Beine nun noch größere Sätze machten, mein Herz raste und mein Blick verschwamm, aber das blendete ich alles aus. Ich durfte ihm nicht in die Hände fallen, auf gar keinen Fall.
Ich rannte ohne Rücksicht auf irgendetwas. Ich ignorierte meinen Schmerz, meine Schwäche, meine Angst und sein Gebrüll. Vor mir bog der Gang scharf nach rechts ab, ich nahm mit vollem Schwung die Kurve und prallte hart gegen etwas. Ich taumelte zurück und wäre sicher auf meinem Hinterteil gelandet, wenn nicht ein fester Griff um meine Oberarme, dies verhindert hätte.
"Y/N! Du?" hörte ich eine vertraute Stimme und wusste nicht so recht, ob das nun gut oder schlecht war, das ich ausgerechnet in ihn hineingerannt bin. "Seonghwa" hauchte ich total erschöpft.
Da packte mich auch schon eine Hand am Nacken und riss mich grob nach hinten. Da Seonghwa mich noch festhielt, spürte ich den Schmerz im Nacken und in den Armen. Ich keuchte leise auf. Seonghwa's Griff löste sich sofort.
Hongjoong schmiss mich zu Boden und schrie auf mich ein. Ich zog reflexartig den Kopf ein, bedeckte mit den Händen meinen Kopf und meine Ohren so gut es eben ging und versuchte mich so klein wie möglich zu machen, Tränen liefen mir unaufhörlich über die Wangen und tropften auf den Fußboden.
Ich erwartete die Prügel und begann am ganzen Körper zu zittern. Doch nichts geschah. Ich lugte vorsichtig hoch. Hongjoong stand über mir und sein Gesicht war eine Maske mühsam beherrschten Zorns.
Seoghwa hielt ihn mit einer Hand am Arm zurück und zog sich jetzt mit der anderen Hand seine rote Jacke aus und warf sie zu mir.
Stimmt ja. Ich war ja nur im BH. Ich vermied Hongjoongs und Seonghwas Blicke und versuchte schnell hineinzuschlüpfen, verhedderte mich aber ein bisschen, weil meine Finger so heftig zitterten.
Ich hatte es gerade geschafft und fummelte am Reißverschluss herum um diesen nach oben zu ziehen, da griff eine Hand grob in mein Haar und riss mich hart daran nach oben. Keuchend vor Schmerz nahm ich die Finger vom Reißverschluss der Jacke.
Hongjoong beugte sich zu mir, sein Gesicht war nun ganz nah an meinem. "Tu. das. nie. wieder." zischte er leise.
"Hongjoong..." versuchte es Seonghwa nun, doch er erntete nur einen warnenden Blick, schloss seinen Mund und beließ es dabei. Na toll. Er würde mir also auch nicht helfen.
Hongjoong packte grob meinen Oberarm und zerrte mich unsanft in Richtung meines Verließes zurück. Ich musste fast rennen, um mit seinen langen Schritten mitzuhalten. Sein Griff brannte auf meinem Oberarm und würde auf jeden Fall eine Reihe blauer Flecken hinterlassen.
Als wir die verhasste Stahltür erreichten, drückte er F1, legte seinen Daumen auf den Scanner und stieß mich grob hinein, kaum dass die verdammte Tür sich geöffnet hatte.
Meine Schienenbeine stießen schmerzhaft gegen die Kante der Liege, auch das würde sicherlich einen blauen Fleck geben und ich landete unsanft auf dem Bett.
Schnell drehte ich mich zu ihm um und sah zu ihm hoch. Sein Ärger war noch immer nicht verraucht, das erkannte ich deutlich in seinem Gesicht. Ich schluckte meine Panik hinunter, denn sie würde mir auch nichts nützen.
Er beugte sich über mich und ich hielt die Luft an. Ich konnte es mir nicht leisten ihn mit irgendwas zu provozieren, also wollte ich am liebsten alles unterdrücken, was ihn reizen könnte. Am liebsten hätte ich mich in Luft aufgelöst.
"Da du unser Gast bist" und er spuckte mir das Wort Gast förmlich ins Gesicht "gestehe ich dir diesen einen Versuch davonzulaufen zu. Aber wage es dir nicht noch einmal" Sein Ton war nun erschreckend ruhig.
Seine Augen suchten meinen Blick und hielten ihn gefangen "Hast du mich verstanden?" fragte er und klang dabei völlig gefasst. Aber er konnte mich nicht täuschen. Ich wusste, wie sehr es noch in ihm brodelte. Ich nickte schnell.
Seine Hand schoss vor und umgriff meinen Hals. Er drückte mich in die Matratze und ich griff mit beiden Händen sein Handgelenk um seinen Griff zu lösen. Natürlich war das sinnlos. Der Druck verstärkte sich sogar und ich begann zu röcheln.
"Ich habe dich etwas gefragt" Sein Ton war hart wie Stahl und passte zu seinem eisernen Griff.
Tränen füllten meine Augen, die Panik griff nach mir und ich bekam Todesangst. Ich merkte nur ganz nebenher wie sein Griff sich lockerte. "Ja" presste ich hervor und es klang furchtbar kratzig. Er warf mir einen Blick zu, der mir sagte, dass ihn meine Antwort noch nicht zufrieden stellte, also beeilte ich mich zu krächzen "Ja. Ich habe verstanden."
Er nickte mit eisernem Gesicht. Er musterte mich noch für einen langen, qualvollen Moment und stand dann abrupt auf.
An der Tür blieb er stehen und sagte mit dunkler Stimme "Ich hoffe, du versucht so was Dämliches wie heute nicht noch mal. Ich kann sonst für nichts garantieren."
Ich hörte das Piepen, starrte an die Decke und blieb einfach liegen.
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