türkischer Basar am Scherbenmeer
Seonghwa sah auf den ersten Blick, dass Hongjoongs Laune unterirdisch war. Sein Boss saß im Wohnzimmer, eine Flasche Whiskey vor sich, die sich im schwarzen Glas des flachen Couchtischs spiegelte. Am liebsten wäre Seonghwa über die Treppe direkt ins obere Stockwerk verschwunden und er bedeute Yeosang mit einer Kopfbewegung, ihm möglichst leise zu folgen, doch dieser dachte nicht im Traum daran, über die heutigen Erlebnisse Stillschweigen zu bewahren.
Kaum dass er die Schwelle zum großen offenen Salon überschritten hatte, plapperte er auch schon drauflos: „Y/n und Hoseok sind wieder da! Sie sind heute Abend in Incheon gelandet."
Seonghwa unterdrückte ein Fluchen und folgte seinem Kollegen notgedrungen in den Salon.
„Da sieh an! Heute Abend?" Hongjoongs Brauen fuhren nach oben. Und er straffte seine eben noch schlaff herabhängenden Schultern. Mit einem breiten Grinsen auf seinen schmalen Lippen griff er zur Flasche Macallan und schenkte sich nach. Obwohl er von einem süßem Duft begleitet wurde, stach der beißende Geruch des hochprozentigen Alkohols Seonghwa in die Nase.
„Setzt euch!" Ihr Boss wies mit dem Kopf auf die beiden Designersessel, gegenüber der Couch. Ihr goldbraunes Leder ähnelte der Farbe des Whiskeys und die weißen Schafsfelle, die über den Lehnen hingen, verliehen den wuchtigen Sitzmöbeln einen Touch Gemütlichkeit, dennoch wäre Seonghwa lieber stehen geblieben.
Resigniert nahm er zwei Gläser aus der schwarz verglasten Vitrine neben dem Fernseher und kam dann rüber zum Tisch. Yeosang hatte sich bereits in einen der Sessel gefläzt und grinste über das ganze Gesicht. Es war ihm an der Nasenspitze anzusehen, dass er es kaum erwarten konnte, seinem Boss alles zu berichten.
Nun, sollte er halt. Seonghwa würde sich dann bemühen, die Kohlen wieder aus dem Feuer zu holen. So wie immer.
„Also"? Hongjoong fuhr sich mit der Zunge über die Unterlippe. Er hatte sich im Sofa zurückgelehnt und sein rechter Arm lag ausgestreckt über der hohen Lehne, seine langen, schlanken Beine lässig übereinander geschlagen. Seonghwa ließ sich von seiner relaxten Körperhaltung nicht täuschen, ihm entging nicht der wachsame Blick, mit denen Hongjoong in ihren Gesichtern las und er wusste nur zu gut, wie schnell er die Beherrschung verlieren konnte.
Er ließ daher seinen Boss nicht aus den Augen, als er sich nun etwas zu tief in den zweiten Sessel gleiten ließ. Das weiche Fell kitzelte ihm sofort am Nacken und er setzte sich etwas aufrechter hin.
„Sie sind heute gegen 22:30 Uhr gelandet. Wir haben sie zufällig entdeckt, als wir aus Busan zurückgekommen sind. Und ..." Yeosang schluckte, denn jetzt kam der unangenehme Teil. Seonghwa hätte am liebsten die Augen verdreht. Alter, was bist du auch so doof, dem Boss alles gleich brühwarm zu erzählen.
Dieser nickte knapp mit unbewegter Miene, aber Seonghwa bemerkte den Glanz in seinen Augen. „Und?"
„Und natürlich haben wir sie verfolgt." Yeosang wurde leiser und stockte wieder. Seonghwa lehnte sich zurück, das Kitzeln des Fells in seinem Nacken war ihm jetzt egal. Er würde einen Teufel tun, Yeo jetzt aus der Patsche zu helfen.
„Aber?" Hongjoongs Ton klang schroff, er hatte für schlechte News sowas wie einen siebten Sinn, vielleicht konnte er sie auch riechen. Seonghwa staunte sowieso immer, wie fein Hongjoongs Sinne waren.
„Jungkook und seine Leute waren da." Yeosang war kaum zu verstehen, er hielt den Kopf gesenkt und schien die Worte der schwarzen Glasplatte vor ihm zuzuflüstern.
Mit einem Seufzer griff Seonghwa nach der Flasche und goss sich sein Glas voll mit dem teuren Premiumwhiskey. Hongjoong stand auf die hochpreisigen Sorten mit den erlesensten Aromen. Gerade wehte ihm der Duft von Feigen, Ingwer und Datteln in die Nase, es roch wie auf einem türkischen Basar, aber wenn man das Zeug hinterkippte, brannte er genauso im Rachen wie ein günstiger Fusel. Pure Verschwendung. Er setzte an und trank.
„Und?" Hongjoongs Augen glänzten nicht mehr, sie loderten, sie brannten so stark wie der Alkohol in Seonghwas Kehle.
„Wir waren zu spät", hauchte er trocken, als er das Glas zurückstellte und dachte eigentlich: „Ich war zu spät. Ich konnte Y/N nicht vor Yeos Blick verbergen." Er starrte jetzt wie dieser runter auf den Couchtisch. Sah sein eigenes Gesicht in der polierten schwarzen Oberfläche und hätte sich am liebsten selbst für seine Torheit geohrfeigt.
Aber das würde Hongjoong gleich für ihn erledigen. Sein Boss hatte sich bereits erhoben, war nach vorn getreten und schon im nächsten Moment brannte Seonghwas linke Wange, als wolle sie dem Whiskey in seiner Kehle Konkurrenz machen. Ihm wurde so heiß, als hätte er die ganze Flasche auf ex getrunken. Aber er hatte es verdient. Noch immer starrte er auf sein Spiegelbild, als er das derbe Klatschen hörte, mit dem Hongjoongs flache Hand auch auf Yeosangs Wange traf.
„Jungkook war mit seinem Bugatti da", versuchte dieser sich noch zu rechtfertigen. Doch Hongjoong schnaubte nur, schnappte sich Yeos Glas und pfefferte es dicht an seinem Kopf vorbei gegen die dunkle Vitrine mit den anderen Gläsern. Ein helles, kreischendes Klirren erfüllte den großen Raum und die ehemals stolze Glaswand fiel mit einem Ruck in sich zusammen, löste sich auf in tausende schwarze Kristalle, die sich wie ein dunkler Wasserfall über den blaugrauen Teppich ergossen und sich mit den hellen Scherben der zerbrochenen Gläser vermischten.
Hongjoong trat mitten in die Scherben. Trotz des dicken Teppichs knirschte es unter seinen Schuhen. „Sie ist also in Jungkooks Villa?" Seonghwa hörte an seinem Ton, wie sehr sein Boss sich gerade beherrschte. Er drehte die Spitze seines linkes Fußes in den Glasscherben hin und her, so dass ein beharrliches Knirschen ertönte. Seongwha wusste, dass sein Boss das als beruhigend empfand. Er hatte einen seltsamen Faible, was bestimmte Geräusche anging.
„Wir werden uns daran machen, so viele Informationen, wie möglich zu bekommen." Er hob seinen Kopf bei diesem Versprechen und sah Hongjoong an. Dieser erwiederte seinen Blick und nickte. „Macht das! Und am besten lieber heute als morgen!"
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MHm. Jemand ne Idee für den Titel?
Ich bin grad so unkreativ....
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