Rattenjagd
JK POV
Es stank nach Urin und der Boden war übersät mit alten Kaugummis und Zigarettenstummeln. Am liebsten wäre ich die Treppe aus der Unterführung, die zur Metro Station führte, wieder hochgestiegen, denn sogar die Abgasluft der 6-spurigen Straße, die sich darüber hinweg erstreckte, erschien mir angenehmer, als dieser Gestank.
Die Geschäfte hier unten waren alle geschlossen und es herrschte absolut tote Hose. In dem langgestreckten Tunnel mit der erdrückend niedrigen Decke war außer uns keine Menschenseele unterwegs. Für Seoul war das mehr als ungewöhnlich. Egal zu welcher Uhrzeit, in den U-Bahnhöfen herrschte immer Begängnis, denn die Stadt schlief nie.
In diesen Zugang zur U-Bahnstation Muk-Dong schien sich aber noch nicht mal mehr die Putzkolonne zu verirren. Mit großen Schritten bahnte ich mir meinen Weg durch alte Zeitungen und leere Bier- und Spraydosen.
Nun, sollte ich Beom-Seok erschießen, würde es zumindest keine Zeugen geben und ein bisschen mehr Dreck würde vielleicht gar nicht auffallen.
Am Ende des Tunnels führte eine quietschende Rolltreppe noch weiter in die Tiefe.
Die Leuchtstoffröhren an der Decke flackerten und erzeugten zusammen mit den Schab- und Quietschgeräuschen der Rolltreppe eine Horrorfilmatmosphäre. Doch weder Namjoon noch mich hinderte das, unseren Weg in den Abgrund fortzusetzen.
Hier wagte sich definitiv keiner hin, der keinen Ärger bekommen will. Aber wir waren auf Ärger aus.
Muk-Dong war nicht gerade das beste Viertel Seouls. Aber auch hier hatten wir Dealer, die für uns Drogen vertickten und einen davon mussten wir dringend wieder auf die richtige Spur bringen. Denn uns war zu Ohren gekommen, dass Pyon Beom-Seok bereits Gespräche mit Ateez geführt hatte.
Ich weiß nicht, ob der Typ keine Geruchsnerven hatte, oder ob ihn dieser Gestank antörnte, jedenfalls hielt er sich mit Vorliebe in den unterirdischen Unterführungen und U-Bahnzugängen dieses heruntergekommenen Viertels auf. Und in diesem Verdrecktem und wenig Frequentierten hatte er sein Hauptquartier bezogen.
Er lebte wie eine Ratte und in meinen Augen war er eine Ratte. Sonst nichts.
Ich entsicherte meine Waffe und das unheilvolle Klicken hallte von den gefliesten Wänden wieder.
Namjoon warf mir unter hochgezogenen Brauen einen warnenden Blick zu. Er hatte drauf bestanden, mich zu begleiten und auch Suga war diesmal mit von der Partie. Er war aber so schlau gewesen, im Auto zu warten. Wahrscheinlich wusste er um die Zustände hier unten.
Hinter der nächsten Ecke stank es mehr nach Bier als nach Urin und vier in schwarz gekleidete Gestalten hielten sich an ihren Cass Bier Dosen fest.
Der Untersetzte mit der Kartoffelnase und der roten Narbe am Kinn war Pyon Beom-Seok. Ich erkannte ihn sofort. Die fetteste Ratte von allen.
Die anderen ignorierend schritt ich direkt auf Beom-Seok zu. Ich packte ihn am Kragen seiner Lederjacke und im nächsten Moment knallte er mit dem Kopf gegen die geflieste Wand. Ein Knacken ertönte, ob es von seinem Schädelknochen oder einer Wandfliese kam, wusste ich nicht, aber weder er noch einer der Kumpanen wagten einen Mucks.
Beom-Seok starrte mich mit aufgerissenen Augen an. Er hatte wohl nicht erwartet, dass ich ihn in diesem Drecksloch aufsuchen würde. Ich unterdrückte ein Seufzen, denn es erschreckte mich selbst, wie tief ich schon gesunken war.
„Es wird Zeit für Nachschub, was?" Ich nahm ihm seine fast leere Bierdose aus der Hand und schleuderte sie einem seiner Kumpels ins Gesicht. Sie traf genau dessen Hakennase, aus der sofort Blut geschossen kam.
„Äh", stammelte Beom-Seok und sein Blick huschte unstet hin-und her. „Ich hatte vor Sie morgen wegen Nachschub zu kontaktieren, Herr Jeon."
Ich zog die Augenbrauen hoch. Die Ratte log mir ins Gesicht.
„Oh, hättest du dich Tatsache bei mir gemeldet oder wolltest du Kim Hongjoong anrufen?" Ich drückte seine Jacke an seinem Kragen zusammen, genau über seinem buckligem Kehlkopf. Es dauerte nicht lange und seine fetten Hamsterbacken färbten sich rot und seine Lippen blau.
Ich selbst hielt währenddessen die Luft an, denn der Gestank dieses Typen drehte mir fast den Magen um. Ich wusste schon, weshalb ich sonst immer zur Waffe griff. Aber da Namjoon das nicht gutheißen würde, ließ ich sie stecken und zog stattdessen noch etwas mehr an dem derben Lederstoff der Jacke.
„H..rr J..e.." Beom-Seoks Worte waren kaum mehr zu verstehen, aber sie stanken nach Bier. Seine Fahne war unerträglich. Ich wandte mein Gesicht ab und lockerte den Griff um seinen Hals etwas. Ich verspürte plötzlich den Drang meine Hände an meiner Hose abzuwischen.
Ich griff stattdessen zum Griff meiner Waffe. Mit dieser widerwärtigen Ratte würde ich nicht länger Geschäfte machen, da konnte Namjoon sagen, was er wollte. Gerade als ich die Waffe zog, hallten eilige Schritte durch den Tunnel, durch den Joon und ich gekommen waren, und ließen mich innehalten.
„JK! Sie ist es!" Suga kam um die Ecke geschossen.
Im ersten Moment war ich stinksauer, dass Suga mich mit seinem Reinplatzen davon abgehalten hatte, der ekelhaften Ratte die Lichter auszupusten.
Als seine Worte mich erreichten, stutze ich. Sie?
Von was oder besser wem redete er?
„Hier" atemlos reichte er mir ein Telefon. Ich las auf dem Display „J-Hope" und erstarrte. Dann quiekte ich vor Freude wie ein Meerschwein, schnappte mir das Telefon und rannte so schnell ich konnte aus dieser verdammten Metro Station an die frische Luft.
„Ja" meldete ich mich, sobald ich draußen war und frische Luft um meine Nase wehte. Durch den schnellen Sprint klang es schroffer als beabsichtigt.
Y/NPOV
Das „Ja" klang so fordernd, dass es mir fast den Atem raubte.
'Y/N bleib ruhig, du wusstest doch, wen du anrufst ', versuchte ich mir selbst, Mut zu machen.
Dennoch brachte ich erstmal keinen Ton heraus. Haltsuchend griff ich mit einer Hand nach dem Geländer der Balkonbrüstung.
„Ja?", erklang es deutlich sanfter.
„Jungk..." Ich verschluckte mich an seinem Namen. „Äh, also ich wollte...dir danken", brachte ich schließlich heraus. Auf meinen Wangen hätte man jetzt Spiegeleier braten können und sie leuchteten sicher so rot, wie die Ampel ein paar Meter unter mir.
Aber er sah mich ja zum Glück nicht. „Dafür, dass du mich gerettet hast. Ich hoffe, deiner Schulter geht es gut...., also ...dir...meine ich natürlich."
Oje. Konnte es noch schlimmer werden? ich überlegte kurz vom Balkon zu hüpfen, um der Blamage zu entfliehen.
Aber da musste ich jetzt durch. Ich atmete aus und fasste das Handy fester.
Statt zu antworten lachte er. Er lachte, er giggerte und kicherte am anderen Ende und der Knoten, der sich vor lauter Anspannung und Nervosität in meinen Bauch gebildet hatte, löste sich augenblicklich.
„Hey!", rief ich „Lach mich nicht aus!" Empört schnappte ich nach Luft. Ich hielt das Telefon ganz dicht an mein Ohr, und sein nun leiser werdendes Kichern war wie ein Streicheln an meiner Ohrmuschel.
Ich lächelte und wurde lockerer.
„Ich merke Ihnen geht es gut. Mister Jeon. Da bin ich beruhigt. Da kann ich ja auf..."
„Untersteh dir!" Der Ton kam so scharf, dass ich zusammenzuckte.
„Ich bin froh, dass du mich anrufst", schon war seine Stimme wieder verträglich. Er brachte mich mit seinen Stimmungsschwankungen echt um den Verstand. Aber es tat gut, seine Stimme zu hören. Ich hatte sie vermisst.
Ich merkte, dass es mir in diesem Moment so gut ging, wie die ganze Zeit in Irland nicht.
„Mit meiner Schulter ist alles bestens. Das war nicht der Rede wert. Wie geht es dir?", fragte er und es entsprach der momentanen Situation, dass ich aus ganzem Herzen antwortete „Gut!"
Ich hörte eine Seufzen, oder war es nur der Wind im Hintergrund? Er schien sich ebenfalls draußen aufzuhalten.
„Was machts du gerade?", fragte ich ihn.
„Ach, ich hab nur eine Ratte gejagt", antwortete er.
Ich zog angewidert die Oberlippe nach oben und war plötzlich ganz froh, weit weg zu sein. Ratten mochte ich nicht besonders.
Da hörte ich, wie hinter mir die Balkontür geöffnet wurde und ich sagte hastig: „Du, ich muss Schluss machen, aber ich bin froh, dass es dir gut geht."
Dann drückte ich erleichtert und glücklich auf den roten Hörer.
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