Alleingang ade
Seonghwa POV:
Meine Finger zuckten; nicht rhythmisch, sondern elektrisiert vom Wiedersehen mit Y/N. Normalerweise sorgte die Gelegenheit, mich mit ebenbürtigen Gegnern wie BTS zu messen, für einen Extra-Kick - ähnlich dem, den sich Yunho immer mit seinen Energydrinks verschaffte. Doch heute war es anders. Nur schwer widerstand ich dem Drang, zu fluchen oder mir die Haare zu raufen. Die drückende Stille im Wagen zerrte an meinen Nerven und stand in krassem Gegensatz zu dem Aufruhr, den ich innerlich unterdrückte. Und doch galt es zu vermeiden, die Aufmerksamkeit der anderen auf mich zu lenken.
Die heutige Begegnung hatte die Intensität eines kräftigen Sommergewitters gehabt: belebend, aber schon nach kurzer Zeit vorbei. Y/N hatte sich zu Jungkook gerettet. Und BTS hatten sich mit ihr - entgegen ihrer Gewohnheit - schleunigst verzogen.
Mit festem Griff ums Lenkrad zwang ich mich zur Ruhe. Ich verstand selbst nicht so recht, was los war. Immerhin hatte ich mir genau das gewünscht; mit leeren Händen zurückzukommen. Warum zum Henker klebte meine Haut jetzt schweißgebadet am Leder des Lenkrads?
Aus den Augenwinkeln sah ich Mingi den Kiefer zusammenpressen und den Kopf schütteln. Yeos Profil fing ich mühelos im Rückspiegel ein: Mit verkniffenen Augen starrte er ins vorbeirauschende Dunkel.
„Die kleine Ratte hat uns an der Nase herumgeführt!" Mingi schnaubte und strich sich eine störrige Strähne aus den Augen.
Ich nickte geflissentlich und gab vor, auf den Verkehr zu achten. In einem verwegenen Manöver überholte ich einen rostigen Lieferwagen. Zum Glück ahnte Mingi nicht, dass die Ratte neben ihm saß.
Aus einem Impuls heraus, der sich mir selbst nicht recht erklärte, hatte ich Y/N beschützt. Aufgewachsen in einer Welt, die von Drogen- und Waffen gelenkt wird, war Gewalt für mich so normal wie atmen. Dennoch hatte ich immer diejenigen beneidet, die außerhalb dieser Einflüsse lebten und sie nur in verklärter Form aus Geschichten oder Filmen kannten.
Y/N war so jemand. Ihr Gesicht war engelsgleich; rein und unschuldig. Alles an ihr war naiv. Obwohl ich sie nicht lange kannte, reichte die Zeit aus, um zu erkennen, dass Hongjoong sie für sich haben wollte. Nur wozu, erschloss sich mir nicht.
Grelles Scheinwerferlicht blendete mich und ich korrigierte die Ausrichtung des Rückspiegels. Da ich Hongjoongs Motiv nicht kannte, war ich einem Instinkt gefolgt, sie vor ihm zu beschützen.
Scharf bog ich nach rechts ab, um den Expressway an der Ausfahrt zu verlassen. Die roten Lichter auf den Hochhausfassaden von Jung-gu funkelten wie die Augen von Dämonen, die mich aus der Dunkelheit heraus anstarrten. Allmählich begriff ich, dass es ein Fehler gewesen war, Hongjoongs Pläne zu durchkreuzen.
Als ich den BMW in den schwarzen Schlund der Tiefgarage steuerte, schwor ich, dass sich dies nicht wiederholte. Was auch immer Y/N von nun an unternahm, lag in ihrer Verantwortung. Meine heutige Aktion sollte ihr Warnung genug sein. Ignorierte sie diese, hätte sie die Konsequenzen zu tragen.
Meine Loyalität galt schließlich zuerst meinen Jungs, insbesondere Hongjoong.
Er war nicht nur unser Anführer; er war das Herzstück von Ateez. Mit seinem scharfen Verstand hatte er uns durch die stürmischsten Zeiten geführt. Sein Handeln war knallhart, aber immer wohlüberlegt. Trotz seiner strengen Führung und der Gewohnheit, uns bis an unsere Grenzen und darüber hinaus zu treiben, gab es Momente, in denen seine Fürsorglichkeit durchschimmerte - Momente, die zeigten, dass hinter der harten Schale jemand steckte, der mehr als alles andere das Wohl seiner Freunde im Sinn hatte. Und diese Momente waren es, die mich am Leben hielten.
Viele hatten mich im Stich gelassen - allen voran meine Eltern, als ich noch nicht mal aus den Windeln raus war, doch seit ich mich erinnern kann, stand Hongjoong fest an meiner Seite - wie ein schroffer Fels in der Brandung. Ihm gehörte meine Treue und ihm würde ich stets loyal ergeben sein.
Beruhigt stellte ich den Motor ab; vom festen Willen gelenkt, die kommenden Ereignisse so zu akzeptieren, wie sie sich entfalten. Ohne Alleingänge.
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