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Ohne, dass ich etwas sagen muss, geht Adam mit Lukas zu dem großen Aquarium am anderen Ende des Restaurants, während mein Vater und Gemma draußen eine rauchen gehen. Das, obwohl keiner von beiden je geraucht hat. Aber schlimm finde ich es nicht. Da habe ich zumindest ein paar Minuten mit Louis allein, um ihn endlich fragen zu können, was Thema des Anrufes war, welcher ihn vor dem Essen erreicht hat.
Seitdem ist er nämlich nicht wirklich anwesend und stochert mehr in seiner Pizza herum, als dass es gut ist. Wir anderen haben schon fertig gegessen, während Louis gerade mal bei der Hälfte angekommen ist.
„Komm, ich helfe dir.", murmle ich betreten und ziehe Louis am Stuhl näher zu mir, bevor ich seinen Teller ebenfalls an mich ziehe. Ohne mir richtig zu antworten, nickt er nur und schaut mir schweigend dabei zu, wie ich ihm seine Pizza mundgerecht zuschneide.
„Wart Christopher und du als Kind gleich? Ihr seid eineiige Zwillinge, oder?" Erstaunt über seine Frage über meinen Bruder nicke ich nur kurz angebunden, bevor ich ein Stück Pizza auf die Gabel spieße und sie Louis dann vor den Mund halte.
Ohne darüber nachzudenken, lässt er sich einfach von mir füttern, bis er anscheinend satt ist und seinen Mund einfach nicht mehr öffnet. „Hat... hat er das mit mehreren Leuten gemacht? Die Vergewaltigungen?", fragt Louis leise und schiebt den Teller mit zittrigen Händen von sich, bevor ich einen Arm um seine Hüfte lege, um ihn etwas an mich zu ziehen.
„Ich weiß es nicht. Mike und er haben nur miteinander geschlafen. Sie waren sogar für ein paar Monate nach unserer Trennung zusammen. Aber ich weiß nicht, was danach passiert ist. Ob Chris mehrere Leute gegen ihren Willen angefasst hat, weiß ich nicht.", entgegne ich und schaue auf, als Gemma und mein Vater sich wieder an den Tisch setzten und uns entschuldigend anschauen.
Louis scheint die beiden jedoch nicht zu bemerken und atmet tief durch, bevor er sich richtig zu mir dreht und meine Hand in seine nimmt.
„Du liebst mich, richtig?", fängt er an, während mir das Herz in die Hose rutscht. Ich weiß nicht, was in dem Anruf besprochen wurde, aber ich habe gerade so ziemlich das Gefühl, dass es nichts gutes zu bedeuten hatte.
Ich nicke und schlucke die Angst herunter. „Ich habe noch nie jemanden so geliebt, wie dich, Lapinou. Für dich würde ich alles machen, damit es dir gut geht.", lächle ich und versuche, meine Fassung zu bewahren.
Louis nickt mit Tränen in den Augen und haucht einen Kuss auf meinen Handrücken. „Ich liebe dich auch, Harry. Mehr, als dass ich es mir jemals erdenken konnte, aber ich muss..." Ich schüttle den Kopf und nehme seine zweite Hand in meine. „Was ist passiert? Was wurde in dem Anruf besprochen, dass du so bist? War es etwas mit Chris? Er ist mein Bruder, aber ich habe kein Problem damit, ihn umzubringen.", will ich wissen, doch Louis schüttelt mit dem Kopf, während eine Träne über seine Wange läuft.
„Ich kündige. Den Job. Ich muss nach Hause und weiß nicht, wie lang das dort dauert. Ich muss mit allem klar kommen. Die letzten Wochen waren... ich brauche ein wenig Zeit für mich und muss mit mir ins reine kommen." Er steht auf und küsst mich weinend.
Ich schüttle den Kopf und versuche aufzustehen, wovon Louis mich abhält. „Ich würde mich freuen, wenn du auf mich warten würdest, aber ich weiß nicht, wie lange es dauern wird. Ich werde zu dir zurück kommen. Versprochen. Ich lasse mein Herz bei dir, ich weiß aber auch, dass ich deins bei mir trage." Es ist kaum noch ein Flüstern, trotzdem verstehe ich ihn und kann mir meine Tränen nicht verkneifen.
„Ich will keinen Abschied. Abschiede sind endgültig, aber ich komme wieder. Nur kann ich dir nicht sagen, wann." Ich nicke und lege meine Lippen Hilfe suchend auf seine. Er kann nicht einfach nach diesem Anruf alles beenden. „Du kannst immer mit mir reden, Louis. Ich liebe dich.", bitte ich ihn mit zittriger Stimme, doch Louis lächelt nur und schließt für einen Moment die Augen.
„Du bist die Liebe meines Lebens, Harry. Bei dir kann ich ich selbst sein, aber das muss ich auch allein können. Ich darf mich nicht von dir abhängig machen. Ich komme zu dir zurück, wenn du mich dann noch willst." Ich nicke und lasse sein Gesicht für einen Moment los, als ich die Kette um meinen Hals löse und sie Louis umlege.
„Die hier will ich wieder haben. Mit dir, ja?" Louis lacht schluchzend auf und lehnt seine Stirn für einen Moment gegen meine. „Ich muss Sachen klären und regeln. Ohne deine Hilfe. Ich schreibe dir, ja?" Ich nicke, auch wenn meine Hand seine fasst und ihn nicht loslassen will.
Er kann nicht einfach aus diesem Restaurant gehen und mit mir Schluss machen, ohne mit mir Schluss zu machen. Er verlässt mich, wenn auch nur körperlich. Wegen einem Anruf, der ein Thema beinhaltet, das Louis so werden lassen hat.
„Ich liebe dich.", sage ich, während Louis es schafft, sich von mir zu lösen. Er lässt mich los und ich weiß nicht, wann ich ihn das nächste Mal wieder so berühren kann. Wann ich ihn das nächste Mal wieder küssen kann, ihn umarmen kann, ihn spüren kann.
„Ich dich auch." Dann macht er einen Schritt zurück und dann noch einen. Das geht so lange weiter, bis er sich umdreht und seinen Blick endgültig von mir abwendet. Für wie lange? Für immer?
Mir auf die Lippe beißend, drehe ich mich erst wieder um, als ich Louis in ein Taxi habe steigen sehe.
Die Blicke meiner Schwester und meines Vaters versuche ich auszublenden und zucke zusammen, als Lukas sich wieder neben mich setzt. Nichtsahnend und völlig naiv.
„Wo ist Louis? Ist er auf Klo?", fragt er und greift nach seinem Glas. „Da müsste ich nämlich auch mal hin." Schon ist er wieder aufgesprungen und läuft zu den Toiletten, bevor es wieder still am Tisch wird.
Meinen Blick traue ich mich nicht zu heben. Louis hat mich gerade vor den Augen meiner Schwester und meinem Vater verlassen. Auf unbestimmte Zeit.
Und dann spüre ich plötzlich vier Arme um mich geschlungen. Die von Gemma und die von Adam, die mich alle gleichermaßen doll umarmen.
„Was ist los, Harry?", fragt Adam leise, während ich meine Tränen nicht mehr aufhalten kann und in den Armen meines besten Freundes und meiner Schwester völlig zusammenbreche.
„Er ist weg. Louis hat mich verlassen.", schluchze ich und kralle mich an seinem Arm fest. „Er hat mich verlassen. Louis ist weg.", wiederhole ich immer wieder.
Die Liebe meines Lebens ist nicht mehr bei mir. Der Mensch, der mich am Leben gehalten hat, ist einfach nicht mehr da.
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