➊ » fire
❘6 Jahre später❘
Feuer. Überall war Feuer.
Ich konnte kaum mehr klar denken, wegen der Hitze und der Rauch brannte in meinen Augen, bis mir die Tränen die Sicht versperrten.
Hustend schleppte ich mich aus meinem Zimmer, und stolperte in den Flur. Da wurde ich plötzlich von einem Mann gepackt und hochgehoben. Es war ein Feuerwehrmann, wie ich knapp durch den Rauch erkennen konnte.
Als er mich aus dem Haus trug, schnappte ich nach Luft. Meine Atemwege waren voll mit Rauch und mein tiefes Einatmen endete in einem heftigen Hustenanfall.
Aber ich war in Sicherheit.
Da schoss es mir mit Schrecken durch den Kopf.
Mom! Dad! Wo waren sie?! Waren sie etwa noch da drin?
Hektisch sah ich mich um, doch ich konnte sie nirgends sehen.
Ich drückte mich panisch von dem Feuerwehrmann weg und stolperte zurück zum Haus.
Der Mann versuchte mich festzuhalten, aber ich riss mich los.
Ich rannte geradewegs ins Feuer, als ich ins Haus kam.
Überall brannte es und der Rauch verdeckte meine Sicht.
Ich schrie nach meinen Eltern, suchte sie, weinte, hörte nicht auf, bis mich das Feuer erreichte.
Dann schrie ich nur noch aus Leibeskräften. Ich fühlte nur noch den unerträglichen Schmerz.
Als ich zusammenbrach, spürte ich nur noch wie ich erneut gepackt wurde und ich begann wieder zu schreien. Aus Schmerzen, aber auch aus Verzweiflung.
Mom und Dad waren noch da drin. Sie durften nicht sterben.
Sie waren alles was ich noch hatte.
Das Letzte was ich wahrnahm, war das Krachen hinter uns, als ich zum Krankenwagen getragen wurde.
Ich hing schlaff in den Armen des Mannes und mein Kopf schlug bei jedem Schritt schwach hin und her.
Leblos.
Ich sah nur noch mein ganzes Zuhause einstürzen und wie die lodernden Flammen alles verschlangen, was ich hatte. Und ich schrie. Ich schrie wie ich seit dem Tod meines Bruders nicht mehr geschrien hatte.
⌯⌲
Das Nächste was ich wusste, war als ich im Krankenhaus aufwachte.
Sofort waren die Gedanken wieder in meinem Kopf und ich schoss hoch.
❝MOM! DAD!❞, ich wollte schreien, aber meiner Kehle entschlüpfte nur ein heiseres Flüstern.
Wie ein Blitz durchfuhr mich der Schmerz, liess mich Sterne sehen und ich fiel zurück auf das Bett.
Die Geräte neben mir, an die ich angechlossen war, piepsten wie verrückt, mein Puls raste.
Da hörte ich auch schon wie die Tür aufgerissen wurde und wie zwei Stimmen diskutierten.
⌯⌲
❘1 1/2 Monate später❘
Ich hatte mir damals geschworen nie wieder hier hin zurück zu kommen. Ich war dort zwar erst 8 Jahre alt, aber ich wusste, dass ich nicht mehr zurück wollte.
Und jetzt stand ich hier und starrte das dunkelgraue, steinerne Gebäude an.
Als sich die Tür öffnete und Maddy vor mir stand, hatte ich das Gefühl als wäre ich 6 Jahre zurückversetzt.
Genau mit dem selben Blick sah sie mich damals an. Als ich das erste Mal vor der Tür stand.
❝Oh Louis. Es tut mir ja so leid.❞, haucht sie und legt zaghaft eine Hand auf meine Schulter.
Ich war zu schwach um mich gegen die Berührung zu wehren.
Die Ärztin die mich hergebracht hatte, begrüsste Maddy und informierte sie über den Vorfall, obwohl das nicht nötig gewesen wäre. Es stand in allen Zeitungen und Maddy hatte es, ihrer Reaktion nach zu urteilen, beteits gelesen oder in den Nachtichten gehört.
Ich kannte Maddy nicht gut. Eigentlich gar nicht, ich hatte damals niemanden an mich herangelassen,- was ich immer noch nicht vorhatte.
Aber sie war nett. Fürsorglich und rücksichtsvoll.
Während sie mir alles zeigte und erklärte, was ich wissen musste, begegneten wir Kinder und Jugendlichen allen Alters, auf den Fluren. Diese warfen mir entweder neugierige Blicke zu oder sie beobachteten mich einfach gar nicht. Letzteres war mir lieber.
Maddy zeigte mir zuletzt noch mein Zimmer, welches das selbe war wie vor 6 Jahren.
Es waren jedoch zwei Betten drin und das Zimmer schien bewohnt.
Sie erklärte mir, dass ich mir das Zimmer mit einem Jungen namens Niall teilen werden müsste.
Befor sie mich dann im Zimmer alleine liess, drehte sie sich im Türrahmen nochmals um.
Sie zögerte kurz, dann sah sie zu mir.
❝Niall war auch hier, vor 6 Jahren. Vielleicht kannst du dich noch erinnern.❞
Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen ging sie und schloss die Tür hinter sich mit einem dumpfen Geräusch.
Das Gefühl in einer riesigen Luftblase zu sein, blieb.
Viel hatte ich nicht mitbekommen, von dem was mir Maddy erklärt und gezeigt hatte.
Ich hörte nicht wirklich zu.
Es interessierte mich nicht.
Ich wollte nicht hier sein, ich wollte meine Eltern zurück.
Auch wenn es nicht meine richtigen Eltern waren.
Warum sie? Warum mein Bruder? Warum meine richtigen Eltern?
Warum wurde mir alles genommen was ich hatte, alles was ich liebte?
War ich so ein schlechter Mensch?
Ich wollte nicht mehr. Ich hatte keine Kraft mehr.
Jedesmal wenn ich mir etwas aufbaute ging es kaputt. Manchmal früher, manchmal später.
Alles in mir war zerbrochen.
In tausende von Splittern war mein Herz zersprungen und das schon viel zu viele Male.
Nie werde ich wieder ganz sein, nie werde ich aus dieser Hölle rauskommen.
Es war ein Alptraum der nie endete. Mein Leben war ein einziges Chaos.
Meine Welt nur Schutt, Asche, Trümmern.
Mein Herz schlug nur noch aus Routine, nicht mehr aus Liebe. Es war leer.
All meine Hoffnung und Zuversicht, mein Selbstvertrauen und mein Glaube an eine bessere Zukunft waren verblasst.
Ich hatte alles verloren.
Warum sollte ich es also noch versuchen?
Alles was ich anfasste ging kaputt. Als ob ich einen Fluch auf mir tragen würde.
Warum sollte ich mir also noch Mühe geben?
Jetzt war doch eh alles egal.
⌯⌲
Beim Essen wurde ich angestarrt als wäre ich irgendein Alien vom Mars.
Ich ass nichts, der Appetit war mir schon seit einiger Zeit vergangen.
Und wirklich lecker sah das Essen auch nicht aus.
Ich sass einfach nur da und starrte auf meinen vollen Teller.
Auch wenn ich wusste, dass ich angestarrt wurde und das über mich getuschelt wurde, spürte ich die Blicke nicht und ich hörte auch nicht was sie sagten.
Ausser dem generellen Lärm im Esssaal nahm ich nichts wahr.
Ich blendete alles aus.
Wollte nichts spüren, nichts sehen, nichts hören, geschweige denn etwas sagen.
Ich wollte einfach nur in mein Bett, mich unter der Decke verkriechen und nie wieder hervorkommen.
Ich hatte genug vom Leben.
⌯⌲
Ich lag wach im Bett und starrte an die Decke.
Der Raum wirkte erdrückend auf mich und es war warm.
Ich strampelte die Decke von mir und drehte mich auf die Seite.
Kurz darauf drehte ich mich auf die andere Seite. Dann auf den Bauch.
Wieder auf den Rücken.
Entnervt stöhnte ich auf.
Ich hasste es wenn ich nicht einschlafen konnte.
Ich war extrem müde aber ich konnte einfach nicht schlafen.
Ich konnte noch nie gut schlafen in fremden Betten.
Obwohl es jetzt wohl oder übel mein eigenes Bett war.
Wahrscheinlich war der Fakt, dass ich keinen Tee getrunken hatte, befor ich ins Bett gegangen bin, der Grund warum ich nicht schlafen konnte.
Ich konnte noch nie schlafen ohne Tee vor dem Schlafengehen.
Also stand ich auf und verliess das Zimmer.
Als ich den Flur betrat, ging die Deckenbeleuchtung an und spendete mir genügend Licht, dass ich nicht irgendwo reinlief.
Wo war schon wieder die Küche? Was hatte Maddy gesagt?
Verdammt.
Ich hätte vielleicht doch aufpassen sollen.
Ich seufzte und schlich weiter durch die Gänge.
Ich fand die Küche zum Glück recht schnell und kochte mir Wasser heiss.
Dann suchte ich eine Tasse und einen Teebeutel mit Pfefferminztee drin.
Mit der dampfenden Tasse in meinen Händen, trat ich den Rückweg ins Zimmer an.
Ich verirrte mich einmal, und erwischte ausversehen das Mädchenklo. Gerade noch rechtzeitig konnte ich die Überschrift der Tür lesen und entfernte mich schnell wieder.
Oh man, ich hätte echt besser aufpassen müssen.
Als ich 5 Minuten später mein Zimmer erreichte, nahm ich den Tee in eine Hand und öffnete dann mit der Rechten die Zimmertür.
Sofort hörte ich eine Stimme und runzelte die Stirn. Was machte jemand in meinem Zimmer, um diese Uhrzeit?
Doch da fiel mir ein, dass dieser Niall ja auch hier in dem Zimmer wohnte.
Ein Junge in meinem Alter, etwas grösser als ich, stand mit dem Rücken zu mir vor dem anderen Bett, das gegenüber von meinem stand. Er schien zu telefonieren.
Ich wollte ihn nicht stören und ging einfach zu meinem Bett, setzte mich im Schneidersitz drauf und nippte an meinem Tee.
Er hatte mich bemerkt und grinste mich kurz an und hob die Hand.
Ich wusste nicht wirklich was ich tun sollte und sah schnell, unsicher weg.
Als er mich nicht mehr ansah, beobachtete ich ihn wie er fröhlich vor sich hin strahlend weiter telefonierte.
Er redete mit einem starken Akzent. Ich tipte auf Irland.
❝..ich...ja klar...du ich muss Schluss machen..ja ich ruf dich morgen gleich wieder an....ich liebe dich Zee...du auch, träum süss.❞
Er schmiss das Handy auf sein Bett und kam auf mich zu.
Unsicher kaute ich auf der Innenseite meiner Wange.
Ich wollte nicht mit ihm reden. Ich wollte mit gar niemandem reden.
❝Hey ich bin Niall. Du bist also mein neuer Zimmerpartner. Wie heisst du? Ich bin schon soo lange alleine in diesem Zimmer, langsam wirds langweilig, aber jetzt bist du ja da.❞, plapperte er fröhlich darauf los.
Ich schwieg und sah unsicher auf den Tee den ich mit meinen Händen im Schoss hielt.
❝Oh ehm..tut mir leid, war wohl grad etwas schnell. Ich rede immer ein bisschen zu viel. Ach was, ich rede viel zu viel. Verdammt! Schon wieder! Siehst du? Oh gott sorry.. ❞, Niall ratterte alles ohne Punkt und Komma runter und merkwürdigerweise, musste ich schmunzeln.
Ich wusste nicht wieso, aber er brachte mich einfach zum Schmunzeln in dem Moment. Es war nicht mal besonders witzig.
Aber so schnell wie es gekommen war, verschwand es auch schon wieder.
❝Entschuldige. Ich versuchs nicht nochmal zu machen. Ich versprechs.❞
Niall grinste mich schief an und ich sah ihn einfach nur an.
❝Wie heisst du überhaupt?❞, fragte er und ich biss auf meine Unterlippe.
Eine Weile zögerte ich und sah unruhig im Raum herum.
Niall sah mich jedoch nur neugierig an.
❝Louis.❞, ich sprach leise und vorsichtig. Aber Niall hörte es trotzdem und grinste zufrieden.
❝Cooler Name, Louis.❞, meinte er und ging zu seinem Kleiderschrank.
Anscheinend wollte er sich umziehen.
Ich sah schnell weg und trank meinen Tee währenddessen aus.
❝Woher kommst du denn?❞, fragte Niall, während er sich gerade einen Hoodie über den Kopf zog, wodurch seine Stimme gedämpft wurde.
Ich antwortete nicht. Stattdessen stellte ich meine Tasse weg, legte mich ins Bett und zog die Decke über mich.
Kurz sah mich Niall fragend an, doch als ich immer noch keine Antwort gab und seinem Blick auswich, zuckte er die Schultern.
❝Ich komme aus Irland. Aber ich war, seit ich vier war nicht mehr dort.❞, redete er unbeirrt weiter und machte das Licht aus.
❝Es ist doch ok, wenn ich das Licht ausmache oder? Oder soll ichs lieber anlassen? Wie du möchtest.❞, fragte er ins Dunkle und ich brummte nur ein leises 'Hmm'.
Ich konnte ihn leise seufzen hören und dann raschelte es.
Kurz war es still. Bis Niall die Stille wieder durchbrach.
❝Du redest nicht viel oder?❞
Ich verkniff mir ein Seufzen und kuschelte mich einfach tiefer in die Decke.
❝Louis?❞
Ich blieb einfach ruhig liegen und atmete tief ein und aus.
Ein lauter Seufzer kam von Niall und ich glaubte ein gemurmeltes 'oh man' gehört zu haben, ehe es erneut raschelte und dann war es still.
Gerade als ich am wegdämmern war kam ein geflüstertes ❝Gute Nacht Louis.❞ von der anderen Seite des Zimmers und ich meine Mundeinkel zogen sich gegen meinen Willen nach oben.
Bald darauf schlief ich dann zum Glück ein.
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