Hinter (fast)verschlossenen Türen
Ich lag im Bett und lächelte in mich hinein. Der Tag gestern war wohl einer der merkwürdigsten in meinen Leben. Ich wachte in einen Zelt neben Niall auf, nachdem ich in der Nacht zuvor fast einen Fehler begangen hätte, mich anschließend bei ihm ausgeheult hatte und schließlich irgendwie erfuhr dass mein Leben auf einer großen Lüge basierte. Dieses Date mit Niall gestern schien mir ein Traum gewesen zu sein. Es kam so unerwartet, aber der eineinhalb groß Buchstabe mit der Gravierung an der Rückseite überzeugte mich vom Gegenteil. Es war kein Traum. Es war wirklich geschehen.
Ich nahm das Kettchen vom Nachttisch neben mir und sah mir den silbernen Anhänger genauer an. Er glänzte so sehr, dass ich mich verschwommen in ihm wieder spiegelte. Während die Rückseite rau und mit Nialls Schriftzug versehen war. Er hatte mir gestern noch erklärt, warum er kein "N" genommen hatte, da er nicht wollte, dass ich dachte, dass er Besitzergreifend wäre. Ich musste bei seiner Bemerkung zum Schmunzeln beginnen, denn ich hatte eher daran gedacht, dass es Außenstehende sofort raus bekommen würde für was dieser Buchstabe stehen könnte und das Drama seinem Lauf nehmen würde.
Zum ersten Mal seit langen fühlte ich mich nicht vollkommen ausgelaugt nach dem Schlafen, sodass ich ohne weiteres aus dem Bett kam. Schwunghaft kam ich auf die Beine, legte mir die Kette um und machte mein Bett. Auch wenn ich mich schon darauf freute nach Hause zu Sophie und Tobi zu kommen, wusste ich, dass ich diesen Ort hier sehr vermissen werde. Mullingar war so familiär für mich im letzten Jahr geworden, dass es mich wunderte warum ich meine eigene Heimatstadt nie wirklich vermisste hatte. Lag es daran, dass ich damals schon nur von London und meinen Studium geträumt hatte? Oder war es der weit entfernte Abstand zu meiner Großmutter? Was meine Großeltern wohl dazu sagen werden, wenn sie erfahren, dass ich eine Zwillingsschwester habe?
Valerie. Wie sie wohl ist? Nach Mums Rede nach dürfte unser Vater wohl eine Menge Geld besitzen, was wohl bedeutet, dass sie in guten Verhältnissen aufgewachsen ist, vermutlich total verwöhnt wurde. Das waren genau solche Kinder über die Sophie und ich uns immer lustig gemacht hatte, da diese Kinder meisten blond und dumm sind. Es sind die Personen, die Chefpositionen bekommen, keinen Finger rühren und null Ahnung von nichts haben.
Ich sollte aufhören in Schubladen zu denken. Das musste ja noch lange nicht heißen dass auch Valerie so ist. Vielleicht ist sie wie ich und wird vollkommen überrascht sein, wenn sie erfährt dass es mich gibt. Ob sie wohl so aussieht wie ich? Wir es sein als würde ich in einen Spiegel schauen? Was wird wohl Connor dazu sagen, wenn ich einfach dort anrufe?
Connor.
Schon ein verdammt komisch Zufall das Connor, der Gast aus unserem Café, denselben Namen hat. Ja, es ist nur ein Name, aber es war verdächtig. Er gab mir seitdem ersten Tag, an dem wir uns dort gesehen hatten immer haufenweise Trinkgeld, suchte den Kontakt und das Gespräch mit mir. Ich sollte mich nicht beirren lassen, in meinen verwirrten zustand reimte ich mir doch sicher nur Hirngespinste zusammen, versuchte Verbindung zu finden die es überhaupt nicht gab.
Nach der täglichen Morgenroutine und in Alltagsklamotten ging ich nach unten in die Küche. Wie erwartet saß Bobby mit seiner Zeitung am Tisch, während meine Mum den Geschirrspüler ausräumte. "Hey." grüßte ich die Beiden und nahm mit eine Tasse Kaffee. In letzter Zeit trank ich viel zu viel von diesen Zeug. Was war noch mal mit meiner Latte Macchiato Fasse passiert? Eine Tasse am Tag? Heut zu Tage trank ich Eimer voll von diesen schwarzen Getränk.
"Wie ist es gestern gelaufen?" fragte mich meine Mutter etwas zu schnell. Sie presste die Lippen aufeinander und schloss kurz die Augen. Sie hob die Hände: "Tut mir leid. Reden wir überhaupt darüber? Ich weiß nämlich nicht ob das irgendwie unangebracht wäre..."
"Ich habe damit kein Problem. Das liegt ganz bei unseren Kindern." hörte ich Bobby sagen, obwohl ich mir sicher war, dass meine Mutter mit mir gesprochen hatte. Ich lächelte ihm dankbar zu und setzte mich zu ihm an den Tisch. "Es war sehr schön. Niall und ich hatten eine Menge Spaß." erwiderte ich ohne viel Informationen durchsickern zu lassen.
Die Adleraugen meiner Mutter erspähten die Kette um meinen Hals. Sie kam auf mich zu und begutachtet den Anhänger in ihren Händen. "Süß." kommentierte sie lächelnd. "Willst du etwas essen?" fragte sie kurz darauf, aber ich verneinte. "Mit meiner Tasse Kaffee bin ich vollends zufrieden.", erwiderte ich und nahm vorsichtig einen Schluck davon. Mein Blick wanderte immer wieder zum Flur. Wo steckt Niall eigentlich?
"Er holt Nutella und Gewürzgurken für deine Mum."
Stirnrunzelnd drehte ich mich zu Bobby hinüber. Seine Lesebrille saß am Ende seiner Nase während er sich auf die Zeitung in seinen Händen konzentrierte. "Wie bitte?"
"Niall. Er holt Nutella und Gewürzgurken für deine Mum.", wiederholte er für mich, sah von seiner Zeitung auf und lächelte mich an. Sofort konnte ich spüren wie meine Wangen rot wurden. War es so offensichtlich dass ich nach ihm Ausschau hielt?
"Wann ist es eigentlich soweit?" richtete ich das Wort an meine Mutter um vom Thema abzulenken. sie lehnte sich gegen die Küchentheke und biss von einem grünen Apfel ab. "Am 14. Februar. Valentinstag."
"Wenn das kleine Monster in die länger ausharrt, könnte es an eurem Hochzeitstag zur Welt kommen." sagte ich euphorisch und rüttelte Bobby gespielt aufgeregt an der Schulter.
"Was heißt hier Monster!" brummte meine Mutter und Bobby schüttelte kichernd den Kopf. Meine Freude war noch immer begrenzt, aber ich muss und werde es akzeptieren. Ich kam auch immer gut mit Theo zurecht und den habe ich schon am ersten Tag ins Herz geschlossen. Wenn mein Geschwisterchen nur halb so knuffig wird, werden wir kein Problem haben. Hoffe ich zumindest. "Was ist euch eigentlich lieber? Ein Junge oder ein Mädchen?" fragte ich nach einiger Zeit.
"Das ist egal. Hauptsache gesund.", sagte beide fast gleichzeitig. Der Standardsatz, obwohl ich mir sicher war, das dieser Satz eine große Lüge war. Ich persönlich würde mich mehr über ein Mädchen freuen. "Ihr seid langweilig!" schmollte ich und stütze meinen Kopf mit meinen Händen.
Und plötzlich hörte ich die Tür. Niall. Mein Herz machte beinahe einen Sprung als er mit einer braunen Tüte die Küche betrat. Unsere Blicke trafen sich augenblicklich. Jedoch stellte sich meine Mutter zwischen unseren Blick. Ich lehnte mich etwas weiter an meinen Stuhl nach hinten.
"Danke Niall! Du bist ein Lebensretter!" lachte meine Mum und nahm ihm die Tüte ab. Beim Auspacken sah ich was er alles gekauft hatte. Drei Gläser Nutella, Gewürzgurken, Schokoriegel Eis, Pralinen, Chips, Karotten ...
Niall rieb sich den Nacken als ihn meine Mum mit erhobenen Augenbrauen ansah. "Ich wusste nicht was Schwangere Frauen alles so essen, da habe ich Greg angerufen und der hat mir gesagt, was er erste kürzlich alles für Denise besorgt hat."
"Das hättest du nicht alles kaufen müssen. Vielen Dank." Es war schön zu sehen dass es keine unangenehme Spannung mehr zwischen ihnen gab. Meine Mutter gab sich sichtlich Mühe und dafür war ich ihr dankbar.
Ich konnte mir das angewiderte "Ew." nicht verkneifen, als meine Mutter das Glas mit den Gewürzgurken öffnete und es in das Nutella tunkte. Sie schloss während des Kauens die Augen und legte den Kopf in den Nacken. Es wirkte als ob sie ihre Lieblingsspeise essen würde.
"Wie bekommt man das runter?" fragte ich mit starrem Blick. Bobby begann leise neben mir zu lachen und schenkte mir sein bestes Lächeln. "Warte nur ab bist du irgendwann mal in dieser Lagen bist."
"Bobby." ich seufzte und spürte Nialls Blick deutlich an mir, der sich inzwischen gegenüber von uns hingesetzt hatte. "Ich werde das bestimmt nicht essen. Schon alleine von der Vorstellung wie das schmeckt, könnte ich mich übergeben." Und als hätten sie sich abgesprochen, kam meine Mutter mir einer Gewürzgurke an den Tisch, tunkte sie in das Nutellaglas und fütterte Bobby damit.
"Okay. Das ist mein Stichwort." vor ekel schüttelte es mich. Ich stand auf, stellte die leere Tasse in die Spüle und ging zum Türrahmen in dem ich stehen blieb und mich noch Mals umdrehte. "Kommst du mit?" fragte ich Niall, der augenblicklich von seinen Stuhl aufsprang. Als er bei mir ankam wendet er noch das Wort an seinen Vater: "Amara hat recht. Das ist wirklich eklig." Das Lachen unserer Eltern hallte im Flur.
"Findet Dorie?" Niall zog eine Augenbraue hoch. Ich ließ die Schultern fallen und neigte den Kopf. "Ja, warum nicht? Hast du etwas gegen Dorie?" Belustig bis sich Niall auf die Lippe und schüttelte den Kopf: "Nein, wie könnte ich."
"Wenn dir der Film nicht gefällt könnten wir uns auch Magic Mike anschauen. Channing Tatum ohne Shirt ... da hätte ich nichts dagegen. Da könntest du dir schon ein paar Moves abschauen für deine Tour. Die jungen Mädchen in der ersten Reihe werden es mir danken ...", versuchte ich Niall aufzuziehen, als ich sah wie er mit den Augen rollte. Kichernd drehte ich mich um und legte die Blu-ray ein. Mit der Fernbedienung in der Hand ließ ich mich neben Niall am Boden, am Ende meines Bettes nieder. Wir hatten im Vorhinein noch sämtliche Polster an die Holzwand des Bettes gelehnt und eine Decke auf den Boden platziert.
Der Film lief schon eine halbe Stunde als ich merkte, wie sich meine Zimmertür öffnete. Sie würde mit größter Vorsicht geöffnet, als wollte jemand verhindern dass es überhaupt auffiel. Aber mir fiel es auf, da ich öfter zu Niall sah, als auf den Bildschirm. Auch wenn ich versuchte die geöffnete Tür zu ignorieren störte es mich. Warum zur Hölle wurde sie überhaupt geöffnet? Es gibt nichts Schlimmeres, als wenn jemand in mein Zimmer platzt und anschließend nicht die Tür schließt. Man konnte es mir doch nicht schlimm anrechnen, dass ich ein Freund von Privatsphäre bin, oder?
Genervt stand ich auf, stieg über Nialls Beine hinüber und drückte die Tür zu. Wie in einen schlechten Film wurde die Tür nur wenige Sekunden später wieder geöffnet, gerade in den Moment, als ich mich wieder setzten wollte. "Das kann ja nicht wahr sein!", brummte ich genervt. Niall sah mir kommentarlos zu wie ich erneut die Tür schloss. Doch dieses Mal blieb ich einen Schritt entfernt stehen. Ich hatte schon eine gewisse Vorahnung.
Die Tür öffnete sich langsam, daher riss ich grob am Türgriff und öffnet die Tür komplett. Meine Mutter sah mich ertappt und erschrocken zu gleich an. "Was soll das?" fragte ich sie schroff und stirnrunzelnd. "Frische Luft." erwiderte sie knapp und strich sich anschließend eine Strähne ihrer Haare von der Stirn. "Frische Luft?" wiederholte ich sie. "Mum, wenn ich frische Luft in meine Zimmer brauche, öffne ich ein Fenster. So wie es jeder normale Mensch tun würde." Ihr Blick glitt an mir vorbei zu Niall, der auf pause gedrückt hatte. Ich warf Niall einen Blick zu und sah anschließend wieder meiner Mum. Der Groschen war gefallen. "Was denkst du eigentlich was wir hier machen, wenn die Tür zu ist? Wir schauen uns nur Findet Dorie an! Das ist ein Kinderfilm, bei dem wir sicher nicht übereinander herfallen!"
Etwas entsetzt sah sie mich an und schnaubte: "Amara!" Sie stampfte dabei mit den Fuß.
"Mein Name." Was sollte das alles schon wieder? Ich dachte es sei alles in Ordnung? Liegt es eventuell an den Stimmungsschwankungen der Schwangerschaft, dass sie anscheinend nicht wusste was sie von Niall und mir hielt? Warum konnte die uns nicht einfach vertrauen? Immerhin war ich schon lange kein kleines Kind mehr, das am Rockzipfel seiner Mutter klammerte. "Obwohl..." ich hob eine Hand. „Vielleicht ist das ja überhaupt nicht mein Name. Vielleicht bin ich eigentlich Valerie, weil ihr uns vertauscht habt. Bei Zwillingen kommt so etwas doch gelegentlich vor." Meine Mutter sah mich verblüfft an, als wüsste sie nicht, was ist darauf antworten sollte. Ich wollte sie damit nicht irgendwie verletzten oder beleidigen, aber ich wollte einfach nur dass sie ruhe gab. Immerhin sahen wir uns wirklich nur einen Film an.
"Lass eben ein Stück offen, wenn uns deine Mutter nicht traut. Wir fernsehen doch nur." warf Niall hinter mir ein. Ich sah ihn an: Das-ist-nicht-dein-ernst. Aber er winkte ab. Meine Mutter schien es mehr als nur zu freuen dass ich tatsächlich nachgab und die Tür einen Spalt offen ließ, den Spalt, den sie nach kurzer Zeit noch weiter öffnete.
"Ich hätte gewonnen, wenn du mir nicht in den Rücken gefallen wärst." schmollte ich und zog eine Schnute. "Ah, lass ihr doch den Spaß. Morgen sind wir sowieso weg und in London kann uns keiner verbieten die Tür zu schließen.", erwiderte Niall locker. Ich stieg über seine Beine, als er es wohl witzig fand und mich an meinen Beinen fest hielt. "Komm her." sagte er leise und sah zu mir hoch. Seine blauen Augen begutachteten mich von Kopf bis Fuß.
Nialls Hände wanderten an meine Hüfte hoch, an der er mich auf seinen Schoss zog. Ich saß rittlings auf seinen Beinen, während mein Blick auf die Tür gerichtet war. "Nur weil jetzt die Tür ein Stück offen ist, heißt es nicht, dass ich nicht das hier machen würde..." Niall umfasste mein Gesicht mit seinen warmen Händen, drehte mich zu sich und drückte mir seinen Lippen auf. Reflexartig legte ich meine Hände um seinen Nacken, vergrub meine Finger in seinem weichen Haar. Es war als würde sich ein Schalter in mir umschalten und ich vergaß ein Auge auf die Tür zu werfen.
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Hey Freunde.
Ich hoffe euch gefällt die Richtung, die wir eingeschlagen haben. Zu beginn hatte ich mit nämlich viele Gedanken darüber gemacht, ob ich die Sache mit ihren Vater überhaupt mit rein nehmen sollte, aber für mich gehört das irgendwie zu ihrer Geschichte.
Es ist der letzte Tag in Mullingar, bevor wir wieder das Geschehen in London aufmischen. Ihr seid euch doch sicher bewusst auf wen wir im nächsten Kapitel noch treffen müssen, oder?
Ein kleiner Hinweis: Es ist eine Person, auf die man nur zu gerne verzichten könnte.
Herzlichsten Dank für alles <3
PS: Ab nächsten Samstag befindet ich mich nicht im land und verbringe eine Woche in Kroatien. Daher wird es von 9. bis 17. Juli keine Updates geben. Im generellen werde ich voraussichtlich das gesamte Buch im August fertigstellen - falls sich nichts ändert. Wollt ihr dieses mal eine frühere Warnung, oder abrupt wie beim letzten Mal? Wollt ihr wieder die Chance eine gedruckte Ausgabe zu ergattern?
Wie immer, liebe Grüße!
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