Die Einladung
Millionen Gedanken schossen mir durch den Kopf und die meisten davon waren fragen. Was soll ich ihm sagen? Was ist, wenn er überhaupt nicht mit mir sprechen will? Wie sollte ich darauf reagieren? Vielleicht hebt sogar seine Frau ab oder noch komischer Valerie. Was würde ich dann tun? Soll ich einfach locker sagen was mein Anliegen ist? Ich weiß nicht...
Die Waschmaschine unter mir begann gerade im Höchsttempo zu schleudern und machte dabei laute Geräusche, die sie bestimmt nicht machen sollte, dennoch blieb ich weiterhin auf ihr sitzen. Ich war nur froh, dass sich sonst niemand außer mir in der Waschküche des Hauses befand. Es gab acht Waschmaschinen und acht Trockner. Der Raum war nicht sonderlich groß und die Wände bestanden aus Backstein. Bis jetzt war ich eigentlich immer mit Tobi hier unten, weil ich es alleine gruselig fand. Aber es war der perfekte Ort um alleine zu sein. Auch wenn ich oben mein eigenes Zimmer hatte, meisten stürmte immer jemand herein und wollte etwas.
Ich löffelte den Joghurtbecher aus und stellte ihn anschließend auf die benachbarte Waschmaschine ab. Ich mache mir viel zu viele Gedanken darüber. Ich sollte es einfach wagen, ihn anrufen und sehen wie es läuft. Im schlimmsten Fall lege ich einfach auf. Genau, so mache ich es.
Die Nummer hatte ich mir bereits eingespeichert. Ich drückte auf den grünen Knopf und hielt mir mein Telefon zum Ohr. Es piepte. Ich konnte den Puls in meinen Hals fühlen und mein Magen drehte sich vor Nervosität. Was tue ich da gerade, vielleicht sollte ich es doch la..-
"Davis Photographics. Miranda Vellow. Was kann ich für Sie tun?" Eine Frau mit hoher Stimme meldete sich.
"Ähm... ja, Hi", bin ich hier richtig? Davis Photographics - noch nie davon gehört. "Mein Name ist Amara Julien und ich..."
"Wie kann ich Ihnen helfen Ms Julien?", unterbrach sie mich. Entweder sie war von mir genervt oder ich bildete es mir ein.
"Ich würde gerne Connor sprechen. Und es .. es tut mir leid, ich habe diese Nummer bekommen. Es hieß, dass ich ihm damit erreichen würde. Aber im Moment bin ich mir nicht sicher, ob ich überhaupt richtig bin", erklärte ich hektisch. Ich konnte doch nur falsch sein, oder?
Sie seufzte: "Ms, ich kann Ihnen nicht sagen ob Sie falsch sind, wenn sie es selbst nicht wissen. Welchen Connor wollen Sie sprechen?"
"Den Nachnamen bitte", fügte sie nach, nachdem ich nicht sofort geantwortet hatte. Den Nachnamen, den Nachnamen. Habe ich denn überhaupt irgendwo gelesen? Ich hätte mir die Unterlagen nochmals durchsehen sollen, aber ich ja auch nicht damit gerechnet anscheinend bei seiner Arbeit anzurufen oder wo auch immer ich mich gerade in der Leitung befand.
"Den weiß ich leider nicht. Er hat eine Tochter namens Valerie, falls das etwas hilft." Ich hörte ein Rascheln am anderen Ende.
"Einen Moment bitte", hörte ich die Frau sagen und wurde in die Warteschleife geschmissen. Aufgeregt schloss ich meine Augen und pustete Luft aus. Ich wusste, dass ich nicht zu viel erwarten sollte, aber ich hoffte doch dass er mich überhaupt sprechen wollte. Seufzend öffnete ich meine Augen wieder und begann an meiner Unterlippe zu kauen. Das Warten war eine reine Folter!
"Connor Davis", meldete sich plötzlich eine tiefe Stimme. Vor schreckt, fiel mir mein Telefon auf den Schoss. Zitternd drückte ich es wieder gegen mein Ohr. "Hallo?"
"Ähm. Hallo", grüßte ich schüchtern. Das Herz pochte wie verrückt gegen meine Brust. Das ist er? Das ist mein Vater? Mein Dad? "Ich ... ich bin Amara Julien", drückte ich hervor.
Ohne zu zögern, hörte ich ihn sanft sagen: "Amara, es freut mich von dir zu hören.", es entstand eine kurze Pause. Ich glaube uns beiden fehlten die Worte. Was soll ich nun sagen?
"Ich muss mich bei dir entschuldigen ...", hörte ich ihn sagen und schluckte. "Ich weiß, dass ich nie für dich da war, aber ich habe immer an euch gedacht." Ich wollte keine Entschuldigung von ihm. Mir würde der Kragen platzen, wenn er mir jetzt erklären wollte, wieso und weshalb. Wenn er wirklich immer an uns gedacht hat, warum hat er sich nie gemeldet? In der heutigen Zeit ist das doch überhaupt kein Problem?!
Ich schob den Gedanken zur Seite: "Also, ich war nur neugierig wer mein Vater ist. Ich hoffe, ich habe nicht gestört."
"Was? Nein! Natürlich nicht." Es war seltsam. Seine Stimme kam mir so verdammt vertraut vor. Als hätte ich sie schon einmal gehört. Er lachte leise und es wurde wieder still zwischen uns. Ich frage mich was ihm wohl gerade durch den Kopf geht. Bereut er es den Anruf entgegengenommen zu haben? Oder freut er sich wirklich von mir zu hören - immerhin hat er mich die letzten zwanzig Jahre auch nie wirklich vermisst, er hat nie angerufen, um sich nach mir zu erkundigen.
Connor räusperte sich: "Ich bin nicht mit Absicht so ruhig, nur weiß ich wirklich nicht was ich sagen soll."
"Mir geht es genauso", gab ich nickend zu und lächelte. Connor Davis - das war also sein Name. Ob er mit Valerie unterwegs ist?
"Warum kommst du nicht morgen zu mir und meiner Familie? Wir könnten zu Mittag essen. Ich wette dass du Valerie Kennenlernen möchtest. Hab ich nicht recht?", fragte er, dabei konnte ich sein lächeln schon regelrecht hören. Zu ihm und seiner Familie - von der ich kein Teil war.
"Klingt gut." Meine Neugier war einfach zu groß um überhaupt nur über ein Nein nachzudenken. Trotzdem wunderte mich etwas ..." Wo wohnt ihr?"
"Am Rand von London. Ich werde dir die Adresse auf diese Telefonnummer schicken. Falls nötig kann ich auch einen Fahrer zu deiner Adresse kommen lassen. Er kann dich abholen und später nach Hause bringen. Wenn du das willst."
"Nein, das geht schon. Ich werde jemanden bitten mich zu fahren ... oder ich nehme den Bus. Mir wird schon etwas einfallen.", erneut nickte ich, bis mir klar wurde, dass er mich nicht sehen konnte. Das ergab doch überhaupt keinen Sinn? Von wo wusste er es? "Von wo weißt du ... wo ich bin? Von wo weißt du, dass ich ihn London bin?" Hat er jemanden beauftragt mich mein Leben lang zu verfolgen, weil er mich in der Tat vermisste? Ist er ein Stalker? Oder war es wirklich nur ein blöder Zufall?
"Erkennst du mich nicht?", fragte er. Verwirrt kniff ich die Augen zusammen. Woher sollte ich ihn bitteschön erkennen? "Ich dachte du wüsstest es... Ich bin es Connor."
Das kann aber nicht wahr sein! "Connor aus dem Café?", fragte ich mit erhobener Stimme und er bejahte. "Aber warum hast du mir nicht gesagt, wer du bist? Woher wusstest du überhaupt dass ich es bin? Ich bin mir ziemlich sicher dass es noch mehr Mädchen auf der Welt gibt die Amara heißen!"
"Glaub mir, es war für mich auch eine Überraschung dich da zu sehen. Ich konnte nicht ... wusste nicht, ob du mich überhaupt kennenlernen wolltest. Du hast schließlich nichts Gutes über deinen Vater erzählt und ich hatte Angst dass du mich vielleicht wegschicken würdest." Da hatte er Recht. Vielleicht hätte ich so etwas wirklich getan. Damals wusste ich schließlich nicht was Sache war. "Und um deine zweite Frage zu beantworten: du und Valerie seid Zwillinge. In kleinen Detail unterscheidet ihr euch schon, aber es ist kein großartiger unterschied." Zumindest konnte ich schon behaupten ihn ein bisschen zu kennen. Darum gab er mir also immer so viel Trinkgeld: Gewissensbisse. "Ich hoffe doch du willst morgen noch immer vorbeikommen?"
Ich pustete Luft aus und rutschte von der Waschmaschine hinunter, an die ich mich schlussendlich anlehnte. "Ja, das möchte ich schon." Während ich da stand und an die Tür starrte, sah ich wie sich die Klinke nach unten bewegte.
"Okay, ich werde dir die Adresse schicken. Ich freue mich schon auf morgen", hörte ich Connor erleichtert sagen. "Ähm, ja. Ich mich auch. Bis morgen.", ohne weitere Worte legte ich auf und ließ die Hand mit meinem Telefon sinken.
"Na, dein neuer Lover?"
Kopfschüttelnd drehte ich mich zur Seite, um seinen Blick auszuweichen. Musste er ausgerechnet jetzt auch seine Wäsche machen? Es war mir klar, dass ich ihn nicht ewig aus dem Weg gehen könnte, aber ich wollte es zumindest versuchen. Es tat mir noch immer weh dass ich ihn verletzt hatte. Ich hätte mir länger Zeit lassen sollen, als Niall vor meiner Tür stand um sich mit mir zu versöhnen. Aber ich wollte damals wirklich nur befreundet mir Niall sein. Nicht mehr und nicht weniger. Ich wollte ihn aus meinem Kopf verbannen und mich mir Dylan ablenken.
Mit seinem Wäschekorb in den Armen trat Dylan neben mich und stellte den Korb auf die benachbarte Waschmaschine ab. Er öffnete die Luke zu der vor ihm und stopfte seine Kleidung hinein.
Fünfundzwanzig Minuten dauert die Wäsche noch. Ich weiß, ich könnte einfach gehen und meine Wäsche zurücklassen, aber da Tobi mir erzählt hatte das seine Wäschen hier schon mal gestohlen wurde, weil er darauf vergessen hatte, wartete ich immer hier. Meistens mit einer Zeitschrift und etwas zu essen. Oft kamen auch Tobi oder Sophie mit und wir verwandelten den grässlichen Raum in einen von uns ausgedachten Ort, an denen wir im Weltraum waren oder Sophie ihre Gesangskünste zum Besten gab. Kann nicht einer der beiden nach unten kommen und mich retten? Wo sind Freunde wenn man sie braucht?
Während ich in Gedanken versunken war stellte Dylan die Waschmaschine an und setzte sich anschließen darauf. "Wie geht es dir?"
Etwas verwundert über seine Frage drehte ich meinen Kopf zu ihm. Ich hatte eher damit gedacht, dass er mich sofort auf das wesentliche ansprechen würde, was er aber nicht tat. "Ganz okay. Schätze ich.", ich zuckte mit den Schultern.
"Tut mir leid. Der Kommentar von vorhin war etwas unangebracht von mir", entschuldigte er sich. Dabei presste er die Lippen etwas zusammen und legte den Kopf zur Seite. Seufzend ging ich einige Schritte rückwärts und setzte mich auf den Trockner gegenüber. Ich zog meine Beine hoch und setzte mich im Schneidersitz nieder. "Schon okay. Ich habe eigentlich fiesere Kommentar verdient."
"Da hast du recht.", er lachte und ich konnte nicht anderes, als bei seinen Lachen zu lächeln zu beginnen.
"Ich hatte das wirklich nicht geplant Dylan. Als du mich gefragt hast, war ich davon überzeugt, dass nichts zwischen mir und ihm läuft. Ich schwöre es.", ich hob meine Hände. "Wirklich."
Dylan senkte seinen Blick. "Also du gesagt hattest, dass du eine offene Beziehung willst, dachte ich mir schon dass das einen Grund hat. Und um ehrlich zu sein bin ich auch überhaupt nicht der Typ für so eine Art von Beziehung. Ich habe nur wegen dir ja gesagt. Wir hätten uns noch Zeit lassen sollen, mehr zusammen unternehmen." Er sah mich an uns zog eine Braue hoch: "Dann hättest du gesehen was du an mir hast. Es wäre sicher einfach gewesen, als das was du mit ihm haben wirst. Doch trotzdem will ich dass du glücklich bist."
"Dylan es kam wirklich überraschend ich ...", er ließ mich nicht aussprechen, sondern redete einfach weiter.
"Du wirst nie seine Hand halten können, wenn ihr in der Öffentlichkeit unterwegs seid, wirst ich ihn nie in der Öffentlichkeit küssen können, außer ihr legt es darauf an und du bekommst zum Schluss den ganzen Hass seiner Fans ab. Dazu kommt noch das Geläster, weil ihr Stiefgeschwister seid. Denk doch mal nach was die ganzen Leute über euch sagen werden ..." Dylan stoppte seine Rede und rutsche von der Waschmaschine herunter. Er ging an mir vorbei und ich drehte mich in seine Richtung als er die Tür öffnete. Er sah über seine Schulter in meine Richtung. "Viel Spaß."
Er ging und ließ mich mit meinen Gedanken zurück. Hat er Recht? Verdammt! Musste er mir das wirklich eintrichtern?!
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Hallo!
Herzlichen Dank für die 300+ Votes. Wie habe ich das nur verdient?!
Ich habe vor ein kleines Q&A zu veranstalten. Also schickt mir mal eure Fragen. Egal ob über das Buch oder mich. Ich werde versuchen alles zu beantworten. Egal ob als PN oder Kommentar.
Hat jemand Bock einen Gast auftritt in Buch 3 zu bekommen? Habe vor bei Nialls Tour Amara mal in die Menge zu schleusen. Könnte ja sein dass sie sein paar Fans begegnet mit denen sie sich gut versteht ...
Im nächsten Kapitel treffen alle aufeinander ... seid gespannt!
Liebe Grüße, Sabrina.
PS: Stellte gerade das Buch zusammen.
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