K A P I T E L 47
E l i z a b e t h
Ich weiß nicht, was ich denken soll...
Wie soll ich mich verhalten? „Warum war meine Kette bei diesem Mann, Eddie?" Er schließt die Tür hinter sich und sieht auf mich hinab. „Das könnte ich dich genauso fragen..." Wie meint er das? „Wie lange ist sie schon verschwunden, Elizabeth?" Augenblicklich werde ich rot und sehe auf meine Schuhe. „Sie... seit ein bisschen mehr als einer Woche. Ich wollte es dir nicht sagen, weil ich mich geschämt habe, dass ich sie verloren habe", murmle ich und kann ihm einfach nicht in die Augen sehen. „Du hättest es mir sagen sollen!", herrscht er mich an und ich zucke zusammen. „Was ist denn los?", fragt uns Alex, der mit Clair um die Ecke kommt. „Nichts!", zischt Edward und geht an uns vorbei nach oben. „Kleines?" Alex kommt auf mich zu und streicht über meine Schulter. Ich reiße mich von ihm los und renne nach oben in mein Zimmer. Es ist unfair, dass er jetzt sauer auf mich ist. Ich kann doch nichts dafür, dass die Kette bei diesem Mann gefunden worden ist. Noch weniger glaube ich, dass Edward was damit zu tun hat, aber ich bin nicht blöd, ich weiß, dass hier irgendwas gewaltig nicht stimmt.
Oh Eddie, was passiert hier nur?
~
Genervt stöhne ich auf, weil es mir jetzt reicht. „Verhalte dich doch nicht wie ein Kind und ignoriere mich die ganze Zeit! Es tut mir leid, okay?!", aufgebracht schmeiße ich die Arme in die Luft, als wir auf dem Schulparkplatz anhalten und er rein gar nichts bisher zu mir gesagt hat. Das ist doch wohl nicht sein Ernst! „Verdammt Eddie!" „Was?", knurrt er und sieht zu mir rüber. Er wirkt gestresst und wütend. Sehr wütend. Doch ich weiß, dass diese Wut nicht mir gilt, also warum hält er mich so auf Abstand. „Rede mit mir", mit großen Augen sehe ich ihn an, da es mir wehtut, ihn so kalt mir gegenüber zu sehen. „Es gibt da nichts zu bereden", sagt er kalt und will aussteigen, doch ich halte ihn am Arm zurück. „Warum war das FBI bei uns? Steckst du in Schwierigkeiten? Muss ich mir Sorgen machen?" Genervt seufzt er und fährt sich übers Gesicht. „Ich... ich kriege das schon wieder hin, versprochen", versöhnlich sieht er zu mir und legt eine Hand an meine Wange.
„Versprochen?" „Versprochen."
Genießerisch schließe ich die Augen und schmiege mich in seine Hand. „Ich würde dich jetzt gerne küssen", wispert er, sieht dann aber aus dem Fenster zu den vielen Schülern und ich verstehe. Ich nehme seine Hand und setzte auf seine Knöchel einen Kuss. „Soll ich in der Pause zu dir?", frage ich grinsend und er schnauft auf. „Wenn du vorsichtig bist", schmunzelt er und ich nicke hektisch. Zusammen steigen wir aus und gehen in die Schule. Unsere Wege trennen sich und Angie kommt auch schon auf mich zu. „Dein Bruder sieht heute wieder zum Anbeißen aus", schwärmt sie und sieht ihm hinterher. „Hey erstmal", setzt sie noch hinterher. Ich umarme sie schwach lächelnd und gehe mit ihr zu meinem Spind. „Weißt du...", fange ich an, als ich meine Bücher raussuche. „Ja?" „Naja... Edward hat jetzt eine Freundin...", offenbare ich ihr. Sofort reißt sie ihre Augen auf und sieht mich aus einer Mischung von Entsetzten und Unglaube an. „Wirklich?", fragt sie traurig und lässt ihren Kopf gegen den Spind fallen. „Hm...", mache ich nur bestätigend. „War ja klar", seufzt sie und lässt die Schultern hängen. „Wie ist sie so?" Shit. „Äh... nun ich habe sie noch nicht wirklich kennengelernt, aber er scheint sehr verliebt", denke ich mir aus. Edward ist nicht der Typ, der seine Zuneigung offen zeigt und schon gar nicht, dass er verliebt ist oder geschweige denn jemanden liebt. In meinem Falle noch viel unwahrscheinlicher, weil das nur Probleme mit sich bringen würde. Ich hoffe einfach, dass wir nach meinem Abschluss die Chance haben, nochmal vollkommen neu anzufangen...
„Oh ... Okay", macht sie nur und zusammen gehen wir in unsere Klasse. „Ich hatte eh nie eine Chance bei ihm, oder?" Entschuldigend schüttle ich mit dem Kopf und lege ihr beschwichtigend eine Hand auf die Schulter. Wir setzen uns auf unsere Plätze und wenig später kommt auch schon unsere Lehrerin. Tony und Maddy sind nicht in diesem Kurs. Noch immer fehlen mir die beiden sehr, doch langsam fange ich an zu akzeptieren, dass manche Menschen einfach nicht für die Ewigkeit zusammenbleiben. Die Erinnerung, die ich an die beiden habe, werden auf ewig in meinem Herzen bleiben. Sie waren beide meine besten Freunde und es wäre gelogen, würde ich sagen, dass ich über sie hinweg bin. Ich vermisse beide nach wie vor und sehne mich nach ihnen, doch ich muss einfach anfangen Dinge zu akzeptieren. So traurig es ist.
Der Unterricht ist relativ langweilig und ich muss aufpassen, dass ich nicht wie viele andere in der Klasse einfach auf meinem Tisch einschlafe. Als meine Langeweile eine Grenze erreicht, melde ich mich, ob ich mal auf die Toilette darf. Unsere Lehrerin hat eigentlich nie was dagegen, weshalb sie mich lässt, sodass ich den Raum verlasse und durch die Flure zu den Toiletten schlurfe. Tief vergrabe ich meine Hände in den Taschen meiner Latzhose und schieße vor meinen Füßen einen kleinen Kieselstein weg. Als ich die Toilettentür dann öffne, erklingt ein Schluchzen und Sorge macht sich in mir breit. Verwundert gehe ich weiter rein und sehe, wie niemand geringeres als Maddy an der Heizung sitzt und Rotz und Wasser heult. Am liebsten würde ich sie sofort in den Arm nehmen und sie trösten, jedoch bin ich sicher, dass ich die letzte Person bin, von der sie getröstet werden will. Zwiegespalten überlege ich und setze mich schließlich vorsichtig neben sie und halte etwas Abstand. Erschrocken sieht sie aus ihren verheulten Augen zu mir, ehe sich ihr Gesichtsausdruck in Hass verwandelt. „Verschwinde!", zischt sie. Ich sage nichts, sehe sie einfach an und reiche ihr ein Taschentuch. Wiederstrebend nimmt sie es an und putzt ihre Nase.
Ich weiß nicht, wie lange wir einfach still hier sitzen und gegen die weiße Wand vor uns starren. Dass ich eigentlich schon längst wieder im Unterricht sein sollte, ist mir in diesem Moment vollkommen egal. „Er hat Schluss gemacht", sagt sie plötzlich leise. „Das tut mir leid, Maddy", erwidere ich ehrlich und sehe wieder zu ihr. Erschöpft fährt sie sich durch die Haare und sieht mich an. „Wirklich?", fragt sie nicht besonders überzeugt. „Aber natürlich. Wieso sollte es das nicht, du bist trotzdem noch meine beste Freundin." Sie schnauft ungläubig aus. „Ich habe dich in den letzten Monaten absolut scheiße behandelt, Ellie." Ich schlucke, denn sie hat Recht. „Ich hatte es verdient." „Ja, hattest du", brummt sie. „Aber nicht in diesem Ausmaß", setzt sie noch nach. „Wie lange lief das damals schon?" Überrascht sehe ich zu ihr. „Was?" Genervt schnalzt sie mit der Zunge. „Das mit Edward natürlich." „Wir haben uns an dem Tag das erste Mal geküsst. Das erste und letzte Mal für dieses Jahr", erkläre ich ihr. „Was? Wirklich?" „Ja, was dachtest du denn?" „Ich weiß auch nicht... Ich dachte, du betrügst meinen Bruder seitdem Edward wieder zurück war." „Nein. Ich habe Tony geliebt. Wirklich", versichere ich ihr. „Trotzdem hattest du dann was mit deinem Bruder." „Das... Maddy du weißt, dass Edward und ich adoptiert sind. Wir sind keine richtigen Geschwister, wir sind nur zusammen aufgewachsen." Sie schnauft nur abfällig. „Damals hatten Tony und ich Streit und an dem Tag hatte er sich zwar entschuldigt, doch innerlich wusste ich, dass es zwischen Tony und mir vorbei war. Ich habe da an etwas festgehalten, was nicht da war. Tony war mehr als ein bester Freund, aber nicht genug, dass ich es hätte Liebe nennen können. Ich wollte ihn nie verletzen, dich genauso wenig. Ihr wart nach meinen Geschwistern das Wichtigste, was ich hatte. Das... das seid ihr noch immer, auch, wenn du nicht mehr so empfindest", erkläre ich ihr und sehe auf meine Hände. Ich merke, wie sie mich mustert und dann ausatmet. „Läuft da noch was zwischen euch beiden?", fragt sie mich dann und ich zögere. Natürlich will ich ehrlich sein, aber es ist riskant. „Ich liebe ihn", sage ich kryptisch und ergänze nichts weiter. „Wusstest du... damals, ... ich... ich war ziemlich in Edward verschossen, wahrscheinlich war das der Grund, warum ich so sauer auf dich war." „Oh", mache ich nur und sehe sie überrascht an. Was hat Edward nur an sich, dass sich jede Frau in seiner Nähe in ihn verliebt? „Das wusste ich nicht...", murmle ich. „Ich hatte auch nicht vor, es dir zu sagen. Mir war klar, dass es eine ausweglose Sache war und deswegen habe ich das ganze ruhen lassen." „Bist du immer noch..." „Gott nein", lacht sie. „Seit ich ihn mit dir gesehen habe, war mir klar, warum er nie eine Freundin hatte." „Wie meinst du das?", frage ich sie verwirrt. „Auch, wenn er es gut versteckt, ist mir danach einiges klar geworden. Seine Blicke dir gegenüber habe ich endlich verstanden...", sie hält inne und sieht mich an. „Er liebt dich, wahrscheinlich schon die ganze Zeit und auch schon vor seiner Zeit in der Armee. Du hast es nur nie bemerkt." Überrascht sehe ich sie an. Hat er? Ich meine... das hätte ich doch gemerkt? „Wir sind beide ziemlich blind...", kichert sie. Das habe ich vermisst. „Wahrscheinlich...", grinse ich und schüttle den Kopf. „Und dein Freund-" „Ex", korrigiert sie mich und seufzt. „Ach keine Ahnung. Er war ein Idiot und eigentlich trauere ich ihm nicht
nach." „Warum weinst du dann?" „Weil ich ihm noch letzte Woche sein scheiß teures Geburtstagsgeschenk gegeben habe und ich mir das gute Geld hätte sparen können." Beide sehen wir uns an und fangen dann laut an zu lachen. Nach einiger Zeit verstummt unser Lachen und sie steht auf, was ich ihr sogleich nachmache. Plötzlich zieht sie mich in eine Umarmung und presst mich fest an sich. „Es tut mir leid, Ellie." „Mir auch, Maddy", seufze ich traurig in ihr Haar. Schwach lächelnd löst sie sich von mir und geht. Irgendwie fühlt sich das wie ein Abschied an. Nachdenklich gehe ich zurück in die Klasse und setze mich wieder auf meinen Platz. Strafend sieht meine Lehrerin zu mir, sagt jedoch nichts dazu, dass ich eine gefühlte Ewigkeit weg gewesen bin. „Wo warst du so lange?", fragt mich Angie. „Toilette", sage ich nur und zucke mit den Schultern. Genau in dem Moment wird die Klassentür aufgestoßen und mein Direktor mit mindestens vier weiteren Männern kommt herein. Hektisch eilt er auf mich zu und ich sehe nur geschockt in sein leichenblasses Gesicht. „Sie sagen mir jetzt sofort, wo Ihr Bruder ist!"
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