K A P I T E L 32
Song Empfehlung:
Doom And Gloom-Jeff Bhasker Mix
von The Rolling Stones
E d w a r d
Nervös schaue ich auf die Uhr in der Küche und kralle mich am Tresen fest. „Entspann dich", sagt Clair belustigt, während sie im Topf rumrührt. Zum Glück habe ich aufgepasst, sodass sie das Essen nicht versaut hat. Hoffe ich zumindest. „Bin ich", knurre ich. „Sicher", kichert sie. Sie hat sich vor fünf Minuten gemeldet, dass sie bei Amber sind. Doch ich weiß, dass sie lügt. Egal wie, die Zeit der Nachricht stimmt nicht. Das ging zu schnell. „Fuck!", brülle ich und stürme an Clair vorbei. Ich schnappe mir einen schwarzen Kapuzenpulli und gehe in die Garage. Kurz spanne ich mich an, als ich das Auto unserer Eltern sehe und daneben meinen alten Wagen. Über ihn ist ein großes Laken gezogen, was seine Schönheit bedeckt. Ich habe nicht vor gehabt, je wieder mit ihm zu fahren. Nicht mehr.
Alex wird es nicht wagen mit ihr zu fahren. Und was wenn doch? Er ist nicht schlecht, immerhin habe ich ihm alles beigebracht und ihn auch noch in diese Szene hineingeführt, doch er ist zu überzeugt von sich selbst. Fuck. Er ist so wie ich es früher war. Er wird mit ihr fahren, nur weil er weiß, dass er mir damit eins auswischen kann.
Angespannt reiße ich das Tuch von dem Sportwagen, an dem ich schon so unendlich viel Zeit verschwendet habe, um ihn nur noch schneller und besser zu machen. Ich nehme mir die Zeit über den schwarzen Lack zu streichen. All die Rennen, die ich mit ihm gewonnen habe, kommen mir in den Sinn. All die Dinge, die ich schon in ihm getrieben habe. Unweigerlich muss ich schmunzeln. Ich öffne die Tür und lasse mich auf den schwarzen Sitz gleiten. Bedächtig fahre ich über das Lenkrad. Ich habe ihn vermisst.
Nun sollte ich aber los.
Die Tür knallt zu, der rote Gurt schlingt sich um meinen Körper und das Garagentor öffnet sich hinter mir. Ich gebe ein bisschen Gas und lausche seinem Sound. „Schnurrt wie ein Kätzchen." Grinsend lege ich den Rückwärtsgang ein und fahre schnell raus. Ich drifte leicht, lege den Gang ein, ehe ich schon davonbrause.
Gott, habe ich das vermisst.
Ich schalte schnell und treibe den Tacho immer höher. Drifte um die Ecken wie früher. In meinen Kopf gehe ich die Abkürzung zur Rennstrecke durch. „Wie in guten, alten Zeiten." Die Sterne scheinen auf mich hinab. Meine alte Musik dröhnt aus den Boxen und puscht mich noch umso mehr. Es fühlt sich an wie Sekunden, ehe ich schon bei dem Rennen ankomme. Viele Menschen tummeln sich hier und bestaunen mich überrascht. Ich schalte den Motor aus und steige aus. Mein Auto gibt ein Geräusch von sich, als ich es per Fernbedienung schließe. Erschrocken springen die Menschen beiseite. „Das gibt es doch nicht! Ed!" Überrascht kommt der alte, dicke Mann, der das hier immer alles organisiert, auf mich zu und schlägt mir begeistert auf die Schulter. „Ich habe dich vermisst, Kleiner." „Ich dich auch Red", sage ich schmunzelnd. „Du hast hier gefehlt. Selten so einen kompetenten Fahrer gesehen. Dein Bruder sehe ich immer mal wieder, der dir langsam echt Konkurrenz macht", er lacht rau und tief. Mit dem Kopf deute ich zu den Fahrern, die sich bereits um ihre Autos am Start tummeln. „Wo ist er?" Er weiß sofort von wem ich rede. „Unten bei den anderen. Er fährt auf der zwei. Hat ein süßes Mädchen mit. Würde dir gefallen, geiler Hintern", sofort zuckt mein Blick zu ihm. Dunkel, tödlich. „Sie ist minderjährig und du ein alter Sack. Wehe dein Blick landet dort noch einmal", knurre ich und seine Augen werden groß, da er ganz genau weiß, was meine Hände können. Jedenfalls denkt er es. Er ist noch auf dem Stand vor meiner Ausbildung. Damals habe ich nur fest zugeschlagen. Ohne nachzudenken. Heute weiß ich es besser. Beschwichtigend hebt er seine Hände. „Tut mir leid. So habe ich das nicht gemeint", ich verdrehe die Augen. „Sorg dafür, dass ich mitfahren kann", brumme ich. „Kein Problem. Aber du musst vom letzten starten." Nickend wende ich mich ab, geradeaus zu meinem Bruder. Er lacht, hat einen Arm um Ellie's Schultern. Sie lächelt und strahlt wie immer, wie die Sonne selbst. Fuck, nein! Nicht jetzt! An der Schulter reiße ich ihn rum und presse ihn am Auto hoch. Geschockt sieht er mich an. Ja, damit wirst du nicht so leicht durchkommen. „Ich hatte nein gesagt", knurre ich. „Ed", will Ellie dazwischen gehen. Mein Blick landet auf ihr. „Du bist gut angekommen. Hm?!" Schuldig sieht sie auf den Boden. „Du fährst nicht", knurre ich wieder an Alex gerichtet. „Doch. Ich habe mir den zweiten Platz hart erkämpft. Das wirst du mir nicht versauen", er schubst mich von sich und ich gestatte es ihm. Er richtet sich seine Jacke. „Nur wegen mir wurdest du überhaupt hier aufgenommen." Wütend funkle ich ihn an. Er weiß, dass ich Recht habe. Er ist mir damals mit dem Fahrrad gefolgt und hat sich hierher geschlichen. Das hat er einige Male gemacht, bis ich ihn erwischt habe. Ich habe es ihm immer wieder verboten, aber er wollte nicht hören. Es ist gefährlich und das weiß er. Und ich weiß, dass er das nur macht, um mir etwas zu beweisen. „Na und?!" Er verschränkt trotzig die Arme. „Aber dass du Ellie hierhin mitnimmst... Ich habe mehr von dir erwartet." Seine Fassade bröckelt und man kann tatsächlich Schuld erkennen. Er hat sie eben nur mitgenommen, um es mir unter die Nase zu reiben. Manchmal ist er eben immer noch ein dummer Junge. So wie ich früher und ich sollte ihm das endlich austreiben. Doch sogleich schüttelt er den Kopf und sieht mich selbstbewusst an. „Du hast doch nur Angst, dass ich dir den Rekord streitig mache", er grinst. Sei doch nicht so dumm! „Was für einen Rekord?", fragt uns Ellie und sieht unsicher zwischen uns hin und her. „Edward war nicht immer der große Beschützer", lacht Alex und sieht zu ihr. „Er war früher einer der besten Fahrer und ist manchmal nur knapp der Polizei entkommen. Nicht wahr, großer Bruder?" Angespannt sehe ich ihn an. „Keine Gnade", murmelt er. „Diese Zeit ist vorbei." „Dann geh", knurrt er. „Du bist alt genug, selber zu entscheiden, aber Ellie ziehst du da nicht mit rein." Seine Wangen glühen vor Wut. Er lehnt sich zu mir vor. „Ich habe dich in der Hand und das weißt du ganz genau." Ich balle meine Fäuste und schnaufe. „Wer ist dafür, dass der ach so große Edward Jonas mitfährt", ruft er laut und schaut zu den neugierigen Leuten. „Oder bist du zu feige?" Konzentriere dich. Bleib ruhig. Denk an deine Übungen. Einatmen, ausatmen. Fuck! „Schön", knurre ich. „Schön", spöttisch grinst er. „Aber Ellie wird nicht mitfahren", bestimme ich. „Gut." Er wendet sich von mir ab und steigt in sein Auto. Fuck. Fuck. Fuck. „Was... Eddie?!", ich packe Ellie am Arm und ziehe sie an den Straßenrand. „Du bleibst hier und bewegst dich nicht vom Fleck! Haben wir uns verstanden?!"
„Aber..."
„Haben wir uns verstanden?!" Ich bin wütend. Wütend auf Alex. Wütend auf Ellie. Aber am meisten bin ich wütend auf mich selber. Gott, wieso?? Verfickte Scheiße!
Sie nickt und ich gehe zu meinem Wagen. Konzentriere dich. Kräftig klammere ich mich ins Lenkrad, als die Uhr von zehn runterzählt. Ich drehe das Radio laut, in der Hoffnung entspannter zu werden. Die Autos sind bereit. Ungeduldig drücken sie immer wieder auf Gas. Neun... Ich könnte vor Wut ausrasten und das ist nie gut bei einem Rennen. Acht... Zu aggressiv. Sieben... Mein Puls rast. Sechs... Konzentriere dich Jonas. Fünf ... Ich schließe die Augen und atme durch. Vier... Ich werde entspannter, doch genau in dem Moment wird meine rechte Autotür aufgerissen und Ellie setzt sich neben mich. „WAS zum Teufel tust du hier?!" Zwei... Sie schnallt sich an. Ich sehe nur zu ihr, wie sie entschlossen zu mir schaut. Eins... Ohne auf die Straße zu sehen, lege ich den Gang ein und rase los. Gott verdammt, ich muss dieses Mädchen wirklich in einen Turm einsperren.
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