K A P I T E L 22
E l i z a b e t h
„Bin wieder da...", grinse ich und schließe die Tür hinter mir. Wie ich feststelle, hat Tony das Licht angemacht und sich wieder angezogen. „A-Alles okay?", frage ich ihn unsicher, als ich seinen merkwürdigen Gesichtsausdruck sehe. „Ich glaube, du solltest jetzt gehen", gibt er monoton von sich. „Was?!" Schnell gehe ich auf ihn zu und nehme sein Gesicht in meine Hände. „Aber was ist denn passiert?" Er schluckt, ehe er mich jedoch auf Abstand drückt. „Zwischen uns war wochenlang Funkstille. Du hast es nie für nötig gehalten, dich mal bei mir zu melden", brüllt er plötzlich und mir steigen die Tränen in die Augen.
„W-Wir hatten das doch geklärt...", schniefe ich. „Du vielleicht. Ich lebe in der Realität, Ellie. Du jedoch träumst in den Tag hinein. Nimmst die reale Welt und ihre Mitmenschen nicht wahr. DU vertraust denen, die es am wenigsten verdienen. Du achtest nicht darauf, was um dich passiert, bist gefangen in deiner kleinen, bunten Welt. Ich sage dir, dass ich dich liebe, nach mehr als fünf Monaten und du sagst nichts, rein gar nichts. Wach endlich auf, Ellie! Die Welt dreht sich nicht nur um dich!", erschrocken trete ich einen Schritt von ihm weg, ehe ich weinend aus der Tür flüchte.
Schnell nehme ich mein Handy aus der Tasche und wähle die Nummer von der Person, der ich am meisten auf der Welt vertraue. „Eddie?", schniefe ich in den Hörer. „K-Kannst du mich bitte doch abholen?" „Ich bin in zehn Minuten da", sagt er, ehe ich nur noch das Tuten der toten Leitung höre. Eine Zeit starre ich in den Himmel auf der Terrasse. „Ellie!", höre ich jemanden hinter mir leise sagen. Traurig und noch immer stumm weinend sehe ich zu Tony. „Es... Es tut mir leid", wispert er und will über meinen Arm streichen. „Nein!", keife ich ihn an und trete ein Schritt zurück. „Ja, sich nicht zu melden, war nicht in Ordnung, das gebe ich zu, aber ich habe mich entschuldigt. Es tut mir außerdem leid, dass du mich mit deinem Geständnis so überrascht hast, dass mir die Worte gefehlt haben. Aber mich dann auch noch zu beschimpfen, dass ich unwissend und wie blöd durch die Welt laufe, dazu hattest du kein Recht!", wild gestikuliere ich vor mich her. Immer mehr Tränen bahnen sich mein Gesicht hinab. „Vielleicht kann ich deine Gefühle auch einfach nicht so erwidern!", platzt es aus mir raus. Ich sehe in sein blasses, schuldiges Gesicht, worin sich Enttäuschung und Verletzung breit macht.
„Mir doch egal! Schmeiß dich doch wieder in die Arme von deinem ach so tollen Bruder!", zischt er und zeigt mit dem Zeigefinger auf Ed, der gerade mit dem Auto anhält. „Er ist nicht so toll, wie du denkst. Merk dir meine Worte!", entrüstet wende ich mich von ihm ab und renne zu meinem Bruder. Er hat Unrecht!
Warme, beschützende Arme schließen sich um mich und halten mich fest. Nein, Ed würde mir nie schaden. „Bitte bring mich nach Hause", schluchze ich. „Alles was du willst, Kleines."
E d w a r d
„Was ist mit ihr?", fragt mich Alex und versucht die offensichtliche Abneigung mir gegenüber zu verstecken. Ich schließe die Kühlschranktür und sehe zu ihm. „Sie hatte Streit mit ihrem Freund...", murmle ich und trinke von meinem Wasser. Er brummt nur, lehnt sich gegen den Türrahmen und verschränkt seine Arme. Genervt seufze ich. „Was willst du hören? Ich habe mich bereits entschuldigt."
„Halt dich einfach an unsere Abmachung, sonst..." Böse funkle ich ihn an und gehe auf ihn zu. „Sonst was? Hm? Mag sein, dass du mich in der Hand hast, Kleiner, aber ich bin immer noch dein großer Bruder", ich drücke ihm meinen Zeigefinger gegen die Brust. Spöttisch grinst er. „Ellie siehst du doch auch nicht als Schwester, richtig?", er kommt mir entgegen und flüstert mir ins Ohr. „Oder soll ich dich dran erinnern, wobei ich dich erwischt habe. Vielleicht erzähle ich auch einfach Ellie davon. Was unsere kleine Schwester wohl davon halten würde...", er zwinkert, ehe er sich umdreht und geht. Knurrend schlage ich gegen die Betonwand.
Ich verziehe mich in mein Zimmer und trainiere ein wenig, um Frust abzubauen. Mein T-Shirt schmeiße ich in irgendeine Ecke und stecke mir meine Kopfhörer in die Ohren. Laut dröhnt AC/DC durch diese und lässt mich fokussiert trainieren. Sit- ups, Kniebeuge und zum Schluss Liegestütze. Ich fühle mich nicht ansatzweise erschöpft, weshalb ich mich immer wieder hochdrücke, bis mir der Schweiß über den Rücken läuft. Meine Dog Tags baumeln an mir hinab. An meiner Wand mache ich einen Handstand und drücke mich immer wieder hoch und runter. Als ich damit fertig bin, beginne ich nochmal von neuem, da meine Gedanken immer noch Achterbahn fahren.
Wieder bei den Liegestützen angekommen, spüre ich einen Blick auf mir. Ruckartig schaue ich zur Tür und ertappe Ellie dabei, wie sie starrt. Schnell drücke ich mich hoch und sehe in ihr verweintes Gesicht. „Geht's?", frage ich sie. Sie nickt schwach und schaut errötend auf den Boden. Scheiße. Ich bin wirklich extrem schlecht, was Gefühle angeht. Ich kann damit einfach nicht umgehen. Soll ich sie in den Arm nehmen? Sie trösten? Ja, aber wie? Fuck. Ich bin ein Krüppel, was Emotionen angeht. Plötzlich presst sie sich wieder an mich und ich reiße die Augen auf. „Ellie... ich bin ganz verschwitzt", sage ich und streiche durch ihr Haar. „Mir egal..."
Bitte nicht weinen. Bitte nicht weinen. Bitte nicht weinen. Bitte nicht w- Fuck. Nasse Tränen benetzen meine Brust. „Kleines...", murmle ich. „Er meinte, dass ich jeden Tag nur träume...", schluchzt sie. Wichser.
„Aber das ist doch gut?"
„Nein", schniefend fährt sie über ihre Augen und presst sich noch näher an mich. „Das ist gar nicht gut, Edward. Vielleicht hat er Recht und ich lebe einfach nicht in der realen Welt und bin blind für alles um mich herum." Seufzend streiche ich über meine Stirn. Sanft packe ich sie unter ihren Oberschenkeln und hebe sie hoch. Bereitwillig umschließt sie mich mit ihren Beinen. Ich setze mich auf mein Bett und nehme ihr Gesicht in meine Hände. „Du bist perfekt, so wie du bist", fest sehe ich in ihre ozeanblauen Augen. „Es ist okay zu träumen, Ellie. Es ist ja nicht so, dass du dich in diesen Träumen verlierst. Deine Welt muss bunt sein und das ist richtig so, das ist sogar wichtig. Du bist noch so jung und du hast das Recht dazu zu träumen. Die Welt ist ein gottverlassener Ort. Viel zu hässlich für so etwas schönes, vollkommenes wie dich. Solange du dieses Lächeln, was du sonst immer auf deinen hinreißenden Lippen trägst, beibehältst, darfst du alles", ich kann mich nicht zurückhalten und streiche über ihre volle Unterlippe, in die sie genau jetzt beißt. Fuck. Nicht hart werden! Nicht jetzt!
Mein Daumen streicht über ihre glühenden Wangen, über das feuchte Nass, unter ihren schönen Augen. „Wunderschön...", wispere ich und lege den Kopf schräg. Breit lächelt sie und die Tränen sind vergessen.
„Da ist es ja", grinse ich und streiche über ihren Kopf.
Ich will dich küssen. Dich nehmen. Dich besitzen. Fuck. Nein. Komm schon, Edward! Konzentrier dich! Sie beugt sich zu mir vor und mein Herz fühlt sich an, als würde es explodieren. Ihre Augen sehen tief in meine. Millimeter von mir entfernt. Ihre Lippen... beten mich förmlich an sie zu berühren. Ich schließe meine Augen, schmeiße alle Bedenken über Bord und will sie endlich berühren. Doch sie kommt mir zuvor. Ihre Lippen legen sich kurz auf meine Wange, dann löst sie sich von mir. „Danke Eddie... dafür, dass du mich aufgeheitert hast", und damit geht sie. Sie schließt die Tür hinter sich und ich bin alleine. Mein Schwanz... steinhart.
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