„Und dann hat er mich Kumpel genannt, Zoey“, jammerte ich und vergrub das Gesicht in meinem Kopfkissen. Ich bemitleidete mich jetzt wahrscheinlich schon eine halbe Stunde, während Zoey irgendein Klatschmagazin im Fernsehen verfolgte und mir dabei halbherzig zuhörte. Ihr war offensichtlich der Ernst der Lage nicht klar. Unfassbar.
„Und wo ist jetzt das Problem?“ Entsetzt sah ich sie an: „Wo das Problem ist?! Er hat mich Kumpel genannt! Gerade du müsstest doch wissen, was das bedeutet!“ „Das ist Jason, der denkt nie darüber nach, was er von sich gibt. Ich an deiner Stelle würde mir nicht zu viele Gedanken machen, dass er dich gefriendzoned hat.“
„Es gibt sogar ein eigenes Wort dafür?“, fragte ich mit großen Augen und schlug die Hände über dem Kopf zusammen. „Ja, natürlich. Es gibt doch inzwischen für alles ein Wort. Außerdem sagt das doch eh fast jeder. Unter welchem Stein lebst du eigentlich?“ Entrüstet warf ich das Kissen nach ihr, in dem ich noch Sekunden zuvor meinen Kopf vergraben hatte. „Unter gar keinem. Bisher hat es mich nur nie interessiert, ob ich gefriendzoned werde oder nicht. Ganz ehrlich, das bockt ja auch eigentlich niemanden, nur diejenigen, denen es passiert.“
Zoey löste ihren Blick nicht vom Fernseher, in dem gerade die schrecklichsten Outfits der Woche präsentiert wurden. „Es gibt sogar eine Sendung, in der es nur um solche Leute geht. Kannst dich ja mal anmelden.“ „Bist du wahnsinnig?“ Sie zuckte mit den Schultern, murmelte etwas, dass mit dem kanarienvogelartigen Kleid im Fernsehen zu tun hatte, und antwortete dann: „Ja, aber für so blöd halte ich die Idee nicht. Ich glaub die Chance, dass der andere danach mit einem zusammenkommt, ist gar nicht so schlecht.“
„Toll, aber ich will trotzdem nicht ins Fernsehen.“ „Schau dir das mal an“, murmelte sie und deutete auf den Bildschirm. Mal wieder irgendein Star, der gedacht hatte, weniger sei mehr. „Wenn man es sich leisten kann…“ Ich hatte nicht mal wirklich geguckt, aber ich konnte schließlich ohnehin niemandem vorschreiben, was er oder sie tragen sollte. Er würde immer Kritiker geben, man konnte es nie allen recht machen. „Jetzt hilf mir mal lieber! Was soll ich denn jetzt machen? Denkst du, ich bin wirklich nur ein Kumpel für ihn?“
„Du musst zugeben, dass ihr im Moment nicht mehr als Freunde seid, oder?“ Obwohl ich es nur ungern tat, stimmte ich zu. „Na also, dann darf er dich ja wohl auch Kumpel nennen, ohne dass das gleich der Weltuntergang ist. Mach dir um Himmels Willen nicht immer so einen Kopf um alles, was mein Bruder von sich gibt. Ich hab dir schon immer gesagt, dass sein Intellekt dem eines Meerschweinchens gleicht.“
„Sei nicht so gemein, ich beleidige Cale ja auch nicht rund um die Uhr.“ Sie beugte sich von ihrem Bett aus zu mir rüber und tippte mir mit dem Zeigefinger auf die Nase: „Aber auch nur, weil es absolut keinen Grund dazu gibt.“ „Nein Zoey, sondern weil er erstens ein guter Freund von mir ist, und zweitens, weil ich weiß, dass du es auch nicht sonderlich toll fändest, wenn ich über ihn herziehen würde.“ „Tut mir leid, ich mein das ja auch nicht wirklich böse, aber er ist und bleibt mein Bruder und wenn ich über den nicht lästern kann, über wen dann? Außerdem muss dir ja irgendjemand vor Augen führen, dass er nicht so perfekt ist, wie du denkst. Fehlt eigentlich nur noch, dass du ihm einen Schrein aufbaust.“
Hätte ich noch ein Kissen gehabt, wäre auch das in Richtung Zoey davon gesegelt. Aber leider hatte ich nur eins. „Klar, als ob ich so armselig wäre“, gab ich schnippisch zurück. Das wahrhaft Traurige an der Sache war, dass ich es selbst gar nicht für allzu abwegig hielt. Ich wollte zwar nicht direkt einen Schrein errichten, aber zumindest ein gerahmtes Bild von uns zog ich ernsthaft in Betracht. Zoey musste das allerdings nicht erfahren. „Was ist jetzt eigentlich mit deinem tollen Plan, ihm innerhalb von diesen zwei Wochen deine Liebe zu gestehen?“
Ich wusste genau, wie feige das jetzt für sie klingen musste, aber ich sprach es trotzdem aus: „Das mach ich nicht.“ Seufzend schaltete sie den Fernseher aus und stand auf, dann nahm sie das Kissen und pfefferte es mir ins Gesicht. „Ist das dein Ernst?! Du machst jetzt gefälligst keinen Rückzieher. Ich sag’s dir! Und wenn ich dich dazu zwingen muss, du sagst meinem Bruder, dass du in ihn verschossen bist und fertig.“ Energisch schüttelte ich den Kopf. „Nein, ich will nicht.“ Zoey sah mich böse an, als hätte ich höchstpersönlich den dritten Weltkrieg ausgelöst. Zum Glück hatte sie keine Atombomben, mit denen sie nach mir werfen könnte.
Selbst Kissen wurden in ihren Händen schon zu Waffen. „Vor ein paar Tagen wolltest du das noch durchziehen! Jetzt gibt’s kein Zurück mehr, unter gar keinen Umständen!“ Ich wusste genau, dass mein Widerstand im Grunde zwecklos war, aber ich hatte wirklich keine Lust mehr darauf, ihm zu sagen, was Sache war. Zoey hin oder her. „Das hat doch eh keinen Sinn“, sprach ich meine Bedenken aus. „Ich bin gefriendzoned worden und eine Niederlage in 14 Tagen reicht mehr.“
„Pah!“, schnaubte Zoey. „Eine Niederlage? Cora, er hat dich Kumpel genannt, das ist nun wirklich kein Grund, so ein Theater zu machen.“ „Ja und? Ich will es ihm trotzdem nicht sagen.“ Trotzig verschränkte ich die Arme. Zoey sah aus, als wollte sie gleich auch noch ihr Kissen nach mir werfen, aber ich brachte sie lieber nicht auf dumme Gedanken und behielt es deshalb für mich. „Wenn du es nicht machst, dann… dann…“, drohte sie. „Was dann?“, fragte ich und dachte gar nicht daran, meinen Mund zu halten. „Du hast es nicht anders gewollt. Wenn du es ihm nicht sagst, dann sag ich es ihm.“ Entsetzt heulte ich auf. Automatisch ging meine Stimme nach oben, das tat sie immer, wenn ich extrem aufgeregt war.
„Das würdest du nicht wagen!“, kreischte ich und hielt mir die Augen zu. „Oh, doch, würde ich. Es ist nur zu deinem Besten. Also, sagst du es ihm selbst, oder muss ich es machen?“ Ich wusste, dass sie mir einen Gefallen tun wollte und das war auch das einzige, das mich davon abhielt, ihr auf der Stelle die Freundschaft zu kündigen. Geschlagen seufzte ich: „Also gut, ich sag es ihm selbst. Aber nur damit du es weißt, irgendwann räche ich mich dafür noch.“
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