Kapitel 3 ~ Urlaub #4
Der nächste Tag begann damit, dass ich das Frühstück verpasste. Fluchend stand ich vor der geschlossenen Tür des Speisesaals und machte Anstalten, sie aufzubrechen. Die Hotelangestellten guckten mich schon alle blöd an, aber das war mir egal. Davon wurde meine Magenknurren schließlich auch nicht besser. Jetzt bereute ich es, gestern Abend nicht doch mehr gegessen zu haben. Vor Jason hatte ich mich allerdings damenhaft zurückgehalten, was im Nachhinein betrachtet ein Fehler gewesen war.
Schlecht gelaunt stapfte ich zurück in unser Hotelzimmer und merkte erst, als ich oben ankam, dass ich mich zu allem Überfluss auch noch ausgesperrt hatte. Ich rieb mir die Stirn und fragte mich, ob der Tag eigentlich noch schlecht anfangen hätte können. Zoey war schon weg gewesen, als ich aufgestanden war, und mit Sicherheit hatte sie eine der Schlüsselkarten bei sich, aber ich hatte nicht die leiseste Ahnung, wo sie war. Seufzend machte ich auf dem Absatz kehrt und stiefelte in Richtung Pool.
Während es im Hotel schön kühl war, herrschte draußen schon eine mittägliche Hitze, die mich fast umwarf. Gähnend versuchte ich im Schatten zu bleiben, damit meine Schultern nicht noch roter wurden. Ein Sonnenbrand reichte mir vorerst. Am Pool wurde ich beinahe umgerannt und um ein Haar wäre ich im Wasser gelandet. Ich hatte wirklich nichts gegen Kinder, aber bei diesem konnte ich in dem Moment nicht anders, als ihm meinen Mittelfinger zu zeigen. Wenn ich schlechte Laune hatte und zusätzlich noch hungrig war, verstand ich absolut keinen Spaß.
Zoey war zwar nicht am Pool, dafür aber Kerim, der amüsiert beobachtet hatte, wie ich fast gestolpert wäre. Er kam in meine Richtung gejoggt und ließ sich dabei nicht mal von meinem Todesblick abschrecken. „Salut, ma cherie. Du siehst aus, als ob Salz in deiner Suppe war.“ Das war ja schon fast wieder niedlich. „Kann ich was für dich tun?“, fragte er und lächelte mich lieb an. Ich schüttelte den Kopf: „Heute ist einfach nicht mein Tag. Nichts zu machen.“
Er grinste und zeigte dabei zwei Reihen gerader, weißer Zähne: „Wird wieder, ma cherie.“ Mit seinem Zeigefinger drückte er mein Kinn ein wenig nach oben. „Und jetzt lächeln, dann lächelt die Welt zurück.“ Und es funktionierte wirklich, ich musste ein klitzekleines bissen lächeln. „Du bist schön“, sagte er unvermittelt aber ernsthaft. Überrascht machte ich einen Schritt zurück. Ich war es nicht gewohnt, dass jemand so mit mir sprach und erstrecht nicht jemand, den ich erst einen Tag lang kannte. „Ähm, ja, danke?“ Ich bezweifelte, dass mein Stottern sonderlich attraktiv war, aber ich war ohnehin schon rot wie eine Tomate.
„Bis später“, sagte er noch, bevor er schon wieder weg war. Genau wie gestern am Strand starrte ich ihm hinterher, als wäre er ein Alien. Aber es stimmte irgendwie; sowas wie ihn hatte ich wirklich noch nie erlebt. Danach war meine Laune, und das musste ich zugeben, erheblich besser. Kurz darauf stolperte ich auch über Jason, und das im wahrsten Sinne des Wortes, denn ich hatte nicht einmal auf den Boden geguckt und war prompt über sein ausgestrecktes Beim gefallen.
Zum Glück landete ich mehr auf der Schulter, als auf der Nase, aber weh tat es trotzdem. Meine Laune ging wieder in den Keller, auch ohne dass Jason mich ausgelacht hätte. Andererseits war ich inzwischen schon sowas von fertig mit diesem Tag, das ich die Leitungen unter dem Haus kaputt gemacht hätte. „Hast du mir gerade ein Bein gestellte?“, fragte ich und presste dabei die Lippen aufeinander. „Nein, warum sollte ich?“ „Na toll, dann ist heute offiziell der größte Pechtag meines Lebens“, stellte ich wenig begeistert fest und setzte mich zu ihm in den Sand.
Dann würde ich Zoey eben erst in zehn Minuten weitersuchen. Bei meinem Glück war es sowieso sinnlos, ich würde sie eh nicht finden. Während Jason sich aufrichtete, winkelte ich die Beine an und schlang meine Arme darum. Resigniert legte ich mein Kinn auf meinen Knien ab und schloss für einen Moment die Augen. „So schlimm?“ Ich nickte kaum merklich. „Schrecklich“, murmelte ich. „Richtiger Scheißtag. Ganz ehrlich! Ich hab Hunger, weiß nicht, wie ich wieder ins Zimmer kommen soll, weil ich mich ausgeschlossen hab und dann noch dieses Kind, das mich fast umgerannt hat.
Tja, und jetzt bin ich noch über dein Bein gefallen. Ich hab echt keine Lust mehr.“ „Wie wäre es mit ein paar Witzen, um dich ein wenig aufzuheitern?“ Unentschlossen zuckte ich mit den Schultern. „Kannst es ja mal versuchen“, schlug ich vor. Ich bezweifelte zwar, dass es wirklich helfen würde, aber man wusste ja nie. „Kommt eine Frau zum Bauer und sagt, sie hätte gerne 10 Eier. Sagt der Bauer: ‚Ich auch.‘“ Meine Mundwinkel hoben sich ein wenig. „Der war schlecht“, gab ich zu, „aber so dermaßen mies, dass er fast schon wieder lustig war.“
„Ich erzähl dir noch einen. Warum sieht man Ameisen nicht in Kirchen?“ Ich hob den Kopf, nur um festzustellen, dass Jason mich erwartungsvoll ansah. „Keine Ahnung, aber du wirst es mir ja sicher gleich sagen.“ Er schüttelte den Kopf: „Nö, sonst macht es doch gar keinen Spaß.“ Ich legte den Kopf schief und sah ihn möglichst flehend an: „Och, bitte. Du wolltest doch meine Laune verbessern und jetzt kannst du nicht einfach mitten im Witz aufhören. Das ist unfair.“ „Rate“, forderte er, aber ich schüttelte trotzig den Kopf. „Ich hab keine Ahnung, sag es mir doch einfach.“ „Na gut, aber nur weil du es bist.“ Er lächelte und verschob seine Hand so, dass sie meine berührte.
Mir wurde heiß und kalt gleichzeitig, auch wenn die Sonne so warm war, dass mir gar nicht kalt sein konnte. Alles Jasons Schuld. Okay, ich war vielleicht auch ein bisschen mitschuldig, schließlich war ich es, die sich in ihn verliebt hatte, aber dagegen konnte ich ja auch nichts machen. „Ameisen gehen nicht in die Kirche, weil sie in Sekten sind.“ Ich verdrehte zwar die Augen, lachte aber trotzdem ein bisschen. „Schau, mit ein paar schlechten Witzen kann man jedes Problem lösen.“ „Echt?“, fragte ich hoffnungsvoll, „Du denkst, wenn ich unserer Zimmertür einen Witz erzähle, geht sie auf?“ Jason nickte und seine dunklen Haare wippten dabei: „Ich bin überzeugt davon. Aber mit einer Schlüsselkarte könnte es auch funktionieren.“
„Ja, toll, aber die hab ich nicht.“ Mit der Hand die meine nicht berührte, griff er in seine Hosentasche. Kurz darauf hielt er mir eine Karte unter die Nase. „Du kannst in mein Zimmer, wenn du magst. Sonnencreme steht im Bad, damit deine Schultern nicht noch schlimmer werden. Und falls du dir was anderes anziehen willst, kannst du dich an meinem Kleiderschrank bedienen.“ Sprachlos schaute ich ihn an.
War das ein ernstgemeintes Angebot? Das konnte doch nicht sein Ernst sein! Oder etwa doch? „Meinst du das ernst?“, fragte ich unsicher. Jason grinste. Ich glaube, das tat er oft in meiner Gegenwart. „Na klar, was denkst du denn? Ich hab schließlich nichts zu verbergen. Findest du selber hin? Zimmernummer 414 ist im 4. Stock auf der rechten Seite.“ Unbeholfen und immer noch überrascht nickte ich. „Danke Jason“, murmelte ich und ließ mir die Karte geben. „Das ist echt lieb von dir.“ „Ich weiß, so bin ich halt.“
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