Nicht Nachgeben
Kapitel 12 - Nicht Nachgeben
Katsuki POV.
Verdammt, wieso konnte ich mich nicht konzentrieren?! Shoto und ich saßen in meinem Zimmer auf dem Boden und arbeiteten an unserem Vortrag weiter, der am Montag fällig war. Während Shoto schon an der Präsentation arbeitete, recherchierte ich noch meine letzten Punkte fertig.
Doch dabei glitt mein Blick immer wieder zu Shoto herüber... Sein helles Oberteil schmeichelte seinem Oberkörper perfekt. Während des Arbeitens strich er sich immer wieder ein paar Strähnen seiner Haare aus dem Gesicht und selbst diese einfache Bewegung wirkte so elegant, dass es mich wütend machte. Mein Blick glitt zu seinen Fingern, die einen Text in den Laptop eintippten. Wie konnten selbst Hände an einem Menschen attraktiv sein?!
"Du starrst", sagte eine Stimme in meinem Kopf und ich wand schnell den Blick wieder auf meinen Bildschirm. Ich hatte in den letzten zwanzig Minuten drei Sätze geschrieben. Wie erbärmlich!
Meine Gedanken kreisten immer noch darum, was da vorhin in der Küche passiert war. Natürlich war mir diese Anziehung aufgefallen! Seit einer Woche erwischte ich mich dabei, wie ich im Unterricht immer wieder zu ihm sah, wie ich ständig daran zurückdachte, wie er mich im Arm gehalten hatte, als es mir schlecht ging. Und verdammt, hätte er mich in diesem Moment geküsst, hätte ich warscheinlich nichts dagegen getan.
Dabei wusste ich, dass wir das nicht sollten. Er war mit meiner Schwester zusammen! Wenn ich dieser Anziehung zwischen uns auch nur einmal nachgeben würde, wusste ich, dass es dann kein Zurück mehr gab. Dann könnte ich mich nicht mehr gegen Shoto und die Gefühle, die er in mir auslöst, wehren.
Und das durfte niemals passieren!
"Was hat dir dein Laptop getan, dass du ihn so finster anstarrst?", wollte Shoto wissen und als ich ihn ansah, erkannte ich das leichte Grinsen, das seine Lippen umspielte.
"Gar nichts.... Arbeite einfach weiter", antwortete ich schroff und fokussierte mich wieder auf meine Stichpunkte.
Für die nächste halbe Stunde zwang ich mich dazu, Shoto keines Blickes zu würdigen, und meine Punkte abzuarbeiten. Tatsächlich gelang mir das auch ziemlich gut und ich schaffte es endlich.
"Ich bin fertig. Wie sieht es bei dir aus?", wollte ich wissen.
Ich drehte meinen Kopf und bemerkte, wie er schnell seinen Blick abwand, als hätte er mich beobachtet...
"Also... sieht eigentlich ganz gut aus... denke ich", meinte er, "Sieh dir mal das hier an."
Er rutschte zu mir und stellte seinen Laptop zwischen uns, sodass ich die Präsentation sehen konnte. Er zeigte mir irgendwas und erzählte mir seine Meinung dazu, während mir seine Nähe plötzlich überdeutlich bewusst wurde. Er war so nah, dass ich wieder seine Wärme spüren und seinen angenehmen Geruch wahrnahm konnte.
"Was denkst du?", wollte er plötzlich wissen.
"Äh.. ja, k-klingt gut..", stammelte ich aufgewühlt und entfernte mich etwas von ihm.
Nicht nachgeben. Nicht nachgeben. Nicht nachgeben.
Shotos Augen musterten mich, doch ich wich seinem Blick aus. "Ich schick dir meine Notizen rüber, dann kannst du sie in die Präsentation übernehmen."
Ich rief meine Email auf, als Shotos Handy vibrierte. Er griff danach und las die Nachricht, die ihm jemand gesendet hatte. Sofort wurde er blass und ich konnte den Schock in seinem Gesicht erkennen.
"Was ist los?", fragte ich, "Ist was mit Katsumi?"
Er schüttelte den Kopf und starrte immer noch auf sein Handy, bevor er es ausschaltete und umgedreht auf den Boden legte. "Mach dir keine Sorgen. Es ist alles gut", sagte er sanft und lächelte mich schief an.
"Tz, als würde ich mir Sorgen um dich machen."
Natürlich machte ich mir Sorgen. Weil er mir in der letzten Zeit auf irgendeine merkwürdige Weise wichtig geworden war, auch wenn ich das nur ungern zugab.
Ich sendete meine Notizen an seine Mailadresse und beobachtete ihn dabei aus dem Augenwinkel. Seit der Nachricht schien er total neben der Spur und aufgewühlt. Erst löschte er meine Email ausversehen, dann bekam er das Dokument nicht runtergeladen und schließlich vertippte er sich beim Schreiben in einer Tour.
"Es tut mir leid, aber... I-ich weiß auch nicht, was grade los ist..", murmelte er, als er meinen prüfenden Blick bemerkte.
Natürlich wusste er es. Es war die Nachricht, die ihn so durcheinander brachte... Es konnte nichts Gutes gewesen sein. Aber wie brachte ich ihn dazu, mit mir darüber zu reden?
"Du musst dich nicht entschuldigen", sagte ich leise und sah ihm in die Augen.
Shoto biss sich auf die Unterlippe und sein Blick glitt kurz zu seinem Handy, dann wieder zu mir. Ich seufzte und klappte erst seinen, dann meinen Laptop zu, bevor ich mich vor ihn setzte.
"Erzähl es mir. Wer hat dir gerade geschrieben?"
"Es ist nichts, ehrlich. Ich.... Es war nur meine Mom, sie..-", er brach ab und ich war mir hundert prozentig sicher, dass nichts okay war.
"Also, ich weiß, wir sind nicht die engsten Freunde, aber trotzdem merke ich, dass du mich anlügst. Und ich verstehe, wenn du es mir nichts erzählen willst, aber manchmal hilft es, wenn man darüber spricht.. Hat mir zumindest mal jemand schlaues gesagt", sagte ich und zauberte Shoto damit ein schwaches Lächeln auf die Lippen.
"Du hälst mich also für schlau, was?", fragte er und ich musste lachen.
"Trottel."
Der entspannte Ausdruck auf Shotos Gesicht wich schnell wieder diesem traurigen und verzweifelten. Er fuhr sich durch die Haare und sah mich unsicher an.
"Was in diesem Raum passiert, bleibt hier. Weißt du noch?", meinte ich sanft und sah ihm in die Augen. Seine Augen waren so unwarscheinlich schön, dass es mir beinahe den Atem raubte.
"Meine Mom hat mir geschrieben. Sie... Sie hat geschrieben, dass sie jetzt auszieht, weil sie meinen Vater nicht mehr aushält... Aber dass sie sich meldet...", sagte er leise und mit zitternder Stimme.
"Fuck...", murmelte ich, weil es das erste war, was mir einfiel.
"Sie haben sich schon immer gestritten, aber in den letzten Wochen ist es immer schlimmer geworden! Es ging regelmäßig Geschirr kaputt und ich konnte abends häufig ewig nicht einschlafen, weil sie gestritten haben. Und seit letzter Woche.... haben sie sogar über eine Trennung gesprochen!"
Er schluchzte leise auf und in diesem Moment schmiss ich meine Vorsätze, ihm nicht mehr näher zu kommen, über Bord und schlang meine Arme um seinen Hals, um ihn in eine Umarmung zu ziehen. Shoto erwiderte sie sofort und drückte mich mit seinen Armen so nah wie möglich an sich.
Es fühlte sich so unbeschreiblich gut an...
"Ich will nicht, dass meine Eltern sich trennen! Sie reden aber auch gar nicht mit mir drüber. Ich glaube, sie denken, ich wäre alt genug, um mit der Situation umzugehen. Aber ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll! Ich hab nicht mal mit meinen Freunden oder Katsumi darüber geredet... Und alle meine Geschwister sind schon ausgezogen. Ich... Ich fühl mich total allein mit der Situation..", erzählte er immer weiter.
Ich fühlte mich unglaublich schlecht für ihn. Wieso verhielten sich seine Eltern so?! Shoto weinte leise an meiner Schulter und ich versuchte so gut es ging zu ignorieren, wie sich das Gefühl seiner Hand an meinem Rücken in meine Haut brannte
"Hey.... Ich bin mir zu hundert Prozent sicher, dass du das schaffst. Du bist jemand, der nicht einfach so aufgibt. Das mit deinen Eltern tut mir leid... Ich.. Ich verstehe mich nicht so oft mit meiner und trotzdem weiß ich, dass ich immer auf sie zählen kann, deshalb tut es mir leid, dass du solche Probleme hast", sagte ich sanft und versuchte ihn damit aufzumuntern.
Ich war vielleicht nicht gerade der Beste darin, doch ich gab mir Mühe.
Shoto holte tief Luft und beruhigte sich etwas. Trotzdem ließ er mich nicht aus der Umarmung und ich hatte auch gar nichts dagegen. Wenn es nach mir ginge, könnte er mich für immer so im Arm halten. Auch wenn ich eigentlich gerade ihn tröstete, fühlte ich mich in seinen Armen sicher und geborgen.
Scheiß Gefühle!
"Danke, Katsuki. Und tut mir leid, dass ich dein Tshirt nass geweint habe...", meinte er und ich musste lächeln.
"Ich würde sagen, jetzt sind wir quitt.."
Nicht nachgeben.
1328 Wörter
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