Chapter 12.2
Mark und Anti verharrten eine Weile bei diesem Anblick. Der Wasserfall fiel ins bodenlose und erschien als Jacks Trauer und Verzweiflung. Mark fühlte sich schlecht. Er konnte verstehen, warum Jack das tat. Warum er sich so fühlte. So muss er sich in der Zeit, wo Pewds Marks Hilfe gebraucht hatte, auch gefühlt haben. Es tat ihm in der Seele weh, Jack so zu sehen.
"Wollen wir?", sagte Anti vorsichtig.
Mark spürte seinen entschlossenen Blick und nickte. Er musste Jack helfen. Er musste ihn aus seiner Situation befreien. Er musste ihm zeigen, was er fühlte und das es echt war und keine Phase.
Anti ging voran, Mark folgte. Der Weg zog sich in die Länge und Mark hatte das Gefühl, als würden sie keinen Fortschritt machen.
"Kommen wir überhaupt in seine Nähe?"
"Das hier ist Jacks Kopf. Was für uns Kilometer sind, sind für ihn Millimeter. Er kann entscheiden, das hier ist seine Welt."
Mark sah sich noch einmal genau um. In diesem ewigen Blau erkannte er nur die Erhöhung und den Wasserfall, auf dem Jack saß, sonst nur Leere.
"Aber hier ist nichts weiter."
"Exakt. Jack hat nur seine Trauer und seinen Schmerz im Kopf. Für ihn gibt es gerade nur das und die Einsamkeit. Darum ist es hier so leer..."
Mark verstand.
"Und warum war es in meinem Kopf ebenfalls leer und alles pechschwarz?"
Anti lachte kurz auf.
"Es war dein Kopf, ja. Aber Dark hat über ihn regiert und nicht du. Du warst der Gefangene deines eigenen Verstandes."
Mark spürte seine Beine nicht mehr. Sie waren die ganze Zeit gelaufen, ununterbrochen und kamen ihrem Ziel nicht näher. Mark fiel auf die Knie und rang nach Luft.
"Können wir... kurz eine... Pause machen...?", sagte er, während er tief ausatmete.
Anti sah über seine Schulter und seufzte.
"Mark, wir dürfen nicht solange hier bleiben. Wenn wir uns nicht beeilen, findet uns die MD vorher."
Mark sah verwirrt zu Anti auf.
"Die MD? Was ist das?"
"Das ist die Mind Defense. Sie beschützt den Verstand vor Eindringlingen und das sind wir im Moment. Also komm, bevor uns eine entdeckt."
Anti versuchte Mark aufzuhelfen, doch hinter sich spürte er einen Schatten. Als er sich langsam umdrehte, sah er vor sich einen großen, grünen Ball, der sie anstarrte. Er hatte einen kleinen Schwanz und eine hellblaue Iris starrte die Beiden an.
"...Sam...", sagte Anti langsam.
Sam riss sein Auge auf und es fing an rot zu leuchten. Eine Sirene ertönte und weitere Sams erschienen aus dem Nichts.
"Mark wir müssen los!", rief Anti durch das Sirenengeheul durch und zog Mark auf die Füße. Beide fingen an zu rennen. Anti zog Mark am Arm und wies ihm den Weg. Mark versuchte Schritt zu halten und sah kurz nach hinten. Eine Meute von mindestens zwanzig Sams verfolgte sie mit blutroten Augen. Mark schrie kurz auf und lief schneller. Anti ließ seinen Arm los, als Mark neben ihm lief.
"Wo laufen wir hin?", rief er Anti zu.
"Wir müssen zu Jack! Dort ist so gesehen gerade das Zentrum und der einzig sichere Ort vor der MD!"
Mark hatte verstanden, doch war sich nicht sicher, ob der Plan reibungslos funktionieren würde.
"Aber Jack ist zu weit weg, egal, wie lange wir laufen!"
"Darum bin ich hier. Mark, wenn ich sage spring, dann spring! Ok?"
Mark sah ihn fragend an. Er hatte eine Vermutung, was Anti vor hatte.
"Das kannst du nicht tun! Du hast Dark versprochen, dass du heil zurück kommst!"
Anti lächelte leicht.
"Manchmal müssen Opfer gebracht werden... Mark, SPRING!"
Mark setzte zum Sprung an. Er drückte sich ab und sprang höher, als er dachte. Anti Augen fingen an grün zu leuchten und unter Mark erschien eine Art Portal. Er drehte sich noch einmal zu Anti um und sah, dass ihn die Sams erwischt hatten. Sie kesselten ihn ein und Marks letzter Blick auf ihn endete mit einem Lächeln von Anti.
Mark landete auf einer Art Gestein und über sich schloss sich das Portal. Er sah sich nach allen Seiten um, doch erkannte weder Anti, noch die Sams. Er hörte das Rauschen des Wasserfalls und Vögel zwitschern. Erst jetzt bemerkte er, dass hier auf der Erhöhung ein ganzer, kleiner Garten war. Hellgrüne Büsche, duftende Blumen und eine Weide, die ihre Blätter in einem kleinen See gleiten ließ. Es war ein wunderschönes Fleckchen, was Jack sich gedacht hatte, und kaum, dass er an ihn dachte, sah Mark ihn auch. Er saß auf einem kleinen Stuhl aus Holz und starrte in seinen Garten. Mark trat näher an ihn heran und Jack bewegte sich nicht, als er ihn bemerkte.
"Was willst du noch hier?", fragte er genervt.
Mark blieb wie angewurzelt stehen.
"...ich...", wollte er anfangen, doch Jack unterbrach ihn sofort.
"Geh wieder. Ich will dich nicht mehr sehen..."
Mark ging entschlossen auf Jack zu und stellte sich in sein Blickfeld.
"Jack, bitte hör mir zu."
Jack stand auf und wandte seinen Blick ab. Er verschränkte die Arme und drehte Mark den Rücken zu.
"Ich habe gesagt du sollst gehen!"
"Ich gehe erst, wenn wir das geklärt haben!", sagte er etwas lauter.
Jack schien das nicht zu interessieren und machte ein abwertendes Geräusch.
"Mir ist das egal, Mark. Geh zurück zu Anti."
"Anti ist tot, Jack... deine Mind Defense haben ihn erwischt..."
Jack sah auf. Er ließ die Arme sinken und sah von seiner Erhöhung herunter. Weit in der Ferne, konnte er ein paar Sams sehen, wie sie auf Patrouille gingen.
"... er ist... tot...", sagte Jack langsam.
Er fasste sich an die Brust und hielt einen Moment inne.
"Jack, ich weiß, das ist nicht leicht, aber...", sagte Mark, doch er wurde wieder von Jack unterbrochen.
Jack brach in Gelächter aus, ein Lachen, das Mark von ihm noch nie gehört hatte. Es klang dunkel und rau.
"Dann ist es ja beschlossene Sache. Du bleibst hier, bis ich wieder aufwache. Und dann gehe ich dir aus dem Weg."
"Jack, das kannst du nicht tun."
Jack drehte sich zu ihm um und grinste ihn an.
"Gib mir einen Grund, warum ich es nicht kann", sagte er gehässig.
Mark kamen Zweifel. Was sollte er jetzt noch tun? Was könnte er sagen, damit Jack wieder normal wird? Er ist in seiner Trauer verrückt geworden. In der Trauer um ihn, um Mark.
Ihm ging ein Licht auf.
"Jack. Ich brauche dich, mehr, als du es dir vorstellen kannst. Ich brauche deine Nähe, deine Stimme, deinen Geruch. Ich kann ohne dich nicht leben, Jack... ich liebe dich."
Jacks gehässiger Gesichtsausdruck verschwand. Er spürte etwas in seiner Brust schlagen. Hatte er es nicht bemerkt? Er erinnerte sich. Als er sich an den Kuss von Mark und Anti erinnerte, spürte er einen stechenden Schmerz. Sein Herz hatte aufgehört zu schlagen. Er wurde eiskalt, gefühllos, von Hass zerfressen. Doch nun spürte er wieder Wärme in seinem Körper. Das Schlagen wurde stärker und er sah seine Umgebung, wie sie war: wunderschön.
Er hob den Blick und sah zu Mark. Er war fasziniert von seinem Anblick. Er sah Perfektion.
"M...mark...?", sagte er langsam und breitete die Arme leicht aus.
Mark erkannte seinen Blick. Er bemerkte, dass ihm alles klar geworden war. Bei dem Gedanken musste er lächeln.
"Komm her, Jack", sagte Mark und spürte, wie eine Träne seine Wange herunter lief.
Jack lief Mark in die Arme und Mark drückte ihn fest an sich. Er roch Jacks Geruch, spürte seine Wärme und hörte sein Herz schlagen.
"Es tut mir so Leid, Mark... ich... wusste nicht, was los war... bitte verzeih mir..."
Mark lächelte erleichtert und drückte Jack noch etwas fester an sich.
"Ich liebe dich", flüsterte Mark in sein Ohr.
Jack grinste breit, als er diese wundervollen Worte hörte.
"Ich liebe dich auch, Mark", antwortete er ihm.
Der Wasserfall hörte auf ins bodenlose zu fallen, die Blumen verwandelten sich in Staub und die Erhöhung verschwand. Das Dunkelblau vertiefte sich ins Schwarz und Mark öffnete die Augen. Er hielt Jack im Arm, der langsam die Augen öffnete. Er sah Mark ins Gesicht und grinste weiter. Er gab ihn einen Kuss und Jack genoss ihn in vollen Zügen.
Als sie sich lösten, hörten sie ein leises Schluchzen. Mark wandte seinen Blick zu Dark und sah, wie er Anti in seinem Arm hielt. Tränen liefen sein Gesicht hinunter und er drückte ihn fest an seine Brust. Jack setzte sich auf und rutschte etwas zu Dark.
"Dark es...", sagte er langsam und erntete dafür einen traurigen Blick von Dark.
"Er hatte es mir versprochen... und doch hat er es nicht gehalten..."
Anti lag mit geschlossenen Augen da. Er atmete nicht, bewegte keinen Muskel und sah aus, als wäre er nur eine Hülle. Sein Arm rutschte von Darks Bein und landete gefühllos auf dem Boden. Dark hörte das Geräusch und weinte erneut.
Mark kniete sich zu Dark und legte eine Hand auf seine Schulter.
"Mein alter Freund... ich weiß, wie du dich fühlst und ich erkenne deinen Schmerz an. Komm zu mir zurück, denn du bist ein Teil von mir."
Dark sah auf seine Arme. Sie fingen an aufzuleuchten und zu verschwinden. Er sah Mark an, der ihn nur anlächelte. Dark seufzte und lächelte ebenfalls.
"Dein letztes Geschenk an mich?... Warum bist du so nett zu mir..."
Dark verschwand in einem hellen Licht und mit ihm auch Anti. Jack hatte sich die Hand vor das Gesicht gehalten, um nicht geblendet zu werden. Als das Licht verschwand, senkte er die Hand und sah verblüfft auf eine leere Stelle.
"Was ist passiert?", fragte er Mark, der dabei war, sich aufzurichten.
"Dark und ich sind wieder vereint. Und dieses Mal harmonieren wir zusammen."
Jack lächelte und stand ebenfalls auf. Er hielt inne, als er sich an Anti erinnerte.
"Und... Anti?"
"Er war nichts weiter als ein Hirngespinst, erschaffen von Dark, in einer Hülle von dir. Er hat nie richtig existiert... was mir sehr Leid tut."
Jack sah ihn fragend an, als Mark einen traurigen Blick aufsetzte und den Kopf hängen ließ.
"Er hat mir geholfen, zu dir zu kommen. Er hat dafür sein Leben gegeben, auch wenn er nie eines hatte."
Mark hob seinen Kopf und lächelte.
"Ich bin stolz auf ihn und trauere mit Dark."
Jack wollte etwas sagen, doch es klopfte an Marks Zimmertür. Als sie sich öffnete stand Ryan in der Türangel und lächelte die Beiden an.
"Hey. Matt hat Kuchen gekauft, wollt ihr auch n Stück?"
Jack machte große Augen und Mark kannte die Reaktion nur zu gut.
"Kuchen? Das größte Stück für mich!"
Ryan lächelte und machte Jack den Weg frei. Jack sah kurz zu Mark, nahm seine Hand und zerrte ihn aus seinem Zimmer.
"Komm, Mark. Es gibt Kuchen!"
Ryan sah den Beiden nach und lächelte. Er schloss hinter sich Marks Zimmertür und folgte ihnen.
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