Kapitel 38
Von meiner Traurigkeit eingenommen, sank ich auf den Boden und weinte all meine Verzweiflung aus. Ich wollte Ceiron nicht verletzten, aber ich konnte an meinen Gefühlen, welche wie weggepustet waren, nichts ändern.
Er war derjenige, der mich bis vor kurzen noch von sich gestoßen hatte und nun sollte ich ihm einfach verzeihen und ihm glauben, dass er Gefühle für mich auch ohne Mateband hatte?
So gerne ich ihn glauben wollte, es fühlte sich nicht richtig an. Er hat mich so oft verletzt und es schien ihm ein leichtes zu sein, mich von sich zu stoßen. Wie konnte er dann behaupten, dass er etwas für mich empfand?
Ein Klopfen an der Tür ließ mein Schluchzen verstummen, ehe Rea hineintrat. Ich musste lächeln, weil er tatsächlich an seinem eigenen Zimmer anklopfte meinetwegen. Er kam mit einem Berg Wäsche zu mir und legte es auf das Bett, ehe er sich ebenfalls darauf niederließ und zu mir heruntersah.
Erst jetzt fiel mir auf, dass es bereits dunkel wurde.
„Warum machst du es euch beiden so schwer? Verstehe mich nicht falsch, ich kann es nachvollziehen. Die Situation ist scheiße, aber sie wäre doch ganz leicht zu ändern“, meinte er nachdenklich. Ich wischte meine Tränen von den Wangen und schaute Rea entgegen, welcher die kleine Nachttischlampe anmachte.
„Aber was ist, wenn ich dann echte Gefühle habe und er bekommt eine andere Mate?“, sprach ich das aus, was mich an der ganzen Situation am meisten quälte.
„Darüber zerbrichst du dir also den Kopf“, stellte er fest. „Ich habe davon ehrlich gesagt keine Ahnung, aber ich bin mir sicher, dass Ceiron es nicht riskieren würde, wenn er nicht wüsste, was er tut.“
Rea klang zwar, als wäre er sich dabei sicher, aber ich konnte es nicht so, wie er auf die leichte Schulter nehmen. Ceiron hatte es zwar versprochen eine Lösung zu finden, aber das bedeutete auch, dass er noch keine hatte.
„Es wird schon alles gut werden“, meinte er, ehe er mir einen Kuss auf die Haare gab und aufstand.
„Ich muss mich noch um einiges kümmern. Enya bleibt aber hier, falls du jemanden zum Reden brauchst“, sagte er, während er durch das Zimmer und zur Tür ging. Ich nickte nur stumm und blieb auf dem Boden sitzen.
„Ist er noch da draußen?“, fragte ich, bevor Rea mich endgültig allein ließ. Diese Frage lag mir auf dem Herzen und Rea schien zu bemerken, dass ein ‚Ja' mich noch trauriger gestimmt hätte.
„Er kommt zurecht. Immerhin ist er der Alpha“, zwinkerte er mir daher gelassen zu, um dann durch den Türrahmen nach draußen zu verschwinden. Mein Blick fiel in den mittlerweile pechschwarzen Wald und mich überkam so etwas, wie Sehnsucht.
Die Sehnsucht Ceiron's Wärme zu spüren und seine raue, tiefe Stimme wahrzunehmen, ebenso wie seinen markanten, männlichen Duft in mir aufzunehmen.
Anscheinend waren wohl doch nicht alle Gefühle vollends verschwunden ...
Aber wie konnte ich diesen Gefühle gestatten hervorzukommen, ohne zu wissen, ob sie auch bedingungslos erwidert werden würden?
Noch immer traurig über diese schier ausweglose Situation, stand ich auf, um die frische Wäsche von Rea von dem Bett zu nehmen und das Bett frisch zu beziehen. Ebenso hatte er mir frische Anziehsachen gebracht und zwei Handtücher.
Ich betrachtete ich schwarze Shorts und das große T-Shirt, ehe ich tief Luft holend erkannte, dass es Sachen von Ceiron waren.
„Schönen Dank, Rea“, murmelte ich, während ich die Sachen sinken ließ.
„Gern geschehen“, hörte ich von draußen laut rufen. Ich hatte bereits vergessen, welch gutes Gehör die Wölfe hatten, weshalb ich sofort beschämt zur Tür sah. Vermutlich hatten alle gehört, wie ich mir die Seele aus dem Leib geweint und geschluchzt hatte.
Mir kam die Idee, hier zu bleiben, nun nicht mehr so gut vor. Ich wollte nicht, dass das gesamte Rudel mitbekam, was mit mir und Ceiron passierte. Sie sollten ihren Alpha auch nicht so verletzlich sehen, es kam mir falsch vor.
Ich nahm die Sachen von Ceiron und zog mich eilig um, um dann in das frisch bezogene Bett zu krabbeln und mich mit der Decke tief hinzumurmeln. Es kam mir wie eine Ewigkeit vor, dass ich in einem Bett lag, dabei hatte ich nur eine Nacht im Zelt verbracht.
Meine Gedanken schweiften zu Kevin. Er wurde manipuliert und musste dafür mit seinem Leben bezahlen und ich hatte noch keine Zeit darüber nachzudenken, ob ich es hätte verhindern können.
Mich überkam ein schlechtes Gewissen. Sicher, er wollte mir auch schaden und es war seine Entscheidung sich auf die Seite von Lillith zu stellen, aber dennoch hatte er es nicht verdient zu sterben.
Nicht meinetwegen.
Meine Augen wurden immer schwerer und ich bemerkte hin und wieder am Rande, wie meine Gedanken in einen Traum abdrifteten, ehe ich meine Augen wieder öffnete und es nicht zulassen wollte, dass sie Dunkelheit mich einnahm.
Allerdings konnte ich nicht allzu lange dagegen ankämpfen, weshalb ich kurze Zeit später in einen düsteren Traum sank.
Alles um mich herum wirkte kalt und dunkel und ich konnte meine Angst spüren, obwohl ich mir dessen bewusst war, dass es nur ein Traum war. Ich erkannte schnell, dass ich in einem Wald war. Der Mond schien unergründlich auf mich herab und ich hörte eine tiefe Stimme.
„Aislinn.“ Ich drehte mich zu Ceiron herum und erkannte seine harten Gesichtszüge, welche mir keinerlei Emotionen zeigten. Die kühle Art, wie er mich ansah, bescherte mir ein unangenehmes Gefühl, weshalb ich mich nicht traute näher an ihn heranzutreten.
„Ich habe Angst“, gestand ich leise flüsternd und mit bebender Stimme.
„Solltest du auch haben.“ Mit großen Augen sah ich ihn an und konnte noch immer nichts aus seinem Blick herauslesen. „Du bist hier nicht erwünscht, also geh!“
Seine Worte trafen mich tief und ich torkelte schaudernd einige Schritte rückwärts. Plötzlich erschien auf seinen Lippen ein Lächeln, welches mich aber noch mehr verunsicherte. Es war ein liebevolles Lächeln und mit Abstand das vollkommenste, was ich je gesehen hatte.
Dann fiel mir aber auf, dass seine Augen nicht auf meine lagen, sondern etwas hinter mir ansahen, weshalb ich mich zögerlich herumdrehte. Hinter mir befand sich ein wunderschönes Mädchen mit dunklen Haaren und einer solch intensiven Präsenz, dass mein ganzer Körper mit einer Gänsehaut überzogen wurde.
Sie zeigte ihre strahlend weißen Zähne und ich erkannte ihre uneingeschränkte Schönheit mit nur einem Blick. Ihr Körper hatte die perfekten Kurven und ihre Beine schritten mit sinnlichen Bewegungen an mir vorbei, um die Hand von Ceiron, welche er ihr entgegenhielt, zu ergreifen.
„Meine betörende Schönheit“, sagte Ceiron mit solch einem anbetungsvollen Klang in der Stimme, welcher mein Blut in den Adern gefrieren ließ.
Er zog sie dichter zu sich heran und seine Augen strahlten heller, als jemals zu vor. Ceiron umfasste das Gesicht der Schönheit und ich senkte meinen Blick zu Boden. Niemals konnte ich es ertragen, mit ansehen zu müssen, wie seine Lippen ihre umschlossen.
Doch meine Neugier war größer, als mein Verstand, weshalb ich aufschaute und direkt in die kühlen Augen von Ceiron sah, welcher die Lippen liebevoll auf der Schönheit hatte.
Er löste sich und unterbrach dabei nicht für eine Sekunde den Blickkontakt.
„Du warst meiner nie würdig und du wirst es nie sein. Alles, was du bist, ist ein lächerlicher Mensch“, sagte er. Mein Herz fühlte sich an, als zerbrach es in tausend Teile.
Er verschwand und die alles in mir einnehmende Kälte und Dunkelheit umgab mich – verzerrte mich und ließ nicht zu, dass ich aus diesem Albtraum erwachte. Sie ließ mich leiden und das fühlen, was ich verdiente.
Einsamkeit und Schmerz.
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