Kapitel 13
Eine weitere Woche verging, in der ich mich nachts im Bett herumwühlte und nie richtig zur Ruhe kam. Ich wollte den Geschichten der drei Männern keinen Glauben schenken, aber die Worte von diesem alten Barmann schwirrten in meinem Kopf, wie lästige Motten, die vom Wissen angezogen wurden.
Wäre ich doch nur nicht so neugierig gewesen und hätte nachgefragt, dann hätte ich mir um all das keine Gedanken machen müssen.
Ich warf mich immer wieder hin und her, doch es ließ mir einfach keine Ruhe. Gab es diese Steine wirklich? Und hatte es auch mit dem Verschwinden von den Jugendlichen und Enya etwas zu tun?
Die Tage zogen sich und es fühlte sich an, als würde ich immer träger und antriebsloser werden.
Ich fühlte mich schlapp und hatte jegliche Lebensfreude verloren, selbst das kaputte Motorrad, welches Rea mir wenige Tage nach allem gebracht hatte und nun in der Garage lag, interessierte mich nicht mehr.
Ich konnte mir nicht erklären, woher mein mieses Gefühl kam, aber vielleicht brütete mein Körper ja etwas aus?
Der Tag war bereits zur Hälfte um, als ich mich endlich aufrappelte und aufstand. Ich sah keinen Sinn im Leben und vegetierte nur so vor mich hin, wobei ich selbst merkte, wie sehr mir dies schadete.
Ich suchte im Internet nach Antworten auf meine Fragen bezüglich dieser Steine, aber ich fand natürlich nichts. Doch vielleicht fand ich meine Antworten ja im Wald?
Ich musste vollkommen verrückt sein, genau das in Erwägung zu ziehen, aber es war als zog dieser Wald mich magisch an. Mit frischen Sachen bepackt ging ich in das Badezimmer, um dort zu duschen und mich dann anzuziehen.
Ich war fest entschlossen meine Antworten auf all meine Fragen zu bekommen und wenn es eben nur so war, dass man mich ausgelacht und für bescheuert gehalten hätte. So konnte ich mir dann sicher sein, dass alles nur frei erfunden war und man mir einen Streich damit spielte.
Ich verließ das Badezimmer und ging in die Küche, in der ich von meiner Mom schon beinahe fassungslos angesehen wurde, da ich freiwillig mein Zimmer verlassen hatte. Mit einem Apfel bewaffnet, gab ich ihr noch einen Kuss auf die Wange, ehe ich dann das Haus verließ.
Dieses Mal machte ich gar nicht erst große Umschweife, sondern ging direkt in den Wald hinein. Zu Fuß würde ich zwar einige Zeit brauchen, aber so konnte ich mir vorab noch Gedanken machen, was ich sagen würde.
Ceiron war sicherlich nicht gut auf mich zu sprechen, aber das war mir egal. Er sollte mir nur endlich Antworten geben!
Ich kam zügig voran und ging kreuz und quer über das ganze Gestrüpp, aber so würde ich schneller sein, als wenn ich mich auf dem Weg halten würde.
Vielleicht hätte ich noch ein paar Brotkrümmel mitnehmen sollen, damit ich mich auf dem Rückweg nicht verlief. Dieser Gedanke sorgte dafür, dass ich leise vor mich herlachte.
Allmählich machte ich mir wirklich Sorgen um meinen geistigen Zustand...
Bereits wenige Minuten später, merkte ich, dass ich nicht mehr allzu weit von dem Haus entfernt war, als ich plötzlich zwei Stimmen hörte, welche anscheinend miteinander diskutierten.
"Ceiron, sei nicht so ein Sturkopf! Du weißt, dass du alle mit diesem Verhalten gefährdest", sprach die eine Stimme, welche ich, nachdem ich noch ein wenig vorrückte, Larry zuordnen konnte.
Was hatte er in diesem Wald zu suchen?
"Ich würde alle gefährden, würde ich mich auf sie einlassen!", entgegnete Ceiron, wobei ich die Wut deutlich heraushören konnte. Ich hatte keine Ahnung, wovon oder von wem sie sprachen.
"Du brauchst all deine Kraft! Du merkst doch, wie du immer schwächer wirst. Nicht nur du leidest, auch deine Mate spürt es", sagte Larry, wodurch mir sofort wieder die Unterhaltung mit dem Barmann einfiel.
Hatte dieser nicht auch irgendwas von Mate gefaselt?
"Ich werde es schon irgendwie schaffen, auch ohne dieses Menschenmädchen!", schrie Ceiron wodurch seine Stimme zu beben begann.
Ich wollte mich gerade etwas vorlehnen, als sich plötzlich über mir eine riesige, dunkle Wolke bildete. Als ich nach oben sah und erkannte, dass diese Wolke sich wie ein Strudel über den Wald bewegte, machte ich einen Schritt zurück. Unter meinem Schuh knackte ein Ast, weshalb ich zu der Stelle schaute, wo Ceiron bis eben noch stand, aber dieser war spurlos verschwunden.
Auch von Larry war weit und breit nichts mehr zu sehen und ich fragte mich, wo die beiden so schnell hin verschwanden.
Doch ehe ich mir hätte weitere Gedanken machen können zog ein heftiger Wind durch den Wald und meine braunen Haare flogen in alle Richtungen. Ich dachte, dass sich ein heftiges Gewitter über mir bildete und wusste, dass der Wald nun nicht besonders sicher war, sollte sich dieses auch hier entladen.
Eilig lief ich in die Richtung, die auf das Feld führte, denn ich wusste, dass Blitze nur an den höchsten Stellen einschlugen. Gerade als ich über einen dicken Stamm krabbelte, nahm der Wind zu und es flogen die ersten Äste und Blätter durch den Wald, weshalb ich schützend meine Hände vor den Kopf hielt.
Über mir zog es sich noch mehr zu, bis es beinahe komplett dunkel um mich herum war. Ich war mir mittlerweile sicher, dass dies kein gewöhnliches Gewitter war, stattdessen glaubte ich, dass wir uns gerade inmitten eines orkanartigen Unwetters befanden.
Es wurde von Minute zu Minute stürmischer, bis ich dem Wind kaum noch standhalten konnte. Es ertönte lautes Knacken und Krachen, was wohl die Bäume waren, welche dem Sturm ebenfalls nicht standhalten konnten.
Ich sah das Haus und hörte zersplitterndes Glas, als ich erkannte, dass die ersten Scheiben ebenfalls diesen Orkan nicht gewachsen waren und diese in tausend Einzelteilen aus dem Rahmen sprangen.
Mit aller Kraft kämpfte ich gegen den Wind, in der Hoffnung ich konnte irgendwie zu dem Haus gelangen und dort Schutz finden, wenn Ceiron mich nicht direkt wieder vor die Tür setzen würde.
Ich kam an dem Haus an, als es vollkommen unverhofft wieder hell wurde und der Wind mit einem Mal nachließ. Es wehte nicht ein einziges Lüftchen, weshalb ich mich aufrecht hinstellte und verwirrt in den Himmel schaute.
So schnell wie das Unwetter kam, war es auch wieder verschwunden, dachte ich zumindest...
Plötzlich vibriere der Waldboden unter meinen Füßen, ehe der Wind mit einer solchen Kraft durch die Bäume fegte, dass es mich von den Beinen zog. Ich schrie laut auf und krachte mit meinem Körper gegen einen Baum, ehe ich weiter durch die Luft geschleudert wurde.
Ich sah, wie Blätter, Äste und schwere Stämme an mir vorbeizogen und ebenfalls durch den Wind, wie schwerelos herumschwirrten.
Haltsuchend krallte ich meine Arme und Beine um einen Baum, jedoch fehlte mir die nötige Kraft. Meine Beine lösten sich zuerst und nur noch mit den Armen um den Stamm hing ich senkrecht an dem Baum, bis ich schwach einsehen musste, dass ich keine Chance hatte.
Ich ließ den Baum erschöpft los und wurde nochmals ein Stück durch die Luft gewirbelt, ehe ich wieder gegen einen Baum krachte und schmerzverzerrt aufstöhnte.
Der Wind ließ kurz nach und gerade, als dieser mich wieder von den Beinen ziehen wollte und ich panisch schrie, spürte ich zwei starke Arme um meinem Körper.
"Ich habe dich."
Ceiron hielt mich fest und schirmte mich mit seinem gesamten Körper ab, sodass ich all die herumwirbelnden Dinge nicht abbekam. Er stand da, als würde gerade kein Hurrikan den kompletten Wald verwüsten, sondern ein lauer Sommerwind wehen.
Als wäre er ein Fels in der Brandung.
Mein ganzer Körper zitterte und ich konnte nicht anders, als heftig zu weinen und mich an Ceiron festzuklammern.
"Lass mich nicht los!", schrie ich panisch. Mein Herz schlug schmerzhaft gegen meine Brust, wo ich auch sein Herz spürte, welches mit meinem in einem Rhythmus war.
Ich sah aus dem Augenwinkel, wie ein riesiger Baum vor uns immer weiter aus dem Boden gezogen wurde und kräftig hin und her schwang.
"Fuck!", hörte ich Ceiron, als der Baum mit einem Mal komplett entwurzelt auf uns zuflog. Ceiron reagierte blitzschnell und hob mich hoch, um dann mit mir in einem kein menschlichen Tempo durch den Wind zu laufen, bis wir hinter einer noch dickeren Eiche standen und er mich wieder runterließ.
Ich klammerte mich augenblicklich wieder an seinen Körper und auch er legte seine Arme wieder schützend um mich. Seine schwarzen Haare wehten genauso wie meine und auch unsere Klamotten flatterten in dem Wind.
Obwohl es absolut aussichtslos erschien, hatte ich keine Angst. Ich wusste, Ceiron würde mich beschützen. Woher ich das wusste, war mir in dem Moment nicht klar, aber irgendwas in mir war sich dessen bedingungslos bewusst.
Immer wieder drehte er sich, zog dabei meine zerbrechliche Gestalt mit sich und fing mit seinem Körper die herumfliegenden Äste ab, welche manchmal laut gegen ihn prallten. Ich spürte die Wucht, aber verstand nicht, wie er dem standhalten konnte ohne Schmerzen dabei zu empfinden.
"Runter!", schrie er mich an und drückte mich mit seinem Gewicht auf den Boden, ehe direkt über unseren Köpfen wieder ein Baum hinwegflog und dann wurde es abrupt ruhig.
Der Wind hörte mit mal auf und alles, was bis eben noch in der Luft war, fiel von der Erdanziehung angezogen zurück auf den Boden.
"Gott sei Dank", seufzte Ceiron, ehe er sich erschöpft nach hinten fallen ließ. Auch ich versuchte irgendwie einen klaren Gedanken zu fassen und versuchte zu verstehen, was das eben war. Ebenso versuchte ich meine Atmung und mein rasendes Herz unter Kontrolle zu bekommen, weshalb ich meine Hand auf mein Brustkorb legte. Doch Ceiron setzte sich eilig wieder auf und nahm mein Gesicht in seine Hände, um dieses in alle Richtungen zu drehen.
"Bist du unversehrt?", fragte er besorgt und zupfte einige Blätter und auch einen kleinen Zweig aus meinen Haaren, während ich vorsichtig nickte. Meine Wangen glühten, welche er zuvor umfasst hatte und ein Blick in seine dunklen Augen reichte, um mich alles Schlechte von ihm einfach vergessen zu lassen. Alles was zählte war das Hier und Jetzt.
Doch auch wenn der Wind nachgelassen hatte, wirbelte es in meinem Kopf noch immer.
Was zur Hölle war das?
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