
~8~
Jisung
Den Rest des Weges verbrachten wir still nebeneinander. Desto weiter wir Richtung Stadtausgang gingen, desto weniger dicht standen die Häuser beieinander. So wurde es etwas heller und auch weniger gruselig.
Sowohl Hyunjin auch ich sahen uns oft um, damit uns keiner bemerken würde. Auf den letzten Metern erwischt zu werden, wäre ziemlich schade. Deshalb versuchten wir so schnell und unauffällig wie möglich zum Ausgangstor zu kommen. Die komplette Stadt war von einer riesigen Mauer umgeben, die uns vor Angreifern schützen sollte. Da dies so gut wie nie passierte, war unsere Mauer auch noch ziemlich unbeschädigt. Naja, sie war. Seit gestern war das nicht mehr der Fall.
Als mein bester Freund und ich die Mauer und somit das große Tor erreichten, war klar zu erkennen, wie groß die Schäden waren. Nur Teile der Mauer standen noch komplett, der Rest lag zerbröselt am Boden. Es war wirklich ein trauriger Anblick. Da ich hier lebte seit ich denken konnte, tat es mir weh meine Stadt in so einem Zustand zu sehen.
,,Lass uns nicht durch das Tor nach draußen, sondern einfach durch die Lücken in der Mauer", schlug Hyunjin vor, was ich benickte. Wir suchten uns eine Lücke, die etwas größer war und wo wir gut dran kamen. Zwar mussten wir über viel Geröll klettern, was mit Gepäck etwas schwer war, doch es ging.
Außerhalb der Stadt waren Felder, Wälder und Wege. Die unberührte Natur. Keine Wache war weit und breit zu sehen. Gut für uns.
Weiter kletterten wir über das Geröll, bis wir wieder sicheren Boden unter den Füßen hatten. Durch den klaren Himmel und dem Mond, der alles in ein bläuliches Licht tauchte, konnten wir, trotz der Dunkelheit relativ viel erkennen. Spuren von Panzerketten waren auf dem Boden zu erkennen. Die Spuren hatten die Erde aufgewühlt, weswegen kaum noch Gras auf dem Boden vorzufinden war. Alles in Einem war es ein etwas angsteinflößender Anblick.
Irgendwie war ich glücklich gestern nichts mitbekommen zu haben, aber auf der anderen Seite hätte ich meiner Stadt gerne beigestanden.
Seufzend sah ich zu Boden und kickte einen größeren Stein weg.
,,Hast du das auch gehört?", hörten wir eine Stimme aus der Ferne und schon blieb ich in einer Art Schockstarre. Hier waren wohl wirklich Wachen.
Hyunjin nahm alarmiert meine Hand und zog mich hinter einen großen Mauerbrocken.
Wir hörten Schritte die immer näher kamen und wir drückten uns mehr an das Gestein hinter uns. Besagte Schritte wurden immer lauter und ich hielt die Luft an. Komm, wir müssen es nur bis zum nächsten Wald schaffen, dann sind wir sicher. Das müssen wir schaffen!
,,Ich hätte schwören können, dass ich etwas gehört habe", hörten wir eine etwas tiefere Stimme nicht mehr weit von uns entfernt.
,,Ich hab nichts gehört. Vielleicht hast du auch einfach Bananen in den Ohren.", beleidigte die andere Wache seinen Kollegen.
Hyunjin neben mir musste stark die Luft anziehen, um nicht laut los zu grölen vor lachen. Stumm schlug ich ihm auf die Schulter.
,,Haha. Ich bin nicht blöd. Ich habe das rollen von einem Stein gehört. Kein Wind ist so stark als könnte er einen Stein einfach so wegrollen lassen.", meinte die andere Wache beleidigt.
Die beiden kamen immer näher, bis sie unmittelbar neben uns standen. Sofort sahen wir neben uns und zu den beiden auf. Sie trugen eine schwere Rüstung und einen Helm. Der Helm schien eine eher kleine Öffnung für die Augen zu haben, weswegen deren Sichtfeld eingeschränkt war. Obwohl wir nicht einmal ein Meter von ihnen entfernt saßen, bemerkten sie uns nicht. Gott sei Dank.
,,Komm, hier ist nichts. Lass wieder zurück, wo wir eigentlich aufpassen sollten", sagte die Wache etwas genervt und drehte sich zurück. Die andere Wache schien aus zu atmen und so was zu flüstern wie „Werde ich jetzt verrückt?".
Hyunjin und ich blieben noch eine Weile reglos, bis wir beide laut ausatmeten.
,,Woah, das war knapp", meinte Hyunjin und schien etwas aus der Puste zu sein.
,,Wir müssen mehr aufpassen", meinte ich darauf nur und nahm wieder alles an mich.
,,Aber wie blind waren die bitte?", meinte Jinnie dann amüsiert, was ich kurz belachte.
Wir standen wieder auf und klopften uns den Staub aus den Klamotten.
,,Der Wald ist da drüben. Wir müssen ungefähr 5 Minuten durchrennen. Sobald wir da sind, sind wir sicher. Trotzdem wird der restliche Weg über das freie Feld am Schwersten.", meinte Hyunjin, während er mit einem Finger auf ein Waldgebiet zeigte. Der Weg war komplett unbewachsen. Kein Baum. Kein Strauch. Es war unmöglich sich zu verstecken.
Viele Wachen schienen sich hier nicht aufzuhalten, aber die Wahrscheinlichkeit gesehen zu werden, war hoch.
,,Am besten wir halten uns am Boden. Dann fallen wir vielleicht nicht so sehr auf", meinte ich, was Hyunjin zum Überlegen brachte.
,,Aber nur am Boden kriechen dauert zu lange. Wie wäre es, wenn wir den ersten Teil kriechen und den restlichen Part sprinten.
Ich stimmte dem Plan zu und schon legten wir uns fach auf den Boden. Die Nacht war zwar angenehm, aber der Boden war ohne die Sonne einfach nur verdammt kalt. Bestimmt sieht unsere Kleidung danach schlimm aus. Egal.
So krabbelten wir los. So schnell es ging, also eher langsam, versuchten wir uns dem Boden anzupassen. Bis jetzt klappte das gut. Niemand hatte uns gesehen.
Meine Beine taten von diesem Krabbeln irgendwann echt weh, aber wir hatten es fast geschafft.
Hyunjin vor mir stoppte mit seinen Bewegungen und hob seine Hand, um mir zu signalisieren, dass wir jetzt aufstehen würden und dann rennen. Einmal atmete ich aus, bevor ich aufstand und Hyunjin hinterher rannte. So schnell war ich noch nie gerannt, besonders nicht mit schwerem Gepäck dabei.
Tatsache schafften wir den restlichen Teil unbeschadet. Niemand schien uns bemerkt zu haben, was mich etwas verwunderte, aber egal. Wie es aussieht waren die Wachen der Feuernation nicht nur taub, sondern auch noch blind.
Als wir den Wald betraten, blieben wir abrupt stehen und schnappten nach Luft. Ich ließ das Gepäck fallen und fiel zu Boden, einfach um nicht mehr stehen zu müssen. Hyunjin lachte darauf nur und legte ebenfalls seine Sachen ab.
,,Wir haben es g-geschafft!", brachte ich irgendwann glücklich heraus und verrückt glücklich herum zu zappeln.
Der Größere lachte über meine etwas komischen Bewegungen und half mir dabei wieder auf zu stehen.
,,Wir sollten tiefer in den Wald, damit wir nicht so schnell gefunden werden.", meinte er dann wieder etwas ernster zu mir.
Ich nickte, hob mein Gepäck wieder auf und sah mich kurz um. Naja, umsehen war schwierig, immerhin war alles dunkel. Nur ein paar Umrissen von verschiedenen Bäumen waren zu sehen. Der Boden war dagegen gar nicht zu erkennen.
,,Lass uns einen freien Platz finden und dort ein Lager aufschlagen", meinte ich darauf und lächelte ihm zu.
Hyunjin kicherte und nickte mir zu.
Überglücklich ging ich zu ihm und nahm seine Hand. Ja, ich habe etwas Angst im Dunkeln und außerdem ist es nicht das erste mal, dass wir Händchen halten. Es war uns auch nicht peinlich das zu tun. Zwar haben sich ein paar Leute darüber lustig gemacht und unsere Eltern fragten oft, ob wir zusammen seien, aber jedes mal verneinten wir. Wir waren nur Freunde. Freunde, die halt etwas kuscheliger miteinander waren.
Hyunjin drückte meine Hand kurz, bevor wir beide losgingen. Der Wald war echt gruselig, da die Bäume nah bei einander standen, aber zusammen mit Hyunjin hatte ich weniger Angst.
Gut eine Stunde liefen wir, bis der Wald nicht mehr ganz so dicht war und wir einen guten Standort für ein Lager gefunden hatten.
Wir holten die eingepackten Schlafsäcke raus und verstauten unser Gepäck unter Steinen und Ästen, damit es nicht so schnell gefunden wird.
Erschöpft legten wir uns hin und sahen kurz in den Himmel.
,,Gute Nacht, Jinnie"
,,Gute Nacht, Jisungie"
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