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Jisung
Die Sonne schien gerade noch über dem Horizont hervor und war somit kurz davor unter zu gehen.
Ja, ich saß seit sage und schreibe 5 Stunden hier. Ich hoffte wahrscheinlich darauf, dass meine Mutter mich reinlässt, aber nichts der Gleichen passierte. Weinen tat ich nicht mehr, aber ich spürte die getrockneten Tränen an meiner Wange klar und deutlich.
Verschiedenste Gedanken schwirrten durch meinen Kopf. Einmal, dass meine Mutter mich verstoßen hatte und mich somit kaltherzig zurückgelassen hatte und dann war da noch die Frage, wohin jetzt mit mir? Sollte ich zu Hyunjin? Er war der einzige, der mir noch blieb. Sonst war mir der Rest der Stadt größtenteils zu unbekannt. Logisch, immerhin handelte es sich hier um die größte Stadt des Wasserstammes. Bestimmt 200.000 Leute wohnten hier. Sonst gab es im Reich des Wasserstamms nur kleinere Städte und Dörfer.
Ob mich Hyunjins Eltern reinlassen würden? Immerhin schien jeder hier nicht gerne Besuch zu bekommen momentan.
Egal, ich werde es einfach versuchen. Zu verlieren hatte ich nicht mehr viel.
Ich rappelte mich auf. Zu Hyunjins Haus waren es ungefähr 15 Minuten laufen. Wirklich Lust allein durch die fast dunkle und vor alledem leeren Straßen zu laufen, hatte ich nicht. Der Gedanke wirkte gruselig auf mich, aber das würde ich schon überstehen.
Langsam lief ich über den Marktplatz und entfernte mich von meinem ehemaligen Zuhause. Es tat weh es zurück zu lassen, aber jetzt war es halt so.
Ich begann direkt zu laufen, damit ich früher ankommen würde. Hoffentlich wird Hyunjin mir helfen.
Ich lief durch die Straßen, bis ich das Haus meines besten Freundes erkannte. Meine Schritte verlangsamten sich und ich blieb vor dem Haus stehen. Es war ähnlich groß wie mein altes Zuhause. An sich hatten alle Häuser in der Stadt eine ähnliche Bauform.
Vorsichtig, aber trotzdem kräftig klopfte ich an die Tür und wartete. Nichts war zu hören. Ich seufzte. Natürlich würde keiner aufmachen. Alle Menschen schienen Angst zu haben, auf das was hinter der Tür stehen könnte.
Da ich aber sicher war, dass sie da waren, lief ich um das Haus herum, sodass ich mich auf der Rückseite des Hauses befand, wo ein kleiner Garten lag. Dort standen Fässer gefüllt mit Wasser. Normalerweise nutzen wir das Wasser für unsere kleinen Wasserbändigungsduelle. Jetzt sollte es mir aber helfen, an Hyunjins Fenster zu kommen.
Langsam hob ich das Wasser an, darauf bedacht, dass ich keine Laute von mir geben würde.
Mithilfe des Wassers formte ich eine Treppe, die zu Hyunjins Fenster hoch führte und vereiste diese dann, damit ich auch sicher darauf laufen konnte. Als das erledigt war, setzte ich vorsichtig einen Schritt auf die erste Stufe der Treppe. Es war etwas rutschig, doch ein Wasserbändiger war trainiert auf Eis laufen zu können.
Stufe um Stufe ging ich immer höher, bis das Fenster erreicht war.
Ich öffnete die Fensterläden und sah in das Zimmer meines besten Freundes. Es war leer. Wahrscheinlich gab es gerade Essen bei Familie Hwang.
Ich stieg in das Zimmer. Dann drehte ich mich um, um die Treppe wieder in Wasser zu verwandeln und zurück in das Fass zu befördern. Das war einfach.
Jetzt müsste ich warten, bis Hyunjin hoch kommen würde. Ich könnte zwar auch runter und sie beim Essen stören, aber dann wüsste sofort jeder, dass ich mehr oder weniger eingebrochen war.
So setze ich mich auf einen Stuhl und wartete auf die Rückkehr Hyunjins. Es dauerte. Die Sonne war bereits verschwunden und nur noch wenig Licht erfüllte den Raum. Erschöpft von dem echt beschissenen Tag gähnte ich und lehnte mich mehr zurück. Meine Augen fielen zu und ich schmatzte einmal.
,,Jisung?!", hörte ich dann eine mir sehr bekannte Stimme und sprang von dem Stuhl auf. Hyunjin hatte mich zu Tode erschreckt... Naja, ich ihn bestimmt auch.
,,Hey", sagte ich simpel.
,,Was machst du hier?!", hörte ich ihn sagen, doch erkannte ihn kaum, da es wirklich verdammt dunkel in dem Raum war.
,,Lass uns setzen und ich erkläre dir alles.", meinte ich und ließ mich auf dessen Bett nieder.
Hyunjin wirkte etwas verwirrt, doch sagte nichts, machte eine Öllampe an, damit es nicht mehr so dunkel war und setzte sich zu mir.
Er sah zu mir und fast fiel ihm die Öllampe wieder aus der Hand.
,,Dein Auge!!", schrie er fast und ich drückte einen Finger auf dessen Mund.
,,Psst!", zischte ich und sah ihn ernst an.
Hyunjin nickte verstehend und wiederholte die Aussage nochmal flüsternd.
Ich seufzte und erklärte in der Schnellfassung, was an dem Abend des Treffens passiert war und was Prinz Flammenwerfer mir angetan hat.
,,Das ist schrecklich. Wir können glücklich sein, dass er dich nicht getötet hat.", meinte Hyunjin ehrlich und sah runter.
,,Wohl wahr", meinte ich und schwieg dann kurz.
,,Aber irgendwie sieht die Narbe auch cool aus. Sie hat etwas... gruseliges, aber geheimnisvolles", stellte der Ältere fest und lachte minimal.
Unsicher ob ich darüber lachen sollte, nickte ich nur leicht.
,,Aber Jisung? Warum bist du eigentlich hier?", fragte Hyunjin dann und lehnte sich leicht zurück gegen die Wand.
Ein leichter Schmerz durchfuhr mein Herz und ich atmete einmal tief aus.
,,Also, wie du gesehen hast, habe ich das Blutbändigen genutzt und naja... die Königin hat mich gefeuert, da ich eine Gefahr darstellen könnte. Als ich bei Mutter angekommen bin und ihr gebeichtet hatte, was passiert war, hat sie mich einfach heraus geschmießen.", erklärte ich schnell und versuchte die Tränen zurück zu halten.
,,Was?! Sie hat dich herausgeworfen? Nur deswegen?! Ich dachte, deine Mutter wäre nicht so jemand", sagte Hyunjin aufgebracht und legte einen Arm um mich.
Mit Tränen in den Augen lehnte ich mich gegen ihn und schluchzte leicht.
Eine Stille machte sich in dem Raum breit und ich merkte wie Hyunjin auch fast begann zu weinen. Das ist ein wahrer Freund. Wahre Freunde weinen mit dir.
,,Eine Frage hätte ich da noch...", sagte ich nach einiger Zeit und löste mich leicht von ihm.
,,Mhh?", gab Hyunjin von sich und nickte mir zu.
,,Was ist gestern passiert? Ich war irgendwann ohnmächtig geworden. Ich habe keine Ahnung, was an dem Tag noch passiert ist... Wie konnte es passieren, dass die Feuernation gewann?", fragte ich, da mich wirklich interessierte, wie zu Hölle das passiert ist.
Hyunjin schluckte.
,,Es war ein Plan. Von Anfang an. Nachdem alle wie wild begonnen hatten, sich mit allem zu bewerfen, was sie hatten, überrumpelte uns der Rest der Feuernation, indem sie die Stadt angriffen. Die Familie war nicht allein gekommen. Sie hatten ihre ganze Armee mitgebracht. Da keiner vorbeireitet war, war es ein Kinderspiel für die Feuernation unsere Stadt einzunehmen. Alle Bewohner, die keine Waffen zu Hause hatten oder Nicht-Bändiger waren, schlossen sich in ihren Häusern ein. So wurde unsere Stadt in kürzester Zeit eingenommen.", erklärte Hyunjin das ganze gestrige Szenario und schien sich nicht allzu gerne daran zurück erinnern zu wollen.
Ich seufzte. Es war ungewohnt in einer Stadt zu leben, die offiziell nicht mehr von den Wasserbändigern regiert wird.
,,Aber warum waren die Königin und die Prinzessin noch im Schloss? Müssten sie nicht heraus geschmissen worden sein?", fragte ich etwas verwirrt.
Hyunjin zuckte mit den Schultern.
,,Ich habe keine Ahnung, warum sie noch da waren, um dich zu feuern oder warum sie überhaupt noch da waren", meinte Jinnie ehrlich und fuhr sich durchs Haar.
Das machte keinen Sinn. Wenn die Stadt eingenommen wurde, warum waren die Königin und deren Tochter noch da? Und warum war es so wichtig mir dann zu kündigen, wenn sie sowieso keine Kontrolle mehr darüber hatten. Das machte keinen Sinn.
,,Aber viel wichtiger ist eigentlich die Frage, was du jetzt tust? Oder wohin du gehen willst?", meinte mein bester Freund, während ich an die Decke starrte. Ja... Was machte ich jetzt? Ich wusste es nicht. Sollte ich bei Hyunjin wohnen? Aber ich hatte keinen Job mehr und ich wollte dessen Eltern nicht belasten.
,,Ich... ich habe keine Ahnung", seufzte ich und fühlte mich einfach nutzlos. Ich hatte alles verloren und konnte nirgendwo hin.
Wieder wurde es still in dem Raum und sowohl Hyunjin, als auch ich schienen zu überlegen, was jetzt passieren sollte.
Gute drei Minuten blieb es still, bis Hyunjin energisch aufstand und breit lächelte. Etwas perplex sah ich ihn an. Bei dem Grinsen hatte ich echt Angst, was jetzt kommen würde. Das Lächeln bedeutete bei Hyunjin meist Chaos. Aber gerade war mir jede Lösung lieb, also wartete ich auf das was folgen würde.
,,Lass abhauen! Lass die Welt sehen! Wir sind starke Bändiger, wir werden uns schon verteidigen können... Lass uns neue Freunde finden und machen was wir wollen. Einfach vor der Feuernation flüchten und unser eigenes Leben aufbauen. Das eingesperrte Leben in dieser Stadt ist nicht mehr unser Leben..."
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Hello :D
Ich hoffe das dieses Kapitel wie immer gemundet hat :3
bye bye <3
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