#9 Kraftwerk
Heute behandeln wir hier eine Gruppe, die für ein Genre verantwortlich ist, was ich gar nicht leiden kann. Nämlich Kraftwerk. Diese Band wurde 1970 gegründet und hatte einen großen Einfluss auf die sich gerade entwickelnden Szene im Bereich der elektronischen Musik. Also zum Beispiel Hip Hop, Elektropop und -funk. Gerade im Bereich des Hip Hop hatten sie solch entscheidenen Einflüsse, dass sie mitunter als "Beatles der elektronischen Tanzmusik" bezeichnet wurden. Sie sind damit also Schuld daran, dass es heute diese Disco Musik gibt, die ich persönlich nicht wirklich leiden kann. So wie die Beatles den modernen Pop begründet haben.
Aber wie so häufig sind die Pioniere eines Genres der Meister dieses Genres. Und so haben auch Kraftwerk noch wirkliche Kunst gemacht. Kunst, die ihrer Zeit weit voraus war. Ihre Musik wird ausschließlich am Computer produziert, beziehungsweise damals noch aus den ersten, einfachen Synthesizern, die auf dem Markt waren. Sie benutzen kein einziges echtes Instrument - abgesehen von ihrer Stimme - und verändern selbst den kleinsten Ton so künstlich am Computer, dass er alles andere als natürlich klingt. Dabei produzierten sie in ihrern Anfängen nicht einmal elektronische Musik, sondern durchaus auch mit einem normalen Schlagzeug, Geige und Gitarren. Dann jedoch entschieden sie sich für die bahnbrechenden Wendung, ihre Musik ausschließlich elektronisch zu machen und damit war der heute bekannte Kraftwerksound geboren. Ihr erstes Alum hieß "Autobahn" auf dem auch der gleichnamige Song "Autobahn" war. Dieser gehört auch zu einem ihrer Bekanntesten. Das Orginalstück geht über 22 Minuten und ist damit fast so lang wie Pink Floyds "Shine on you crazy diamond". Er ist simpel gehalten, aber so einfach, dass er schon wieder genial ist. Und das ist das Faszinierende an Kraftwerk. Selbst die Menschen, die Elektro nicht mögen (so wie ich), werden nach genauem Hinhören den Song mögen. Spätestens dann, wenn man den Song schneller abspielt und an einer bestimmten Stelle das Wort Autobahn hört. Welches man in nomaler Geschwindigkeit nicht einmal wahrnimmt. Ab hier wird klar, was Kraftwerk sind. Nämlich Künstler. Ähnlich wie Pink Floyd, verwenden sie Alltagsgeräusche. Allerdings verzerren sie diese so, dass man sie für einen ganz normalen erzeugten Ton am Keyboard hält. Oder eben, sie verändern ihre Stimme so, dass es so abstrakt und merkwürdig klingt, dass es schon wieder gut klingt.
Sie sind keine großartigen Komponisten, ihre Melodien sind wirklich einfach und elektronisch und werden auf Dauer langweilig. Für alle 22 Minuten Autobahn hatte ich auch keine Ausdauer, dafür gewinne ich dem Genre einfach zu wenig ab und doch fesselten mich die besonderen Effekte. Bei keiner anderen Gruppe, die ich bisher entdeckt habe, wurden Geräusche so kunstvoll in Musik umgewandelt wie bei Kraftwerk.
Dennoch, ich will euch eigentlich nicht Autobahn vorstellen (auch wenn man da auf jeden Fall kurz reinhören sollte, denn seid mir sicher, ihr kennt das alle. Und wenn es nur die Stelle ist: "Fahr'n, fahr'n, fahr'n auf der Autobahn"), sondern Radio-Aktivität.
Der Song wurde veröffentlich 1975 auf einem gleichnamigen Album. Als es noch keine Kampagne gab, die hieß "Atomkraft? Nein, danke". Als die Stromgewinnung aus Atomkraftwerken noch nicht besonders bekannt war. Natürlich, es gab bereits einige Kraftwerke, doch die Zahl war gering und die Ära der Energiegewinnung aus Atomkraft stand erst am Anfang. Die Lyrics sind wie alles andere an Kraftwerk auch, nämlich einfach, aber genial. Vor allem schaffte es die Band, den Song im Laufe der Zeit von einem rein informellen Song zu einem Anti-Atomkraft Lied zu entwickeln. Ohne großartig etwas zu verändern. Es heißt: "Radioactivity, in the air for you and me" Anfangs noch gemeint als Helfer, denn es gibt genauso die Zeile "Radioaktivität. Wenn's um unsere Zukunft geht", "Radioaktivität. Strahlt Wellen zum Empfangsgerät" und "Radioaktivität. Für dich und mich im All entsteht". Damit sind im Wortspiel sowohl die Radiowellen und die Radioakivität gemeint. Jedoch so geschickt, dass man theoretisch den gesamten Text auch nur auf eines von Beiden beziehen kann. "Radioaktivität. Wenn's um unsere Zukunft geht" war der große Slogan der Atomkraft-Befürworter. Das ganze Album ist in dem Stil aufgebaut, dass Radio und Radioaktivität vermischt werden. Es ist ein Konzeptalbum mit 12 verschiedenen Titeln zu beiden Themen.
Aufgebaut ist der Song mit einem stetigen Hintergrundbeat, wie wir ihn von Elektro kennen und außerdem in dem Stil eines Loops, also eine Melodie beginnt und wiederholt sich immer wieder, eine nächste stößt hinzu und so weiter. Falls jemand der Fachebegriff dazu einfällt, sagt ihn mir. Ich vergesse ihn immer wieder.
Die Töne sind größtenteils im Stakkato gehalten, also kurz und spitz. Passend zum Geigerzähler und Morse-Code, den die Band in den Song eingebunden hat. Gerade das ist eines der künstlerischen Mittel von Kraftwerk. Übersetzt man den Morse-Code erhält man die Zeilen "Radioactivity is in the air for you and me. Radioactivity discovered by madame curie. Radioactivity tune in to the ... Kraftwerk". Diese kleinen, versteckten Botschaften in den Kraftwerk Songs sind die, die faszinieren. Und dabei ist das noch die alte Version. Die neuere Version, die 1991 rauskam, enthält noch viel mehr Stilmittel, die mir gefallen. Obwohl das Ganze an einen Remix erinnert, gefallen mir die veränderten Lyrics besonders gut. Viel verändert haben sie nicht und trotzdem veränderte es den Song in einen Anti-Atomkraft Song. Diese Version wird auch auf ihren Konzerten präsentiert. Vor jedes "Radioaktivität" wurde noch ein Stopp gesetzt und die Zeilen über das Radio wurden ersetzt mit: "Stop Radioaktivität. Strahlentod und Mutation" und "Durch die schnelle Kernfusion". Jedoch sind die alten Strophen nicht ganz weg, wir finden sie im Morsecode wieder, wobei auch hier der Aufbau verändert wurde. Zu den bereits bekannten Wörtern wurde noch ein SOS hinzugefügt. Außerdem wurde hinzugefügt eine Art Intro, indem eine Roboterstimme die grausamen Fakten über Atomunfälle auflisten. In dem gesamten Song ist aber gleich geblieben: Die monotone Stimme, die ein wenig an Sprechgesang erinnert (siehe Hip Hop, Rap) und die Melodie, die nur durch mit einem neuen Beat aufgefrischt wurde. In einer neueren Live Version wird sogar Fukushima in den Titel eingebunden, was dem ganzen einen aktuellen Touch gibt.
Die vier Mitglieder von Kraftwerk erinnern immer wieder an Roboter. An menschliche Roboter. Und ich denke, dass es diese abstrakte Kunst ist, die ich an ihnen mag. Obwohl sie ein Genre machen, dass ich nicht leiden kann. Denn ihre Musik ist alles andere als lieblos, obwohl sie nicht mit echten Instrumenten erzeugt wurde. Sie ist so gut durchdacht, dass es teilweise wirklich Spaß macht zuzuhören. Auch wenn viele ihre Stücke auch mich langweilig und monoton wirken, eben weil ich mit Elektro nicht viel anfangen kann, gehören sie mich für mich trotzdem zur Kunst der Musik dazu.
Und wenn ihr bisher beide Stücke nicht gekannt habt, ich bin mir sicher, ihr kennt zumindest "Das Model". Rammstein hat das sogar einmal gecovert. Beide Versionen sind toll, auch wenn mir die Rammstein Version besser gefällt.
Das Video ist die 1991 Version live, gerade mit dem besonders tollen Intro, das ihr euch unbedingt anhören solltet. Ich liebe es.
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