Szene Dreiundvierzig
Szene Dreiundvierzig (Katherine)
„Unsere Clubanwältin will nachher mal mit dir reden, wenn es für dich in Ordnung ist?", fragte Jax mich, nachdem ich eine halbe Stunde später, in meine Mittagspause ging. Gemma hatte ihn ins Clubhaus verdonnert, damit er da seine Ruhe haben kann und ich meine Ruhe vor ihm. Ich sollte nur anständig arbeiten – was ich auch mach, wenn Jax dabei ist.
„Wieso?", stellte ich die Gegenfrage und legte meine Handtasche auf dem Billardtisch ab, wo Jax gerade gegen Juice spielte.
„Wegen Noemi. Sie hat sich die Akten besorgt und will schon mal reinschauen", erklärte Jax. „Auch wenn es noch dauert, mit dem DNA-Test. Aber es gibt ja eigentlich schon genug Beweise, dass es sich hierbei um deine Tochter handelt." Juice nahm die Handtasche vom Rand und legte sie auf den Boden, ehe er hochkonzentriert an der Reihe war.
„Ich hoffe einfach nur, dass das ganz schnell vorbei ist", sagte ich. „Und für einen kranken siehst ja völlig gesund aus."
„Ich behalte die Kamera im Auge. Sehen wir Gemma, oder sonst weg, flitzt er nach hinten", meinte Juice und freute sich darüber, dass er einer seiner Kugeln versenkt hatte.
„Okay."
„Und", meinte Jax zu Juice. „Freust du dich schon auf deine Reise mit Tig. Erst dürft ihr schon einen Truck von Unser mit unseren Waffen klauen und dann nach Nevada bringen?"
„Ich wäre lieber mit dir gefahren, oder mit der übelst verwesten Leiche von Elvis Presley", entgegnete Juice nur. Jax lachte leise.
„So schlimm ist Tig nun auch wieder nicht."
„Tig kann mich nicht leiden, wieso auch immer."
„Er ist einfach nur eine kleine Diva", fügte ich hinzu. „Lass dich nicht von ihm ärgern, Juice."
„Ist nicht gerade einfach. Der haut immer so einen Bullshit heraus, dass man das nicht überhören kann. Da muss man seinen Senf einfach hinzugeben und so kann man ihn einfach nicht leiden."
„Will wer etwas trinken?", fragte ich.
„Nein, danke."
„Okay, fahren wir nachher noch mal zu Abel, oder willst du nicht, Jax?"
„Können wir machen und ich hätte gerne ein Bier."
„Dann nehme ich doch eins. Aber gekühlt", murmelte Juice.
„Kommt sofort", sagte ich und ging hinter der Theke. Ich suchte nach dem Mini-Kühlschrank und schnappte mir dort drei Bierflaschen raus, ehe ich diese von ihrem Deckel befreite und zu den Jungs zurückschlenderte.
„Hier eure Biere."
"Hallo, Jax", hörte ich wenig später eine Frau sagen, nachdem es an der Türe geklingelt hatte.
"Hi, Lowen. Danke, dass du dir für Katherine Zeit genommen hast."
"Ich habe es schon an deiner Stimme gehört, dass sie dir arg wichtig ist. Kann man dir schon irgendwie beglückwünschen, dass du vermutlich mal keine Wendy aufgegabelt hast?"
Ich runzelte die Stirn und drehte mich von der Geschirrspülmaschine in Richtung Tür. Jax betrat zu erst die Küche und hinter ihm folgte, eine im Anzug gekleidete Brünette mit Aktentasche. Sie schien ungefähr zehn Jahre älter als meine Wenigkeit zu sehen, aber trotzdem war sie attraktiv.
"Katherine, dass ist unsere Anwältin, Lowen. Lowen, dass ist Katherine."
Lowen lächelte mich freundlich an und hielt mir ihre Hand hin. "Hi, du, freut mich dich kennen zulernen. Ich hoffe, du hast nichts dagegen, wenn ich dich dutze?"
"Nein, ist völlig in Ordnung. Danke, dass du dir Zeit genommen hast", entgegnete ich und schüttelte ihre Hand. "Setz dich."
"Vielen Dank."
Lowen setzte sich an den Esstisch und Jax blickte mich aufmunternd an. Ich setzte mich ebenfalls an den Tisch und blickte nervös zu Lowen, die sich etwas zum schreiben aus ihrer Aktentasche herausholte. Ich hätte damit gerechnet, dass sie einen Laptop dabei hätte, aber sie schrieb wohl gerne bei Hand.
"Jackson hat mir zwar schon mehr oder weniger am Telefon geschildert, wegen was ich genau hier bin. Aber ich möchte das noch mal von dir hören, da du meine Mandantin bist und die Hauptprotagonistin neben deiner Tochter. Wenn sie deine Tochter ist."
"Sie ist es. Die ganzen Hinweise, die passen zusammen und das ist meine Tochter."
"Wenn das Gericht das genauso sehen würde, dann hättest du sie schon längst bei dir. Soll nicht böse klingen. Also. Ich stell dir erstmal ein paar Fragen. Okay?"
Ich nickte. "Leg los."
Jackson setzte sich ebenfalls an den Tisch und hielt sich zurück, während Lowen mir fragen stellte.
"Und du hattest damals die Affäre mit Theodore Lowman gehabt?"
"Genau. Ich war zwar mit Christopher Nolan zusammen, aber wie ich dir ja geschildert habe, lief es ja nicht gerade prickelnd, weshalb ich mich auf Happy eingelassen hatte."
"Und wann hast du das beendet?"
"Mein Freund hat davon Wind bekommen. Seine Kumpels haben mich mit Happy gesehen, wild rumknutschend an seinem Bike. Zu dem Zeitpunkt war ich schon schwanger, aber wusste davon nichts. Zwei Monate später bin ich mit starken Bauchschmerzen und Schmierblutungen ins Krankenhaus gefahren und da wurde mir gesagt, dass ich bereits im dritten Monat bin. Chris, der hat mich ja begleitet, der hat's natürlich mitbekommen und sich seinen Teil gedacht. Er hat mir gedroht, dass ich das mit meinem Leben bezahlen würde und hat mich geschlagen. Irgendein Kumpel von ihm auch."
"Okay, wie ging es die ganze Schwangerschaft weiter?", fragte Lowen mich.
"Ist das so wichtig?"
"Ich denke mal, wenn Chris der Vater von der Kleinen ist, dann wird er ebenfalls die Vaterschaft anfechten."
"Aber er sitzt im Knast. Er hat drei Leute getötet", sagte Jax nachdenklich.
"Ja, wenn ihm trotzdem das Sorgerecht zugesprochen werden sollte, würde die Kleine zu seinen Eltern, oder Geschwistern kommen, wenn Katherine bis dahin kein festes Gehalt und ein Lebensraum vorstellen."
"Woah, warte mal", sagte Jax. "Lebensraum hat sie hier. Sie wohnt bei mir und ist seit letzter Woche sogar bei mir gemeldet. Abel und Noemi können sich ein Zimmer teilen. Und festes Gehalt, dass bekommt sie auch. Es ist zwar nicht viel, was sie in der Werkstatt verdient, aber ich greife ihr unter die Arme. Und außerdem wird Happy Unterhalt bezahlen."
Lowen kniff die Augen zusammen. "Moment, habt ihr etwa hinter dem Rücken aller Anwesenden einen Vaterschaftstest durchgeführt?"
"Ja, du musst verstehen, dass Happy das nicht ausgehalten hat. Er, Katherine und ich wissen nur davon. Du jetzt auch."
"Okay, dann sehe ich da kein Problem, dass du deine Tochter bekommst. Ich meine, wenn sie schon Lowmans Tochter ist, dann wird sie auch deine Tochter sein."
Ich atmete erleichtert aus.
"Aber so schnell geht das auch nicht. Das Gericht sieht vor, dass man drei Monate eine sogenannte Kennenlernphase hat, bevor das Kind zu einem kommt, solange ist es noch bei seiner Pflegefamilie, oder im Kinderheim. Den ersten Monat noch mit einer Dame vom Jugendamt. Mindestens zwei Mal im Monat, höchstens vier Mal im Monat."
"Ich wusste da gibt es einen Haken", murmelte ich. "Aber, wenn ich so eine Bindung mit Noemi aufbauen kann, dann würde ich das machen. Okay, noch mal zur Frage, wie es in der Schwangerschaft ablief."
"Ich wurde fett, war launisch und musste mit einem Riesenbaby klar kommen, der jetzt im Knast verrotten wird. Die Schwangerschaft verlief eigentlich in Ordnung und ohne Komplikationen. Im siebten Monat habe ich erfahren, dass ich eine Tochter bekomme- sie hatte vorher immer ihre Hand davor, oder hat sich weggedreht."
"Das hatte ich auch", nickte Lowen. "Ich hab drei Töchter und einen Sohn. Meine Töchter wollten nicht, dass man ihre Intimbereiche beobachtet, okay, bis auf eine. Aber die arbeitet irgendwo in Amerika als Prostituierte. Aber das ist ein anderes Thema, was auch eigentlich gar nicht zur Ansprache hätte kommen sollen... Wo war ich?"
Jax musste sich ein Lachen verkneifen, während ich verdaddert da saß und Lowen irritiert anblickte.
"Uhm, noch eine Frage?", hakte ich nach.
"Die Geburt, wie verlief es da ab. Das ist ja der Tag an dem dir gesagt wurde, dass deine Tochter die Geburt nicht überlebt hat. Hat man dir gesagt, an was sie gestorben ist?"
"Sie kam tot auf die Welt. Sollte wohl irgendwas am Herzen gehabt haben. Ich war zwar Dicht von Schmerztabletten, aber ich bin mir sicher, dass ich sie hätte schreien gehört. Mir wurde aber gesagt, dass nebenan, eine Frau, natürlich zum gleichen Zeitpunkt, ein Kind bekommen hat. Humbug. Es war meine Tochter, die mir weggenommen wurde."
Nachdem Lowen mir noch weitere Fragen stellte und ich teilweise wahrheitsgemäß drauf antwortete - Brands musste ich nicht erwähnen, da er ja schon tot ist -, machte sie sich auch, mit den Worten, dass sie sich melden würde, sobald sie was Neues erfährt, auf den Weg nach Hause. Ich drückte die Haustür zu, nachdem Lowen gegangen war und drehte mich zu Jax, der an der Wand lehnte.
"Danke", sagte ich zu ihm.
"Für was?"
"Dass du mir immer so helfen tust."
"Du hilfst mir auch. Ich gebe dir das nur zurück. Mach dich fertig und wir fahren zu Abel."
"Ja, es wird mal wieder an der Zeit ihm Tig's Märchen vorzulesen."
"Dieses Mal, bist du dran", drohte Jax mir spaßend.
"Na prima", lachte ich.
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