Szene Acht
Szene Acht (Kat)
Nach der langen Autofahrt durch Kalifornien, brauchte ich erstmal eine Pause. Ich bin nicht in Richtung Nevada gefahren, sondern mehr in Richtung Norden. Ich hatte eine Bekannte, die in Oakland wohnt und der wollte ich eben einen Besuch abstatten. Leider hatte ich ihre Nummer nicht mehr im Gedächtnis, aber ich wusste, dass sie irgendwo in meinem alten, kleinen Adressbuch stehen würde.
Es war spät in der Nacht und ich ging meine wichtigsten, aber wenigen Unterlagen durch. Aber das kleine Buch fand ich einfach nicht. Ich saß in einem kleinen Motelzimmer, welches ich mir für eine Nacht angemietet habe, um wenigstens etwas Schlaf zu bekommen. Ich brauchte meinen Schlaf und wen ich den nicht bekam, war ich für nichts mehr zu gebrauchen.
"Das ist doch zum kotzen", murmelte ich und blickte zum Fernseher, wo Two And A Half Men lief. Normalerweise hätte ich immer wieder Tränen gelacht, aber dieses Mal blieb mir das Lachen einfach im Hals stecken. Vor allen Dingen dann, als ich ein Foto von Chris und mir in die Finger bekam. Sie hatten mir nicht genau gesagt, was sie mit ihn gemacht haben. Als ich mein altes Heim betrat, sah ich nur Blut im Wohnbereich- mehr nicht. Von Chris war nichts zu sehen. Aber ich nehme mal an, dass sie ihn irgendwo in der Pampa verschachert haben. Der würde nicht mehr singen und der würde keine Frau mehr unrecht tun. Nie mehr.
Mein Kopf war viel zu voll, ich war zu verwirrt von diesem anstrengenden Tag, sodass ich nicht klar denken konnte. Ich bekam das immer noch nicht in meinem Kopf hinein, dass ich ein Menschenleben auf dem Gewissen hatte. Oder besser gesagt mehrere, die in der Werkstatt verbrannt waren. Die hatten es auch nicht anders verdient. Ich weiß nicht einmal, wie viele ich genau mit Jax getötet habe. Und es war mir eigentlich auch egal. Ich fing ein neues Leben an, und musste mein altes wieder vergessen. Aber so einfach war es nicht. Genauso egal, hätte mir eigentlich mein Ex-Freund sein müssen. Ich hatte zwar das Verlangen zu weinen, aber es kam einfach nichts. Die Trauer und den Kummer, den ich eigentlich hätte haben müssen, war nicht da. Es schlummerten gerade nur Abneigung und Hass in mir, wenn ich an meinem Ex dachte. Wie soll es auch anders sein, wenn sich ein Mensch so sehr verändert. Anfangs war unsere Beziehung wie ein Traum. Wir waren glücklich und verstanden uns großartig. Wir liefen mit einem Dauergrinsen durch die Welt. Aber nach all den Jahren, nach all den Streitereien, Seitensprüngen und sonst was, hat mich einfach nicht mehr den Mut und die Kraft diese Person zu lieben und entwickelt nach und nach Hass und Abneigung. Ich war in den letzten Jahren immer schon kurz davor, die Beziehung mit Chris aufzugeben, aber irgendwie konnte ich es doch nicht. Ich hatte es nicht übers Herz gebracht, dass er irgendwann als Junkie auf der Straße krepierte. Schließlich war er ja mal, meine erste große Liebe und der Mann der mich aufgefangen hatte, als ich in Amerika ankam und Fuß fassen wollte.
Davon, von diesem liebenswürdigen, lustigen und witzigen Mann, war nichts mehr übrig. Mit den Drogen und Alkohol hat er mich wie Dreck behandelt. Er hat mich betrogen und belogen- erhob die Hand gegenüber mir, wenn ich nicht spurte, oder holte sich immer das von mir, was er gerade wollte. Und dann sollte ich ihn noch zu 0000,1 Prozent lieben? Wie kann man so was? Ich zerriss das Foto und schmiss es in den Papierkorb. Dann schmiss ich die Reisetasche auf dem Boden und zog mir einen Zettel aus meiner hinteren Hosentasche.
Jax Teller, stand in einer unordentlichen Männerschrift und dann seine Nummer. Wenn was ist, kann ich mich ja bei ihm melden. Ich denke, er meinte damit, wenn ich irgendwie Probleme mit Jemanden habe, dann sollte ich mich melden, aber bestimmt nicht, wenn ich mir mein Herz ausschütten muss. Ich knüddelte den Zettel wieder zusammen und schmiss ihn aufs Bett, ehe ich noch mal beschloss meine ganzen Unterlagen durchzugehen.
Irgendwo muss doch das kleine Buch sein, wo die Nummer meiner Bekannten drinnen stand. Aber wo war es nur. Nach einer Stunde gab ich wieder auf und dachte weiter daran, wie die Nummer denn lautete. Außer die ersten drei Ziffern, erinnerte ich mich an gar nichts. Auf nach einer heißen Dusche, schaltete mein Gedächtnis wieder auf Durchzug. Ich hatte absolut keinen Plan, wo ich sollte. Was ist mit Nevada? Sollte ich zurück nach Deutschland? Aus welcher Stadt kamen die Jungs noch mal. Jax musste sie mal erwähnt haben, aber ich wusste nicht, welche das war.
Wieder schnappte ich mir den Zettel mit der Nummer und mein Handy und schrieb Jax eine SMS.
Kat: Hi, Jax und sorry, dass ich so spät noch schreibe. Aus welcher Stadt kommst du noch mal? Katherine
Ich musste nicht lange warte, bis er mir tatsächlich zurückschrieb. Das ging aber schnell.
Jax: Charming hieß die Stadt. Wieso?
Kat: Kannst du mir einen guten Markler empfehlen, der mir eine schicke Wohnungen und Häuser zeigen könnte?
Jax: Hast du deine Deutschland-Pläne und Nevada über Bord geworfen? Du willst echt nach Charming. Du meintest doch, dass ich zum alten Leben dazugehöre, und du deswegen abgelehnt hast.
Kat: Ja, ich hab's mir anders überlegt. Wenn Charming nichts dagegen hat, würde ich gerne dort meinen zweiten Neu-Anfang versuchen.
Jax: Wo bist du gerade?
Kat: Irgendwo in Kalifornien. Ich weiß es ehrlich gesagt nicht, wo genau. Ich war einfach nur froh, in irgendeinem Motel zu sein und meine Beine nach diesem beschissenen Tag hochzulegen. Und du bist schon zu Hause?
Jax: Seit ein paar Stunden. Ich liege auch schon im Bett.
Kat: Sorry, wenn ich dich wach gemacht habe. Oder hab ich dich vom Schlafen abgehalten?
Jax: Nein, hast du nicht. Ich bekomme sowieso kein Auge zu. Zu vieles im Kopf.
Kat: Wegen den Waffen-Deal?
Jax: Nein.
Kat: Okay.
Jax: Ist ein bisschen kompliziert und ich will dich auch gar nicht mit meinen Problemen nerven, Kat.
Kat: Du, mich nervt man eigentlich nicht so schnell. Ich habe eigentlich immer Zeit zum zuhören Außer, wenn ich schlafe, dann nicht. Wenn du mir erzählen magst, was du hast, dann höre ich dir zu und versuche dir da ein paar Tipps zu geben, wenn ich da denn weiter weiß.
Jax: Kat, dass ist sau lieb von dir, aber ich bin nicht so einer, der gerne über seine Gefühle quatscht. Nimm mir das nicht böse. Ich brauche Jemanden mit dem ich auch darüber reden kann. Aber den habe ich nicht.
Kat: Verständlich. Okay, ich kann dich ja nicht dazu zwingen.
Jax: Schön, dass du das verstehst. Danke.
Kat: Kein Problem. Aber trotzdem kann ich nicht einschlafen.
Jax: Nervös?
Kat: Wieso sollte ich nervös sein?
Jax: Ja, weil du mich bald jeden Tag sehen musst.
Kat: Muss ich?
Jax: Ja, wenn du in Charming bist, dann kannst du damit rechnen, dass ich jeden Tag nach dir schauen werde, ob es dir gut geht. Ob es dir passt, oder nicht.
Kat: Du kennst mich doch gar nicht wirklich
Jax: Ich habe dich heute kennengelernt und das hat mir gereicht
Kat: Autsch. Na vielen Dank auch.
Jax: Das war nicht Böse gemeint. Ich hab in der Zeit gesehen, was für ein Mensch du bist. Das man sich auf dich verlasse kann.
Kat: Du hast auch mitbekommen, dass ich meinem Ex an skrupellose Biker verraten habe?
Jax: Du hast uns nur geholfen, weil du selber die Schnauze voll von dem Scheiß hast. Von den ganzen Lügen und Fäusten. Du wolltest das endlich zu Ende bringen. Und es war für dich vom Vorteil- also der Tag. Nur so hast du einen Arschtritt bekommen, hast endlich los gelassen und dein altes Leben und Harmony hinter dich gelassen.
Kat: Stimmt, ich bin bereit für einen Neuanfang. Wieso schreiben wir eigentlich und telefonieren nicht?
Jax: Schreiben passt mir ganz gut. Manchmal weiß ich mich nicht richtig auszudrücken, wenn mir was auf dem Herzen liegt. Aber wenn ich schreibe, fließt es meistens bei mir nur so heraus.
Kat: Ja, dass kenne ich zu gut. Ich bin eigentlich auch nicht gerade die Frau der großen Worte.
Jax: Aber dafür die Frau mit der großen Klappe, was Beleidigungen angeht. Das muss ich Brad-Pitt-Fresse ja wissen.
Kat: Haha
Jax: Wieso jetzt auf einmal der Entschluss, genau in die Stadt ziehen zu wollen, wo meine Wenigkeit lebt?
Kat: Ich hab ja sonst keinen hier in den USA. Meine ganze Familie lebt in Deutschland und ich will nicht in dieses Land zurück, wo ich jeden Tag in verbitterte Gesichter blicken muss. Ich hab mich an das immer schöne Wetter hier gewöhnt. Außerdem hab ich eine Bekannte in Oakland, dass muss ebenfalls oben in Nordkalifornien sein. Finde aber ihre Nummer nicht mehr.
Jax: Oakland ist eine Stunde von Charming entfernt. Dann weißt du ja fast den Weg zu mir.
Kat: Liegt das ehrlich so nah?
Jax: Ja, liegt es. Du solltest schlafen gehen. Du hast Morgen vermutlich noch eine lange Fahrt vor dir, wo auch immer du bist. Schlaf gut und Träum süß
Kat: Danke, Jax, du auch.
Damit klappte ich das Handy zu und schmiss mich zurück in mein Bett. Ich vergrub mich unter der Decke und schloss meine Augen- wartete nur darauf, bis ich endlich einschlafen konnte.
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