37. Doppelt so heiß wie die Sonne
kapitel siebenunddreißig ——— Doppelt so heiß wie die Sonne
༄ Regulus
ES KONNTE SCHRECKLICH ERMÜDEND als Vertrauensschüler sein. Regulus mochte es, wenn Dinge so abliefen, wie er sie sich vorstellte, er etwas nicht zweimal erklären musste und auf ihn gehört wurde. Das war der Grund, weshalb er Tiere und kleine Kinder so nervenaufreibend fand: Sie konnten stur und unvernünftig sein, ohne dass er darüber Kontrolle hatte.
Viel zu viele Schüler hatten bereits mit ihm darüber diskutiert, wenn er sie nach der Ausgangssperre auf den Gängen erwischt hatte. Manche hörten auf ihn, akzeptierten die Tatsache, dass er ihnen Hauspunkte abzog oder dass er es bei ihren Hauslehrern meldete und dann gab es andere, die endlose Diskussionen anfingen. Letztes Jahr war Regulus tatsächlich in der Stimmung dazu gewesen, sich mit solchen Schülern anzulegen und schließlich mit Genugtuung zugesehen, wie sie vor ihren Hauslehrern zusammen knickten. Er hasste Leute, die mit ihm diskutierten, obwohl er klar im Recht war. Letztendlich waren sie alle beim Nachsitzen gelandet.
Vor ein paar Monaten war er einer Schülerin im ersten Schuljahr begegnet, die bitterlich zu weinen begonnen hatte, als er sie entdeckt hatte — und das war schwerer für ihn gewesen als jeder diskussionsfreudige Mitschüler. Diese Ravenclaw hatte einfach nicht aufgehört zu weinen und ihm unter Tränen erzählt, dass es ihrer Katze schlecht ging. Er hatte ihr nur fünf Hauspunkte abgezogen und kein Wort zu Professor Flittwick gesagt.
Ein wenig hilflos hatte er ihr zugehört und versucht, sie zu beruhigen, doch sie war mit großen Augen vor ihm zurückgewichen, als hätte sie Angst vor ihm. Als sie ihn gefragt hatte, ob er ihr wehtun würde, hatte er nicht verstanden, wovon sie sprach. Erst, als sie leise erwidert hatte, dass sie muggelstämmig sei, als wäre es ihr Todesurteil, hatte Regulus ihr versichert, dass er sie persönlich zu ihrem Gemeinschaftsraum zurückbringen würde. Die Tatsache, dass es Schüler gab, die Angst vor ihm hatten — vor ihm — hatte ihn getroffen. Niemand würde sich vor Sirius fürchten, so viel stand fest. Er wollte niemand mit solch einem Bild sein.
Als er Schritte auf dem Gang hörte, seufzte er angestrengt. Lernte denn nie jemand dazu? Erst, als Regulus die Person erkannte, entglitt ihm sein selbstbewusster Gesichtsausdruck für ein paar Sekunden, bevor er sich selbstbewusst gegen die Wand lehnte.
„Die Schulsprecherin wandert auf den Gängen nach der Sperrstunde herum..." begann er und seine Mundwinkel hoben sich leicht, als sie zusammenzuckte und schließlich seinen Blick erwiderte.
„Es ist noch nicht Sperrstunde." konterte Lily Evans sofort.
„Naja..." Er sah demonstrativ auf seine Armbanduhr und stieß sich von der Wand ab. Er sollte es nicht so sehr genießen, ihr begegnet zu sein, aber etwas an den Unterhaltungen mit ihr heiterte ihn auf — und er konnte andere Gedanken nur zu gut gebrauchen. „In zwei Minuten ist es das aber und da ich bezweifle, dass du in der kurzen Zeit zu deinem Gemeinschaftsraum kommst, kann ich schon im Voraus davon ausgehen, dass du dich nach Sperrstunde in den Korridoren befindest."
Sie hob die Augenbrauen, bevor sie schnaubte. „Als Schulsprecherin kann ich dich bestimmt begleiten." sagte sie schlicht, bevor er ein schelmisches Glitzern in ihren Augen erkannte. „Um zu sehen, ob du deine Aufgaben auch gut machst."
Regulus blieb perplex einer Antwort schuldig, als sie sich umdrehte und dazu ansetzte, in die Richtung zu gehen, aus der sie gekommen war.
„Wolltest du nicht hier lang?" fragte sie sachlich und warf ihm einen Blick über die Schulter zu, weshalb Regulus sich räusperte. War er sich gerade wirklich um Worte verlegen, weil Lily sich so verhielt...? Was auch immer mit ihr los war.
„Geht es dir gut, Evans?" Er schob ihren Nachnamen hinterher, um sich nicht besorgt, sondern vielmehr spöttisch anzuhören, während er sich ihren Schritten anpasste und neben ihr herging. Sie wirkte ein wenig durch den Wind auf ihn und als sie tief durchatmete und nickte, nahm er an, dass sie daher diese plötzliche Souveränität genommen hatte.
„Ja." entgegnete sie knapp, doch Regulus zog die Augenbrauen zusammen.
„Du lügst." stellte er fest.
„Und selbst wenn," erfuhr es Lily etwas energischer und blieb stehen. Die Unruhe und Frustration, die sie zurückgehalten hatte, schien sich endlich Platz zu verschaffen. „Es ist weder deine Angelegenheit noch würde es dich kümmern. Ganz davon abgesehen, dass du mich nicht gut genug kennst, um zu beurteilen, ob ich lüge oder nicht."
Unbeeindruckt von ihrem Ausbruch hielt er dem feurigen Ausdruck in ihren grünen Augen stand. „Alle Menschen verhalten sich gleich, wenn sie lügen." merkte er schlicht an. „Ganz davon abgesehen," zitierte er sie. „Deine Lüge war nicht wirklich eine Lüge. Es war ein Versuch, etwas Offensichtliches nicht zuzugeben."
Er konnte ihren Frust erkennen, als sie zu ihm aufsah, weil sie nicht beurteilen konnte, was in ihm vor sich ging. Regulus mochte es, diesen Blick auf den Gesichtern seiner Mitmenschen zu sehen. Dass niemand ihn einschätzen konnte, machte alles so viel einfacher.
‚Sie hat Feuer, das muss man ihr lassen', erinnerte er sich an Evan Rosiers Worte, die er plötzlich von sich gegeben hatte, als Lily letztes Jahr einen Slytherin dafür zurechtgewiesen hatte, einen muggelstämmigen Schüler bedroht zu haben. ‚Zu schade, dass sie ein Schlammblut ist, was, Reg?'. Natürlich hatte Regulus nichts dazu gesagt. Es hatte ihn nicht großartig interessiert, welches Mädchen Feuer hatte oder nicht. Doch als Lily ihn nun aus ihren funkelnden Augen ansah, hätte auch ein Teil von ihm am liebsten dafür gesorgt, dass sie sich wieder beruhigte und dieser Blick nicht ihm galt — andererseits genoss er ihre Aufmerksamkeit.
„Ich wusste nicht, dass du unter die Verhaltensforscher gegangen bist." entgegnete sie knapp und ging weiter, wobei ihr plötzlich ein ungläubiges Lachen entwich. Sie fuhr sich über die Stirn und fluchte leise.
„Weißt du..." begann Regulus, der weiterhin stehengeblieben war und dabei zusah, wie sie sich mit hastigem Atem zu ihm umdrehte. „Wenn ich in Ruhe meine Gedanken ordnen will, gehe ich gerne auf den Astronomieturm."
Sie erwiderte seinen Blick stumm und Regulus konnte nicht einordnen, was ihre grünen Augen an sich hatten, dass sie ihn so unruhig machten. Er ließ seinen Blick über sie wandern und stellte fest, dass sie für einen normalen Freitagabend ziemlich schick aussah. Sie war mehr geschminkt als sonst — um ihre Augen konnte er in der Reflexion des Lichts ihren Lidschatten glitzern sehen und ihre rot geschminkten Lippen verzogen sich dieses Mal nicht zu einem Lächeln. Sie trug ein funkelndes, ärmelfreies Top und hohe Jeans mit einem breiten Gürtel. Der obere Teil ihrer roten Haare war hochgesteckt, doch der Rest fiel in Locken über ihre Schultern und umspielte ihr Gesicht. Regulus schluckte, als er ihr wieder in die Augen sah.
„Nach dir, dann." meinte sie und Regulus atmete tief ein, bevor er nickte und sich auf dem Weg zum Astronomieturm wiederfand. Während er nach dem Schweigen, das im Gang zum Turm zwischen ihnen entstanden war, die Treppenstufen nach ihr erklomm, fragte er sich, was er überhaupt hier tat. Normalerweise durchdachte er alles, doch auf einmal kamen Vorschläge und Worte aus seinem Mund, über die er vorher nicht einmal nachgedacht hatte.
Er folgte ihr bis zum Geländer und lehnte sich schweigend mit den Armen auf das kühle Metall, wie er es schon oft getan hatte.
„Ich hoffe für dich, du planst nicht, mich umzubringen." meinte Lily und Regulus musterte sie aus seinen blau-grauen Augen, bevor er leicht schnaubte.
„Hätte ich das nicht in den letzten fünf Minuten machen können?" entgegnete er und sie lächelte leicht.
„Es wäre leichter, einen Mord mit einem Sturz vom Astronomieturm zu vertuschen statt in den Schulgängen."
Er musterte sie. Diesmal war er es, der sein Gegenüber nicht lesen konnte, während sich die Verwirrung deutlich auf seinem Gesicht abzeichnete. „Vielleicht sollten eher mir deine Erfahrungen im Mord vertuschen Sorgen machen."
Sie legte den Kopf schief und lachte leise.
„Woher kamst du eigentlich?" fragte er und sie erwiderte seinen Blick aufmerksam.
„Im Gemeinschaftsraum ist eine Feier für mich... für meinen Geburtstag." erklärte sie. „Ich bin volljährig geworden."
Regulus zog die Augenbrauen zusammen. „Müsstest du nicht 18 werden?" erkundigte er sich verwundert.
Lily lachte über seine Frage. „In der richtigen Welt — ich meine, in der Muggelwelt — wird man erst mit 18 volljährig."
„Das macht doch keinen Sinn." sagte er knapp.
„Es macht genauso viel Sinn wie mit 17." Sie hörte sich belustigt an. „Es ist nur eine Zahl."
„Alles Gute dann." meinte er etwas unbeholfen. Er war nicht gut darin, Leuten zu ihren Geburtstagen zu gratulieren — doch es ging ihm nicht anders, wenn jemand ihn beglückwünschte.
„Ich hatte schon am Montag." meinte sie, doch sie lächelte. „Aber danke."
Regulus nickte schweigend und konnte sehen, wie sie bei dem Wind erschauderte. Er sah zu der Gänsehaut auf ihren freien Schultern. Mit einem kurzen Zögern nahm er seinen Umhang ab und wartete auf ihre Reaktion, als er Anstalten machte, ihn ihr umzulegen. Da sie keine Regung zeigte, legte er ihn ihr vorsichtig um ihre Schultern und fragte sich, ob er es sich nur eingebildet hatte, dass sie ihre Luft für einen kurzen Moment angehalten hatte. Er senkte den Blick, als er vor ihr zugewandt stehenblieb und versuchte an etwas anderes zu denken, als Lily ihm stumm in die Augen sah. Er wusste nicht, warum er hier war. Er sollte nicht hier sein. Es fühlte sich an, als würde seine Brust enger werden und als er es nicht mehr aushielt, sie länger anzublicken, sah er zur Seite.
„Regulus?" fragte sie genau in diesem Moment und sein Kopf fuhr wieder zu ihr herum, als er seinen Namen aus ihrem Mund hörte. Er mochte es, wenn sie ihn aussprach. Sie zog seinen Umhang sein wenig enger um sich. „Was machen wir hier?"
Für einen kurzen Moment wollte er ehrlich sein und ‚Ich weiß es nicht' sagen. Doch er riss sich zusammen, als er sich bewusst machte, wer sie war... wer er war. „Wir sind hier," begann er. „Weil dich etwas beschäftigt... Und ich nicht wollte, dass du alleine gehst."
Lily hob ihre Augenbrauen, bevor sie sich mit einem Grinsen zur Seite abwandte und auf das Schlossgelände sah. Auch Regulus lehnte sich zurück und drehte sich zum Geländer. „Das Gentleman-Gen liegt wohl wirklich in der Familie Black." stellte sie fest.
Regulus hätte gerne darüber gelächelt, doch er wäre gerne davon überzeugt gewesen, dass sie nicht an Sirius dachte, wenn sie bei ihm war. „Vergleichst du mich jedes Mal mit ihm?" fragte er neutral und sie schüttelte sofort mit dem Kopf, als hätte sie mit dieser Frage gerechnet. Sie sah die unausgesprochene Frage in seinem Blick und seufzte leicht, bevor sie zu erzählen begann. Es sollte Regulus nicht interessieren, was sie so sehr aufwühlte — doch auf eine seltsame Art und Weise tat es das.
„Du willst wirklich wissen, was der neuste Klatsch der Gryffindors ist?" fragte Lily skeptisch.
Regulus zuckte mit den Schultern. „Wenn Sirius in einen Igel getreten ist und du deswegen so aufgebracht bist, wäre das wenigstens etwas Amüsantes."
Sie lachte darüber und als er dieses Geräusch aus ihrem Mund hörte, konnte er nicht anders, als ebenfalls leise einzustimmen.
„Ich will immer, dass alle glücklich sind." sagte sie schließlich nach einer kurzen Pause. „Und das ist wohl das Problem."
„Das ist ein dummer Gedanke." stimmte Regulus schlicht zu und ignorierte, wie sich ihr Blick verfinsterte. „Die Welt besteht aus zu vielen Gegensätzen, um eine zu erschaffen, in der alle glücklich sind."
„Wie auch immer..." murmelte Lily.
„Warte" unterbrach Regulus sie, bevor sie fortfuhr. „Das ist aber nicht irgendeine Beziehungssache mit Potter, oder?"
Lily verdrehte die Augen. Regulus wusste selbst nicht, wieso er sich plötzlich so sehr für ihr Leben interessierte. „Wir waren noch nicht richtig zusammen." sagte sie schließlich und er runzelte bei ihrer Wortwahl die Stirn.
„Waren?" wiederholte er skeptisch.
„Ich habe ihm gesagt, dass wir... dass er mehr Zeit braucht, um sich darüber klarzuwerden, ob das mit mir das ist, was er will." erklärte sie und schüttelte mit dem Kopf, als könnte sie selbst nicht glauben, dass sie ihm das erzählte. „Es ist kein Geheimnis, dass er mich lange mochte und vielleicht... Vielleicht hat er sich nur in das Bild verliebt, das er von mir hatte und jetzt merkt er, dass es nicht das ist, was er will."
Regulus nickte. Das hörte sich für ihn plausibel an, auch wenn ihm noch mehr Fragen im Kopf umherschwirrten als vorher. Doch er schwieg, um nicht zu viel Interesse zu zeigen.
Lilys Blick flackerte unsicher zu ihm. „Es ist nicht so, dass es vorbei ist." fuhr sie fort. „Vielleicht denke ich zu sehr an andere und stelle dann meine Sorgen um das Glück von anderen über mein eigenes."
„Das denke ich nicht." meinte Regulus ruhig. „Ich würde es nicht so selbstlos aus deiner Sicht darstellen. Du willst, dass Potter sich über seine Gefühle klar wird, bevor er sich so sehr verrennt, dass er sich am Ende etwas mit dir einbildet, das nicht da ist und es erst erkennt, wenn du richtige Gefühle entwickelt hast und er dich verletzt. Jetzt kannst du diejenige sein, die die Kontrolle behält. Die sich selbst noch distanzieren kann, falls er erkennt, dass an deinen Worten etwas Wahres dran ist." Er zuckte mit den Schultern. „Hört sich plausibel an."
„Ich will aber nicht, dass es vorbei ist." gab sie zu und atmete tief durch. „Ich weiß überhaupt nicht, was ich will."
Regulus fuhr sich etwas unbeholfen durch seine dunklen Locken.
„Und du willst vermutlich gar nichts davon hören, klar." stellte sie fest und lachte verbittert über sich selbst. „Ich rede zu gern. Petunia hat immer gesagt, dass ich bei allen möglichen— wie auch immer, ich tue es wieder."
Regulus lächelte leicht, als er merkte, dass sie ein wenig auftaute. „Ich bin mit Sirius aufgewachsen. Was glaubst du, wie viel er geredet hat? Vor allem über sich selbst."
„Er hat damit nicht aufgehört." entgegnete Lily und er hoffte bei ihrem prüfenden Blick neutral genug auszusehen, um zu überspielen, was in ihm bei Sirius' Erwähnung vor sich ging.
„Sirius führt sich auf, als wäre er nicht nach einem Stern, sondern der Stern nach ihm benannt worden."
„Sirius ist der hellste Stern, richtig?" fragte sie interessiert.
„Ja." antwortete Regulus und hörte sich an, als würde ihn diese Tatsache tatsächlich stören. Sein Blick fiel automatisch auf den Stern, den sie angesprochen hatte. „Aber..." begann er sofort mit einer Rechtfertigung. „Das liegt auch nur daran, dass er nah an der Erde dran ist, nur 240 Millionen Jahre jung und fast doppelt so heiß wie unsere Sonne ist."
„Doppelt so heiß wie die Sonne, ja?" Als Lily herzhaft zu lachen begann, musste auch Regulus ein Grinsen unterdrücken. „Sag ihm das bloß nicht. Ich dachte immer, der Polarstern wäre der hellste."
„Hast du in Astronomie geschlafen?" entfuhr es Regulus, bevor er darüber nachdenken konnte und Lily hob die Augenbrauen.
„Wenn der Unterricht nachts ist..." rechtfertigte sie sich, was ihm einen ungläubigen Blick entlockte.
„Warte, du hast wirklich geschlafen?"
„Von Zeit zu Zeit."
Regulus blieb kurz der Mund offen stehen.
„Es war nicht wirklich mein Fach." verteidigte sie sich. „Es hat mich nie interessiert."
Er verstand zwar nicht, was es an Astronomie nicht zu mögen gab, da er sich schon als Kind damit auseinandergesetzt hatte, entschied sich aber, nichts dazu zu sagen.
„Und wie heiß ist Regulus?"
Regulus' Kopf fuhr etwas zu schnell zu ihr herum. Er sah ihr aufmerksam in die grünen Augen, um zu erkennen, was in ihnen vorging. Doch Lily lächelte nur schief und er konnte nicht ansatzweise erahnen, was ihr durch den Kopf ging. Und dann tat Regulus das Demütigendste, was er je getan hatte: Er errötete wegen Lily Evans.
„Der Stern." erklärte sie mit einem schiefen Lächeln weiter und Regulus räusperte sich. Er wusste, dass sie über den Stern geredet hatte, aber er fragte sich ob... Flirtete Lily Evans gerade mit ihm?
„Sehe ich aus, als könnte ich die Temperaturen auswendig?" fragte er betont unbeteiligt, doch als Lily die Augenbrauen hob, gab er nach. „Heißer als Sirius." meinte er und diesmal grinste er leicht in ihre Richtung. „4000 Grad heißer, um genau zu sein."
„Und warum ist er dann nicht heller als Sirius?" fragte Lily verwundert.
„Weil Sirius nicht einmal neun Lichtjahre von der Erde entfernt ist und Regulus fast 78."
Lily nickte anerkennend über die Zahlen, die ihm so selbstverständlich über die Lippen kamen. „Wie viele Jahre entsprechen eigentlich einem Lichtjahr?" fragte sie weiter.
„Lichtjahre sind doch keine wirklichen Jahre." Regulus schüttelte mit dem Kopf. „Das ist keine Zeit-, sondern eine Längeneinheit, Lily." belehrte er sie und sie verdrehte scherzhaft die Augen.
„Hey, ich bin froh, dass ich weiß, dass ich Wassermann bin." meinte sie mit einem Lachen. „Wo ist der eigentlich?"
„Der Wassermann?" fragte er und seufzte erneut. „Lily, du weißt ja wirklich gar nichts."
Sie warf ihm einen empörten Blick zu, aber er merkte, dass er sich auf sicherem Eis bewegte und sie es als das aufnahm, was es war: nicht böse gemeint. Er fragte sich, wann es passiert war, dass er mit Lily Evans Scherze machen konnte.
„Das Sternbild ist schon untergegangen. Du siehst noch gerade so den Fisch am Horizont, siehst du?" Er deutete in den Westen und Lily hob die Augenbrauen.
„Bei aller Liebe" meinte sie. „Aber einen Fisch sehe ich da wirklich nicht. Die Namen wurden mit sehr viel Fantasie vergeben."
„Es sind zwei Fische, die an ihren Flossen verbunden sind und— wie auch immer." Er unterbrach sich, als Lily ihm wenig begeistert zuhörte.
„Was bist du?" fragte sie neugierig.
Er grinste leicht und machte eine kurze Geste in die Richtung, in die er gezeigt hatte. „Fisch." meinte er schließlich vielsagend und er verstand beim besten Willen nicht, warum sie aussah, als müsste sie ein Lachen zurückhalten. „Und du musst neuneinhalb Kilometer nehmen und hängst dann zwölf Nullen dran: das ist ein Lichtjahr."
Lily nickte mit einem nachdenklichen Ausdruck in den Augen.
„Bevor du fragst: Das ist Regulus. Im Löwe-Sternbild." Er deutete in Richtung Osten, bevor er sich zurück in den Süden wandte. „Und Sirius ist dort. Es wundert mich ehrlich, dass er dir das noch nicht gezeigt hat. Er hat es geliebt, mit seinem Stern anzugeben, als wir klein waren."
„Und deswegen hast du so viel darüber recherchiert, um ihm zu sagen, dass das nur an der Entfernung liegt und deiner eigentlich heller wäre?" fragte Lily belustigt.
„Ja." bestätigte er ihre Frage mit einem leichten Lachen.
„Dafür, dass du nicht über ihn reden willst, erwähnst du ihn ganz schön viel." meinte Lily und als er die Neugier in ihrem Blick sah, wusste er, dass es der beste Moment wäre, das Thema zu wechseln — oder sie direkt hier stehen zu lassen.
„Du bist die einzige, mit der ich das kann." antwortete er, bevor er näher darüber nachdachte. „Vor meinen Freunden muss ich so tun, als... als hätte er nie existiert." Seine letzten Worte waren viel mehr gemurmelt, doch Lily schien ihn verstanden zu haben.
„Dann solltest du vielleicht überdenken, was für Freunde das sind, wenn du nicht ehrlich zu ihnen sein kannst." meinte sie altklug. „Sirius hat echt Freunde. Freunde, die immer für ihn da sind."
„Du tust so, als wäre das leicht. Aber ich bin nicht Sirius, Evans." Seine Stimme wurde kühler. Er wollte sich nicht von ihr belehren lassen.
„Das ist keine Rechtfertigung dafür, nichts zu tun." hielt sie dagegen und er schnaubte angestrengt, bevor er sich von ihr abwandte.
„Ich tue etwas." meinte er schlicht und hörte, wie sie ein spöttisches Geräusch von sich gab.
„Oh, wirklich? Wie als du daneben standest, als Mulciber Mary angegriffen hat? Oder Rosier seine—"
„Was denkst du, was ich tun sollte?" entgegnete er. „Wenn ich etwas sage, wissen sie, was ich denke."
„Dass du daneben steht, hilft aber nicht." Lilys Augen funkelten erneut gereizt. „Es ist feige. Vor allem, wenn du vorgibst, so anders darüber zu denken als sie."
„Hör auf über mich zu urteilen." sagte er ruhig und er konnte die Frustration in ihren Augen sehen, als sie ihm keine Reaktion entlocken konnte. „Ich denke, es wird Zeit, meinen Rundgang fortsetzen."
Er konnte ihren Blick auf sich spüren, während er sie nicht ansah. Im Augenwinkel nahm er war, wie sie mit dem Kopf schüttelte. „Mach dir keine Umstände." meinte sie kühl. „Ich gehe schon."
Regulus hielt sie nicht auf. Er reagierte nicht einmal, als Lily erneut auf eine Reaktion wartete, bevor sie sich schnaubend umdrehte. „Lily." sagte er und dachte schon, sie würde nicht innehalten, als er hörte, wie ihre Schritte verstummten. Sie wartete darauf, dass er etwas sagte, doch er blieb regungslos am Geländer stehen, sein Blick weiterhin auf das Schlossgelände gerichtet. Was er sagen wollte war ‚Geh nicht'. Ihre Nähe tat ihm gut. Doch er würde es nie aussprechen.
„Vielleicht bist du kein schlechter Mensch." begann sie, als sie merkte, dass nichts von ihm kommen würde. „Aber es ist nicht genug, etwas zu denken und nicht dafür einzustehen."
Als er hörte, wie sie ging, schloss er die Augen und beugte sich mit schnell klopfendem Herz über das Geländer. Wenn sie wüsste... Er wollte etwas finden, er wollte es wirklich. Doch manchmal kam es ihm unmöglich vor. Es gab ein Geheimnis um den dunklen Lord. Er war einmal ein normaler Zauberer gewesen, das wusste er von seiner Mutter. Heute glich er mehr einer Schlange als einem Mann, seine dunkle Magie hatte ihn zerfressen und Regulus wusste, dass es über gewöhnliche schwarze Magie hinausging. Thea hatte ihn mit ihrer Erzählung nur darin bestätigt, doch er... Er bekam das Puzzle einfach nicht zusammen.
Frustriert schlug er gegen das Geländer. Er würde dafür einstehen und er würde etwas tun, doch er musste es unentdeckt tun. Er musste die Nähe, die er zu Voldemort hatte nutzen, um seinen Schwachpunkt zu finden. Jeder hatte einen, selbst der dunkle Lord.
Er fragte sich, ob Lily zurück zum Gemeinschaftsraum gehen würde. Vermutlich. Vielleicht würde sie weiter ihren Geburtstag feiern, mit ihren Freunden und seinem Bruder. Und er wusste nicht, warum der Gedanke sein Herz so schwer machte.
༄ Lily
LILY JEDOCH KAM GAR NICHT ERST bis zum Gemeinschaftsraum.
Sirius wartete kurz vor dem Portrait der Fetten Dame auf sie und lehnte mit verschränkten Armen und gereizten grauen Augen neben dem Gemälde. „Was zur Hölle hast du mit meinem Bruder zu schaffen, Lily?" fragte er finster und Lily zog den Umhang etwas näher an sich heran, als ihr bei diesen Worten eiskalt wurde. Sein Blick folgte ihrer Bewegung. „Und seit wann trägst du einen Slytherin-Umhang?"
Lilys Herz stoppte kurz. Wie war es überhaupt möglich, dass er davon wusste? Normalerweise hätte sie Sirius nicht so mit sich reden lassen, aber sie war viel zu aufgewühlt, um etwas Schlagfertiges zu erwidern. Sie sollte sich nicht so schuldig fühlen, wie sie es gerade tat. Es war ihre Sache, nicht die von Sirius.
„Das geht dich nichts an." erwiderte sie kühl und Sirius hob die Augenbrauen.
„Das— das geht mich nichts an?" wiederholte er und lachte kalt. „Erst brichst du also James das Herz, treibst dich mit meinem Bruder herum und dann sagst du mir, dass mich das nichts angeht?"
▃▃▃▃▃▃▃▃▃▃▃▃▃▃▃▃
Ich liebe es, Lilys und Regulus' Interaktionen miteinander zu schreiben. Allein Lilys Frage „Was machen wir hier?" hat das Ganze so gut zusammengefasst...
Also was denkt ihr, was machen sie da? Wie könnte das wichtig werden und was denkt ihr, wohin es gehen wird?
Sagt mir eure Meinung!
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