Kapitel 30 : Dinner
Wie verwurzelt stehen wir uns gegenüber und schauen uns in die Augen, bis der Meister sich räuspert und seinen Blick kurz auf den Boden richtet.
"Folge mir, aber bleib dicht bei mir."
Ich nicke daraufhin und trete etwas näher an ihn heran, wobei er mich mustert. Ganz dicht an ihm dran kann ich seinen maskulinen und männliche Duft riechen, der mir immer wieder einen Schauer über den Rücken laufen lässt.
Er schaut auf mich herab, ehe er losgeht, sowie auch ich.
Der Meister öffnet die Tür und hält sie für mich auf. Etwas verwirrt von dieser Geste bleibe ich kurz stehen, bis ich aus dem dunklen Raum in den Flur gelange, der ebenfalls nicht sehr lichtdurchflutet ist. Nur ein kleines Fenster neben der Tür gibt dem Flur Licht.
Nach mir geht er aus der Tür und schließt diese. Automatisch möchte ich gerade zu der Tür gehen, die nach draußen führt, doch da geht der Meister auf die Steintreppe zu.
Vorsichtig folge ich ihm und steige die Treppe hinter ihm hinauf. Dabei überkommt mich ein komisches Gefühl, da mich Treppen immer an die Container und somit an die Strafen erinnern.
Auf einem kleinen Absatz bleiben wir vor einer großen schwarzen Tür stehen. Der Meister legt seine Hand auf die Türklinke und atmet tief durch, bis er sie hinunterdrückt. Wie vorhin lässt er mich zuerst durch die Tür und er geht nach mir.
Überwältigt von dem, was ich sehe, bleibe ich stehen und schaue mich um. Wir müssen im richtigen Hauptgebäude drin sein. Es sieht so luxuriös aus.
Eine wunderschöne breite Treppe, mit weißen Geländer und rotem Teppich führt von der unteren Etage in den Flur der erste Etage, in dem wir uns befinden. Die Treppe trennt sich an der Wand und geht in zwei Richtungen auf, sodass man beiderseits die Treppe nehmen kann.
Über der Treppe hängt ein Kronleuchter aus Glas, der den Raum erstrahlt, obwohl das die beige-gelben Wände schon tun. Viele Bilder mit Personen und alten Gebäuden zieren diese.
Plötzlich merke ich eine Hand an meinem Rücken, die mich nach vorne zieht. Ich versuche bei dem Schritttempo des Meisters mitzuhalten, während meine dreckigen Schuhe über den glänzenden grauen Holzboden gleiten.
Ich bin so fasziniert von diesem Flur, von dem weitere Gänge ausgehen und viele Türen in Räume führen. Er ist so groß, glamourös und hell durch die Fenster, die an der Wand platziert sind an der die Treppe entlang führt. Die Fenster, die ich immer nur von draußen begutachtet habe.
Dieser Raum schreit nicht nach Mountry, aber ich kann auch nicht genau sagen, wonach dieser Raum schreit. Er ist so undefinierbar.
Wir sind quer durch den Flur gegangen und bleiben vor einer hellbraunen Holztür stehen, vor der ein Mann im schwarzen Anzug und einer schwarzen Fliege um den Hals am weißen Hemd steht. Der Mann sieht schon älter aus, da seine schwarzen Haare fast komplett grau sind, sowie sein Schnurbart über der Oberlippe. Falten lassen sich deutlich auf seinem etwas eingefallenem Gesicht abbilden.
Der alte Mann verbeugt sich leicht vor dem Meister, ehe er zur Seite rückt.
Was befindet sich hinter dieser Tür? Warum steht dieser Mann davor? Ist das ein Upgrade von den Containern und dort wird es noch schlimmer sein?
Ich werde etwas hysterisch, was ich versuche zu verstecken, in dem ich wieder mit meinen Fingern spiele.
Der Meister nickt ihm zu, bis er den Türgriff nach unten drückt und die Tür sich öffnet. Gemeinsam betreten wir den Raum und erstaunt sehe ich mich um, während der Meister die Tür wieder schließt.
Direkt rechts am Eingang erstreckt sich eine Küche, in der auch eine Kücheninsel mit einem großen Herd angebracht ist, sowie auch Barhocker die davor stehen. An der Wand gegenüber befindet sich ein großes Fenster, sowie auch eine Tür aus Glas, die zu einem Balkon führt, auf dem ein graues Ecksofa steht.
Drinnen, vor dem großen Fenster, steht ein kleiner Tisch mit zwei Stühlen, die sich gegenüber stehen. Auf dem Tisch befindet sich Essen, dessen Duft mir sofort in die Nase steigt und mein Magen zieht sich automatisch zusammen. Ich habe den Raum noch nicht zu Ende erkundet, doch meine Gedanken kreisen gerade nur noch um das Essen.
"Setz dich.", bittet der Meister mit freundlicher Stimme, in der jedoch ein klein wenig Anspannung herauszuhören ist.
Vorsichtig setze ich mich auf den linken Stuhl, sodass ich einen perfekten Blick auf den Rest des Raumes habe. Der Raum erstreckt sich noch ein wenig weiter. Eine große schwarze Couch steht mitten im Raum auf einem weißen gemütlichen Teppich, sowie auch ein kleiner Glastisch. Davor steht ein schwarzes Bücherregal mit Glastüren.
Rechts neben dem Regal erstreckt sich eine Kommode, worüber ein großer schwarzer Fernseher an der Wand befestigt ist, auf den man perfekt von dem dunkelgrauen Boxspringbett sehen kann, das etwas schräg davor steht. Etwas entfernt vom Bett ist eine Wand, an der Fenster angebracht sind. Unter den Fenstern befinden sich niedrige weiße Kommoden, die an der ganzen Wand entlang gezogen sind.
Hinter dem Bett befindet sich ein hoher Kleiderschrank und eine Glastür, durch die man nicht sehen kann, da sie verschnörkelt ist.
Der Meister hat sich bereits vor mich gesetzt, wobei er mich erwartungsvoll ansieht.
"Was ist das hier?", frage ich verwundert, während ich den Raum weiter begutachte. Es ist alles in schwarz-weiß-grau gehalten, was dem ganzen so viel Luxus verpasst.
"Das ist mein Reich. Hier wohne ich.", antwortet er strickt.
Langsam richte ich meine Augen von dem Raum ab und sehe in seine Augen, die mich ausgiebig mustern.
Etwas sprachlos weiß ich gar nicht, was ich sagen soll. Er hat mich wirklich in sein Zimmer gebracht? Naja, Zimmer kann man das nicht sagen. Das ist eine Wohnung.
"Iss. Du hast bestimmt Hunger."
Seine Stimme zieht mich aus meiner Starre und ich sehe auf den Teller vor mir herab. Spagetti mit Tomatensauce befindet sich vor mir und auf der Mitte des Tisches steht eine Schüssel mit Parmesan. Bei dem Anblick läuft mir der Speichel im Mund zusammen.
Vorsichtig nehme ich das Besteck in die Hand und führe das Essen in meinen Mund, wobei ich versuche nicht zu stöhnen. Es schmeckt so unfassbar gut, obwohl es nur Spagetti sind.
Schweigend essen wir vor uns hin. Eigentlich habe ich so viele Fragen, aber ich traue mich nicht ein Wort von mir zu geben.
Ich greife nach der Schüssel mit dem Parmesan, da greift er im selben Moment ebenfalls danach. Wir sehen uns an und sofort ziehe ich meine Hand zurück.
"Verzeihung...", nuschele ich, während ich meinen Kopf nach unten richte, um ihn nicht anzusehen.
"Weshalb? Nimm' ruhig.", spricht er und schiebt die Schüssel mit dem Parmesan zu mir.
Etwas verunsichert blicke ich wieder in sein Gesicht.
"Sind Sie sich sicher?"
Der Meister beginnt zu grinsen und lacht leise, weshalb ich noch unsicherer werde und etwas in den Stuhl zusammensacke.
"Du brauchst mich nicht zu siezen und ja, ich bin mir sicher. Jetzt nimm den Parmesan oder ich streue ihn dir über deinen Teller.", erwidert er, wobei sein Lächeln nicht seine Lippen verlässt. Noch nie habe ich ihn so lange Lächeln sehen, oder überhaupt mal richtig Lächeln sehen.
"Ok-k-kay.", stottere ich irritiert und nehme eine Handvoll Parmesan aus der Schüssel, um es dann auf meinem halbleeren Teller zu verteilen.
Ich soll ihn nicht siezen? Was denn sonst? Ich kann den Meister doch wohl nicht duzen. Dafür wurde mir das alles hier viel zu sehr eingetrichtert.
"Ich mag deinen Namen, Madeline.", beginnt er erneut mit einem Gespräch.
Überrascht von dem plötzlichen Themenwechsel sehe ich von meinem Teller in seine Augen. Allerdings habe ich mir gerade erst eine Gabel mit viel Spagetti drumherum in den Mund geschoben, die mir noch halb aus dem Mund hängen.
Schnell kaue ich m, um schnell antworten zu können, weil ich nicht unhöflich wirken will. Immerhin scheint er gerade so gut gelaunt zu sein. Dabei fällt mir allerdings die Hälfte der Spagetti wieder auf den Teller. Etwas peinlich berührt streiche ich mir durch die blonden verzausten Haare und lächle ihn schief an, da er alles gesehen hat.
"Ich mag meinen Namen nicht so.", gebe ich zu und nehme ein schluck Wasser aus dem Glas vor mir.
Der Meister legt den Kopf schief, lässt sein Besteck los und legt sich nach hinten in den weißen Stuhl.
"Wieso das nicht?"
"Er klingt viel zu förmlich. Madeline... Ich bevorzuge lieber meinen Spitznamen."
"Und wie lautet dein Spitzname?"
Kurz zögere ich. Soll ich ihm das wirklich sagen? Er weiß eh schon alles von mir. Was soll ein Spitzname da schon ausrichten?
"Maddy.", antworte ich und esse eine kleine Menge Spagetti, damit es nicht wieder so peinlich wird, wenn er mich wieder etwas fragt.
"Maddy... klingt auch schön."
Schön? Habe ich gerade das Wort schön aus dem Mund des Meisters gehört?
Ich nicke auf seine Aussage, während ich das Essen hinunterschlucke.
"Du hast noch weitere Namen, nicht wahr?", möchte er wissen, wobei er seinen rechten Arm auf die Tischkante packt und seinen Kopf auf seiner Hand abstützt. Interessiert ihn das wirklich?
"Ähh.. ja, aber die mag ich auch nicht besonders...", gestehe ich und zucke mit meiner rechten Schulter.
"Wieso magst du all deine Namen nicht?"
"Mein voller Name klingt noch förmlicher und viel zu Märchenhaft. Mal ganz ehrlich, wer möchte Madeline Sophie Rose heißen. Da nimmt doch niemand einen ernst.", erwidere ich und schüttele leicht meinen Kopf.
"Mit welchem Namen würden die Leute dich denn ernst nehmen?"
Wieso fragt er so viele Fragen?
"Maddy.", behaupte ich und Lächle, woraufhin er erneut lächelt.
"Den eigenen Namen kann man leider nicht aussuchen. Daran sind alleinig die Eltern schuld.", behauptet der Meister und setzt sich wieder normal hin.
Ich möchte gerade etwas darauf erwidern, bis er das Wort Eltern in den Mund nimmt. Augenblicklich bricht die Welt wieder für mich zusammen und ohne es kontrollieren zu können steigen schon die Tränen auf.
Meine Eltern. Meine tote Mutter. Mein Vater in Deutschland.
Auch wenn ich meinen Namen nicht mag liebe ich meine Eltern. Doch im Moment fühlt es sich so an, als würden beide nicht mehr leben.
"Hey, alles in Ordnung?", höre ich die Stimme des Meisters beunruhigt fragen.
Die Tränen laufen bereits meinen Wangen entlang.
"Ich muss an die frische Luft.", krächze ich. Hier drin fühlt es sich so an als würde ich ersticken.
"Du kannst auf den Balkon.", bietet er an, während er bereits aufgestanden ist und die Tür zum Balkon aufmacht.
Schluchzend stehe ich auf und gehe auf den Balkon, wobei ich mir meine Tränen aus dem Gesicht wische.
Die kühle Abendluft tut gut. Ich versuche gleichmäßig ein und auszuatmen, um den Knoten aus meiner Brust zu bekommen.
Um mich weiter abzulenken konzentriere ich mich auf den Ausblick. Von hier oben kann man weiter gucken als da unten, aber hier gibt es nicht mehr, als man unten nicht auch sehen kann. Abgesehen von ein paar Hügelln in der Ferne. Wenn man allerdings nach rechts guckt erkennt man die Container, wie sie alle am Zaun aufgestellt sind. Direkt rechts müssten auch die Duschen sein, doch ich kann sie nicht erkennen.
Nach einer Weile stellt sich der Meister neben mich ans schwarze Geländer, der mich wahrscheinlich die ganze Zeit angesehen hat. Mittlerweile habe ich mich wieder beruhigt und die Tränen sind getrocknet.
"Es tut mir leid, falls ich etwas falsches gesagt habe.", äußert er sich mit ruhiger Stimme.
"Alles gut...", hauche ich und starre in die Ferne.
"Ich mag meinen Namen auch nicht, aber ich habe keinen Spitznamen, wie du.", erzählt er.
Ich drehe meinen Kopf zur Seite und schaue ihn schief an.
"Meinen Sie, äh du... Meinst du den Namen Meister?", frage ich, woraufhin er den Kopf schüttelt und stur in die Ferne guckt.
"Mein Name ist nicht Meister. So sollt ihr mich nur nennen."
Das war mir schon klar, aber über die Wochen habe ich mir den Namen so eingeprägt, dass ich mir eingebildet habe sein wirklicher Name wäre Meister.
"Mein richtiger Name ist Gordon. Wie du habe ich auch insgesamt drei Namen. Drei Namen, die auch so förmlich und wie aus einer Märchenwelt klingen. Jedoch bin ich in dieser Welt gefangen, bloß dass das Märchen darin keine Rolle spielt. Gordon Louis Kennedy aus der Märchenwelt ohne Märchen."
————
Heute frei? Super!
Neues Kapitel? Noch besser!
Okay, ich hab's kapiert... ich bin gemein, upsi hehe.
Ich geb zu, dass der Schluss vom letzten Kapitel mies war, aber jetzt ist ja das neue Kapitel da :D
Uuund der Name des Meisters wurde finally verkündet wuhu
Dieses Kapitel ist generell sehr Informationsreich, finde ich haha
Warum hat er sie wohl in seine Wohnung gebracht? Nur fürs Abendessen?
See you next week : )
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