Schneegestöber- Eine Kurzgeschichte der Lachenden Maskenhände
Pandu-Anjan und Efrén sind zwei Charaktere aus einer meiner Geschichten aus dem Pangea-Universum. Sie gehören einer Wandertheatergruppe mit dem Namen "Die Lachenden Maskenhände" an. Und während ich meinen Kindheitswohnort besuchte und dort riesige Schneemassen sah, kamen die beiden reingestürmt - oder eher Efrén hat Pandu-Anjan mitgezogen- wollten unbedingt eine eigene Kurzgeschichte haben, die im Schnee spielt.
> P.J.: Und jetzt übernehmen wir, wir können das besser erklären, als diese ... Person da. Wer ist sie überhaupt?
E: Unsere Schöpferin, sie hat uns erdacht.
P.J.: Unmöglich, ich bin so ein Unikat, mich kann sich keiner erdenken!
E: Doch, doch sie kann es. Sie hat es schon getan.
P.J.: *schmollt dramatisch*
E: Weshalb wir sie unterbrochen haben ... Unsere Welt ist etwas ganz Besonderes, denn ihr gehen gesprochene und geschrieben Worte ab, weil ein wahnsinniger Zauberer die mit einem Zauber verbannt hat. Aber er war selbst dafür zu wahnsinnig, denn ab und zu kommen Worte zurück, doch sie sind immer noch sehr rar. Weshalb wir als Theatermachende uns ganz viele andere Möglichkeiten überlegen mussten, um unsere Geschichten auf den Bühnen zu erzählen. Wir sind aber auch ein paar der wenigen, die die paar Worte benutzen dürfen, neben Geschichtenerzählenden. Deshalb sind wir sehr angesehen unter den anderen Völkern in Pangea.
P.J.: Apropos andere Völker, mein Bruder und ich sind Amóda und kommen ursprünglich aus der Wüste Erimos, aber ... aus Gründen ziehen wir nicht mehr nur durch die Wüste, sondern durch ganz Pangea. Dann gibt es auch noch Niomfi, die zumeist unter Wasser, im Meer sind, außer wenn sie es nicht sind, wie unsere Finola. Nagror wie Fylla und ihre Tochter Agnita leben normalerweise unter Berge, im Gebirge mit unaussprechlichen Namen, doch ohne sie hätten wir nie so tolle Kulissen. Ihre große Liebe Ayame ist eine Nerai, doch sie kam in der Hauptstadt Rhuyasetz zu uns, nicht von den Blütenfeldern, wo die meisten anderen Neraiwa leben. Setsuko haben wir aber tatsächlich von dort aufgegabelt, doch sie hat gerade genug eigenes zu tun, weshalb sie nicht in der folgenden Geschichte vorkommt. Und unser süßer Koch ...
E: *verlegen* Meera, die mit ihrer Vergangenheit zu kämpfen hat und uns nicht mit ihrer Präsenz beehren konnte, und ich sind Nitarausi. Das heißt so viel wie. Wir sind aus dem ein oder anderen Grund nicht mehr bei den anderen in Nymanok, sondern Teil der "Lachenden Maskenhände".
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Pandu-Anjan wachte auf, weil er fror. Er schlang sich seinen Überwurf um die Schultern und vergrub die Nase unter der Decke. Doch es half nichts. Jetzt lugten seine Zehen hervor und seine Zähne klapperten. Wann war es so abgekühlt? Er schaute zu dem Bett seines Bruders, doch das war – wie gewöhnlich – leer. Hing gestern das Laken nicht genauso vor der Bettkante? Und das Kissen wies keinerlei Haare auf, oder? Pandu-Anjan lehnte sich vor, um besser sehen zu können, die Kälte kroch ihm den Rücken hinauf unter sein Schlafhemd und er legte sich sofort wieder hin. Die nicht vorhandenen Schlafgewohnheiten Jarons waren kein Grund für ihn das bisschen Wärme aufzugeben.
Pandu-Anjan linste aus dem Fenster zu seiner Rechten. Weiß. Mehr sah er nicht. Seltsam. Auch an den nebeligsten Tagen oder bei Stopps im tiefsten Wald konnte er etwas von seiner Umgebung draußen erkennen. Seine Augen waren in Ordnung, er konnte den Rest des Wohnwagens in all seinem Chaos sehen. Stoffe und Ausschnitte bedeckten den Boden und verwandelten ihren Wohnwagen in eine Farbexplosion. Über Jarons Bett war sein Schneiderbrett heruntergeklappt und Nadeln steckten nicht wie vorgesehen in ihren Halterungen, eine steckte senkrecht in einem Kleid, das er bald enger nähen sollte. Die anderen lagen fadenlos herum. Die Schere lag nicht einmal bei den anderen Utensilien, sondern auf dem einzigen anderen Wandregal. Jaron hatte sie wohl verwendet, um etwas auszuschneiden. Hoffentlich etwas aus Stoff, sonst würde er ihn ... Doch um ihm was anzutun, müsste er wissen, wo er war und deswegen fragte er sich: Was konnte es dann sein, das ihm die Sicht nahm?
Vier kurze Klopfer und nach einer minimalen Pause ein fünfter. So sanft klopfte auch nur einer „He". Pandu-Anjan wickelte die Decke und weil ihm immer noch kalt war auch seinen Pagri um den Hals und hüpfte zur Tür. Je weniger er den Boden berührte, desto weniger Risiko für seine Zehen bestand, abzufrieren. Konnten Zehen abfrieren?
Obwohl er seine Finger in der Decke vergrub, schoss ihm die Kälte des Türknaufs seinen Arm hinauf. Er zischte. Die Tür schwang auf und ein unförmiger Kleiderhaufen begrüßte ihn. Gemeinsam mit einem neuen Schwall eisiger Luft. Pandu-Anjan machte einen Sprung zurück, stolperte über die Decke. Sein lauwarmer Kokon öffnete sich, als er die Arme nach vorn stieß, um sich festzuhalten. Irgendwo. Er wollte nicht fallen!
Der Kleiderhaufen streckte eine Hand aus und zog ihn zu sich. Pandu-Anjan verlor die Decke endgültig, auch sein Pagri segelte zu Boden. Doch ihm war nicht kalt, denn die Stellen, wo der wandelnde Kleiderhaufen ihn festhielt, brannten beinahe. Wärme prickelte seinen Arm hinauf bis in die Zehen und Pandu-Anjan hob den Blick. Um in Efréns sanfte Augen zu blicken. Der Nitaru zog einen Schal, der die untere Hälfte seines Gesichts verdeckt hatte, herunter und lächelte ihn an. Er pfiff: „Es schneit und alle sind draußen im Schnee. Kommst du auch?"
Ein kalter Wind fuhr herein. Die Tür quietschte in den Angeln und Pandu-Anjan kuschelte sich tiefer an Efrén. Bei Parnos, war das kalt! Efrén schlang wie auf Kommando seine Arme um ihn und er spürte das Vibrieren seines Lachens. Pandu-Anjan vergrub sein Gesicht in Efréns Nacken. So eine Blamage und so kalt! Das Leben war unfair!
„Lach nicht!", klopfte er gegen Efréns Brust. „Ich friere zu Tode und du willst, dass ich nach draußen gehe, wo es vermutlich noch kälter ist. Nein danke!"
Efrén lachte wieder. Diesmal strich sein Atem über Pandu-Anjans Ohr und seine Gänsehaut prickelte den Rücken hinunter. Er sollte wirklich die Tür schließen, es war schon obszön eisig hier. Als hätte Efrén seine Gedanken gelesen, tat er genau das. Pandu-Anjan hielt gerade noch einen Protestlaut auf, als er seine exzellente Wärmequelle verlor. Nachdem die Tür geschlossen war, konnte ihn zwar keine Windstöße mehr überraschen, aber kalt war ihm immer noch. Deshalb sammelte Pandu-Anjan Decke und Pagri auf und baute sich in seinem Bett einen neuen Kokon.
Efrén stand da, füllte den restlichen Wohnwagen aus und beobachtete ihn. Pandu-Anjan konnte seinen Ausdruck nicht entziffern, als er den Pagri ordentlich in einen einfachen Dastar um seinen Kopf schlang. Efrén hatte ihn zwar schon oft ohne gesehen, so auch vor ein paar Sekunden, aber ein wenig Würde wollte er sich behalten. Oder zumindest den Anschein ebenjener zurückgewinnen. So gut wie möglich richtete er sich in dem Kokon auf und gestikulierte: „Was hast du eigentlich an? Ich erkenne dich nicht wieder."
Die Frage war berechtigt. Efrén war nicht klein, doch unter der Mütze, dem Schal, einem Poncho und der Jacke, die darunter hervorblitzte, wirkte er verloren. Der zweite Teil stimmte nur halb, denn trotz kurzzeitiger Verwirrung würde er Efrén immer erkennen. Allein schon diese Augen. Nicht etwa das Graubraun sondern dieser unendlich sanft leidenschaftliche Ausdruck in ihnen, der jedem Lebewesen auf Pangea mit so viel Hingabe und stiller Passion begegnete.
Möglicherweise kicherte Pandu-Anjan bei der Erinnerung an eine Besucherin, die einen Löffel von Efréns Chili aß, die Schüssel von sich schob und sich entfernte ohne weitere Geste. Efrén bezeichnete sie noch heute als seine „Erzfeindin". Möglicherweise erstarb das Kichern, als er Efréns Blick auf sich spürte und biss sich auf die Unterlippe, während diese graubraunen Augen ihn intensiv musterten.
„Du sagst, alle sind draußen?", fragte Pandu-Anjan, um diese Anspannung zu lösen. Efrén nickte und senkte den Blick nach einem Moment weiteren Starrens. Pandu-Anjan atmete auf. Was auch immer gerade geschehen war, war vorbei.
„Es ist echt lustig. Agnita und Henry schießen alle mit Schneebällen ab. Selbst Jaron hat seine Arbeit niedergelegt und baut irgendeine Schneeburg."
Pandu-Anjan spähte aus dem Fenster. Immer noch nur weiß. Aber der Wind säuselte um den Wohnwagen und trug gedämpftes Gelächter an sein Ohr. Vielleicht sollte er wirklich ... Es war ewig her, dass sie alle gemeinsam Zeit außerhalb der Arbeit verbracht hatten und er hatte noch nie echten Schnee erlebt.
Efrén öffnete die Tür ein Stück, sofort kehrte die Kälte mit voller Kraft zurück. Pandu-Anjan kauerte sich noch enger zusammen und schüttelte den Kopf. Efrén lächelte und zuckte mit den Schultern. Dann war er weg.
Obwohl die Tür geschlossen war, war ihm kälter als zuvor.
*
Er trat hinaus und ein Schneeball traf ihn mitten ins Gesicht. Wäre nicht Efréns Lachen gewesen – warm und zuckersüß – wäre er sofort wieder umgedreht. So hockte er sich hin, nahm eine Handvoll Schnee und ballte ihn zu einer Kugel. Pandu-Anjan richtete sich auf und überschaute die Situation vor ihm. Wer hatte die Kältebombe geworfen? Ihre Feuerstelle war mit Schnee überdeckt, ebenso die Dächer ihrer Wohnwägen. Zwischen Ayames und Fyllas Wägen versteckten sich Agnita und Henry hinter einer Schneefront. Henry lugte immer wieder über diese Front, während Agnita einen Schneeball nach dem anderen formte und vor sich auftürmte.
Links hinter ihnen saßen Fylla und Ayame in riesigen Wollschals und Mänteln beisammen. Fylla reichte Ayame eine Tasse, aus der es dampfte und die Nerai blies hinein, ehe sie einen Schluck trank und lächelte. Danach griff sie die Hand der Nagra und verschränkte ihre Finger.
Ein weiterer Schneeball flog dicht an ihm vorbei und er stolperte zur Seite. Er sollte seine Munition endlich werfen. Der Schnee schmolz und stach in seine Haut, obwohl er Handschuhe – aus erimosischer Seide. Pandu-Anjan holte aus und zielte auf Henry. Er schoss, der Schneeball flog. Sein Bruder lief, gejagt von Finola über den Platz. Sprang über einen Baumstamm und ... Der Schneeball traf ihn mitten im Gesicht. Jaron stolperte und fiel auf die Knie. Der Schnee unter ihm knirschte und etwas . Oh nein! Pandu-Anjan sah sich um und versteckte sich schnell hinter Efrén, der recht von ihm stand. Jaron spuckte Schnee und schüttelte seinen Kopf. Er stand auf und begutachtete einen zerbrochenen Ast. Finola krümmte sich vor Lachen. Ayame beugte sich zu Fylla. Vielleicht beschrieb sie ihr, was passiert war. Doch darüber konnte sich Pandu-Anjan nicht weiter den Kopf zerbrechen. Denn Jaron hatte ihn entdeckt. Mord stand in seinen Augen und er verzog langsam die Lippen zu einem Lächeln, das Pandu-Anjan aufquietschen ließ. Efrén warf ihm einen belustigten Blick zu, blieb aber still. Er unterdrückte den Impuls, ihm die Zunge rauszustrecken. Efrén schüttelte den Kopf und drückte ihm eine Schneekugel in die Hand. Er nickte zu Jaron und Pandu-Anjan folgte der Bewegung. Ein Schneeball flog auf ihn zu.
Er war nicht stolz auf den Laut, den er ausstieß. Aber er duckte sich rechtzeitig. Der Schneeball traf dumpf auf die Wand des Wohnwagens. Schnee spritzte weg, doch ein weißer Kreis blieb zurück. Blind warf Pandu-Anjan den Ball und hoffte, er traf. Ein weiblicher Schrei verriet, dass er zu viel von seinen Treffkünsten erwartet hatte.
„Wen habe ich getroffen?", pfiff er. Efrén drehte sich halb zu ihm und gestikulierte: „Finola. Jetzt hast du die doppelte Dosis gegen dich."
Bei Parnos!
„Rette mich!" Er warf sich gegen Efréns Beine, umschlang sie und krallte sich im dicken Stoff seiner Hose fest. Für den dramatischen Effekt. Er wollte den Kopf im Boden verstecken, aber ... der Schnee. Also sah er zu Efrén hoch. Bildete er sich das ein oder wurden seine Wangen dunkler? Errötete er? Nein, das kam von der Kälte.
Denn im nächsten Moment gestikulierte der Nitaru: „Steh auf." Er streckte ihm die Hand hin. Die andere hielt bereits einen Schneeball. Pandu-Anjan lächelte und ergriff die Hand. Hand in Hand stellte sie sich seinem Bruder und der Niomfe. Henry und Agnita schalteten sich auch ein und eine waschechte Schneeballschlacht entbrannte zwischen ihnen.
*
Nach einer gefühlten Ewigkeit saßen sie alle auf den Baumstämmen zusammen. Durch ihre wilden Kämpfe war kaum Schnee um die Feuerstelle zurückgeblieben. Die Dämmerung hatte eingesetzt und sie hatten alle roten Nasen und ihr Atem bildete Wölkchen. Aber ihre Augen strahlten und niemand beschwerte sich über die Kälte. Tatsächlich spürte Pandu-Anjan sie kaum, denn er saß zwischen Efrén und Jaron. In seinem Bauch blubberte warmes Gelächter und er sonnte sich in dem Gefühl. Der Nitaru teilte Tassen aus mit einer seiner Kreationen aus Gewürztee, Kurkuma, Ingwer und Zimt. Pandu-Anjan umklammerte seine Tasse und sog den würzigen Duft ein. Winter war gar nicht so schlimm, wie er gedacht hatte.
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Vor allem jetzt da - bei mir zumindest- kein Schnee liegt, veröffentliche ich eine Geschichte, in der es eben um den geht xD Dabei mag ich Schnee und Winter normalerweise nicht, na ja, jetzt existiert sie und ich hab die beiden auch kurz zu Beginn zu Wort kommen lassen, um einen kleinen Überblick zu geben für alle Neulinge in meiner Welt Pangea, dass hoffentlich all die Begrifflichkeiten nicht zu verwirrend sind.
Wie gefällt es euch? Schönen Abend noch
eure drachenelfe
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