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⏳VIII - Levia⏳

Zwei Scurios setzten sich augenblicklich in Bewegung, doch Horlan winkte sie zur Seite und passierte das breite Tor. Der Platz draußen war von gleißendem Scheinwerferlicht erhellt. Metallkarossen blitzten als Ebenbild der Sterne am Himmelsfirmament.

Er sah sich kein einziges Mal nach ihr um, und glühender Stolz erfüllte Levia, als ihr klar wurde, dass er ihr vertraute. Sie verließen die Blase aus Licht und tauschten sie gegen den schützenden Mantel der dämmrigen Nacht Londons. Sicher zwanzig Minuten lang trug sie das Schweigen durch den breiten Boulevard der Straße.
Horlans Gestalt strebte eine unauffällige Fassade mit getönten Fenstern im Erdgeschoss an. Sobald man den Blick direkt auf das Lokal richtete, schien auch ein Schriftzug in geschwungenen violetten Lettern auf: Rising.
"Wollen Sie etwas trinken?" Horlan warf einen Blick über seine Schulter zurück und fing Levias rasches Nicken auf. Dann erst schien er zu realisierten, dass sie sich bisher in reiner Distanz bewegt hatten, und verlangsamte seine Schritte, um an ihre Seite zurückzufallen.

"Ihr... Vortrag war wirklich großartig", wiederholte Levia bewegt. "Wie Sie ihren Ton der Situation anpassen, ist wirklich bemerkenswert."
Ein stolzes Lächeln flackerte über sein Gesicht. "Ich kann nur sagen, dass ich zufrieden bin", entgegnete er, "nicht zuletzt, weil so viele Kontakte geknüpft worden sind. Von den Amerikanern war vielleicht niemand besonders begeistert, aber man muss ihnen schon allein aufgrund ihrer Anwesenheit zu tiefstem Dank verpflichtet sein..." Levia grinste leicht vor sich hin, wessen er sich mit einem schnellen Blick versicherte.
"In der britischen Oberschicht mischt die Innovation ganz oben mit. Ich bezweifle nicht, dass der Abnehmermarkt mehr als nur halbwegs stabil sein wird."
Die schlichte Ehrlichkeit, die er in diese Worte legte, frei von Selbstverliebtheit und nur mit einem winzigen Schuss der vorherigen Arroganz, löste in Levia eine Welle der Zuneigung aus. "Das würde mich außerordentlich für Sie freuen."
"Wirklich?" Sein Tonfall war streng, doch die grünen Augen funkelten schelmisch.

Die hohe metallgefasste Tür vermittelte einen rustikalen Eindruck. Das technische Thema setzte sich auch im weitläufigen Innenraum fort- grobe Tische, ein klobiger Bartresen und eine in ein Metallkorsett gekleidete Bedienung, die sich irgendwo weiter hinten mit einem Scurio stritt. Trotz der rauchigen Farben strahlte die Steampunk-Ausrichtung Behaglichkeit aus und lud zum Bleiben ein.

Die junge, bildhübsche Frau mit dem Korsett erstarrte mit weit aufgerissenen Augen. Zweifellos war sie darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass wenige Kilometer entfernt die SciGala abgehalten wurde, und sowohl Levias futuristisches Kleid als auch Horlans aufwendig gearbeitete Ärmelaufschläge gaben ein gutes Bild der Vorstellung von der Veranstaltung ab.
"W-wünschen der Herr und-"
Horlan schnitt ihr mit einer raschen Handbewegung das Wort ab. "Wir gehen nach oben, danke. Ein Schälchen dieser köstlichen Karamellbonbons und zwei Gläser Wasser müssten reichen."
Sie nickte krampfhaft und machte sich augenblicklich hinter dem Tresen zu schaffen. Der Scurio neigte entspannt den Kopf. "Guten Abend, Miss Pernal- Mr Horlan. Einen angenehmen Aufenthalt."
"Danke sehr."

Die Treppe wand sich als beängstigendes Schuppenmuster aus Stahl nach oben, was den Eindruck schuf, als flössen die einzelnen Stufen ineinander. Horlan stieg bis in den dritten Stock hinauf. Der Boden entfaltete sich als atemberaubendes Zusammenspiel aus rostigem alten Bauschutt unter einer makellosen Glasplatte. Vor einer gewaltigen Fensterfront ließ er sich auf einen Stuhl sinken und deutete auf den Gegenüberliegenden.
"Es ist außergewöhnlich, nicht?" Er lächelte schief. "Etwas gewöhnungsbedürftig, aber eindeutig außergewöhnlich."
Levia warf einen kurzen Blick auf die im Halbdunkeln daliegende Straße weit unter ihnen. In der Ferne konnte sie die Lichtkuppel vor dem Theater erkennen.

"Außergewöhnlich", wisperte sie leise. "Äußerst treffend."
Das Schweigen breitete sich wie ein gestaltloser Teppich zwischen ihnen aus. Levia hütete sich davor, ein Wort zu sagen... Schließlich war es seine Idee gewesen.

"Gut." Seine Stimme zersplitterte die unsichtbare Barriere zwischen ihnen.
"Levia... Sie mögen bemerkt haben, dass... Anastasia. Sie wissen, wer sie ist, nicht wahr?"
Sie nickte knapp, während sie krampfhaft die aufwallende Verbindung zwischen Morpheus und dem Waffenmarkt zu unterdrücken versuchte.
"Ich sehe Ihnen an, was Sie jetzt denken. Aber Morpheus ist nichts, das irgendwie Schaden erzeugen will- Levia, sehen Sie mich an." Seine Finger bewegten sich über die Tischplatte auf ihre zu und umfingen sie. "Morpheus ist nicht schlecht. Ich bin nicht schlecht."
"Aber Agnikow leitet ein Rüstungsunternehmen", widersprach sie leise.
"Nein, ihr Vater leitet es. Ich hätte Ihnen zugetraut, diesen Unterschied wahrzunehmen, Levia."
"Was hat ein Waffenexporteur mit dem iQaster zu tun?"
Er runzelte die Stirn. "Sie hat-"
"Warum ist jemand wie Anastasia Agnikow in London? Warum auf der SciGala und an der Seite des reichsten Mann Britanniens- an der Seite Ihres Vaters?"
"Adoprivvater", korrigierte er automatisch. "Er ist nicht mein leiblicher Vater."
Sie zog die Hände vom Tisch und verschränkte die Arme vor der Brust. In ihrem Kopf entwarf sie bereits einige Reaktionsschemen, die auf seinen Charakter gepasst hätten, aber er starrte sie nur an- starrte sie an mit diesen bohrenden grünen Augen.

Die Bedienung klapperte leise mit ihrem Tablett, ebenfalls ein aus primitiven Metallplatten gehämmertes Abstraktum. Ihre dunklen Rehaugen zuckten nervös zwischen Horlan und Levia hin und her, als sie das Schälchen mit dem Zuckergebäck und zwei Gläser abstellte.
"D-die Geschmäcker sind in der Schublade unter dem Tisch", presste sie hervor und zog sich mit einem Hauch von neugieriger Aura wieder zurück. Horlan lächelte kurz und tippte den Tisch an, der seine Platte an einer Seite öffnete und den Blick auf ein Sammelsurium aus Pülverchen preisgab.
"Champagner?" Er hob ein Tütchen in dem versöhnlichen Versuch, das eisige Schweigen zu brechen.
Levia rang sich widerwillig zu einer Antwort durch: "Danke, lieber nur etwas Kaffee."
Erneut folgte eine Stille, in der beide ihr Wasser mittels Zumischen in die gewünschten Getränke unwandelten.

"Anastasia... sie ist nicht aus geschäftlichen Gründen hier." Horlan rührte gedankenverloren mit einem Glasstab den Champagner um und fuhr fort, als wäre nichts gewesen. "Ich meine... Sie sind Journalistin und alles"- ein verlegenes Lächeln- "-aber das darf nicht an die breite Öffentlichkeit gelangen. Sie ist wegen Somnus in London. Nur wegen ihm."
Levia hielt sich krampfhaft zurück und nickte nur bedeutungsvoll, was Horlan zu einem schiefen Grinsen bewegte. "Los, sagen Sie schon, was Sie denken."
"Ich..." Levia schüttelte spöttisch den Kopf. "Nur- das glauben Sie einer Frau? Dass sie etwas nur aus Zuneigung tut?"
"Sie hat nicht gelogen", entgegnete er schlicht, zog den Stab aus dem Glas und ließ ihn mit einem leisen Klirren auf die Tischplatte fallen. "Wenn jemand lügt, dann sehe ich das."
"Viele Menschen bilden sich das ein. Ich habe Körpersprache in meinem Studium bestens kennengelernt... Diese Frau ist aber nicht jemand", stellte Levia leise klar. Die Verwunderung über Horlans Naivität vermischte sich mit einem winzigen Anteil an Verachtung.
"Oh... glauben Sie mir. Lügen sind das einzige Gebiet, von dem ich behaupten kann, mich darin vollkommen zurechtzufinden." Sein überlegenes kleines Lachen weckte ihre Unruhe und setzte sie hierarchisch auf den unteren Platz, was Levias rastlosen Ehrgeiz weckte.
Doch sie unterdrückte ihren Drang nach Widerspruch und wechselte in einem plötzlichen Bogen das Thema.

"Und das war es, was Sie mir erzählen wollten?"
Keine Antwort. Er hob das Glas und trank einen Schluck.
"Sie sind nicht ehrlich genug."
"Bitte?" Sie starrte ihn verwirrt an, bis plötzlich der Vorwurf durchklang und sie in helle Empörung versetzte. "Ich? Ich bin nicht ehrlich?"
Horlan nickte freundlich.
"Wenn Sie stehen, dann passen Sie Ihre Haltung den Menschen an. Entscheidungen treffen Sie je nachdem, wer Sie davor gestellt hat. Sogar wenn ich mit Ihnen rede, denken Sie. Sie hören gar nicht mehr auf mit all den eingebildeten Schemas und einstudierten Reaktionen."
Sie blinzelte stumm und starrte ihn fassungslos an.
"Was Sie bewegt- ich habe nicht die leiseste Ahnung. Das einzige, was ich unterscheiden kann, ob das, was an Ihrem Mund kommt, Ihre Worte sind oder nicht."
Seine Hände bewegten sich erneut über den Tisch, verlangsamten ihre Bewegung kurz vor ihrer. Zwischen Kränkung und einer leisen Angst suchte sie verzweifelt nach Orientierung.
Levia strich mit zwei Fingern über den schlüpfrigen Stoff der blumenartigen Gebilde an ihrem Kleid, während es in ihrem Kopf arbeitete... und dann schoss ihr ein Gedanke durch den Kopf.
Es reizt ihn.

Innerlich blühte sie erneut auf. Sie würde diesen Mann zu dem Geschäft ihres Lebens machen. Geheimnisse waren etwas, dem grundsätzlich außerordentlich wenige Menschen abgeneigt waren...
Sie hatte ihn überschätzt. Er war noch immer ein von seinen Horizonten gefangener Mann, auch wenn ihm diese als Spiegel das Gegenteil vorgaukelten.
"Glauben Sie mir... wenn ich auf Ehrlichkeit vertrauen könnte, dann säßen weder Sie noch ich an diesem Abend hier, Dr. Horlan", entgegnete sie leise und senkte den Blick... eine Sekunde. Zwei. Drei. Vier.
Diesmal gelang es ihr nicht, das winzige Lächeln zurückzuhalten, als seine Hand vorsichtig ihr Kinn anhob.

"Levia", sagte er leise, "dass das wahr ist, kann ich sehen. Sie sind nicht allein." Er stockte kurz. "Aber diese Kontrolle... es ist..."
Horlan lehnte sich zurück und verschränkte vehement die Arme, als wolle er sie daran hindern, etwas zu tun.
"Ich will Sie nicht beleidigen, aber es ist genau das, was wir brauchen."
Die Verblüffung erblühte nur einen Wimpernschlag lang auf ihrem Gesicht, doch an seinen amüsiert blinzelnden Augen las Levia mit einem Hauch von Wehleidigkeit ab, dass es ihm nicht entgangen war.
"Sie brauchen...?"
"Sie, Levia. Wir brauchen Sie."
Sie musterte ihn eindringlich, und die Lügenschichten schälten sich nach und nach aus seinem Gesicht.
"Er funktioniert nicht", stellte sie mit ungläubigem Erstaunen fest, und sein Blick bestärkte sie in ihrer Erkenntnis. "Der iQas-"
"Leise." Er warf einen gehetzten Blick zu der menschenleeren Treppe. Sein Tonfall nahm eine beruhigende, besänftigende Note an.

"Er funktioniert sehr wohl. Wir haben das oft genug erprobt, aber wir wissen nicht, wie er auf... Menschen wie Sie reagiert. Nur ein kurzer Abstecher in die Welt des Schlafes würde uns unglaublich helfen. Die Technologie ist äußerst sensibel. Und wenn man Sie beim Reden mit geübtem Auge beobachtet..."
Seine Faszination flutete den Raum, und die mit leichtem Neid versetzte Bewunderung ließ Levia erröten.
"In Ihrem Kopf spielen sich gleichzeitig so unglaublich viele Handlungsstränge ab. Nicht nur Ablesen, Kontrolle über Gestik und Mimik, Verarbeitung... gleichzeitig gleichen Sie zahllose Schemas in ihrem Kopf ab. Spielen hunderte potentielle Dialoge durch, analysieren sie. Querverbindungen entstehen quasi aus dem Nichts."
Seine Hände malten Muster in die Luft in dem hoffnungslosen Versuch, die beschriebene Komplexität bildhaft darzustellen.
"Sie sind klüger als die meisten, aber diese unglaublichen Talente, die das parallele Denken betreffen- die sind mehr. Sie sind hochbegabt. Und wir können nicht riskieren, dass Menschen wie Sie an irgendwelchen Benachteiligungen durch unsere Entwicklung zu leiden haben."

Hochbegabt.
Das Wort pochte unangenehm in ihrem Kopf und wühlte ihre Gedanken auf. Nicht das kleinste bisschen Stolz kämpfte sich durch den Wall aus Misstrauen, der aus der Saat seiner Worte emporgeschossen war.
"Und warum steckt man dann nicht Sie in diese Apparatur?"
"Mich?" Er lachte leise. "Ich bin nicht so wie Sie, Levia. Mein Kopf arbeitet bloß schneller als bei anderen, aber sogar das ist nicht angeboren. Ich habe mir das selbst antrainiert."
Geistesabwesend massierte er sich die linke Schläfe und nahm einen Schluck aus seinem Glas. Die Stille dröhnte Levia nach wenigen Sekunden in den Ohren, doch sie gab ihrem Kopf Zeit, einen kühlen Entschluss zu fassen.
Was nicht funktionierte.
Das Risiko und die Unwissenheit wogen zu leicht gegen die bodenlose Neugierde und das Kribbeln in ihren Fingern, das ihr einen ausführlichen und außerordentlich gut bezahlten Artikel verhieß. Sie lechzte nach der Wichtigkeit, die ihr entgegengebracht wurde. Ihr Verstand, kühl und berechnend, bäumte sich widerstrebend auf, doch die Worte rollten bereits verräterisch über ihre Zunge.

"Gut", antwortete sie leise. "Wann?"

Aus der Ferne drangen Musikfetzen über die feuchte Straße. Es hatte bereits leicht zu nieseln begonnen, das Ende des Sunbelt stand unmittelbar bevor.
Ein paar Meter entfernt sprach Horlan mit gesenktem Kopf leise in sein iPersonal. Levia fröstelte bei dem Anblick seiner herrischen Haltung, die das sanft goldene Licht der Straßenlaternen in einem übernatürlichen Licht hervorhob.

Etwas Sonderbares war an seiner Art. Sie konnte sich selbst nicht erklären, was genau diesen Eindruck in ihr hervorrief, aber das stille Misstrauen hatte sich bereits tief in sein Bild gegraben. Levia strich geistesabwesend über ihren
Unterarm. Ihre Fingerspitzen berührten vorsichtig die leichte Schwellung, unter der der Hologrammprojektor in dem Gewebe saß.

Ein mulmiges Gefühl hatte sich über ihre Vorstellung von dem Test, wie sie ihn unwillkürlich genannt hatte, gelegt. Das verstörende Gefühl, dass ihr Kontakt mit dem iQaster tieferreichende Gründe hatte, schwebte wie ein zweispaltiges Schwert über ihren Gedanken. Sie konnte keinerlei Vertrauen aufbringen, doch zum ersten Mal ging das nicht darauf zurück, dass ihr Studium darauf abgezielt hatte, menschliche Schwächen gezielt auszuschalten. Ein Lächeln zuckte über ihr Gesicht, als sie sich vorstellte, wie ihre Universitätsprofessoren ihr Verhalten überwachten. An diesem Tag hatte sie ihrer Neugierde schon viel zu oft nachgegeben. Sie... verweichlichte.
Sie zuckte verängstigt vor dem Wort zurück und suchte fieberhaft nach Hoffnungssträngen. Oft genug gab es Wiederholungsseminare. Levia nahm sich vor, sich schnellstens dort einzuschreiben. Jeglicher weiterer Fauxpas konnten ihr zum Verhängnis werden.

"Auf der Bar gibt es eine Bubble-Station", unterbrach Horlan ihre Gedanken. "Ein Scurio wird uns begleiten, und dann bringen wir die ganze Geschichte schnell hinter uns." Er lächelte schief und bot ihr seine Hand an. Levia zögerte keinen Wimpernschlag lang und ergriff sie... kühl. Trocken.
Ihr Instinkt klopfte ihr innerlich auf die Schulter, als Horlan sie mit zuckenden Mundwinkeln auf die Dachterasse führte. Die Bubble wartete bereits- ein größeres Modell als das Marktübliche, aber ansonsten schlicht gestaltet.

Der dunkelhaarige Scurio von der Gala öffnete von innen die Türöffnung und nickte ihnen grüßend zu. "Mr. Horlan- Miss Pernal. Willkommen an Bord."
Mit einem leichten Summen erwachte das Fahrzeug zum Leben, erhob sich in die nebelverhangene Luft und schwebte in wachsendem Tempo über die Stadt hinweg.

Die Zentrale des Morpheus-Konzerns, das gewaltige verspiegelte Hochhaus, lag nur etwa zwölf Straßen entfernt. Die Bubble überbrückte die Entfernung in wenigen Minuten und senkte sich wie schon in der Woche zuvor am breiten Anfang der Straße zu Boden, um den Sicherheitsraum zu umgehen. Der Boulevard lag da wie ausgestorben... ein toter Teppich aus funkelnden Sternen.
"Es ist nie so leer hier", murmelte Horlan fast unhörbar, um die zerbrechliche Stille in Sicherheit zu wiegen. "Aber heute Abend strebt alles, was einen Namen hat, zu der Gala oder zumindest in ihre Nähe."
Absätze klackten leise auf dem kunstvollen Pflaster. Der Scurio eilte lautlos voran, die zwei Menschen hasteten hinter ihm in Richtung des Gebäudes. Die gedimmten Lichtverhältnisse und die Schlichtheit der Straße ohne all die prunkvollen Gestalten beanspruchten weit weniger Zeit als der Weg durch den menschenüberfüllten Tag der Woche zuvor.

Das überwältigende Tor des Wolkenkratzers war durch eine milchig verschwommene Glasplatte blockiert, aber sobald sich der Scurio auf einige Zentimeter Abstand dazu gebracht hatte, verflüssigte sich ein schmales, etwa mannshohes Rechteck in dem Feststoff. Sprachlos bewunderte Levia die wässrigen Ausläufer, die sich wie Regen, der über eine Oberfläche perlt, in das undurchsichtige Glas zurückzogen und einen Durchgang offenbarten. Fasziniert streckte sie ihre Finger nach dem Material aus, doch kurz bevor eine Berührung zustande kam, fing eine Hand die ihre aus der Luft.
"Das bleibt Betriebsgeheimnis", versetzte Horlan mit einem milden Grinsen und schob sie sacht durch die Tür. Verwirrung huschte über Levias Gesicht, als sie herumfuhr- die Glasplatte bildete wieder eine makellose Einheit, unschuldig unauffällig.

"Das ist-"
Doch dann wandte sie sich wieder zur weiten Raumöffnung, und ihr stockte der Atem.
Das Atrium bildete ohne die geschäftig unhereilenden Gestalten eine ehrfurchgebietende, herrschaftliche Atmospähre. Die farblosen Lichter, die nicht zu existieren schienen und doch keine noch so winzige Ecke unausgeleuchtet ließen, tauchten die gewaltige Konstruktion in eine... Levia fiel kein Wort ein, das es besser beschrieben hätte- in eine gottlose Stimmung.
Der wuchtige Marmortresen zog sich mit einer Mischung aus Antike und Innovation über das gesamte gegenüberliegende Raumende. Der Grundriss der Räumlichkeit war allein aufgrund seiner schieren Größe nicht auszumachen, doch seine Höhe machte all das wieder unbedeutend. Über dem Eingang entfaltete sich eine atemberaubende Skulptur aus stählernen Platten, die hoch über allen Köpfen eine gewaltige Mohnblüte in den Raum wachsen ließ. Ihre Kapsel war aufgebrochen und ließ silbergraue Körner in Richtung Boden rieseln, die dank hauchfeiner Fäden in der Luft hängen bleiben wie metallene Gestirne.

"Levia?" Horlan und der Scurio hatten sich an der Theke nach links gewandt und sich somit in einen im Vergleich zu dem Atrium winzigen Flur begeben. Sie folgte ihnen rasch, doch das Gefühl der drückenden Mohnblüte auf ihrem Herzen wühlte Levia von innen heraus auf. Sie empfand die gläsernen Flure mit dem allgegenwärtigen Logo schon beinahe als beruhigend.
"Opium ist unglaublich, nicht wahr?" Horlan seufzte leise und lächelte auf ihren fragenden Blick hin. "Der  Schlafmohn. Aus seinen Körnern stellte man Opium her, und der Künstler hat diese Tatsache als namensgebend für die Skulptur empfunden."

Sie bewegten sich entlang der Westfront des Gebäudes bis zu dem Aufzug, der sie in den siebzehnten Stock beförderte. Levias nervöse Aufregung spiegelte sich in den zahllosen Gläsern. Die Atmosphäre dort war so anders als im restlichen Gebäude, dass Levia sich dabei ertappte, wie sie vermehrt blinzelte.
Sie hatte in ihrer beruflichen Laufbahn bereits einige Labore zu Gesicht bekommen, aber das hier war einzigartig.

Zunächst war es dunkel.
Ein Lichtkreis erhellte die Mitte des Raumes, wo ein iQaster auf einem Podest ruhte, doch der Rest des Labos vesank in schwärzester Finsternis. Sobald Horlan mit klarer Stimme "Licht an" rief, zeigte sich, dass auch die Apparaturen, Tische, ja sogar die Wände von einem satten Schwarzsilber waren. "Es ist wie in... in einer Miene", murmelte Levia verwirrt, während Horlan zu dem iQaster trat. Ein berückendes Gefühl wuchs in ihrer Brust heran.

"Levia, hierher bitte... Sie können sich in der Zwischenzeit das hier anziehen." Der Scurio überreichte ihr einen sorgfältig gefalteten Overall aus schneeweiß leichtendem Stoff, während Horlan sich mit einem leisen Klatschen Handschuhe über seine Hände zog und einige Hologrammsysteme hochfuhr.
Sie warf ihnen einen irritierten Blick zu, doch als keiner von beiden ihr mehr Beachtung schenkte, schälte sich Levia unbehaglich rasch aus ihrer eleganten Robe.
Das Kleid raschelte leicht, als es zu Boden fiel, doch sowohl Horlan als auch der Scurio waren so auf die Zahlenfolge auf den Hologrammen fixiert, dass sie unbemerkt in den Overall schlüpfen konnte.

Mit einem leichten Vibrieren erwachte der iQaster zum Leben. Das leichte Summen der umliegenden Messgeräte verstärkte sich.
"Das Programm dürfte fehlerlos sein", erklärte Horlan geistesabwesend, während er konzentriert zwei Buchstabenterme durchging. "Und sogar wenn nicht, werden Sie keinen Schaden nehmen. Das ganze System schaltet sich ab, und alles ist vorbei.
Bleiben Sie... eine halbe Stunde vielleicht, nicht länger."
"Eine halbe Stunde bleiben?" Levias Kehle war plötzlich trocken. "Wo und wie soll ich-"
"Das sagt Ihnen das Programm." Während Horlan einige Elektroden von einer Plattform nahm, drängte der Scurio Levia mit sanfter Bestimmtheit in den länglichen Kasten. In ihr kochte Panik auf. "Hören Sie, ich-"
"Levia." Horlans Gesicht erschien über ihrem. Seine kühlen Finger befestigten die Elektroden an ihren Schläfen und an der Stirn. Sein Tonfall hatte sich drastisch verändert. Endlose Beruhigung sang aus seiner Stimme, Vertrauen, leichter Stolz... unwillkürlich stieß sie die angehaltene Luft aus und beruhigte ihre zittrigen Finger.

"Entspannen Sie sich einfach."
Ein schrilles, alles durchdringendes Sirren... dann ein tiefer, anhaltender Ton, dessen Enden sich zu schaumgekrönten Wellen auftürmten, Levia einen Moment lang in der Stillsten aller Welten bargen, bevor die Massen aus allen Seiten auf sie einstürzten und das Licht unter sich begruben.

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