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41. Nur ein Kuss

Das Kloster Pax Angelus war wie eine eigene kleine Stadt. Ein friedlicher, abgeschiedener Ort, umgeben von frischer Seeluft, an der Grenze zwischen Land und Ozean. Die Mönche und Nonnen, die hier zusammen wohnten, arbeiteten und beteten, schienen alle ihre Tätigkeiten mit Bedacht und Sorgfalt zu verrichten. Es wurde keine Zeit verschwendet und kein überflüssiges Wort gesprochen. Man beschwerte sich nicht über die Natur, sondern richtete sich danach. Ganz egal, ob es bewölkt war, regnete oder stürmte.

Vielleicht lag es an dieser Gelassenheit, dass Emma den Eindruck hatte, die Zeit würde innerhalb der Klostermauern viel langsamer verlaufen als auf der Morgenwind oder in ihrer Heimat. Für Hektik schienen die Gläubigen keine Zeit zu haben. So harmonisch dieses Leben auch anmutete, Emma konnte sich nicht vorstellen, ihr ganzes Dasein an diesem Ort zu verbringen. Eingesperrt hinter einem eisernen Tor und hohen Mauern. Dazu verdammt, mit den Hühnern aufzustehen und mit dem Sonnenuntergang ins Bett zu gehen. Schon beim Gedanken daran überkam sie das kalte Grausen. Nein, sie war eindeutig mehr ein Großstadtmensch.

Auf ihrer Suche nach Kilian durchquerte sie fast die ganze Klosteranlage, sprach mit zahlreichen Geistlichen und auch mit einigen Engeln, die sich vereinzelt auf den gepflasterten Wegen oder in den weitläufigen Gärten blicken ließen. Keiner hatte den Baron gesehen. Erst, als sie den Rand der Anlage erreichte, dort, wo die Hühner- und Schweineställe untergebracht waren, traf sie auf einen Engel, der ihr den Weg weisen konnte. Dieser Weg führte sie direkt zu einer alten Schmiede, die in der Nähe eines kleinen Teichs errichtet worden war. Das Wasser des Tümpels war trüb; auf der Oberfläche trieben einige Seerosenblätter.

Noch bevor Emma das kleine Häuschen betrat, vernahm sie ein rhythmisches Hämmern, dem etwas Getriebenes anhaftete. Sie zögerte, stählte ihre Nerven und trat dann durch die Tür ins Innere der Schmiede. Sofort wurde sie von einer extremen Hitze umfangen, die von der Feuerstelle am hinteren Ende des Raums ausging. Das Feuer, das über den weißen Kohlen tanzte, tauchte die Schmiede in ein bläuliches Leuchten. Blaues Feuer, dachte Emma verwundert. Dann entdeckte sie Kilian, der mit nacktem Oberkörper am Amboss stand und mit einem Hammer auf ein Stück silbernes Metall eindrosch. Stressabbau, vermutete sie.

»Hey...«, machte Emma, weil sie nicht so recht wusste, wie sie das Gespräch beginnen sollte.

Kilian hielt nur kurz inne und fuhr dann fort, das Metall zu malträtieren.

»Ich wusste gar nicht, dass du schmieden kannst«, bemerkte Emma und ließ ihren Blick über die vielen verschiedenen Zangen und Hämmer, die an den Wänden befestigt waren, schweifen. Im flackernden Lichtschein schimmerten sie wie Folterwerkzeuge.

»Können ist zu viel gesagt«, brummte Kilian. »Aber als ich jung war, gab es noch einen Schmied auf der Morgenwind. Der hat mir gezeigt, wie es funktioniert.« Er nahm das Metallstück mit einer Zange auf und tauchte es in ein Becken mit Öl. Es zischte und dampfte. Die Hitze im Innern der Schmiede wurde noch intensiver. Schweiß glänzte auf Kilians nackter Haut. Emma wollte ihn berühren, aber sie war sich nicht sicher, ob der Zeitpunkt dafür so ideal war, auch wenn Kilian so aussah, als könnte er eine Umarmung vertragen.

»Was du vorhin gesagt hast... über mich«, fuhr Emma vorsichtig fort. »Das war sehr nett.«

»Nett«, wiederholte Kilian gereizt. »Es war die Wahrheit. Du hast Unvorstellbares auf dich genommen und sogar dein Leben riskiert, um mir und der Morgenwind zu helfen. Und was hat sie getan?«

»Das ist nicht fair«, erwiderte Emma sanft. »Außerdem habe ich das nicht für dich oder die Morgenwind getan. Jedenfalls nicht nur.« Sie ignorierte Kilians verwirrten Blick und ergänzte: »So selbstlos bin ich gar nicht.«

»Weshalb hast du es dann getan?«

»Um mir zu beweisen, dass ich es kann«, sagte Emma. »Seit Savannahs Tod oder vielleicht auch erst seit ich mit dem Prinz der Megamon gekämpft habe, ist da dieser Drang in mir. Ich will stärker werden. Endlich mal ausbrechen. Mal etwas riskieren. Dafür eintreten, was ich mir wirklich wünsche. In meinem bisherigen Leben ist das viel zu kurz gekommen. Ich bin viel zu kurz gekommen.« Sie umrundete den Amboss und schälte sich aus ihrer Wolljacke, die sich aufgrund von Nässe, Kälte und salziger Luft ganz steif anfühlte. »Was Marit getan hat, ist unentschuldbar. Daran gibt es nichts zu beschönigen.«

»Ganz genau«, grollte Kilian, betrachtete sein Werk mit kritischer Miene und trug es zur Esse, die eine solche Hitze verströmte, dass Emma kaum atmen konnte. »Ich werde ihr niemals verzeihen.«

»Aber Menschen ändern sich«, gab Emma zurück. »Und Marit scheint ehrlich zu bereuen, was sie getan hat.«

»Pah, Reue«, machte Kilian und stopfte das Metall in die blaue Glut.

»Ich weiß genau, was in dir vorgeht, aber manchmal-«, begann Emma.

»Muss man auch vergeben können?«, fiel ihr Kilian unwirsch ins Wort, schnappte sich ein anderes Metallstück aus dem Feuer und kehrte damit zum Amboss zurück. »Bilde dir nicht ein, du könntest nachvollziehen, was ich empfinde.«

Emma warf ihre Jacke über den rostigen Schraubstock, der an einer Tischplatte angebracht war. »Ich weiß genau, was du fühlst. Du bist wütend und verletzt. Du wünschst dir, dass irgendwer auch nur einmal dich wahrnehmen würde. Nicht den Beschützer, den großen Bruder, den Baron von Morgen. Dich. Mit allen deinen Befürchtungen und Ängsten, über die du nie sprechen kannst, weil du auf keinen Fall schwach erscheinen darfst. Alle erwarten von dir Antworten, Lösungen, sogar Heldentaten, aber niemand fragt dich, was du eigentlich willst.« Sie hielt Kilians wütendem Schweigen stand. »Deine Eltern haben dir deine Kindheit genommen und damit auch deine Freiheit. Trotzdem liebst du sie, so sehr du es auch verbergen willst. Das macht es ja so schlimm. Als hätte man das Stockholm-Syndrom.«

»Genug«, fauchte Kilian und knallte den Hammer so fest auf den Amboss, dass Funken flogen. Emma schreckte vor ihm zurück. Unwillkürlich musste sie an ihren Ex-Stiefvater denken und an seinen letzten Ausraster, bevor er mit irgendeinem bedauernswerten Flittchen durchgebrannt war. Damals war er mit einem Radkreuz auf ihre Mutter losgegangen und hatte sie vor der Garage blutig geschlagen. Immer und immer wieder hatte er mit seiner Waffe auf sie eingeprügelt. Ich bring dich um, du blöde Kuh. Schlampe. Fotze. Seine Beleidigungen, die stets in dieser Dreiergruppe auftraten, hallten ihr noch in den Ohren.

»Emma?«, fragte Kilian.

Emma versuchte, die Erinnerungen wegzublinzeln, aber es gelang ihr nur unvollständig. Die Hitze wurde unerträglich. Ohne den Blick von seinem Hammer zu lösen, wich sie bis zur Tür zurück, dann drehte sie sich um und rannte davon. Sie wusste noch genau, wie sie damals gerannt war, nachdem sie ihren Stiefvater mit dem Gartenschlauch dazu gebracht hatte, von ihrer Mutter abzulassen. Wie sie die kleine Hanna aus ihrem Kinderbett geholt und sich mit ihr im Badezimmer eingeschlossen hatte. An die Todesangst, die sie damals verspürt hatte.

»Emma?« Kilian lief ihr nach, was sie nur dazu brachte, schneller zu rennen. Erst als sie die Klostermauer erreichte, wurde ihr bewusst, wie bescheuert sie sich verhielt. Obwohl ihr Herz noch immer wie verrückt gegen die Innenseite ihres Brustkorbs hämmerte, verlangsamte sie ihre Schritte und näherte sich einem Holzschuppen, in dem Brennholz, Stroh und Tierfutter aufbewahrt wurden. Erschöpft ließ sie sich auf einen Holzstapel sinken und stützte den Kopf in die Hände.

Kurz darauf vernahm sie Schritte, die erst schnell, dann zögerlich näher kamen. »Emma?« Kilian streckte den Kopf um die Ecke des Lagerraums.

»Ich bin hier«, seufzte Emma, hob den Kopf und betrachtete ihre Handrücken.

Kilian betrat den Schuppen, in dem es stark nach gemähtem Gras, Trockenfutter und Harz roch. »Das hier ist keine Prüfung«, sagte er. »Auch wenn es sich so anfühlt.«

»Es tut mir leid. Ich habe überreagiert.«

»Nein, nein«, erwiderte Kilian rasch und setzte sich neben sie. »Ich bin es, der überreagiert hat. Das war nicht in Ordnung.«

Emma verschränkte die Hände ineinander und klemmte sie zwischen ihre Knie. Viele Worte gingen ihr durch den Kopf, doch keines erschien ihr gut genug, um ihren Gedanken und Gefühlen Ausdruck zu verleihen. Es war lange her, dass sie zuletzt auf diese Weise an ihren Stiefvater gedacht hatte. Dass er ihr noch immer eine solche Furcht einjagen konnte, auch nach allem, was sie auf der Morgenwind erlebt hatte, erschreckte und frustrierte sie.

»Ich habe dir Angst gemacht«, stellte Kilian fest und wischte sich die Hände, die mit öliger Schmiere bedeckt waren, an der Hose ab. »Versuch bitte nicht, es abzustreiten. Ich habe es in deinen Augen gesehen und...« Er schüttelte leicht den Kopf. »...Furcht ist etwas, das ich nie wieder darin sehen möchte. Am allerwenigsten Furcht vor mir.«

»Tut mir leid«, murmelte Emma. »Es... es hatte nichts mit dir zu tun.«

»Doch das hatte es«, widersprach Kilian. »Ich verstehe nur nicht, wieso. Hast du wirklich Angst, ich könnte dich verletzen?«

»Nein«, widersprach Emma energisch. »So ist es nicht. Ich musste bloß an meinen Stiefvater denken. Früher ist mir das öfter passiert.« Ihre Stimme wurde leiser. »Immer dann, wenn ich mit einem Mann zusammengekommen bin.« Sie wich Kilians forschenden Blicken aus und flüchtete sich in ein falsches Lächeln. »Um den Zusammenhang zu verstehen, braucht es wohl kein Psychologie-Studium.«

»Du hast mir von deinem Stiefvater erzählt«, sagte Kilian ernst. »Er hat dich schlecht behandelt.«

»Er hat meine Mutter schlecht behandelt. Für mich hat er sich meistens gar nicht interessiert«, erwiderte Emma. »Genau wie mein richtiger Vater.«

»Deswegen hast du gesagt, dass du weißt, wie ich mich fühle.«

Emma zuckte mit den Schultern. »Vermutlich war das übertrieben. Aber ich weiß zumindest, wie es sich anfühlt, wenn man viel zu früh Verantwortung übernehmen muss.«

»Für deine Mutter und deine Schwester«, meinte Kilian nickend und strich sich die widerspenstige Prinzen-Locke aus der Stirn. Sein ganzer Körper war von einem glänzenden Ölfilm bedeckt und strahlte noch die Hitze des Schmiedefeuers aus, als hätte er sich damit vollgesogen. »Und weil dein Stiefvater deine Mutter geschlagen hat, fürchtest du dich vor mir?«

»Nein. Nicht wirklich«, erwiderte Emma. »Ich weiß, dass du mir nie etwas antun würdest.«

Kilian machte ein finsteres Gesicht. »Dein Kopf weiß das, aber dein Herz weiß es noch nicht.«

Er wollte die Arme vor der Brust verschränken, aber Emma hielt ihn davon ab. »Bitte«, sagte sie sanft. »Jetzt bist du mit dem Seelen-Striptease an der Reihe.« Sie sah ihm tief in die Augen. »Du liebst deine Stiefmutter. Und deswegen wirst du ihr auch verzeihen.« Mit einem Lächeln korrigierte sie sich: »Nein. Tief in dir drin hast du ihr schon verziehen. Dein Herz weiß das, aber dein Kopf will es noch nicht wahrhaben.«

Kilian schwieg. Eine Träne löste sich aus seinem Augenwinkel und bahnte sich ihren Weg durch die Ölspuren auf seinen Wangen. Diese Träne berührte Emma mehr als jedes Wort, das bis dahin seine hübschen Lippen verlassen hatte. »Du hast natürlich Recht«, sagte er schließlich. »Wie könnte es auch anders sein?« Die Träne floss an der Flanke seiner Nase entlang und in die Vertiefung darunter.

Als sie seine Lippen erreichte, konnte sich Emma nicht mehr zurückhalten. Sie beugte sich zu ihm und küsste ihn auf den Mund. Einen kurzen Moment lang wirkte Kilian überrumpelt, dann neigte er den Kopf in ihre Richtung und erwiderte den Kuss. Das Aufeinandertreffen ihrer Lippen war eine zaghafte, unendlich zärtliche Berührung. Ihre Nervosität mischte sich mit seiner Unsicherheit und das Ergebnis war ein vorsichtiges Kennenlernen, Ertasten und Fühlen. Emma schmeckte das Salz seiner Träne, roch das fettige Schmiedeöl und fühlte die Hitze, die von seinem Körper ausging. Nichts davon hatte auch nur den Hauch einer Ähnlichkeit mit der Illusion aus den sieben Prüfungen. Bei dieser Erkenntnis musste Emma grinsen.

»Was hast du?«, flüsterte Kilian.

Emma antwortete nicht, sondern küsste ihn noch einmal, fester diesmal. Er legte den Arm um ihre Schultern und zog sie an sich. Wie Derrick versprochen hatte, war der zweite Kuss sogar noch besser als der erste. Es tat wahnsinnig gut, zu spüren, wie er sich durch die Berührung veränderte und langsam seine Befangenheit verlor, wie er ihren Lippen nachspürte, mal weich und nachgiebig, dann wieder rau und nachdrücklich.

Emma ließ sich von seiner erwachenden Leidenschaft mitreißen, kletterte auf seinen Schoß und schlang die Arme um seinen Hals. Er legte die Hände auf ihren Rücken, so sittlich, als wollte er sie zum Tanzparkett führen. Kurzentschlossen nahm sie seine Hände und führte sie an ihrem Körper entlang, von ihren Brüsten bis zu ihrem Po. Sie verfluchte es, dass sie sich an diesem Morgen für ein langes Kleid entschieden hatte. Nur zu gern hätte sie seine Haut auf ihrer Haut gespürt, nicht nur an den Lippen, sondern überall. Stürmisch presste sie sich an ihn. Durch die ruckartige Gewichtsverlagerung geriet der Holzstapel unter ihnen ins Wanken und sie stürzten rücklings auf einige Säcke Trockenfutter.

Nachdem sie den ersten Schreck überwunden hatten, brachen sie beide gleichzeitig in albernes Gelächter aus.

»Wir haben es geschafft«, kicherte Emma. »Und kein Miragel weit und breit.«

»Nein«, bestätigte Kilian. »Zum Glück. Auch wenn ich nicht glaube, dass er mich noch länger von dir fernhalten könnte.«

Emma streckte die Hand nach Kilian aus und streichelte seine Wange. »Miragel meint es nicht böse. Er mag nur keine Veränderungen.«

»Ich weiß«, sagte Kilian, der seine stoische Strenge gegen freudige Ausgelassenheit eingetauscht hatte. Und das nur aufgrund eines Kusses, dachte Emma bewundernd. »Aber an dich wird er sich wohl oder übel gewöhnen müssen.«

»Ist das ein Versprechen?«, fragte Emma erwartungsvoll.

Kilian hob den Oberkörper an, zog ihren Kopf zu sich und küsste sie auf die Stirn. »Es ist alles, was du willst.«

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