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32. Schwarz [1]

Emma lehnte sich über das Geländer des Balkons und betrachtete die Nordlichter, die den Himmel in alle Farben eines Malkastens tauchten. Die Atmosphäre-Kuppel der Morgenwind schillerte wie eine Seifenblase. Das farbenfrohe Schauspiel gefiel Emma, auch wenn es im krassen Gegensatz zu dem traurigen Anlass stand, der sie an diesem Abend erwartete.

Das helle Rechteck der Balkontür verdunkelte sich, als Kilian zu ihr ins Freie hinaustrat. Ohne ein Wort zu sagen gesellte er sich zu ihr und stützte sich, genau wie sie, mit den Unterarmen auf das Geländer. Er trug mal wieder seine schwarze Uniformjacke mit der dazu passenden Hose. Schweigend standen sie nebeneinander. Sie waren sich so nah, dass sich ihre Arme beinahe berührten. Der Wind spielte mit ihrem schwarzen Kleid und mit seinen blonden Locken.

Emma schluckte. Sie mochte die Stille. Wenn sie alleine in ihrer kleinen Wohnung war, konnte sie sich entspannen und ihren eigenen Gedanken zuhören. Doch in Gesellschaft fiel es ihr schwer, die Stille auszuhalten. »Erinnerst du dich noch an Paris?«, fragte sie daher.

Kilian schmunzelte. »Natürlich. Ist ja gerade erst eine Woche her.«

Emma erwiderte sein Lächeln und strich sich verlegen eine Haarsträhne aus der Stirn. »Ich habe viel darüber nachgedacht, was dort geschehen ist.«

»Über Orel Erelis?«

»Nein«, sagte Emma. »Über die Sache mit dem Schaufenster.«

Kilian zog nachdenklich die Brauen zusammen, dann schien es ihm wieder einzufallen. »Ah, ich erinnere mich.«

Emma zupfte an den Haaren, die sich aus ihrem strengen Zopf gelöst hatten. »Weißt du noch, was ich damals gesehen habe?«

»Ein Kleid, wenn ich mich recht entsinne«, antwortete Kilian nach kurzem Zögern.

»Ein Hochzeitskleid«, verbesserte ihn Emma. »Das schönste Hochzeitskleid, das ich jemals gesehen habe. Und dabei mache ich mir eigentlich nichts aus Hochzeiten. Ich bin da nicht so wie meine beste Freundin, die schon als kleines Mädchen wusste, wie ihr Kleid und ihre Feier mal aussehen sollten. Das war nie so mein Ding.« Sie wickelte sich eine Haarsträhne um den Finger. »Irgendwie fand ich das immer komisch, weil ich ansonsten alle Arten von Kitsch liebe ...« Bei diesen Worten schielte sie zu Kilian, um herauszufinden, ob er sich bereits nach einem Fluchtweg umsah, aber sein Blick war auf das Farbenspiel am Himmel gerichtet und er wirkte völlig entspannt.

»Was meinst du mit Kitsch?«, fragte er, als Emma nicht weitersprach.

»Na ja, das Übliche eben«, antwortete sie achselzuckend. »Frauenfilme, Arztsendungen, die Farbe rosa, Glitzer, Einhörner. Ganz normale Sachen eben. Ich habe mit Bella und Edward mitgefiebert und bei ihrer Hochzeit im Kino fast geheult. Aber meine eigene Hochzeit hat mich nie interessiert.« Sie biss sich leicht auf die Unterlippe. »Und dann sehe ich im Katalog meiner Chefin dieses Kleid ... Ich weiß nicht, wieso, aber es hat mich total verzaubert, als wäre da ein kleines Mädchen in mir, das ...« Emma brach ab. »Tut mir leid. Das ist ein dummes Thema. Ich versuche nur, zu verstehen, warum ich dieses Kleid gesehen habe. Ihr alle hattet so große, bedeutsame Wünsche und ich hatte nur dieses blöde Kleid.«

Kilian schwieg, so lange, dass es Emma schon ganz nervös machte. Schließlich drehte er sich um und lehnte sich mit der Hüfte gegen das Geländer, sodass er sie direkt ansehen konnte. »Denkst du wirklich, mein einziger und größter Wunsch wäre es, General Orel Erelis zu töten?«

Darüber hatte Emma noch nie nachgedacht. »Ich weiß es nicht«, gab sie zu.

»Ich wünsche mir viele Dinge«, erwiderte Kilian. »Und der Tod des Generals ist eines davon, aber sicher nicht das, was ich am meisten begehre.« Sein Blick traf Emma mit einer Offenheit und Eindeutigkeit, dass ihr Herz einen kleinen Hüpfer vollführte. »Plutos war ein Dämon«, ergänzte Kilian. »Er hat uns nicht gezeigt, was wir uns am meisten wünschen, sondern was uns am meisten quält. Manchmal ist das das Gleiche. Aber nicht immer.«

Emma presste die Lippen zusammen und nickte. »Danke. Ich denke, das musste ich hören. Jetzt fühle ich mich schon viel besser.«

»Schön«, meinte Kilian und wandte sich wieder den Lichtern zu. Nach kurzem Schweigen sagte er: »Weißt du, was ich mir im Moment am meisten wünsche? Von den grundsätzlichen Dingen einmal abgesehen?«

Emma rückte zu ihm. Diesmal berührten sich ihre Arme. In den letzten Tagen waren sie sich trotz Miragels Versuchen, sie voneinander zu trennen, und trotz der Grausamkeiten, die sie erlebt hatten, langsam näher gekommen. Mit Kilian war es ganz anders als mit ihren Ex-Freunden, die allerhöchstens ein marginales Interesse an ihrer Person gezeigt hatten. Für die meisten von ihnen war Emma nicht mehr als ein vorübergehend interessantes Spielzeug gewesen, was auch seinen Reiz hatte, weil man keine Verantwortung übernehmen und sich nicht um die Beziehung kümmern musste. Ein Großteil der Kommunikation verlief über WhatsApp, man traf sich gelegentlich, landete zusammen im Bett, flüchtete noch vor dem Morgengrauen mit irgendwelchen fadenscheinigen Ausreden, nahm sich vor, die Beziehung zu beenden, und kehrte ein paar Tage später aus Gewohnheit wieder zurück. Das kostete vielleicht ein wenig Selbstachtung, aber keine Mühen.

Doch mit Kilian war alles anders. Nicht nur, weil er sich ganz anders verhielt als ihre Ex-Freunde, sondern auch, weil Emma diesmal den Anspruch hatte, ihm eine echte Chance zu geben. Sie wollte sich ihm wirklich öffnen, wollte ihr Seelenleben, ihre Gedanken und Gefühle mit ihm teilen. Das war jedoch viel schwerer als sie gedacht hatte. Jedes Mal, wenn sie ihm etwas über sich erzählte, fürchtete sie, dass sie ihn damit in die Flucht schlagen könnte. Selbst wenn es sich nur um ganz harmlose Dinge handelte. Es fühlte sich an, als würde sie mit jedem geteilten Gedanken einen Teil aus ihrem Herzen brechen und ihn Kilian überreichen. Nicht mehr lange und er würde ihr ganzes Herz in den Händen halten, während sie mit einem tiefen Loch in der Brust dastand. Die Vorstellung war beunruhigend. Trotzdem machte Emma weiter - und der Grund dafür war, dass Kilian jedes ihrer Worte und jede ihrer kleinen Geschichten ernst nahm, nie die Augen verdrehte und sie auch nie verspottete. Immer gab er ihr das Gefühl, dass er genau wusste, wie wertvoll diese kleinen Herz-Geschenke waren und dass er gut auf sie achten musste.

»Nein. Ich weiß nicht, was du dir im Moment am meisten wünschst«, meinte Emma mit einem gezierten Lächeln.

Kilian wich ihrem forschenden Blick aus und legte die Fingerspitzen aneinander. Emma erinnerte sich noch zu gut daran, wie sie seine Hände zum ersten Mal gesehen und wie gut sie ihr gefallen hatten. Inzwischen gefielen sie ihr sogar noch besser. Schöne Männerhände mit deutlich hervortretenden Adern, vom Training mit dem Schwert gekräftigt, so wie sein ganzer Körper, den sie nur zu gern bewunderte, wenn sich die Gelegenheit dazu bot. Sie konnte sich sehr bildhaft vorstellen, was er mit diesen Händen und diesem Körper anstellen konnte, wenn man ihn ein wenig anleitete. »Das sollte ich besser nicht sagen«, meinte er schließlich. »Miragel hat seine Ohren überall.«

»Und wenn Miragel nicht in der Nähe wäre?«, fragte Emma, während sie ihre Finger über seinen Arm wandern ließ und beobachtete, wie sich sein Hals verfärbte. Bei dem Anblick konnte sie ein Kichern nicht mehr unterdrücken.

»Was ist?«, fragte Kilian und die Rötung wurde noch intensiver.

Emma lachte. »Du kriegst immer einen roten Hals, wenn du wütend oder verlegen bist.«

Als wollte er ihre Aussage überprüfen, legte Kilian eine Hand an seine Kehle. »Na und?«, sagte er dann und verzog die ernsten Lippen zu einem schalkhaften Lächeln, das ihn noch attraktiver machte. »Du fasst dir immer ans Ohrläppchen.«

Emma ließ die Hand sinken. »Gar nicht wahr.«

»Doch. Natürlich«, erwiderte Kilian und musste jetzt selbst lachen. Es tat wahnsinnig gut, mit ihm zu lachen. Das flatternde Gefühl, das ihr gemeinsames Gelächter in ihrer Brust hinterließ, machte sie glauben, dass sie den Rest des Abends irgendwie überstehen könnte.

Plötzlich erklang aus dem Innern des Schlosses ein lautes Poltern. Gefolgt von einem Knall, als wäre irgendwo eine Tür zugeschlagen.

»Was war das?«, fragte Emma.

Kilian wandte sich der Tür zu. »Ich sehe mal nach.«

Nacheinander kehrten sie in Kilians Arbeitszimmer zurück, das mit dem Balkon verbunden war. Sie hatten den Raum noch nicht zur Hälfte durchquert, da war erneut ein Scheppern zu vernehmen. »Ich will das nicht!«, brüllte eine bekannte Stimme. Eine andere Stimme redete beruhigend auf den Schreihals ein. Was sie sagte, war jedoch nicht zu verstehen. Dann konnte Emma Miragel vernehmen. »Dein Schreien und Toben wird dir gar nichts bringen.«

Auf dem Flur vor dem Arbeitszimmer tauchte Titus auf. Er nahm seinen verbeulten Helm ab und schleuderte ihn mit Wucht gegen die Tür zum Speisesaal. Anstatt im Holz steckenzubleiben, kam der Helm zurückgeflogen und traf ihn in die Magengrube. Titus krümmte sich und ächzte. Sein tränenüberströmtes Gesicht war eine Maske des Terrors.

Emma drängte sich an Kilian vorbei, ging neben dem jungen Geflügelten in die Hocke und legte ihm eine Hand auf den Rücken, sodass sie spüren konnte, wie seine schmalen Schultern vor Zorn und Trauer bebten. »Was ist denn los?«, fragte sie mitfühlend.

»Savannah«, keuchte Titus und biss sich die Unterlippe blutig. »Das war mein Volk!«, ergänzte er und erneut quollen ihm dicke Tränen aus den Augen. »Sie haben das alles getan. Savannah und die anderen getötet. Und jetzt-« Er brach ab, sank in die Hocke und kauerte sich zu einem kleinen Knäuel aus Traurigkeit, Schuldgefühlen und weiß-braunen Federn zusammen.

Emma streichelte seinen Rücken. Er war so dünn, dass sie jeden seiner Wirbel fühlen konnte. »Du bist nicht wie die anderen aus deinem Volk. Das hab ich dir schon mal gesagt, oder?«

Kamilla trat näher. Sie war es wohl, die versucht hatte, Titus zu beruhigen. »Wenn du nicht zu Savannahs Bestattung gehen willst, ist das in Ordnung«, sagte sie mit sanfter Stimme. »Wir würden das alle verstehen.«

Titus' Federkleid erzitterte. »Wie kann ich ihr meine letzte Ehre erweisen, wenn es mein Volk war, das sie umgebracht hat?«

»Savannah würde dir niemals die Schuld an dem geben, was Orel Erelis und seine Soldaten ihr und der Morgenwind angetan haben«, sagte Emma. »Sie hat diese Stadt geliebt - und du bist ein Teil dieser Stadt, oder etwa nicht?«

»Emma sagt die Wahrheit«, meinte Kilian gewichtig. »Du gehörst zur Morgenwind, nicht zu den Vogelmenschen.«

Kamilla stimmte ihm zu. Und auch Miragel, der den Jungen bis dahin kritisch beobachtet hatte, nickte. »Den schwankenden Boden berührt, den flüsternden Wind gespürt, die Flammen der Liebe geschürt, die Klinge im Kampf geführt, vom Schein des Morgens verführt, dem ewige Heimat gebührt«, erklärte er. »So lautet ein altes Gedicht. Und wenn es danach geht, hast du es dir auf jeden Fall verdient, die Morgenwind dein Zuhause zu nennen.«

Titus schniefte und wischte sich mit dem Handrücken über die Nase. Doch noch bevor er sich zu einer Entscheidung durchringen konnte, erschien Hilde auf der Treppe. Ein dicker roter Kater hatte es sich auf ihrem breiten Kreuz gemütlich gemacht. »Habt ihr Rasputin und Camio gesehen?«, fragte sie gehetzt. »Ich kann die beiden nirgendwo finden.«

Emma richtete sich wieder auf. »Rasputin?« Sie sah hilfesuchend zu Kilian und Kamilla, aber die beiden schienen auch nicht zu wissen, wo sich der Dämon aufhielt. »Er würde doch nicht die Beisetzung seiner Frau schwänzen, oder?«

Miragel seufzte. »Ich habe wirklich keine Ahnung, zu was dieser ungehobelte Kerl imstande ist.«

»Nein, das würde er nicht. Nicht freiwillig«, sagte Kamilla, auch wenn sie keineswegs überzeugt wirkte. »Komm, Emma. Lass ihn uns suchen.«

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