Kapitel 4
Kurz herrschte Schweigen. Er fuhr fort: «Ich habe gesehen wie Ruben in der Nacht die Kabine verlassen hat. Und heute trägt er die Halskette nichtmehr, die die Funktionsweise der Chips beeinflussen kann.»
Mein Blick streifte Ruben, der auf einen der Bildschirme starrte, worauf ich die anderen drei erkennen konnte. Tatsächlich trug er die Kette nicht. «Wie soll er deiner Meinung nach mit einer Kette den Chip zum Durchbrennen gebracht haben?», fragte ich etwas skeptisch.
«Es würde reichen, wenn er einen Schnitt an seinem Nacken machen, und mit dem Metall in diesen eindringen würde.», erklärte er leise. «Und hast du einen solchen Schnitt gesehen?», flüsterte ich etwas gereizt. Er schüttelte den Kopf: «Der Chip hätte ihn zerstört, jedenfalls ist er nicht sichtbar, weil die Wunde durch die Zerstörung des Chips zu gross ist.»
Ich versuchte meine Emotionen zur Seite zu schieben, denn diese konnte ich im Moment wirklich nicht gebrauchen. Dass Ruben jemanden umbringen würde, passte nicht zu ihm. Im Gegenteil, er würde sogar seine Feinde verschonen. «Wie sicher bist du, dass er es war?», stammelte ich. «Ziemlich sicher. Sofia und Luna stehen ebenfalls dahinter.» «Was soll ich tun?», fragte ich Gabriel ratlos.
Er nahm einige Kabelbinder aus seiner Hosentasche und äusserte sich: «Du als zweiter Kopf der Mission solltest du ihn festnehmen und die Leitung übernehmen, bis wir wissen, was wir weiteres tun werden.» Er legte mir die Kabelbinder in die Hand und mir stockte der Atem. Was Gabriel mir riet, war tatsächlich das, was im Moment am meisten Sinn ergab, aber ich fürchtete, dass ich nicht im Stande war, dies zu tun.
«Es gibt einen Grund, wieso Dr. Blake Ruben als ersten und dich als zweite Offizier eingesetzt hat.» Darüber hatte ich nie nachgedacht. Ich schüttelte den Kopf. «Ihr habt beide einen sehr starken Willen, das zu tun, was richtig ist und wisst, wann das nötig ist. Setze diese Fähigkeit auch ein.» Im Stillen stimmte ich ihm zu, denn was er sagte stimmte.
Ich sah entschlossen die Kabelbinder in meiner Hand an und trat hinter den Stuhl, auf dem Ruben sass. «Aufstehen und die Hände hinter den Rücken.», befahl ich und bemühte mich um eine feste Stimme, doch es gelang mir nicht ganz. Ruben sah mich kurz aus seinen dunklen Augen an und ich spürte einen Stich in meinem Herzen. Er tat was ich sagte und ich fesselte ihn.
Ruben sagte kein Wort, als hätte er es geahnt, dass dies passieren würde. Zusammen mit Gabriel brachte ich ihn in eine der Kabinen, die man nur von aussen verschliessen konnte. Als die Tür geschlossen war, legte mir Gabriel die Hand auf die Schulter und sah mir kurz in die Augen. Ich konnte einen Hauch von Stolz erkennen. Dann ging er wieder zurück zur Kommandobrücke. Doch ich blieb stehen. In mir kam ein ungutes Gefühl auf.
Da kamen mir die Worte von Benjamin in den Sinn. Tu etwas, bevor es vielleicht zu spät ist. Ohne noch länger zu überlegen, öffnete ich die Tür wieder. Ruben stand in der Mitte des Raumes und starrte mich an. Ich schloss die Tür hinter mir und stotterte: «Ich glaube nicht, dass du es warst. Ich tat nur was Gabriel gesagt hat, damit die anderen sich nichtmehr vor dir fürchten.» Sein Blick wurde weicher. «Ich weiss.», flüsterte er, «Ich hätte das gleiche getan.»
Erleichtert eilte ich zu ihm und schnitt seine Fesseln durch. «Es tut mir leid.», flüsterte ich. «Ist schon in Ordnung. Ich hätte die Kette vor dem Start ausziehen sollen, aber ich wollte nicht das einzige, was ich von meinen Eltern noch habe, auf der Erde zurücklassen.», stotterte Ruben beschämt, «Meine Eltern waren Astronauten. Sie liebten ihre Arbeit, manchmal sogar mehr als ihren Sohn. Als ich sieben Jahre alt war, starteten sie zu einem Testflug mit einem neuen Raumgleiter. Bei der Zündung der zweiten Stufe explodierte er. Ihre Leichen wurden nie gefunden. Von da an lebte ich bei meinen Grosseltern. Die Halskette aus einem seltenen Metall, dass von einem Meteoriten kommt und die Erinnerungen sind das einzige was ich von meinen Eltern noch habe.»
Ich konnte die Trauer in seinen Augen erkennen, als er mir das anvertraute. Der Gedanke, dass er mit dieser Halskette jemandem das Leben genommen haben könnte, erschien mir jetzt noch unpassender, als vorher. «Das tut mir leid.», wisperte ich. «Geh jetzt. Die Kette liegt in meiner Kabine, dann kannst du beweisen, dass ich es nicht war.», entgegnete Ruben und schob mich zur Tür.
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