Wie gewohnt ging ich zum Zug, als ich Eliza entdeckte, die auch in Richtung Freiburg wollte. Sie hatten sie doch nicht genommen? Auch sie entdeckte mich. Ihr Gesicht verzog sich. Ich folgte ihr in dem Gedränge in den Zug. Auf einem Vierer ließ sie sich vor mir auf den Sitz fallen.
„Was machst du hier?", fragte ich. Wortlos drückte sie mir den Flyer von der Bewerbung in die Hand. „Sie haben dich doch nicht genommen? Oder?", fragte ich zweifelnd. Eliza wurde wütend. „Genau deswegen habe ich es dir nicht früher erzählt!", fuhr sie mich plötzlich überraschend an und wollte davonstapfen.
Doch ich hielt sie ab, indem ich sie am Ärmel festhielt. „Wer ist denn dein Mentor? Ornella aber nicht, oder?", versuchte ich sie zu beruhigen. „Nein, Gabriella. Und jetzt lass mich in Ruhe!", schnaubte sie. „Erzähl mir doch, wie war das Casting?", versuchte ich mich mit ihr wieder zu versöhnen.
Sie begann zu erzählen, dass Ornella sich eine Tussi genommen hatte, Réka ebenfalls und nur Juan gescheit war und James genommen hatte. Na super, mal schauen wie lange das gut ging. Sobald wir in Rust waren, trennten sich unsere Wege. Ich machte mich auf den Weg zur Arena, wo ich gerade noch eine Show erwischte.
Christophe ritt Talo, wie besprochen. Ich traf Nicole, eine von Facebook, die ebenfalls sehr aktiv war und regelmäßig Bilder hochlud. Allerdings war sie nicht so backstage aktiv, wie Nicole Messer es war. „Was ist eigentlich mit Rango? Er sieht doch wieder ganz fit aus, wieso reitet Christophe ihn nicht?", fragte sie verwundert. „Momentan bekommt er bei mir Reitstunden. Auf Rango, weil er einfach eine zu harte Hand für ihn hat. Deswegen reitet er momentan nur unter meiner Aufsicht sein Pferd. Solange ist er auf Talo umgestiegen, der härtere Hilfen verträgt. Das hat er aber nicht freiwillig getan, glaub mir.", erklärte ich und sah zu, wie Louisa als Milady die Arena betrat.
Ich richtete mein Augenmerk auf die Reitweisen und zeigte Nicole die Fehler. „Da, er reitet Talo schon wieder ziemlich hart.", meinte ich und meinte damit, wie er Talo die Fersen in den Bauch rammte. Anbei prägte ich mir weiter die Rolle als Milady ein. „Bald ist Nachtarena. Bist du da auch da?", fragte meine Gesprächspartnerin
„Da bin ich auf jeden Fall, aber ob man mich sieht, ist eine andere Frage. Allerhöchstens im Publikum.", meinte ich. „Schade. Aber erzähl, gibt es was Neues hinter den Kulissen? Nach der Sache mit Rango war es ziemlich ruhig um euch.", meinte sie. „Ja, wir hatten keine Zeit. Ich war vor allem mit den Pferden beschäftigt. Zurzeit habe ich ja Felicitas, Thorgal, Hidalgo und Rango in Pflege. Blacos ist unter Karels Fittiche. Und die Anderen waren mit sich selbst beschäftigt. Ach ja, Fabrice ist im Urlaub. Dann war ja noch die Sache mit Christophe im Krankenhaus. Er war mehrere Tage dort. Aber mittlerweile geht es ihm gut, wie du siehst.", erklärte ich. Nicole nickte verständlich und konzentrierte sich wieder auf die Show. Damit war das Gespräch auch beendet.
Den Nachmittag verbrachte ich damit, meinen Trickreitpart zu üben. Falls der Extremfall eintreten sollte und ich Milady spielen musste. Als ich noch alle drei Pferde bewegt hatte, ging ich ins Globe. Es war bereits ziemlich spät. Doch die vier Mentoren waren noch da.
Sie saßen um einen Tisch, tranken Tee und besprachen ihren ersten Tag. Vorsichtig klopfte ich an. „Hallo, Hanna.", meinte Ornella, als sie mich entdeckte. Ich nickte grüßend. „Und, wie stellt Eliza sich an? Und was macht deine Schülerin?", fragte ich die Schwarzhaarige dann und setzte mich dazu . „Also Eliza macht sich ziemlich gut, nur beginne ich zu zweifeln, ob ich die richtige Wahl mit Chantal traf. Sie lässt sich gar nichts sagen.", beklagte sich Ornella. Mitfühlend legte ich ihr eine Hand auf die Schulter. „Wenn ich Zeit hätte, hätte ich gesagt, sie sollte mal vorbeikommen. Meistens bekomme ich jede noch so hartnäckige Zicke weich.", meinte ich grinsend.
Doch die Globe-Sängerin schüttelte den Kopf. „Ich gebe mir noch ein paar Tage. Sollen wir eigentlich gehen?", machte sie einen plötzlichen Themawechsel. „Nee, weißt du, ich komme hier her, weil ich hier übernachte.", feixte ich. Ornella stand auf und wir begaben uns auf den Heimweg. Der nächste Tag verging ebenfalls wie im Flug. Felicitas war echt ein Lämmchen geworden.
Mario Luraschi war auch zum ersten Mal, seit ich hier arbeitete, da. Der Regisseur der Show kam fast direkt aus Kaltenberg angereist „Wie weit bist du mit der irren Stute?", fragte er gerade, nachdem wir schon kurz miteinander geredet hatten. Ich freute mich sehr, ihn endlich kennenzulernen, aber anscheinend war er schon auf dem aktuellsten Stand der Dinge. Geheimnisvoll lächelte ich, sattelte die "irre" Stute und führte ihm Trickreiten mit ihr vor. Marios Augen weiteten sich vor Staunen. „Das warst wirklich du allein?", fragte er ungläubig und als ich nickte, murmelte er nur was von „Wunderkind". Anschließend ging ich ausreiten.
Mario kam mit. Er nahm Hidalgo und ich ließ mich von Thorgal tragen. Rango überließ ich Chris zum longieren. Wie immer, wenn ich ausritt, ritt ich ohne Sattel. Das hatte ich mir in den ersten Wochen so angewöhnt. „Reitest du immer ohne Sattel im Gelände?", fragte er misstrauisch und strich sich eine seiner grauen Strähnen nach hinten. „Ja, meistens. Nur wenn ich ein schwieriges Pferd habe, wie Felicitas. Ich finde das für beide Teile entspannender. Zwar verteilt der Sattel das Gewicht gleichmäßiger, macht es aber durch sein eigenes Gewicht fast wieder wett. Außerdem weiß ich, dass kein freundliches Pferd es unter mir wagen würde, zu buckeln, unsanft zu laufen oder auf irgendwelche dummen Gedanken kommen. Wieso eigentlich? Machst du das nicht?"
Mario schüttelte den Kopf. „Schon allein, um die Hilfen besser geben zu können, reite ich immer mit Sattel.", meinte er. „Aber ein Ausritt soll ja entspannend sein. Eine kleine Auszeit gegenüber dem Dressuralltag. Wenn ich den Sattel auf den Rücken des Pferdes mache, weiß es, es muss arbeiten. Wenn ich einen Geländeritt machen würde, indem ich dem Pferd gleichzeitig eine Dressurlektion vermitteln oder springen will, dann reite ich mit Sattel. Solange das Pferd keinen Sattel trägt, muss es sich nicht anstrengen. Du merkst richtig, wie entspannt manche Pferde dadurch werden. Und ich arbeite ja mit einer Methode, die gegenseitige Freundschaft und Vertrauen braucht.", konterte ich.
„Also, ich arbeite ja mit Gehorsam und gutem Willen. Klar, Vertrauen braucht es immer. Aber nur Freundschaft reicht nicht aus, um dem Pferd Lektionen beizubringen. Ich meine, es ist ja schon eine Kunst, die Gestik und Mimik von Pferd und Mensch zu beherrschen." Ich kicherte leise in mich hinein, was mein Meister verwundert aufnahm. „Warum lachst du jetzt? Das ist doch so, es dauert Jahre bis du das Pferd und das Pferd dich versteht.", meinte er. „Nun ja, ich zu meinem Teil brauche nur wenige Sekunden um den Pferd klar zu machen, was ich von ihm will."
Hidalgo wurde unruhig. „Könnt ihr mal aufhören zu diskutieren? Ich will galoppieren!", beschwerte er sich. „Genau. Hier habe ich ein Beispiel: Hidalgo will galoppieren. Und ich kann ihn in den Galopp bringen, indem ich nicht viel mache, auch noch von einem anderen Pferd aus." Mario nickte verwundert. „Dann mach mal." Er hob die Hände und ließ die Zügel los. „Hidalgo. Du darfst.", sagte ich grinsend und das Pferd stob los.
Thorgal raste hinterher. Ich ließ ebenfalls die Zügel los, um mich an der Mähne festzuhalten. Ich beugte mich nach vorne, um einen besseren Halt zu haben. Mein Meister hatte inzwischen sein Pferd gezügelt und es versammelt galoppieren lassen, als ich mit Thorgal vorbeizog. Ich nahm die Zügel nicht auf, sondern sagte nur ein leises „Mach mal langsam, Mario kommt nicht mit", zu meinem Pferd. Lachend drehte ich mich um und blickte ihn an. „Selten sehe ich jemand so glücklich auf einem Pferd sitzen. Du hast echt Potenzial, meine Nachfolgerin zu werden. Und wie ich sehe, kommst du allmählich auf den Stand der Anderen. Vielleicht kann ich dich in zwei, drei Jahren, wenn du keine Schule mehr hast, voll einsetzen. Aber mal schauen. Ich bin noch bis zur Mitternachtsöffnung in Rust, dann kannst du mir so zeigen, was du alles gemacht hast.", meinte er und ließ Hidalgo traben.
Auch ich machte langsamer. Es brauchte nicht viele Hilfen um dies zu tun. Thorgal war ein vollständiges Verlasspferd, meiner Meinung nach. „Ich habe Christophe übrigens gesagt, er soll Talo vorübergehend nehmen, falls du dich wundern solltest. Hast du das mit Rango mitbekommen?", fragte ich. Mario hob eine Augenbraue. „Nein, was ist denn passiert?" Doch ich schüttelte den Kopf. „Nicht so wichtig, vergessen wir die Sache. Aber Chris darf Rango nur in meiner Anwesenheit reiten. Sonst lernt er es nicht.", erklärte ich. „Ach, deshalb... Ich habe mich schon gewundert, warum Rango in der Box steht, während er Talo nimmt." Ich nickte. „Morgen zeige ich dir, warum. Aber heute wird es zu spät."
Denn als wir heimkamen, dämmerte es schon. Und wieder war ein Tag vergangen.
---------
Anbei ein Bild von Mario :)
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro