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6. Kapitel - Zehn Sekunden bis zum Desaster


 „Also, meine verehrten Mitjäger." Audun stand vor einem großen Holzpfahl, seine Lanze bereits in der Hand. „Lasst mich euch zeigen, was ich Neues gelernt habe." Vidar hatte sich an diesem angenehm warmen Tag mit seinen beiden Jägerfreunden und auch gleichzeitig Mitbewohnern zum Training verabredet. Also eigentlich waren sie vom Haushälter-Felyne rausgeschmissen worden, weil wohl schon wieder alles dreckig war und angeblich stank es auch noch bestialisch, aber das war sicherlich nur die feine Nase der Felyne gewesen. Vidar selbst hatte nichts gerochen.

Jedenfalls hatte Audun dann die tolle Idee gehabt, mal wieder zusammen trainieren zu gehen. Er hatte wohl wieder igendwelche coolen Tricks von einem anderen, älteren Jäger gelernt. 

„Also, ihr kennt ja alle meine Lieblingsstrategie: beim Blocken aufs Monster zurennen und dann eine Kombination aus verschiedenen Stößen ausführen, richtig?", fragte er. Vidar und Lenris nickten. Immer, wenn sie zu zweit oder dritt jagten, rannte Audun mit Kampfgebrüll auf nichts ahnende Monster zu. Erstaunlicherweise war er trotzdem derjenige, der die wenigstens Verletzungen davon trug.

Er entfernte sich ein paar Meter vom Holzpfahl und führte dann drei verschiedene Angriffe raus, bevor er zurücksprang und es wiederholte. Der arme Holzpfahl...

„Und was ist daran jetzt anders?", fragte Lenris, welcher sich auf seinen Hammer gestützt hatte.

„Noch gar nichts. Ihr müsst ja auch vorher und nachher vergleichen können", tadelte Audun, „Und jetzt seht her!" Er positionierte sich noch ein paar Meterweiter weg vom Pfahl. Das Schild seiner Pukei-Pukei-Lanze hielt er vor sich und sprintete auf den Pfahl zu. Das war nichts Neues. Er machte das bei jeder Jagd. Beim Pfahl angekommen, nutzte er sein Schild für eine kurze Attacke und verfiel dann in sein vorheriges Muster: drei Stoßattacken, zurücktreten und wieder drei Attacken. Lenris ruhte noch immer auf seinem Hammer und wartete auf eine Erklärung.

„Der kleine Schildangriff am Anfang ist die perfekte Option, um meinen Ansturm mit meiner normalen Kombo zu verbinden", erklärte er stolz, "Spart ein paar lebenswichtige Sekunden."

„Ja, das ist wohl ganz nützlich", gab Lenris zu, aber Vidar konnte spüren, dass er trotzdem lieber seine eigene Waffe umher schwingen wollte.

„Zeig uns doch mal, was du mit dem Hammer drauf hast", schlug Vidar vor.

„Ja, genau!", stimmte Audun zu. Das ließ sich Lenris nicht zweimal sagen und schon hatte er seinen Aqua-Hammer gezückt.

„Also nach so viel Training bin ich echt hungrig", verkündete Audun, als sie vom Trainingsbereich zurück in die Stadt kehrten. Vidar wusste sofort, worauf sein Freund hinauswollte.

„Kommt davon, wenn man so viel mit seiner Waffe durch die Gegend rennt", neckte Lenris ihn.

„Also ich denke, ich habe mir ordentliches Stück Aptonoth-Lende aus unserer Kantine verdient", fuhr Audun unbeeindruckt fort, „Wollt ihr auch?" Lenris sah Vidar hoffnungsvoll an. Er hatte ihm versprochen mal wieder gemeinsam auf Quest zu gehen. Es war schon ein bisschen her, dass sie zusammen gejagt hatten. Vidar wusste nicht einmal mehr, was sie gejagt hatten. Vielleicht war es ein Pukei-Pukei gewesen, der ein paar Forscher bei der Arbeit belästigt hatte. Vielleicht hatten sie auch ein anderes Monster gejagt.

„Also, Lenris und ich wollten zusammen auf eine Quest gehen" erklärte Vidar. Audun ließ sich seine Idee dennoch nicht so schnell ausschlagen.

„Wir wissen alle drei, dass essen vor der Jagd wichtig ist."

„Keine Sorge, wir gesellen uns zu dir, wenn wir ein großes Monster erjagen oder fangen sollen", warf Lenris ein.

„Ihr wisst nur nicht, was euch entgeht." Audun lächelte und machte sich dann auf den Weg zur Kantine. Dass er seine Gewehrlanze noch auf dem Rücken trug, schien ihn nicht zu stören.

„Also, was willst du machen?", fragte Vidar, kaum war Audun mehr als ein paar Meter entfernt. Lenris zuckte mit den Achseln.

„Nichts Anstrengendes. Das Training werde ich noch morgen spüren." Stimmt. Er hatte sich mit seinem Hammer ziemlich verausgabt. Das Ding war aber auch schwer. Eine Morphaxt war jedenfalls deutlich leichter. Vidar wandte sich dem Quest-Brett ein paar Meter neben ihnen zu. Mehrere Quests in der Wildturm-Ödnis, ein paar Quests um neue Monster für Forschungszwecke einzufangen, ein paar spezielle Quests für die Arena Asteras... Ah, da waren ein paar Lieferquests. Lieferquests waren immer gut. Wenig Arbeit, guter Lohn. „Hier ist eine", sagte er, „Zwei Wyverneier aus dem Uralten Wald liefern. Die Kantine braucht Nachschub."

„Alles Auduns Schuld", kicherte Lenris, „Brechen wir sofort auf oder willst du erst bei Audun vorbeischauen?"

„Wir können sofort los, wenn du willst", erwiderte Vidar. Aufregung prickelte in seinen Händen.

„Na, dann."

Sie besorgten sich zwei Flugdrachen, die sie bei einem Lager hoch oben in den Baumwipfeln des Uralten Waldes absetzten. Von hier aus war es nicht weit bis zu einem Rath-Nest. Der Weg führte sie über ein paar breite knorrige Äste, welche von verschiedenen Pflanzen überwuchert waren. Einzelne Sonnenstrahlen fielen durch die das dichte Blätterdach und je höher sie stiegen, desto heller wurde es.

Vor ihnen türmte sich eine Wand aus großen Ästen. Dahinter verbarg sich das Nest. Hoffentlich waren weder Mami noch Papi zuhause, sonst würde es hässlich werden. Lenris, welcher vor Vidar hergelaufen war, ließ sich auf alle Viere herab und kroch unter einem der Äste hindurch, geradewegs zum Nest.

„Luft ist rein", verkündete er, als er auf der anderen Seite angekommen war. Vidar folgte ihm. Über ihnen war Nichts als das Blau des Himmels. Keine einzige Wolke war zu sehen. In der Ferne sah er einen großen roten Flugwyvern am Himmel emporsteigen, zweifelsohne ein Rathalos. Moment... Das war nicht gut! Doch zu Vidars Glück, flog er Richtung Ebene, wo meist eine Herde Aptonoths graste.

„Beim Saphirstern!", grunzte Lenris, „Die Dinger sind schwer." Vidar schnappte sich ebenfalls ein Ei und folgte Lenris. Den versteckten Pfad durch das Astgewirr konnten sie jetzt nicht nehmen. Die Eier würden beschädigt werden. Also mussten sie einen anderen, gefährlicheren Weg nehmen: mitten durch das Herz des Uralten Waldes.

„Was schlüpft daraus? Ein Stein?", keuchte Vidar. Es war anstrengend, so verdammt anstrengend. Nur zu gerne hätte er das Ei auf den Boden gepfeffert, damit er es endlich los war, doch der Weg war noch so weit.

„Daraus schlüpft ein ganz niedlicher Baby-Rathalos!", trällerte Lenris. Ihm schien sein Ei fast nichts auszumachen, aber gut. Wenn Vidar mit so einem riesigen Hammer kämpfen würde, wäre es für ihn wohl auch einfacher. Mit der Morphaxt war er jedenfalls deutlich mobiler.

„Der Rathalos ist genau solange niedlich, bis er hungrig ist...", erwiderte Vidar. Hoffentlich kam jetzt nicht auch ein hungriger Rathalos vorbei. Die Blätter raschelten und im Unterholz verursachten kleine Tiere Knackgeräusche und dann war da noch ein anderes Geräusch. Es klang wie das Schlagen riesiger Flügel... Moment, das waren wirklich Flügelschläge und Vidar hatte eine gute Vorstellung, zu welchem Monster sie gehörten. Mitten durch das grüne Blätterdach krachte niemand geringeres als die Mutter der Eier. Ihre kleinen orangenen Augen loderten wie das Feuer in ihrem Inneren und fielen direkt auf Vidar. Wäre ihr Blick tödlich gewesen, hätte Vidar sich jetzt im Himmel wiedergefunden. Die Rathian vergeudete keine weitere Sekunde und schoss auf ihn zu. Instinktiv rollte er sich zur Seite, das Ei mit seinem Körper schützend.

„Lass meinen Freund in Ruhe, du blödes Mistvieh!", brüllte Lenris. Er hatte sein Ei gegen den Hammer eingetauscht und schwang eben diesen jetzt wild umher. Die Rathian taumelte einen Schritt zur Seite, als ein mächtiger Schlag sie am Kopf traf.

„Ich hab sie unter Kontrolle. Bring das Ei in Sicherheit!", rief Lenris Vidar zu, während er schon eine weitere Attacke vorbereitete. Das ließ er sich nicht zweimal sagen. Hinter ihm erklang weiteres Gebrüll von Jäger und Monster, doch darum brauchte er sich keine Sorgen zu machen. Lenris war ein begabter Hammerkämpfer.

Zurück im Lager verstaute er das Ei sicher in der Liefer-Box und atmete tief durch. Er war den ganzen Weg gesprintet. Gut, es war eher ein schnelles Watscheln gewesen, aber Wyvern-Eier waren nun einmal verdammt schwer. Trotzdem konnte er jetzt keine Zeit verlieren. Die Rathian würde garantiert nicht so schnell von Lenris ablassen. Er schnappte sich ein paar Rotkerne für seine Schleuder und rannte den ganzen Weg zurück.

Schon von Weitem konnte man das Gebrüll der Rathian hören. Sie kämpften also immer noch. Vidar schlitterte den letzten Teil des Wegs bergab. Die Rathian war genau vor ihm. Noch im Schlittern setzte er zum Sprung an und landete auf dem Untier. Er krallte sich in ihren geschuppten Rücken. Sie schrie laut auf und schreckte dabei ein paar Unterholzpteryxe auf, die sofort davon flatterten. Gewaltsam versuchte die Rathian Vidar abzuschütteln, aber er hielt sich weiter fest. Er müsste sie nur irgendwie außer Gefecht setzen. Dann könnten sie in Ruhe ein zweites Ei zum Lager bringen. Wie sollte er das nur schaffen? Zuerst einmal musste er auf ihrem Rücken bleiben. Solange sie ihn nicht gegen Steine, Baumstämme oder ähnliches rammte, sollte das kein Problem sein. Als hätte sie die Gedanken des Jägers vernommen, stoppte sie ihr Schütteln und stieg empor.

„Bleibt hier! Ich bin noch nicht fertig!", rief Lenris, doch die Rathian hörte nicht. Stattdessen flog sie genau auf einen dicken Stamm zu und stieß mit ihrem Rücken dagegen. Vidar wich jedoch aus und sprang auf ihren Kopf. Er beugte sich vor, sodass er direkt in ihre Augen sehen konnte. Ihre Pupillen waren zu Schlitzen verengt und die gelbe Iris glühte bedrohlich.

„Wenn du mir weh tust", sagte er ruhig, „wirst du dich selbst nur umso mehr verletzen." Sie versuchte es mit ihrer vorherigen Taktik: Schütteln. Hier am Kopf hatte Vidar jedoch guten Halt und schaffte es seinen Dolch zu zücken. Er versetzte ihr einen geschickten Stich knapp am Auge vorbei. Etwas in seinem Inneren hielt ihn davon ab, ihr ernsthafte Verletzungen zuzufügen. Sie beschützte nur ihre ungeborenen Jungen. Das konnte er ihr nicht verübeln. Immerhin tat er doch das Gleiche. Er verdammte den Tag, an dem er seinen Blick auf Monster geändert hatte. Er wollte sie nicht mehr als fühlende Wesen betrachten, sondern wieder als kaltblütige Raubtiere ohne Gewissen, zumindest in solchen Momenten.

Noch immer gab die Rathian nicht auf und rammte ihren Kopf mitsamt Jäger gegen den Stamm. Das tat nicht nur Vidar weh, sondern auch ihr und zwar deutlich mehr als ihm. Es hatte nur eines seiner Beine – unglücklicherweise genau das, welches er sich bereits einmal gebrochen hatte – erwischt. Die Rathian hingegen fiel zu Boden und blieb dort benommen liegen. Während Vidar sich wieder aufrappelte, nutzte Lenris seine Chance, ihren Kopf weiter mit dem Hammer zu bearbeiten. Er bereitete gerade eine besonders starke Attacke vor, als der Flugwyvern sich wieder aufrichtete und direkt die Chance zum Gegenangriff in Form eines Saltos nutzte. Lenris konnte nicht schnell genug ausweichen und wurde direkt von ihrer giftigen Schwanzspitze getroffen. Ihm entfuhr ein unterdrückter Schmerzenslaut und taumelte rückwärts. Er war dem Monster ausgeliefert.

Bevor die Rathian jedoch etwas tun konnte, stürzte Vidar, seine Morphaxt fest in beiden Händen, vorwärts. Er traf ihren Flügel, ehe er mittels eines kleinen Hebels am Waffengriff von der Axtform in die mächtigere Schwertform. Die Schwertklinge traf sie direkt in die Seite und entlockte ihr ein lautes Jaulen, aber das war Vidar noch nicht genug. Die Rathian musste verschwinden, also verpasste er ihr noch weitere Hiebe, ohne sie jedoch ernsthaft zu verletzen.

Die Rathian hob wieder vom Boden ab und Vidar fürchtete, sie plante einen weiteren Angriff. Stattdessen jedoch flog sie davon.

„Hoffentlich kommt sie nicht so schnell wieder", keuchte Lenris neben ihm. Seine Rüstung war mit Schmutz und Blättern bedeckt.

„Wenn, dann wird es wohl eher der Rathalos sein", meinte Vidar, „Lass uns schnell das zweite Ei holen. Du bist doch in Ordnung, oder nicht?"

„Keine Sorge, mir geht es gut", versicherte Lenris. Hoffentlich war er das auch wirklich.

Zurück in Astera begab sich Vidar erst einmal zur Krankenstation hinter dem Handelsplatz und unter der Schmiede, nicht weit von den Unterkünften der Einwohner. Er war hier nicht oft. Von den meisten Quests kehrte er mit kleineren Verletzungen zurück. Nichts, was er nicht selbst oder mit Hilfe seiner Mitbewohner behandeln konnte. Doch heute wollte er lieber sicher gehen. Der Kampf vorhin hatte sein Bein doch etwas mitgenommen. Ihm wäre es lieber ein ausgebildeter Heiler sähe sich das an, als bei der nächsten Quest nicht mehr laufen zu können. Jetzt musste er nur einen freien Heiler finden. Glücklicherweise lief gerade einer an ihm vorbei. Er kam Vidar nicht ganz unbekannt vor. „Hey, du!" Der Heiler drehte sich zu ihm und sein zuvor ernster Gesichtsausdruck hellte sich auf.

„Vidar, richtig?", fragte er.

„Genau. Ich will, dass sich jemand mein Bein ansieht. Hast du vielleicht kurz Zeit, Nerion?" Er hoffte wirklich, dass das der Name des Heilers war und ihm sein Gedächtnis keine Streiche spielte. Es schien richtig zu sein, denn der Heiler lächelte.

„Natürlich," erwiderte er, „Komm mit. Wir haben bestimmt ein Bett frei und du bleibst ja nicht lange." Nerion führte weiter in das Innere der Krankenstation. Es war hier deutlich voller als beim letzen Mal, als Vidar hier gewesen war.

Sonnenlicht fiel durch ein Holzgitter-Fenster auf das Bett eines verletzten Jägers. Dessen Gesicht war von einem tiefen Kratzer wie von einer riesigen Monsterkralle entstellt worden. Über das linke Auge war ein Verband gelegt worden, der vom Blut fast vollständig durchweicht war. Vidar wandte den Blick zu einem anderen Bett. Großer Fehler. Die Frau darin ächzte. Ihr ganzer Körper war von schweren Verbrennungen bedeckt. Am Schlimmsten hatte es wohl ihr Bein getroffen. Es war nicht einfach nur verbrannt, es war zum Großteil sogar verkohlt. Ein Heiler stellte sich zwischen Vidar und die Frau. Jetzt musste er sich wenigstens nicht mehr selbst dazu zwingen, seinen Blick abzuwenden. Stattdessen fokussierte er sich jetzt auf Nerion, welcher zielstrebig weiter voran ging. Von überall her drangen Schmerzenslaute.

„Die Monster...", grunzte jemand, bevor er von seinem eigenen Husten unterbrochen wurde, „Sie werden stärker." Es stimmte schon. Bereits kurz bevor Vidar die Rosa Rathian bekämpft hatte, hatte es vermehrt Berichte von überdurchschnittlich starken Monstern gegeben, aber in den letzten paar Tagen hatte sich die Anzahl mindestens verdoppelt. Selbst der Uralte Wald war nicht mehr sicher und einige Quests waren nur für Jäger mit einem hohen Rang zugelassen. Durch seinen Erfolg bei der Rosa Rathian hatte Vidar sich ebenfalls als ein solcher Jäger qualifiziert. Der Anblick der Verletzten ließ ihn sich jedoch wünschen, es wäre nicht so.

„Ah, da haben wir ja ein Bett. Setz dich", befahl Nerion. Die Matratze war so durchgelegen, dass man das Lattenrost genau spürte. Vidar war froh, dass er hier nicht schlafen musste. „Also, dein Bein", begann Nerion, „Welches ist es und was ist damit passiert?"

„Das Rechte. Eine Rathian hat versucht es zu zertrümmern", antwortete Vidar, „Als ich auf ihrem Kopf saß, hat sie ihn gegen einen Baumstamm gerammt und dabei mein Bein zum Teil erwischt."

„Tut es jetzt weh?" Vidar schüttelte den Kopf, während Nerion das Bein inspizierte. „Leg die Beinschienen ab. Ich muss mir das genauer ansehen."

Bis auf einen ziemlich großen blauen Fleck konnte Vidar selbst nichts erkennen. Hm..." Nerion drückte mit dem Zeigefinger fest darauf.

„Aua!", zischte Vidar, „Warn mich doch vor!"

„Das war nur ein kleiner Test. Solange dein Bein nicht wieder von einem Monster attackiert wird, sollte es von alleine heilen", erklärte der Heiler, „Ich kann dir eine Bandage mitgeben, die du tragen kannst, sollte es doch weh tun. Willst du das?"

„Ja, warum nicht." Vidar stand auf und schlüpfte wieder in seine Kadachi-Beinschienen.

Am Ausgang drückte Nerion ihm eine Bandage aus einer blauen Gummihaut in die Hand. Sie war flexibel und dünn. Bestimmt würde er sie kaum spüren, wenn er sie trug.

„Ich würde ja ‚Auf Wiedersehen' sagen, aber eigentlich will ich nicht so schnell wieder hier her kommen müssen", scherzte Vidar. Nerion schmunzelte.

„Wir könnten... Ach, nein. Dafür bist du zu beschäftigt", murmelte Nerion. Vidar war sich nicht ganz sicher, ob der Heiler wusste, dass er ihn gehört hatte. Er beschloss, es einfach zu ignorieren. Dafür hatte er zu wenig Zeit „Tschüss, Vidar", sagte Nerion schließlich.

„Mach's gut, Nerion", erwiderte Vidar und machte sich auf und davon. Er wollte so schnell wie möglich zu seiner Unterkunft, damit er sich umziehen konnte. Heute Abend gab es ein Fest auf der Himmelstürmerin, dem großen Schiff an der Spitze Asteras. Da wollte er mit Lenris und Audun unbedingt hin.

Die Sonne ging bereits unter, als Vidar und seine Freunde auf der Himmelstürmerin eintrafen. Sie war zum Anlass des Fests prächtig geschmückt worden und alles strahlte eine Aura der Freude aus.

„Lasst uns da hinten sitzen", schlug Lenris vor und deutete auf einen Tisch für bis zu vier Personen in einer der hinteren Ecken. Audun grummelte erst irgendetwas, nickte dann aber auch zufrieden.

Sie hatten sich kaum hingesetzt, da flitzte bereits ein kleiner Felyne heran und reichte ihnen drei Speisekarten. Neben der üblichen Auswahl an verschiedenen Fleisch-, Fisch- und Gemüstellern, gab es auch noch ein Spezialgericht zum Anlass des Abends. Nicht, dass es so schon schwierig genug gewesen wäre, sich etwas auszusuchen. Allein beim Lesen der Karte lief Vidar das Wasser im Mund zusammen. Zumindest schien es Lenris und Audun nicht anders zu gehen. Sie saßen beide vertieft in ihre Karten. Audun murmelte etwas über Wyvernkronfleisch. Vidar schüttelte den Kopf und wandte sich wieder seiner Karte zu.

Nach mehreren Minuten des Schweigens kam derselbe Felyne wie vorher wieder an. Vidar konnte es an dem weißen Fleck um sein linkes Auge erkennen. „Haben die werten Jäger sich schon etwas miausgesucht?", fragte er.

„Eine Runde Astera-Bier", verkündete Audun, „Geht auf mich." Zufrieden verschwand der Felyne wieder und sie verfielen wieder ins Schweigen.

„Also, ich glaube, ich nehme das Spezialgericht. Was nehmt ihr?", fragte Vidar, für den die Stille langsam unerträglich wurde.

„Hört sich gut an, aber da ist kein Wyvernkronfleisch drin", erklärte Audun. Vidar rollte die Augen. Manchmal fragte er sich, was an Wyvernkronfleisch so besonders war.

„Und du, Lenris?", fragte er.

„Hm... Ich glaube, ich nehme weiße Leber", antwortete er. Leber... Das hätte er sich auch gleich denken können. Lenris liebte Leber.

Das Essen schmeckte noch besser als sonst. Es schmeckte Vidar so sehr, dass er noch eine zweite Portion bestellte, aber das stellte sich schnell als Fehlentscheidung heraus. Während er seine erste Portion mühelos geschafft hatte, bemühte er sich jetzt, um auch nur etwa die Hälfte runterzubekommen. 

„Du musst mehr Bier trinken, Vidar! Das regt den Appetit an", riet Audun ihm, welcher bereits eine dritte Runde Bier, dieses Mal aber das gute Meisterbräu, angeordnet hatte.

„Wenn ich mich überfresse, ist das alles deine Schuld", scherzte Vidar und piekte eine besonders große Korallengarnele auf.

„Ich kann mir das nicht ansehen", seufzte Audun und nahm sich eine Garnele, „Dich stört das doch nicht?" Wenn es Vidar gestört hätte, wäre es jetzt zu spät. Die Garnele war längst in Auduns Mund verschwunden. Ganz der Vielfraß eben.

Im Laufe des Abends trank Vidar mehr Bier, als er ursprünglich geplant hatte. Wie viel es genau gewesen war, konnte er nicht sagen. Er bemerkte es erst, dass es zu viel gewesen war, als Lenris ihn zu einer Runde Armdrücken herausforderte. Dafür gab es extra ein Fass, nicht allzu weit von ihrem Tisch entfernt. Die ersten paar Schritte schaffte Vidar noch ohne Probleme, aber dann fing der Boden an sich zu bewegen.

„Na kommt! Bis zum Fass werdet es ihr wohl noch schaffen!", rief Audun ihnen zu. Lenris torkelte etwa drei Schritte genau so wackelig wie Vidar. Vorsichtig setzte Vidar einen Fuß vor den anderen. Das Fass war fast zum Greifen nah. Noch ein Schritt... Geschafft! Er hielt sich am Fass fest und atmete erleichtert auf. So einfach würde der Alkohol ihn nicht kriegen. Lenris war mittlerweile auf der anderen Seite des Fasses angelangt, ohne hinzufallen.

„Bereit?", fragte er, während er seinen Arm dehnte.

„Darauf kannst du wetten", erwiderte Vidar. Sie starrten sich einen Augenblick lang intensiv an. Lenris hatte Heterochromie. Eines seiner Augen war blau, das andere grün.

„Du hast sehr schöne Augen", rutschte es Vidar heraus und brachte Lenris zum Lachen.

„Du hast unseren Moment ruiniert!"

„Jetzt macht schon!", rief Audun ihnen zu, „Ich will sehen, wie einer von euch hinfällt!" Lenris beruhigte sich wieder und machte sich wettkampfbereit. Sein Griff war stark und Vidar wusste, dass dieses Duell nicht leicht werden würde.

„Drei...", begann Lenris.

„Zwei...", stimmte Vidar mit ein.

„Eins... Los!" Lenris fackelte nicht lange und drückte Vidars Arm nach unten, aber so leicht würde er nicht verlieren. Stattdessen rächte er sich mit aller Kraft und drehte den Spieß um. Lenris' Arm war jetzt fast ganz unten. Dieses Mal würde Vidar gewinnen. Nur noch ein winziges Stückchen... Aber Lenris gab nicht auf, egal wie viel Kraft Vidar aufwand. Er lockerte seinen Griff kurz, damit er kurz darauf fester zudrücken konnte als zuvor, aber soweit kam er gar nicht. Lenris schlug so schnell zu, dass Vidar keine Chance hatte zu reagieren. Die Wucht des Angriffs reichte aus, um das Duell zu entscheiden: Lenris war der Sieger.

„Du kannst einfach nicht gegen mich gewinnen", verkündete er mit einer Spur Selbstzufriedenheit. Audun jubelte im Hintergrund.

„Nächstes Mal", erwiderte Vidar, „Jetzt schulde ich dir noch eine Runde Meisterbräu, nicht?"

Lenris grinste und stolzierte in Richtung Tisch, wobei stolzieren nicht das richtige Wort war. Dafür war er zu wackelig unterwegs, aber bei Vidar sah es wahrscheinlich anders aus. Er fühlte sich jedenfalls so, als er ebenfalls zum Tisch trottete. Vielleicht wabbelte der Boden aber auch einfach. Man konnte ja schließlich nie wissen.

Gerade als die nächste Runde Bier bei den drei Jägern ankam, knallte es laut. Sofort drehten sie ihre Köpfe in die Richtung, aus der Knall gekommen war: gen Himmel. Ein weiterer Knall folgte und mit ihm erschien ein wunderschönes Muster am Himmel. Es funkelte silbrig-weiß, wie die Sterne.

„Feuerwerk!", kommentierte Vidar. Er hatte vergessen, dass das ein Teil des Fests sein würde.

„Ein hübsches", fügte Lenris hinzu und nahm seinen Krug in die Hand, „Lasst uns anstoßen. Auf viele erfolgreiche Jagden!"

„Auf viele erfolgreiche Jagden!", wiederholten Audun und Vidar. Etwas Schaum schwappte über die Krugränder, als sie beim Anstoßen schepperten. Manchmal konnte das Jägerleben so schön sein.

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