ZWEI
,,Fuck. Ich habe eine Beziehung beendet, die nicht einmal meine eigene ist." Ich schaue von meinem Handy auf.
Coy, mein rothaariger Freund, der sich es auf meinem schwarzen Leder-Sofa gemütlich gemacht hatte, schaute von seiner Lektüre auf. ,,Welche Beziehung?"
,,Kirk und Mabel. Wusstest du, dass sie schon seit der Achten zusammen waren?"
,,Nein. Wer war das Problem?" Coy richtete seinen Blick auf mich, dann wandte er sich wieder seiner Lektüre zu.
,,Mabel und Remi. So gut wie jeder wusste davon, außer Kirk selbst und deswegen-"
,,Und deswegen dachtest du, dass du das Richtige machst, wenn du die beiden auseinanderbringst? Abgesehen davon, dass Mabel nicht treu sein kann, waren sie doch ganz in Ordnung. Willst du etwas essen?" Ohne auf meine Antwort abzuwarten, zog er seine Schuhe über und schloss die Tür hinter sich.
War es ein Fehler gewesen? Oder hatte Coy übertrieben? Meiner Meinung nach hatte ich alles richtig gemacht, aber möglicherweise irrte ich mich. Weil es war, nicht meine Absicht etwas zu zerstören, das funktioniert hatte. Wer wollte schon in einer Beziehung sein, die aus Lügen bestand?
Da ich selbst nichts Besseres zu tun hatte, sprang ich auf und folgte Coy. Draußen herrschte eine klirrende Kälte. Mein Atem stieg in kleinen Wölkchen auf und wurde mit dem grauen Himmel eins. Die Eiseskälte fraß sich durch meinen Hoodie.
Das Wohnhaus und das eigentliche Schulgebäude lagen nicht weit voneinander entfernt. Jedoch war es an Wintertagen wie diesen eine Qual durch den hohen Schnee zu stapfen und sich den Arsch abzufrieren.
Mit einem Knarren öffnete ich die Tür zu dem Treppenhaus, dass sich bis in die obersten Stockwerke zog. Zwischen den verschiedenen Abschnitten des Treppenaufgangs waren Türen, die in die verschiedenen Stockwerke der Schule führten. Meine Gedanken schweiften zu meinem ersten Tag, an dem ich durch das Gebäude geirrt hatte, um am Ende des Tages nur in einer Stunde gewesen zu sein.
In der obersten Etage war die Cafeteria, in der sich die Internatsschüler sammelten. An den einzelnen Tischen saßen sie schlürfend an ihren Smoothies und Sahnetörtchen.
An einem Tisch an, der mit kopierter Kunst behangenen Wand sah, ich Coy und Remi sitzen. Seit wann konnten sich die beiden vertragen? Warum sind sie noch nicht aufeinander losgegangen?
Ich holte mir einen Kaffee, dann gesellte ich mich zu ihnen.
Meine Augen wanderten über die besetzten Tische, bis mein Blick schließlich an Eloise hängen blieb. Ab dem ersten Moment an hatte ich ihre Blicke auf mir gespürt. Oder hatte ich mich getäuscht? Gerade als mein Augenpaar unkontrolliert zu ihr schweifte, wich sie mir aus.
In den wenigen Konversationen, die ich mit ihr geführt hatte, kam kaum ein Wort aus ihr heraus. Jedoch hatte sie nur wenig Interesse an mir gezeigt und ich dachte mir, dass sie mir entfliehen wollte. Gesprächen mit mir ging sie aus dem Weg und immer mehr beschlich mich das Gefühl, dass sie nichts mit mir zu tun haben wollte. Vielleicht war es auch so.
Neben Eloise schlürfte eine Dunkelhaarige einen Milchkaffee. Sie schienen nicht viel zu reden. Bestimmt war Eloise bei ihr genauso wortkarg wie bei mir.
Ich wollte mir nicht so viele Gedanken über sie machen. Eigentlich hatte sie mir gezeigt, dass sie kein Interesse hatte. Im Übrigen war Eloise für mich nur eine Mitschülerin, die mir ebenso unwichtig war wie die anderen. Was bildete ich mir ein?
Remi, der auf seinem Teller sein Sandwich in kleine Stücke riss, erzählte von Mabel. Er hatte sich verändert seitdem seine Freundin nicht mehr da war. Er ist glücklicher, so glücklich, dass er nicht an das Glück von seinem Freund Kirk denken konnte. Ich wollte es ihm nicht verweigern zufrieden mit sich zu sein. Aber so, dass er nicht an andere denkt?
,,Dieses Jahr werde ich garantiert mein Zimmer wechseln. Denn länger als zwei Jahre will ich wirklich nicht mit Robert ein Zimmer teilen. Er ist ein echt unangenehmer Mitbewohner!", Coy stöhnte auf. Endlich wechselten sie das Thema.
,,Weißt du bei wem ein Platz frei ist?", klinge ich mich in das Gespräch ein.
,,Nein, aber bei dir ganz sicher nicht."
Seit Anbeginn meiner Zeit hier hatte ich ein Einzelzimmer. Meine achso lieben Eltern dachten sich dabei, dass ich so besser Platz hatte, um mich einzufinden. Das darauf hinaus lief, dass ich im ersten Jahr niemanden hatte zu dem ich mich wenden konnte. Das mir bereits am ersten Tag zur Last fiel.
+++
Ich lehnte mich über meinen Lernstoff. Bereits in drei Monaten waren die Abschlussprüfungen, die mich in das Trinity College katapultieren sollten. Wenn ich dort studieren werde, hatte ich es beinahe dorthin geschafft, wofür ich die letzten zwölf Jahre gelernt hatte. Ich hatte mich sowohl in anderen Elite-Unis eingeschrieben wie Oxford oder St. Andrews, jedoch wollte ich nicht im Ausland in anderen Unis immatrikuliert sein. Denn wenn ich die Auswahl hatte, warum sollte ich mich dort einschreiben, was sowieso keine Option war?
Coy holt mich aus meiner Konzentrationsblase zurück. Mit einem penetranten Klopfen hämmert er an meine Tür. Mit einem Seufzen lehnte ich mich nach hinten, da kam er schon hereingestürmt.
,,Erinnerst du dich an die, die neben Eloise in der Cafeteria saß? Sie kommt gleich hier her."
,,Und warum zu mir? Sie könnte ebenso zu dir gehen. Ich bin beschäftigt und benötige keine Ablenkung.", beschwerte ich mich.
,,In meinem Zimmer ist Robert. Außerdem ist es dort nicht so aufgeräumt wie hier."
,,Und deswegen erlaubst du dir eine Wildfremde in mein Zimmer einzuladen?"
,,Nur vorübergehend."
,,Aha, und wie lange braucht vorübergehend?", wandte ich ein.
Wodurch konnte er nur auf eine so dumme Idee kommen? Wie ignorant konnte man sein?
Doch es klopfte bereits an der Tür. Coy öffnete sie, ohne mich nochmal anzuschauen. Die neue Mitschülerin trat ein und mit ihr stieg meine Wut auf Coy.
,,Du bist bestimmt Aspen. Ich bin Victoria.", ihre zuckersüße Stimme erleuchtete den Raum und es fiel mir schwer wütend auf sie zu sein. Denn erstens hat Coy sie eingeladen, zweitens sollte sie einen guten ersten Eindruck von mir haben und nicht denken, dass ich ein ignorantes Arschloch bin.
,,Wir kennen uns beide schon länger. Weil unsere Eltern miteinander befreundet sind.", erklärte Coy, dass Victoria mit einem Nicken zustimmen musste.
,,Eigentlich wollte ich nur vorbeischauen, weil ich euch beide zu Eloise und mir einladen will. Coy habe ich lange nicht mehr gesehen und deswegen wollen wir etwas Zeit verbringen." Victoria schmiegte sich an Coy. Was wollte sie damit beabsichtigen? Seit wann hatte Coy eine Freundin?
Jedoch verstand ich, warum ich mitkommen sollte. Coy und sie wollten zusammen Zeit verleben, während Eloise und ich die perfekte Deckung dafür waren.
,,Außerdem sollte ich hier Leute kennenlernen und Eloise ist wirklich keine Hilfe, deswegen bietet sich das genau an.", setzte sie bei.
Während Victoria mich über ihre Mitbewohnerin zutextet, holte Coy eine Packung mit Marihuana gefüllt, unter meinem Kleiderschrank hervor.
Es war nicht so, als ob ich Drogen konsumieren würde, aber ab irgendeinen Punkt fand es Coy in Ordnung seine Drogen bei mir zu verstecken, denn es ist sicherer.
Anfangs hatte ich mich sogar widersetzt, aber es hatte keinen Sinn, außerdem hatte ich Mitleid mit ihm.
Anstatt mein Zimmer zu verlassen, machte Victoria es sich auf meiner Couch bequem, während Coy sich einen Joint drehte. Dann gesellte er sich zu Victoria und sie zogen abwechselnd daran. Nebenbei ließen sie abfällige Kommentare von sich ab.
Ich fragte mich, warum ich sie bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht aus meinem Zimmer herausgeschmissen hatte. Wenn ich ebenfalls so entspannt wäre wie Coy, dann hätte ich mich zu ihnen gesetzt. Aber im Gegensatz zu ihm hatte ich Pläne für die Zukunft.
,,Könntet ihr bitte gehen?" Mittlerweile war ich nicht mehr in meinem Zeitplan, da sie meine Zeit grundlos verschwendeten.
Victoria ignorierte meine Bitte und sagte zu meinem Freund:,,Ich finde, dass ich mein Zimmer wechseln sollte. Eloise redet kaum ein Wort mit mir. Und für mein letztes halbes Jahr will ich noch etwas Aufregung."
Ich spürte Coys Blick auf mir, als würde er eine Reaktion von mir erwarten. Jedoch hatte ich mich bereits an meine Naturwissenschafts-Arbeiten gewendet und mich entschlossen nicht auf ihre provozierenden Bemerkungen einzugehen.
,,Soweit ich sie kenne, spricht sie kaum. Ich glaube, dass es nichts Persönliches ist", wendete Coy ein.
,,Nein, sie muss ganz sicher etwas gegen mich haben. Denn sie hat mich nicht einmal begrüßt oder so."
Ich konnte fast hören, wie Coy seine Augen verdrehte. Das schien Victoria zu entmutigen, deswegen wollte sie mich mit in das Gespräch einbeziehen. ,,Und du Aspen? Was hast du Erfahrungen mit ihr gemacht?"
Warum versuchte sie so auf Zwang einen Fehler an Eloise zu finden? Warum musste sie etwas an ihr aussetzen? Mir kam der Gedanke, dass ich so tat als hätte ich sie nicht gehört, jedoch wäre das kindisch.
,,Keine Ahnung, ich habe mit ihr kaum zu tun gehabt."
,,Ach wirklich? Ich dachte, dass ihr euch schon so lange kennt?"
Mit ihren ständigen Fragen ging sie mir auf die Palme. Seitdem sie den Raum betreten hatte, bekam sie kein gutes Wort über die Lippen.
,,Wir sehen uns morgen." Keine einzige Minute mehr wollte ich die beiden bei mir haben.
Sie haben sowieso schon mein ganzes Zimmer voll geraucht, dass ich die nächsten Tage mein Fenster sperrangelweit aufstehen lassen musste, dass der betäubende Geruch verschwindet.
Immerhin haben sie verstanden, was ich andeuten wollte. Mit einem Schnauben stand Victoria auf.
Anscheinend war Coy die Situation äußerst unangenehm, dass er meinen Blicken auswich.
,,Übrigens kannst du mich Vicky nennen." Sie nahm Coy den Joint ab und tritt ihn auf meinem Boden aus. Man hätte denken können, dass mein Fass nun am Überlaufen war. Aber das Gegenteil war der Fall. Mit einem gepressten Lächeln tat ich ihre fehlenden Manieren ab.
Sie setzte bei:,,Vergiss nicht morgen um neun bei Eloise und mir zu sein. Wir erwarten dich!"
Dann fiel die Tür ins Schloss und die beiden konnten ihrer eigenen Wege gehen.
Zum ersten Mal seit ihrer Anwesenheit stand ich auf. Angeekelt pulte ich die Reste des Joints von dem Boden ab. Schließlich zog ich meine Zimmerpflanze aus ihrem Topf, dass die Erde hinunter bröckelte. Zwischen die Erde ließ ich den Rest fallen und setzte die Pflanze wieder darauf.
Ein Gedanke verfestigte sich immer mehr in meinem Kopf. Wenn Coy und Victoria sich unter einem Vorwand trafen, was werden Eloise und ich tun?
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