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Chapitre 4

Ich trete zu Henri auf den Laubengang hinaus, der die einzelnen Appartements miteinander verbindet. Der Regen prasselt im orangefarbenen Schein der Straßenlaternen auf die freie Betonfläche vor dem Haupteingang des Hotels. Es regnet so heftig, dass sich die einzelnen Tropfen zu langen Schnüren zu verbinden scheinen. Weiter hinten kann ich die Straße erkennen, die in die Innenstadt von Aubagne führt. Um diese Uhrzeit sind jedoch kaum noch Autos unterwegs. Eine Duftmischung aus feuchter Erde, Autoabgasen und Zigarettenrauch übertüncht alle anderen Gerüche, sodass es mir schwer fällt, Henris Aussage zu überprüfen.

"Da vorne", sagt Henri und deutet zu den Platanen entlang der Straße. 

Tatsächlich kann ich in den Schatten abseits der Laternen eine Bewegung erahnen. Wenn es sich dabei um einen Wolf handelt, gibt er sich keine Mühe, unauffällig zu sein.

"Was denkst du?", fragt Henri und presst sich sein Gewehr mit beiden Händen an die Brust.

"Möglich, dass es ein Wolf ist", murmele ich, wohlwissend, dass es keine wirkliche Alternative gibt. Jedenfalls nicht, wenn in der Gegend kein Tiger oder Braunbär vermisst wird. Das Tier, das ich gesehen habe, war definitiv zu groß und massig für einen entlaufenen Hund.  

"Sie haben uns gefunden", murmelt Henri.

"Das war nur eine Frage der Zeit."

"Und jetzt?"

Ich atme langgezogen aus. "Nichts."

Henris Augenbrauen hüpfen fragend in die Höhe und ich fühle den Drang, mich zu erklären.

"Du hast doch nicht erwartet, dass wir unbemerkt nach Marseille zurückkehren könnten, oder?" Ich zucke mit den Schultern. "Es war klar, dass sie uns irgendwann finden würden. Angeblich kontrolliert die Madame die gesamte Südküste."

"Ich dachte, sie hätten nur Marseille eingenommen."

"Selbst wenn ... Marseille liegt bloß 20 Kilometer von hier entfernt. Ihre Grenzwächter hätten uns gewittert."

Henri zieht die Brauen zusammen. Es scheint ihn immer wieder zu überraschen, zu was wir Wölfe fähig sind. "Und was machen wir, wenn sie uns angreifen?", will er wissen.

Darauf gibt es nur eine Antwort, aber ich will Henri keine Angst einjagen. Deswegen zwinge ich mich zu einem Lächeln. "Das werden sie nicht tun. Es würde keinen Sinn machen. Immerhin hat Bernard uns nach Marseille eingeladen."

"Und wenn es eine Falle ist?"

Genau das Gleiche hat mein Vater auch zu mir gesagt und ich gebe zu, dass die Idee nicht ganz von der Hand zu weisen ist. Bernard muss nicht mit mir verhandeln. Er könnte mich einfach mitnehmen. Henri töten und mich entführen. Das wäre ganz leicht für ihn. 

Bei dem Gedanken wird mir flau im Magen. Was mit mir passiert, ist mir egal, aber wenn es um Henri geht, werde ich zur Furie. Um ihn zu retten, würde ich kämpfend untergehen. Ich kann nur hoffen, dass dieser Umstand Bernard davon abhalten wird, Henri etwas anzutun. Aber vermutlich hat er sowieso mehr davon, Henri am Leben zu lassen. Als Geisel oder Druckmittel.

Ich verdränge die Vorstellung und flüchte mich in einen Zustand aufgesetzter Fröhlichkeit. Spielerisch piekse ich Henri in die Seite. "Du hast doch nicht etwa Angst?"

Henri schüttelt den Kopf. "Nein." 

Im Gegensatz zu meiner falschen Heiterkeit ist seine Ernsthaftigkeit nicht aufgesetzt.

"Ich versuche nur herauszufinden, wie wir uns am besten verhalten", schiebt er hinterher.

Ich muss unfreiwillig schmunzeln. 

Trotz seines albernen Humors geht Henri alle Bereiche seines Lebens mit Fleiß und Durchhaltevermögen an. Obwohl er mit dem Kopf immer zwischen den Wolken oder den Seiten irgendeines Buches steckt, hat er nicht die Bodenhaftung verloren. Das liebe ich an ihm. Er ist kein typischer Künstler, niemand, der einfach so in den Tag hineinlebt, sondern er hat Ziele und Pläne, die er mit akribischer Sorgfalt verfolgt. Manchmal ist er sogar zu genau und macht sich zu viele Sorgen. Besonders, was das Zusammensein mit anderen Menschen angeht.

Aber so ist er eben.

Die meisten meiner Bekannten können Henris Hingabe an die Literatur von Alexandre Dumas nicht nachvollziehen, aber davon hat er sich nie beirren lassen. Vielleicht, weil er schon früh auf eigenen Beinen stehen musste. Im Gegensatz zu mir hatte er nie einen Erwachsenen, der ihm den Rücken gestärkt hat. Und jetzt, da Alexandre Dumas nicht mehr zur Wahl steht, steckt Henri seine ganze, nicht unbeträchtliche Energie in das Projekt "Nieder mit der Madame und dem Letzten Königreich". Deswegen sollte es mich wohl nicht verwundern, dass er auch dieses Ziel mit Gewissenhaftigkeit, Zielstrebigkeit und Leidenschaft angeht.

"Am besten gehen wir wieder rein", sage ich und strecke die Hand nach dem Reißverschluss von Henris Weste aus. "Die Wölfe werden vermutlich die ganze Nacht bleiben und wir können es uns nicht leisten, morgen unausgeschlafen zu sein."

Henri seufzt.

Ich kann ihm ansehen, dass er lieber wach bleiben und unsere Feinde im Auge behalten würde. Doch wenn die Wölfe tatsächlich angreifen sollten, gäbe es ohnehin nicht viel, was wir dagegen unternehmen könnten. Selbst mit meiner Pistole und Henris Gewehr könnten wir sie vermutlich nicht alle töten. Nicht, wenn sie zu Dutzenden hier auftauchen sollten. Oder wenn Bernard persönlich sich die Ehre geben sollte. 

Diese Vorstellung lässt mich zugleich frösteln wie ahnungsvoll erschaudern. 

Auch wenn sich meine Sommerphase dem Ende zuneigt und ich nicht mehr so stark unter dem Einfluss meiner Hormone stehe wie noch vor ein paar Tagen, würde ich Bernard lieber nicht begegnen. Ich habe Angst davor, was dann passieren wird – und damit meine ich nicht die durchaus reale Gefahr, dass er mich verschleppen oder verletzen könnte. Aber das kann ich Henri nicht sagen. Er würde es nicht verstehen. Er kann nicht wissen, wie es ist, sich mit zwei Männern verbunden zu fühlen. Einmal aus Seelenverwandtschaft und einmal aus Liebe.

Mein Blick wandert hinaus in den Regen. Die Wölfe haben ihre Deckung aufgegeben und huschen lauernd im hohen Gras jenseits des Parkplatzes herum. Ihre roten Augen glimmen in der Dunkelheit wie Glühwürmchen. Sie wirken unruhig. Ich kann ihre Ungeduld beinahe riechen. Aber sie halten sich zurück und kommen nicht näher, als sie müssen, um uns Angst einzujagen.

"Komm", flüstere ich, fasse nach Henris Hand und ziehe ihn hinter mir her zurück ins Zimmer. 

Die Tür fällt zu und die Geräusche und Gerüche der Stadt bleiben hinter uns zurück. 

Henri blinzelt, während sich seine Menschenaugen an die Dunkelheit gewöhnen. 

Meine Sinne sind ihm um Meilen voraus. 

Ich kann sehen, wie sich seine Pupillen weiten. Hören, wie sein Herz schlägt. Und sein zuckrig-herber Duft nach Zimt, Zuneigung und Geborgenheit ist das betörendste Parfüm, das ich kenne. 

Sanft drücke ich Henri an die Wand neben dem Kleiderschrank und lasse die Hände unter seine Weste gleiten.

Heni lacht. "Warte, warte."

"Worauf?"

"Wie kannst du in dieser Situation an Sex denken?"

"Woher weißt du, dass ich an Sex denke? Vielleicht will ich nur ein bisschen kuscheln ..." 

Meine Hände gleiten über seine Brust abwärts zu seinem Hosenbund, aber Henri stoppt mich, bevor ich den Knopf öffnen kann.

"Lass uns das auf einen Zeitpunkt verschieben, an dem wir nicht beobachtet werden."

Ich grinse. "Wäre es dir unangenehm, wenn sie uns sehen könnten?" Bei diesen Worten steige ich auf die Zehenspitzen und strecke mich nach Henris Ohr. "Wo ist denn der Rambo-Henri von vorgestern geblieben?"

"Ich verbitte mir den Vergleich", erwidert Henri naserümpfend. "Rambo hat nie gegen Werwölfe gekämpft."

"Nur gegen ein paar mickerige Polizisten und vietnamesische Soldaten."

Henris Augenbrauen kräuseln sich anerkennend. "Ich sehe, du bist eine Wölfin von Welt."

"Hättest nicht gedacht, dass ich die Filme gesehen habe."

"Na schön." Henri lehnt sein Gewehr gegen den Schrank, legt die Arme um meine Taille und zieht mich enger zu sich heran. "Wir kuscheln."

Ich küsse seinen Hals. Seine Haut schmeckt nach Regen.

"Aber angezogen", setzt Henri nach. "Und das Licht bleibt aus."

Ich lecke den Regengeschmack ab. Als Wölfin habe ich eine sehr geschickte Zunge.

Henri weiß das. Ich spüre, wie er unter der Berührung erbebt.

Doch dann hat er sich wieder in Griff, fasst mich an den Schultern und schiebt mich von sich weg. "Meine Mamie hat mich anständig erzogen." Seine Augen funkeln spöttisch. "Erst retten wir deine Maman, dann haben wir Spaß."

Ich ziehe einen Schmollmund.

"Hast du nicht selbst gesagt, dass wir morgen ausgeschlafen sein müssen?"

"Verdammt", murmele ich.

"Keine Ablenkungen", sagt Henri, beugt sich vor und sieht mir fest in die Augen. "Wir müssen uns auf unser Ziel konzentrieren."

Manchmal hasse ich es, dass ich als Wolf so viel körperlicher bin als Henri. Aber ich muss seine Bedürfnisse akzeptieren. Außerdem hat er Recht. Wir müssen morgen wach und ausgeruht sein. Nur dann haben wir eine Chance, lebend aus Marseille herauszukommen.

Also gebe ich mich mit kuscheln zufrieden.

Dennoch liegen wir lange wach und lauschen auf die Geräusche hinter dem Prasseln des Regens. Auf die schwarzen Wölfe, die den Appartmentkomplex umstreifen und deren rote Augen manchmal wie Albtraumgebilde hinter den Fenstern aufblitzen.









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