Christmas Spirit - Part 2
Fluchend durchwühlte Cassie ihre Handtasche nach dem Schlüssel für ihre Wohnung. Sie war sich absolut sicher, dass sie ihn vor dem Flug von Paris nach New York auf den Bildern der Sicherheitskontrolle gesehen hatte. Mit einem Seufzen beendete sie ihre offenbar aussichtslose Suche und tastete stattdessen den Türrahmen über ihrem Kopf nach ihrem Ersatzschlüssel ab, nur um festzustellen, dass dieser ebenfalls nicht an seinem Platz war. Natürlich nicht! Immerhin hatte sie ihn vor einiger Zeit an Alex weitergegeben.
Mit einer Hand hämmerte die junge Frau gegen die Türe: „Alex!" Hoffentlich war er nicht bei sich zu Hause, denn sie hatte absolut keine Lust, die halbe Stadt mit ihrem Koffer im Schlepptau zu durchqueren. „Alex, bist du da?", wieder klopfte Cassie, bevor sie innehielt und lauschte. Bewegte sich etwas in ihrer Wohnung? Ein weiteres Hämmern: „Alex!" Sie wollte gerade erneut Luft holen, um noch lauter zu rufen, als sich die Eingangstüre öffnete.
„Cassie?", erkundigte sich Alex mit fragend erhobener Augenbraue, „du weißt, dass du nur deinen Schlüssel ins Schloss stecken und ihn in die richtige Richtung drehen musst, dann öffnet sich die Türe. Dadurch brauchst du sie weder einzuschlagen noch musst du die ganze Nachbarschaft wecken." Auf seine verführerischen Lippen schlich sich ein schelmisches Grinsen, welches nur noch breiter wurde, als sie ihn wütend anfunkelte.
Ohne ihn einer Antwort zu würdigen, schob sich Cassie an Alex vorbei in die Wohnung. Hastig befreite sie sich aus ihren Stiefeletten, den Handschuhen, der Haube und dem Mantel. Der junge Mann schloss die Türe hinter ihnen und wartete ab, bis sie sich ihm wieder zuwandte. „Wo ist dein Schlüssel?", erkundigte er sich und strich ihr die blonden Haare aus den Augen.
Ein Seufzen entwich ihr. „Wenn ich ihn gefunden habe, bist du der Erste, der es erfährt", versprach sie und fügte mit einer abwehrenden Geste hinzu, „ich denke nicht, dass ich ihn verloren habe. Er versteckt sich nur vor mir." Cassie streckte die Hand aus, um nach ihrer Tasche zu greifen und die Suche nach dem Schlüssel erneut aufzunehmen.
Bevor sie diese erreichen konnte, schlossen sich Alex' Finger um die ihren. Als sie zu einer weiteren Verteidigung ansetzen wollte, unterbrach er sie mit einem zärtlichen Kuss. „Willkommen zu Hause, Cassie", hauchte er an ihren Lippen. Sofort entspannte sich die junge Frau und verschränkte die Arme in seinem Nacken. Das Grinsen auf seinen Lippen wurde breiter: „Bist du bereit für meine erste weihnachtliche Überraschung?"
Theatralisch seufzte Cassie und verdrehte die graugrünen Augen: „Muss das wirklich sein?" Wieder küsste Alex sie und ihr Widerstand geriet ins Wanken. Als er sich von ihr löste, griff seine Hand nach einem Gegenstand auf der Kommode. Sie folgte seiner Bewegung mit ihrem Blick. „Oh nein!", stellte die junge Frau entschieden fest und wich einen Schritt zurück, „niemals!"
Ihren Protest ignorierend setzte Alex ihr die Weihnachtsmütze auf und strich ihre Haare darunter zurecht. „Oh doch, kleiner Grinch", erwiderte er schmunzelnd. Cassie setzte zu einer weiteren Abwehr an, doch er erstickte diese mit seinen Lippen und seiner Zunge, welche sich leidenschaftlich in ihren Mund drängte. „Vertrau mir", flüsterte er zwischen zwei Küssen, „es wird dir gefallen."
Ehe Cassie erwidern konnte, dass dies niemals der Fall sein würde, hatte Alex sie an den Schultern herumgedreht und lenkte sie in Richtung Küche. Als er sie an ihrem Kühlschrank vorbeiführen wollte, wehrte sich die junge Frau gegen den sanften Druck. Ihre Finger schlossen sich um den Türgriff, wie um eine Rettungsleine, und öffneten diese, während sie mit der anderen Hand nach einer Wodkaflasche griff.
Der Druck auf ihren Schultern ließ zur Gänze nach. „Cass?", Alex' Stimme klang weder tadelnd noch anklagend. Genau das war es, was sie dazu veranlasste, ihm die Flasche weiterzureichen. „Entschuldige, schlechte Angewohnheit nach einem langen Flug", seufzte sie frustriert und drehte sich zu ihm um.
Graue Augen musterten sie aufmerksam und nahmen jeder Veränderung in ihrer Mimik wahr. „Möchtest du ein Glas?", erkundigte sich der junge Mann und schwenkte die Flasche in seiner Hand hin und her. Die klare Flüssigkeit hatte eine beinahe hypnotisierende Wirkung auf Cassie. Sie konnte nicht leugnen, dass sie es wollte. Sie wollte trinken. „Nein", erwiderte sie entschlossen. Mehr als sie den Alkohol brauchte, wollte sie sehen, wie sich Stolz in seinem Blick zeigte.
„Wie lange?", hakte Alex nach, während er die Flasche zurückstellte und den Kühlschrank schloss. „Etwas über einen Monat." Stumm fügte Cassie hinzu, dass der Drang trotz der vergangenen Zeit immer noch vorhanden war. Es war bisher nicht leichter geworden. Statt ihr zu antworten, verschränkte Alex die Finger mit den ihren und hauchte einen Kuss auf ihren Handrücken. In seinen wundervollen Augen konnte sie sehen, dass er sie verstand und tatsächlich stolz auf sie war.
Ihr Herz machte einen Freudensprung. Ein Lächeln legte sich auf ihre Lippen: „Wolltest du mir nicht etwas zeigen?" Noch einmal hauchte Alex einen Kuss auf ihre ineinander verschränkten Finger, bevor er sich wieder in Bewegung setzte. Ohne einen letzten Blick auf ihren Kühlschrank und den darin befindlichen Wodka zu werfen, folgte Cassie ihm.
Die erste Veränderung in ihrer Wohnung bemerkte sie bereits beim Betreten des Essbereichs. „Du hast aufgeräumt", stellte die junge Frau überrascht fest. Tatsächlich konnte sie zum ersten Mal seit Wochen die Farbe ihrer Tischplatte erkennen.
Neben ihr zuckte Alex mit den Schultern: „Ich musste Platz schaffen." Mit einer kleinen Geste wies er sie auf eine weitere Veränderung hin. An einem Ende des Tisches befand sich ein aus Fichtenzweigen geflochtener Kranz mit vier Kerzen. Die kleinen Schleifchen und Kügelchen glitzerten in einem dunklen Rot und klassischen Gold.
„Mit einem Adventskranz kann ich leben", hielt die junge Frau mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen fest, „gibt es noch mehr?" Immer noch waren ihre Finger fest mit den seinen verschränkt. „Natürlich gibt es noch mehr", erwiderte Alex grinsend und zog sie weiter ins Wohnzimmer.
Funkelnde Lichter waren geschickt im ganzen Raum verteilt, so dass sie eine angenehme Atmosphäre schufen. Mal eine Kerze mit beiliegenden, kleinen Christbaumkügelchen, mal ein strahlender Stern. Die offensichtlichste Weihnachtsdekoration befand sich jedoch an Cassies Panoramafenster. Von der Vorhangstange baumelte eine strahlende Lichterkette, welche das Wohnzimmer in sanftes, warmes Licht tauchte.
Fasziniert ließ die junge Frau den Blick durch den Raum wandern. Niemals würde sie es laut aussprechen, doch ihre Wohnung sah völlig verändert aus. Wärmer, wohnlicher, friedlicher, als sie es zuvor gewesen war. Ein kleines Lächeln schlich sich auf ihre Lippen: „Hast du tatsächlich ein falsches Kaminfeuer auf meinem Fernseher eingestellt?"
Zu seiner Verteidigung hob Alex die Hände und schüttelte stumm den Kopf, als wollte er sagen, dass er nicht wüsste, wer es gewesen war. Das Lächeln auf Cassies Gesicht wurde breiter: „Ich wusste gar nicht, dass du ein solcher Romantiker bist." Ihre Arme schlangen sich um seinen Hals, bevor sie ihm einen flüchtigen Kuss auf die Lippen hauchte. „Weihnachtself", korrigierte Alex sie grinsend, während er die junge Frau mit sich zum Sofa zog.
Mit einem Seufzen ließ sich Cassie darauf nieder und zog die Beine unter ihren Körper. „Weihnachtselfen haben spitze Ohren und tragen komische Hüte", stellte sie lachend fest, „du bist also kein Elf." Fast schon panisch fuhr sie zusammen, als Alex plötzlich den Zeigefinger auf sie richtete: „Aha! Mein kleiner Grinch kennt sich mit Weihnachten wohl doch besser aus, als sie es gerne zugeben möchte."
Ihre Wangen brannten, während Cassie langsam aber sicher im warmen Blick seiner grauen Augen versank. „Als Tante zweier wundervoller und von Weihnachten fast schon besessener Mädchen schnappt man manche Dinge einfach auf, ob man es will oder nicht", warf sie kaum hörbar ein, bevor sie seinen Finger aus der Luft zwischen ihnen fischte, „allerdings ändert das nichts daran, dass du ein hoffnungsloser Romantiker bist."
Alex überbrückte den Abstand zwischen ihnen und verschloss ihre Lippen mit den seinen. Zärtlich verlangte seine Zunge nach Einlass in ihren Mund, welchen sie ihm nur zu gerne gewährte. Während er den Kuss weiter vertiefte und ihr damit ein leises Seufzen entlockte, vergruben sich ihre Finger in seinen braunen Haaren.
Viel zu schnell für ihren Geschmack löste er sich wieder von ihr. „Wie fällt dein Urteil aus?", mit einer Handbewegung deutete er auf die im Raum verteilten Weihnachtsdekorationen, bevor er ihr eine Tasse mit antialkoholischem Punsch, welche zuvor auf dem Tischchen vor ihnen gestanden hatte, in die Hände drückte.
Cassie folgte der Geste mit ihren graugrünen Augen. „Nicht so schlimm, wie ich befürchtet habe. Nur das Kaminfeuer auf meinem Fernseher", theatralisch schüttelte sie den Kopf, „diese Idee hätte von Shane sein können." Grinsend nahm sie einen Schluck von ihrem Getränk.
Vorsichtig spielten Alex' Finger mit einer blonden Haarsträhne: „Von Shane?" „Oh ja, er ist auch ein hoffnungsloser Weihnachtsromantiker", hastig fischte die junge Frau ihr Handy aus der Hosentasche, bevor sie näher an ihn heranrückte, „als wir in Paris gelandet sind, hat er mich gezwungen, mit ihm auf den Eiffelturm zu fahren." Während sie sprach, entsperrte sie das Telefon und öffnete die Fotos, bevor sie es an Alex weitergab.
Auf dem ersten Bild konnte der junge Mann Paris mit all seinen strahlenden Weihnachtslichtern sehen. Das zweite und dritte Foto zeigten Selfies von Cassie und Shane, bei denen sie Grimassen schnitten. Wieder wischte Alex zur Seite und erstarrte mitten in der Bewegung. „Möchtest du mir etwas sagen?", erkundigte er sich nachdenklich. Seine grauen Augen musterten die junge Frau neben ihm.
Wieder brannten Cassies Wangen. „Wir haben für ein frisch verheiratetes Ehepaar in den Flitterwochen ein paar Fotos von ihnen gemacht. Dafür haben sie angeboten auch welche von uns zu machen. Sie dachten wohl, dass Shane und ich ein Paar wären", erwiderte die junge Frau. Mit einem Nicken in Richtung des Bildes fügte Alex hinzu: „Ich frage mich, wie sie auf diese absurde Idee kommen konnten."
Lachend nahm sie ihm das Handy aus der Hand und legte es auf den kleinen Tisch vor ihnen, bevor sie Alex wieder tief in die grauen Augen sah. „Das war nur ein kleiner Scherz. Shane hat mich schon oft geküsst", warf Cassie ein, „allerdings war ich bisher nie nüchtern dabei."
„Sollte das ein trauriger Versuch sein, mich zu beruhigen?", hakte Alex grummelnd nach. „Funktioniert es?", konterte die junge Frau grinsend. Stumm schüttelte er den Kopf und brachte sie damit erneut zum Lachen. Als sie wieder zu Atem gekommen war, stellte Cassie die Tasse zurück auf das Tischchen und lehnte sich näher an ihn: „Ich verspreche hoch und heilig, dass ich nie wieder einen anderen Mann, ganz egal ob homosexuell oder hetero, auf dem Eiffelturm küssen werde. Nur noch dich, Alex Sokolov." Um ihren Worten sogleich Taten folgen zu lassen, verschloss die junge Frau seine Lippen mit den ihren.
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