~Aralas IV~
Es dauerte die ganze Nacht, die Toten zu bergen. Ihre Familien wurden benachrichtigt, Frauen, die nun ohne Ehemann dastanden, Kinder ohne Vater. Viele weinten, die Festung war erfüllt von Wehklagen und Trauer.
Als sich langsam die Aufregung gelegt hatte, ging Aragorn erneut zu dem Anführer der Wachen. Tiefe Trauer stand in den Augen des Mannes, auch er hatte Freunde verloren. Er verbeugte sich, als er den König sah und ging zu ihm.
"Wie konnte das passieren?" In Agarorns Stimme lag kein Vorwurf, nur Trauer und Entschöpfung. Der Mann stieß einen kleinen Seufzer aus, dann entgegnete er: "Die Orks hatten einen hinterhältigen Plan. Sie wussten, sie würden Gondor in einem offenen Kampf nicht besiegen können, also kamen sie im Schutz der Dunkelheit. Sie schafften es, unbemerkt mit Seilen die Außenmauer zu überqueren, um dann innerhalb der Mauern anzugreifen." Er senkte den Blick, ob nun vor Respekt oder Scham wusste Aragorn nicht.
Leise erwiederte er: "Ich hatte mir so etwas schon gedacht..." Einen Moment blickte er dem Soldat in die Augen und nickte mitfühlend. "Niemand hätte das kommen sehen." Der Mann nickte und seine Augen schienen sich ein wenig aufzuhellen. "Ich werde nun nach den übrigen Wachen sehen. Sie müssen so schnell es geht wieder an ihre Posten, Majestät." Aragorn nickte zustimmend und der Mann verschwand nach einer Verbeugung.
Einen Moment verharrte der König und sah sich um. Die letzten Orks wurden beseitigt, Schäden an der Innenseite der Mauer repariert. Die Toten konnten sie nicht zurückbringen, aber das Leben würde weitergehen.
Nun, da auch die letzten Aufgaben beinahe erledigt waren, galten Aragorn's Gedanken nur noch einem: Legolas. Der Elb lag in den Häusern der Heilung, ein Pfeil hatte ihn verletzt. Bestimmt würde es ihm bald besser gehen und der Braunhaarige wollte seinen Geliebten unbedingt sehen.
Mit zügigen Schritten ging er zu den Häusern, vor denen ein großes Gedränge herrschte. Kein Wunder, so viele Verletzte wie es gab. Respektvoll machten alle Aragorn Platz, als er durch den Eingang lief und auf die Liege, auf der Legolas lag, zusteuerte.
Doch schon bevor er ihn erreichte, wusste er, dass etwas nicht stimmte. Die Heilkundigen und Ärzte berieten aufgebracht miteinander, immer wieder zeigten sie auf den Elben, der sich auf seiner Trage nicht rührte. So schnell es ging rannte Aragorn zu ihm, schob die Heiler zur Seite, doch als er den Elben sah, hielt er fassungslos an.
Die Kleider des Elben waren gesäubert, seine Hüfte mit einem weißen Verband abgedeckt. Doch das war es nicht, was Aragorn so erschreckte. Es war das Gesicht, welches sonst mit seiner ebenmäßigen Haut und den feinen Linien fast zu leuchten schien. Nun war es eingefallen, Legolas war totenblass und sein Gesicht vor Schmerzen verzogen. Seine Augen waren geschlossen und er atmete schwer, als ob ihm jeder Atemzug große Schmerzen bereiten würde.
"Legolas!" Die Worte waren wie ein gequälter Schrei, doch der Elb rührte sich nicht. Verzweifelt drehte sich Aragorn zu den Heilern um, in ihren Augen lag Hoffnungslosigkeit und Mitleid. "Was ist mit ihm?", fuhr er sie verzweifelt an und viele schlugen die Augen nieder. Ein älterer Mann trat vor, in dem weißen Gewand der Heiler sah er schob beinahe ulkig aus. Er seufzte und erwiederte leise: "Der Pfeil, der ihn getroffen hat, ihre Majestät. Es war kein gewöhnlicher Pfeil." Er schwieg einen Moment, als könnte er sich damit davor drücken, die Wahrheit zu erzählen, dann fügte er mit stumpf klingender Stimme hinzu: "Es war ein Giftpfeil, auch als Morgulpfeil bekannt. Die Orks, die aus Dol Guldur oder Gundabad kamen, benutzten einst diese Pfeile und ein paar haben anscheinend die Zeit überlebt."
In Aragorn's Augen spiegelte sich das Entsetzen, als er den Worten des Mannes zuhörte. Legolas. Warum musste es Legolas treffen? Verzweiflung stieg in ihm auf, er war keinesfalls gewilligt, die Lage so zu akzeptieren. Es musste einen Ausweg geben, irgendeine Lösung.
"Gibt es keine Heilung dafür?" Verzweifelt sah er die Heiler an und wieder war es der ältere Mann, der sprach. "Nun...", begann er bedächtig, als hätte er Angst, jemanden mit seinen Worten zu verletzen. Oder Aragorn Hoffnung machen, die es nicht gab? Er fuhr fort: "...die Elben benutzen eine Pflanze, sie nennen sie Athelas. Königskraut, wie wir sie nennen. Mit ihrer Hilfe kann die Verwundung verheilt werden."
Seine Stimme war leise, doch in Aragorn's Herzen flammte eine Hoffnung auf, so stark, dass es ihm beinahe wehtat. "Königskraut!" Seine Gedanken wanderten in seine Vergangenheit. Er war mit Frodo, dem kleinen Hobbit aus dem Auenland und seinen Freunden Sam, Merry und Pippin unterwegs gewesen. Frodo, der Ringträger, wurde von einem Nazgûl mit einer Morgulklinge verletzt. Er hatte die Wunde mit Königskraut versorgt, doch ohne die Hilfe der Elben hätte er nicht überlebt. Ohne Arwen.
Wiederwillig löste Aragorn seine Gedanken, die es schon wieder in eine bestimmte Richtung zog. Arwen war ein Kapitel seiner Vergangenheit, an das er jetzt nicht unbedingt seine Gedanken verschwenden wollte. Es gab wichtigeres zu tun!
Er wandte sich an die Heiler, die ihn mit beinahe schon ausdrucklosen Gesichtern ansahen, als wüssten sie, was jetzt kommen würde. "Aber Königskraut gibt es hier doch überall!" Die Stimme des Königs überschlug sich fast, als er die weiß gekleideten Heiler ansah. Der alte Mann schüttelte langsam den Kopf, Trauer lag in seinem Blick.
"Schaut nach draußen. Der Schnee verdeckt jede Pflanze, auch nur das kleinste bisschen. Und selbst wenn man graben würde, alles wäre bei diesen Temperaturen schon köngst erfroren. Es tut mir leid, eure Majestät. Wir können nichts tun." Er senkte den Blick, bevor er sich umdrehte und, gefolgt von den anderen Heilern, ging.
Die Worte des Mannes trafen Aragorn wie ein Blitzschlag. "Wir können nichts tun." Die Stimme des Heilers klang in seinem Kopf nach. Es gab keine Hoffnung für Legolas. Er würde sterben.
Aragorn spürte, wie ihm Tränen in die Augen stiegen, während er sich zu dem Elben umdrehte, der unbeweglich auf der Trage lag. "Legolas!" Es war wie ein Schluchzen, dass aus der Kehle des Braunhaarigen kam. Tränen liefen ihm über sein Gesicht und in seinen Augen spiegelte sich nur ein kleiner Teil des Schmerzes wieder, der in ihm tobte.
Seine Stimme versagte, er nahm sanft das Gesicht seines Geliebten in die Hände. Der Elb war kaum wiederzuerkennen, seine Gesichtszüge waren angespannt und seine Haut totenblass. Ein leises Stöhnen verließ seine Lippen und Aragorn schmerzte es tief in seinem Herzen so stark, als sei er verletzt.
Er konnte nicht mitansehen, wie der Elb litt, tatenlos zusehen, wie er dem Tode langsam näherkam. Er musste etwas tun!
Hoffnung gab es immer, wenn sie auch noch so gering war. Aragorn klammerte sich an diesen Gedanken wie an ein Seil, dass ihn vor dem Abstürzen in eine bodenlose Finsternis bewahrte. Er würde losreiten. Irgendwo musste es doch noch Königskraut geben! Und wenn er durch ganz Mittelerde reiten musste, er musste es finden!
In seinem Blick stand Entschlossenheit, er strich dem Elben leicht über die Wangen. Leise flüsterte er: "Ich werde diese Pflanze finden. Ich komme wieder, du wirst wieder gesund werden!" Ob der Elb die Worte hörte oder nicht, auf jeden Fall schien er ruhiger zu werden, seine Züge entspannten sich etwas. Behutsam beugte Aragorn sich zu ihm hinunter und küsste ihn zärtlich. "Le melin.*", flüsterte er, dann stand er auf.
Er sah nicht zurück, als er in sein Gemach ging, sich ein leichtes Gewand anzog und sich sein Schmwert umband. Im Stall sattelte er seinen treuen Hengst, dann ritt er zum großen Tor. Viele fragende Blicke begleiteten ihn, Fragen wurden laut. Er war der König, warum ließ er sein Volk nach dieser furchtbaren Schlacht im Stich. Doch in diesem Moment fühlte er keine Reue, kein Mitleid.
"Ich komme bald wieder."Die Worte waren stumpf und ohne Bedeutung für ihn, alles rückte langsam in den Hintergrund. Er fühlte sich innerlich leer, nur ein großer Schmerz ließ ihn seine Erschöpfung vergessen und ihn sich der einzigen Tatsache widmen, die in seinem Kopf im Moment Platz hatte.
Er musste das Königskraut finden. Sonst würde Legolas sterben.
*ich liebe dich
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro