Rache ist süß
Mit einem mulmigen Gefühl im Magen öffnete Atsumu die Tür und traf auf die brauen Tiefen von Terushima, welcher ihn wutentbrannt ansah und direkt mit der Tür ins Haus platze. „Haru du Penner!", brüllte er. „Wo bist du Feigling? Wer gibt dir das verfickte Recht Honey zu schlagen?"
„Yūji bitte...", drückte ihm Atsumu die Hand auf die Brust. „Es ist alles ok, bitte geh", flüsterte er.
„ICH SOLL WAS?", schrie dieser unbeirrt weiter, schob den blonden schockierten Setter beiseite und sah sich in der kleinen Wohnung um. Angeekelt zog er seine perfekte Augenbraue in die Höhe und fragte sich erneut was sein Ex von so einem Unterschichtler wollte. Die Wohnung war klein, man stand im Flur und konnte bereits in das Wohnzimmer mit angrenzender offener Küche schauen. Dort stand, mittig zum Wohnbereich, hin, ein kleiner, alter Holztisch mit zwei angeranzten Holzstühlen und zur Krönung, lag auf diesem eine gehäkelte, beige Tischdecke, worauf auf jeder Seite ein Tischplatzset aus Plastik gelegt war. Gott hatte er das hässliche Ding vom Flohmarkt, der Tafel oder hatte er es womöglich doch selbst gehäkelt? Was zur Hölle war dies für eine Bude? Bezahlte diese das Amt oder war Haru zu geizig sich was Anständiges zu mieten? „Scheiße Atsumu wie lebst du bitte hier?"
„Das ist eine ganz normale Wohnung, Yūji", meinte er und schämte sich direkt ein wenig für die Art von dem Blonden. Für ihn musste dies aussehen, als würden hier die Assis hausen, dabei war es sehr sauber, ordentlich und durchschnittlich eingerichtet, jedoch eben nicht so luxuriös wie der Gepiercte es eben gewohnt war. Hier gab es eben keine Küchenzeile aus Marmor, doch tat es eine normale kleine Küchenzeile aus Pressholz auch, welche in einer schönen, polierten Hochglanz Optik, fleckenfrei strahlte. Auch war der Kühlschrank ganz normal und kein Riesenteil mit Eis Wasser Spender, einem angrenzten Weinkühlanbau, einer NoFrostPlus Ausstattung, welcher einer Energieeffizienz von F, sehr wahrscheinlich so viel Geld im Moment schluckte wie die gesamte Wohnung kostete. Noch gab es hier einen High End Backofen, mit einer Selbstreinigungsfunktion, einer Hitzeschutztür, denn ein ganz normaler Induktionsherd mit Backofen tat es eben auch. Besonders sollte Terushima sich darüber keine Gedanken machen, denn dieser konnte ohnehin nicht kochen, sondern lies dies ausschließlich für sich machen. Nein, hier gab es keine Juanita, welche den Haushalt, das Kochen oder das Einkaufen übernahm. Allerdings reicht es Atsumu völlig aus, es war ok, wohnlich und sein zu Hause.
„Eine Bruchbude trifft es eher. Gibt es hier auch Kakerlaken?", schnaubte er verächtlich mit der Nase und mochte garkeinen weiteren Schritt mehr wagen, so sehr kotze es ihn an. „Wie kannst du so leben? Wie ein Hinterwälder", ließ er seiner Verachtung weiter freien Lauf und merkte gar nicht wie die Tür zum Balkon sich öffnete und Haru ins Wohnzimmer trat und den ungebetenen Gast argwöhnisch ansah.
„Vielleicht sollte man seinen Mund nicht so weit aufreißen, wenn der Papi einem alles bezahlt und man selbst nicht dafür arbeiten gehen muss, was denkst du Terushima?", machte der Dunkelhaarige auf sich aufmerksam und wurde direkt von Terushima angeschaut.
„Und das sagst gerade DU mir? Der Kerl, der offenbar keine Ahnung hat, wie man sich als ERWACHSENER verhalten sollte?", pfefferte er zurück, während er einen Schritt auf ihn zu ging. „Ich denke du solltest mal deine Fresse halten, bevor ich dir eine reinschlage, alter."
„Wow du kannst dich ja richtig gewählt ausdrücken. Reife Leistung. Kein Wunder das Atsumu so EINEN wie dich verlassen hat", grinste der Ältere überheblich, schloss hinter sich die Türe, damit die Nachbarn hiervon nichts mitbekamen. Denn besonders die Dame von nebenan war verdammt neugierig, tratschte alles weiter, wobei sie stets bei ihren Geschichten noch eine Menge dazu dichtete.
„Einen wie mich?", was genau wollte er ihm damit sagen? Das Atsumu ihn nicht verdient hat, jedoch jemanden der ihn schlug? Was zur Hölle war das bitte für ein Vergleich? „Sag mal denkst du wirklich das Tsumu so einen wie dich verdient hat? Einen der ihn schlägt? Ihn in einer Bruchbude wohnen lässt? Scheiße er darf ja nicht mal Fleisch essen, eine Jogginghose tragen oder geschweige sich wie jemand in seinem Alter benehmen. Fuck! Du bist sowas von ein rotes Tuch für mich. Nicht nur, weil du ihn hast, ihn einen vormachst, wer du bist, sondern ihn gegen seinen Willen schlägst. Du gehörst weggesperrt", wurde der Blonde immer lauter und rede sich dabei immer mehr in Rage. „du hast weder Atsumu noch sonst jemanden verdient. Du bist krank, Haru. Du stalkst. Wer ist denn dieser Affe auf Insta, der mir schon eine ganze Weile folgt? Denkst du ich bin dumm?", sah er etwa so aus? Dumm? „Du versuchst doch Dinge über ihn oder mich herauszufinden, welche du gegen uns verwenden kannst. Ja, ich bin ihm fremdgegangen, doch ich habe ihn nie geschlagen!"
„Ich habe ihn nicht geschlagen", meinte Haru und sah zu dem Setter, welcher sich nach wie vor nicht bewegt hatte und einfach zu den beiden sah, dabei schwieg er, war in sich gekehrt, wusste weder ein noch aus mit sich. War es eine gute Idee sich Terushima anzuvertrauen? Yūji dramatisierte das Ganze doch nur. Ja, es war doch nur eine Backpfeife nichts weiter, dies konnte doch mal passieren im Aspekt. Immerhin hatte er doch einen Fehler gemacht, hatte dies vielleicht sogar verdient. Haru würde das nicht nochmal machen, er war doch sonst immer so lieb, opferte seine Zeit für ihn, ließ ihn hier umsonst wohnen und erwartete doch gar nicht viel von ihm. Sicherlich er würde seinen Wunsch niemals akzeptieren eines Tages mal Profispieler zu werden, doch vielleicht war es ja die Wahrheit, dass ein Schulsport ohne Zukunft war. Atsumu könnte doch auch einfach eine Ausbildung machen, studieren ihm standen doch so viele andere Möglichkeiten offen, warum musste es denn Volleyball sein? Haru hatte Recht, ja Haru war erwachsen, somit musste er Recht haben.
Logisch mag dies nicht sein, doch unsere Psyche macht uns öfter etwas vor, verdreht die Dinge, wie sie sind und sorgt dafür dass wir etwas Negatives plötzlich positiv auffassen. Ein Beispiel: wenn man jemanden schlägt, ist dies für Ausstehende immer sehr genau zu erkennen das hier die Gewalt an erster Stelle steht, diese Person will uns ganz klar etwas Böses. Wenn man selbst, wie Atsumu, an der Stelle war, dann sah man vielleicht auch den Punkt, dass diese Person einen auch vor andere Gefahren beschützen konnte. Diese Logik mag falsch sein, allerdings existiert sie.
Warum bleiben so viele Opfer, eine lange Zeit, bei ihren Peinigern, ohne diese zu verlassen?
Wenn diese Denkweise erstmal in einem verinnerlicht ist, der erste Schock überwunden ist, dann scheinen normale Menschen plötzlich unattraktiv für uns. Hatte Terushima vielleicht schon seinen Reiz verloren? Wollte er wirklich den Blonden zurück? Dieser konnte ihm vielleicht Luxus bieten, doch was noch?
Niemand wird gerne geschlagen, jedoch entwickelt sich schnell ein Teufelskreis daraus, wenn wir nicht aus diesem herausbrechen.
Rechtzeitig, ohne es noch dichter an uns heranzulassen.
Lieben wir die Person, oder ist dies alles ein Widerspruch? Wo ist die Grenze? War diese mit einer Backpfeife überschritten? Für Terushima schon, doch war die Antwort für Atsumu nicht so klar, immerhin hatten sie es doch geklärt. Alles war gut!
Gewalttätige Partner haben ihr eigenes Charisma. Und sehr langsam schaffen diese es ihren Partner einzuimpfen, dass es gerechtfertigt ist und im schlimmsten Fall, wie bei Atsumu, man selbst schuld sei. Zudem lieben wir diese Person, auch wenn Atsumu nicht mit voller Gewissheit sagen konnte, dass er Haru liebte, denn dort war noch ein großer Haufen an Scherben und Gefühlen mit dem Blonden. Seine Schatten der Vergangenheit hatte er noch lange nicht hinter sich gelassen, sondern öffnete sich direkt ein neues Loch, was ihn herunterzog.
Wenn er nun Haru verlassen würde, dann hatte er nichts mehr.
Mit Osamu, seinem Zwilling, wechselte er nach wie vor kein Wort, seine Eltern waren immer noch sauer auf ihn, weil er Hals über Kopf ausgezogen war, ohne zu erklären warum. Wo sollte er hin? Zu Yūji? Sicherlich wäre es eine Option, doch dann? Was war dann? Würde er ihm erneut das Herz brechen?
Auch schämte man sich, weshalb man bei dieser Person blieb, es hinnahm und besonders bei Männern ist diese Emotion sehr stark ausgeprägt. Atsumu war unsicher, je mehr er ihnen zusah, je schlimmer wurde es, je mehr Chaos herrschte in ihm.
„Yūji", versuchte Atsumu passende Worte zu finden. „Ich habe das mit ihm geklärt, es ist nichts passiert, bitte."
„Ist das dein Ernst? Du nimmst ihn in den Schutz? Warum Atsumu, warum?"
Terushima verstand es nicht, warum.
Genau dort fängt der Teufelskreis an, wir passen uns an, nehmen es hin und ehe man sich versah, akzeptierte man diesen Druck.
„Du hast da etwas falsch verstanden" mischte sich Haru in die Unterhaltung ein und ging auf Terushima zu, welcher sofort seinen Blick von Atsumu nahm und stattdessen den Schwarzhaarigen in seinen Fokus nahm. „Ich wäre dir sehr verbunden, wenn du nun gehen würdest und mich und meinen Freund in Ruhe lässt. Du siehst doch, dass es ihm gut geht und er hierbleiben möchte. Also wenn ich bitten darf?", deutete dieser auf die Haustür und lächelte scheinheilig.
„Halt die Klappe und rück mir nicht auf die Pelle", zischte Terushima, wich einige Schritte zurück und ging auf Atsumu zu. „Honey, bitte", kam es ruhig, sollte beruhigend wirken, doch verfehlte es seine Wirkung, denn stattdessen wich nun Atsumu vor ihm zurück. Sah in Terushima den Grund, für seine geschwollene Wange.
„Geh. Geh einfach, Terushima", flüsterte er.
Verwunderung lag in dem Blick von diesem. Warum sollte er gehen? Er wollte ihm doch nur helfen, doch stattdessen sah es nun so aus, als wäre er der Grund, warum all dies passiert war.
„Ich möchte das du mit mir kommst", bat er erneut, doch schüttelte Atsumu nur mit seinem Kopf, lehnte es ab mitzukommen. „Bitte."
„Es reicht Terushima", griff die Hand von Haru nach dessen Jacke und zog diesen von Atsumu zurück. „Verschwinde aus meiner Wohnung."
„FASS MICH NICHT AN!", knurrte der Blonde und entriss sich dem Griff. „Wag es noch einmal und ich verpasse dir eine."
„Geh jetzt", bedrohlich sprach Haru die Worte aus.
„Warte mal", legte Terushima nun eine Hand an das Kinn von Atsumu und wollte ihn dazu bringen, dass er ihn ansah, doch griff Haru da erneut nach ihm , bekam den Jüngeren am Kragen zu packen und riss ich von dem Setter weg. „Verdammt", knurrte Yūji. „Ich habe gesagt, du sollst mich nicht anfassen!"
Es reichte! Ohne ein weiteres Wort holte der Blonde aus und schlug Haru direkt auf die Nase, wobei es leicht knackte. Entsetzt sah der Zwilling die beiden an, sah wie Haru sich an die Nase fasste, aus welcher direkt ein Schwall Blut kam.
„Haru. Yūji... Nicht nein!", schossen ihm die Tränen der Verzweiflung in die Augen.
„Ich blute!", brüllte der Älteste. „Das wirst du bereuen."
„Oh da habe ich aber Angst. Ich zittere regelrecht. Sei froh, dass es nur die Nase war, am liebsten würde ich dir sämtliche Knochen brechen. Und weißt du was? Mein Daddy kann mir einen guten Anwalt bezahlen, komm versuch es doch mich anzuzeigen", grinste er. „Glaub mir du bist am Ende derjenige von uns beiden der verliert."
„Nein, Terushima", schüttelte Haru mit dem Kopf. „Der Verlierer bist allein du, denn du hast das verloren, was du am meisten geliebt hast", deutete er auf Atsumu, welcher Haru sein Gesicht in seine Hände nahm und bittere Tränen vergoss. „Denn Atsumu hat sich für mich entschieden. Und jetzt verschwinde."
„Tsumu... Honey, bitte" startete er einen erneuten Versuch, jedoch vergeblich denn Atsumu war zu keinem weiteren Wortgefecht im Stande und schüttelte nur mit dem Kopf.
Wer war nun der Gewinner?
Der Verlierer war in diesem Fall ganz klar Atsumu, doch auch Terushima verlor.
Verließ die Wohnung und sah über die Schulter noch, wie Atsumu seinem Freund ein Taschentuch hinhielt und wie Haru gehässig grinste.
„Man sieht sich immer zweimal im Leben"
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