Winkelgasse
Severus wurde von Geräuschen aus der Küche geweckt. Stöhnend setzte er sich auf. Die Nacht auf der Couch war wenig erholsam gewesen. Er hätte auch einfach in Harrys Zimmer schlafen können, aber es kam ihm falsch vor. Er ging in die Küche und sah Remus, der bereits angezogen Kaffee kochte.
»Guten Morgen es tut mir leid, ich wollte dich nicht wecken!«, sagte er und gab Severus einen Kuss.
»Schon gut, was ist mit dem Jungen?«
»Schläft noch. Die restliche Nacht war ruhig, er...er hat sich kaum einen Millimeter von mir entfernt«, sagte Remus nachdenklich und reichte Severus eine Tasse Kaffee.
»Du gibst ihm Sicherheit etwas, was er bisher nicht kannte«, sagte dieser und setzte sich an den Küchentisch.
»Ich kann heute hierbleiben...«, sagte Remus zögernd.
»Kommt nicht infrage. Ich schaffe das schon und was soll die Ministeriumsbibliothek ohne seinen besten Bibliothekar machen? Nein, du gehst arbeiten. Ich gehe mit Potter in die Winkelgasse. Er braucht dringend anständige Kleidung und dann treffen wir uns gegen drei Uhr in Florean Fortescues Eissalon?!«, sagte Severus.
»Bist du sicher?«, Severus rollte mit den Augen, stand auf und küsste Remus leidenschaftlich.
»Ja, bin ich und nun geh!«, sagte er, als sie den Kuss gelöst hatten.
»Mhm...jetzt würde ich aber lieber bleiben«, raunte Remus, ließ sich aber von Severus zum Kamin schieben. Einige Augenblicke später war er verschwunden.
Severus kochte etwas Porridge und stellte es zusammen mit einem Tee und weiteren Nähr- und Heiltränken auf ein Tablett. Es war bereits später Vormittag und Harry musste dringend etwas essen. Er betrat sein und Remus' Schlafzimmer und stellte das Tablett auf dem Nachttisch ab. Der Junge lag zusammengerollt in der Mitte des Bettes und atmete ruhig, Severus öffnete die Vorhänge und setzte sich dann auf das Bett. Er wollte schon die Hand ausstrecken, stoppte dann aber.
»Potter, Potter sie müssen aufwachen«, sagte er und versuchte, seiner Stimme einen ruhigen Klang zu geben. Der Junge rührte sich nicht. Severus wusste, was er versuchte. Nicht aufwachen hieß, nicht nachdenken zu müssen, nicht die Bilder vor sich zu sehen, keine Schmerzen. Seufzend streckte er nun doch die Hand aus und berührte den Jungen vorsichtig an der Schulter. Die Reaktion ließ nicht lange auf sich warten. Harry schreckte auf und rutschte in Panik etwas weiter von Severus weg. Verwirrt blinzelte er. Severus war inzwischen aufgestanden.
»Beruhigen sie sich. Essen sie ihr Frühstück und dann liegen im Bad neue Sachen. Sie müssen noch angepasst werden, also kommen sie runter, wenn sie fertig sind, in Ordnung?«, er wusste, dass Harry sicher nicht über das Reden konnte, was am letzten Abend geschehen war, so beließ er es dabei und ging, als der Junge nickte.
Harry setzte sich stöhnend auf und sah sich um. Wie war er hierhergekommen? Hatte er die Nacht im Bett von Snape und Remus verbracht. Seine Erinnerung war verschwommen, nachdem Snape ihm einen Trank gegeben hatte. Dann fiel es ihm ein. Der Albtraum, die Panik, Remus, der ihn beruhigte, ihn im Arm hielt. Zitternd griff er nach der Tasse Tee und aß dann das Porridge, ehe er die beiden Phiolen leerte. Mit wackligen Beinen stand er dann auf und ging ins Bad. Die Erinnerungen, die er am letzten Abend eine nach der anderen noch einmal hatte durchleben müssen, hatten Harry zugesetzt. Er war froh, dass Snape nicht alles gesehen hatte. Er zog sich sein T-Shirt aus und fuhr über die Narben auf seinem Oberkörper. Für ihn bedeuteten sie Schwäche und Demütigung. Er hatte sich nicht wehren können, nicht einmal, als er wusste, dass er ein Zauberer war. Energisch wischte er die Tränen weg, die ihm in die Augen traten, und stellte sich unter die Dusche.
Die Sachen, die Snape ihm hingelegt hatte, waren tatsächlich um einiges zu groß. Harry musste die Hose festhalten, damit sie ihm nicht hinunterrutschte. So ging er, mit einer Hand die Hose haltend und mit der anderen das Tablett balancierend die Treppe hinab. Auf der letzten Stufe verlor er die Balance und das Geschirr fiel scheppernd zu Boden. Severus kam aus dem Wohnzimmer gestürmt.
»Was bei Merlin...«, rief er und sah das zerbrochene Geschirr. Harry entdeckte er erst, auf den zweiten Blick. Der Junge kauerte, die Hände über dem Kopf an der hintersten Flurecke. Severus schloss kurz die Augen, ließ dann die Scherben verschwinden und hockte sich vor das Kind.
»Potter sie mich an!«, sagte er so sanft, er konnte und es half, der Junge sah auf. In seinem Blick lag nichts außer Angst und es traf Severus mehr, als er zugeben konnte.
»Ich bin nicht wütend, ich habe mich nur erschrocken. Ich dachte, sie wären die Treppe heruntergefallen. Es ist nur Geschirr«, sagte er und hielt Harry die Hand hin. Nach unendlichen Momenten griff dieser danach und ließ sich auf die Beine ziehen.
»Ich seh schon. Die Sachen sind viel zu groß. Moment«, sagte Severus und hob den Zauberstab. Panisch sah Harry zu, aber im nächsten Augenblick senkte Snape den Stab bereits wieder und die Sachen passten nun einigermaßen.
»D-danke, Sir«, stotterte Harry.
»Dafür nicht Potter, aber das ist keine Dauerlösung. Wir werden heute in die Winkelgasse gehen und ihnen etwas Anständiges besorgen!«, sagte Severus und Harry sah ihn überrascht an.
»Machen sie den Mund zu. Wir gehen nach dem Mittagessen und bis dahin könnten sie einige Hausaufgaben erledigen«, sagte der Lehrer und wies auf die Truhe, die im Wohnzimmer stand. Sie hatte am Morgen einfach dort gestanden und Severus war sicher, dass Dumbledore seine Finger im Spiel hatte.
Harry saß den restlichen Vormittag am Tisch und erledigte seine Hausaufgaben. Er war froh, dass Snape nicht auf den letzten Abend einging. Ohnehin schien der Lehrer sein Verhalten ihm gegenüber kaum verändert zu haben, nur eines war anders, die Art wie er mit ihm sprach. Er nutzte noch immer das abfällige »Potter«, aber sein Ton war sanfter und weniger spöttisch. Aus den Augenwinkeln sah Harry, das Snape ihn ab und zu beobachtete. Irgendwann stellte er ihm ein Sandwich hin, das Harry gierig aß.
»Nicht so schnell. Niemand wird es ihnen wegnehmen!«, sagte Snape, nicht ohne Belustigung in der Stimme, doch bereute es sofort, da in seinen Worten wohl sehr viel Wahrheit lag.
»Tut mir leid...«, nuschelte Harry und versuchte, langsamer zu essen.
»Ich verstehe sie, aber wenn sie schlingen, dann tut das ihrem Magen nicht gut«, sagte Snape. Harry nickte nur und nahm einen Schluck Wasser.
Gegen 13 Uhr drängte Severus zum Aufbruch. Er reichte Harry einen Umhang, den er bereits verkleinert hatte. Dann schlüpfte Harry in seine vollkommen abgetragenen Turnschuhe, die bereits einige Löcher hatten. Severus beäugte die Schuhe skeptisch, sagte aber nichts.
»Gehen wir«, sagte er und trat ins Freie. Es hatte sich endlich abgekühlt. Kühler Wind ließ die Wolken schnell über den blauen Himmel ziehen. Harry trat neben Severus und sah ihn fragend an.
»Ich gehe davon aus, dass sie noch nie appariert sind?!«, Harry schüttelte den Kopf.
»Nun es ist nicht sehr angenehm beim ersten Mal, aber es geht schnell. Nehmen sie meinen Arm!«, sagte Snape und streckte den rechten Arm aus. Zögernd griff Harry danach.
»Gut festhalten!«, sagte Severus und dann hatte Harry das Gefühl an seinem Bauchnabel in ein Loch gezogen zu werden. Alles um ihn herum drehte sich in wahnsinniger Geschwindigkeit und so schnell es gekommen war, so schnell ging es auch vorbei und er spürte festen Boden unter den Füßen. Ihm war übel und er konnte nicht verhindern, dass er sich übergab. Er spürte, das Snape ihm den Kopf hielt und als nichts mehr kam, hielt der Lehrer ihm eine Phiole an die Lippen. Ohne zu zögern, trank Harry und fühlte sich sofort besser und erfrischt.
»Sie gewöhnen sich daran«, sagte Snape und erst jetzt wurde Harry sich seiner Umgebung bewusst. Sie standen vor dem »Tropfenden Kessel«.
»Wir gehen jetzt dort rein. Bleiben sie in meiner Nähe«, sagte Snape streng. Harry nickte und folgte seinem Lehrer in das Gasthaus. Es war für die Mittagszeit gut besucht. Sofort wandten alle die Köpfe um, als sie Harry entdeckten. Es wurde getuschelt und der Junge machte sich immer kleiner. Severus sah, dass es ihm unangenehm war, dass er im Mittelpunkt stand etwas, was er nicht erwartet hatte. Harry wurde immer langsamer und schrie kurz auf, als einer der Gäste ihn flüchtig am Arm berührte. Severus sah, dass er kurz vor einer Panikattacke stand. Er ging auf ihn zu, legte ihm einen Arm um die Schulter und führte ihn zügig nach draußen in den Innenhof der Wirtschaft.
»Atmen Potter!«, sagte er ruhig und Harry holte tief Luft.
»Gut so. Na schön, ich weiß das alles ist nicht so einfach, aber sie, wir müssen uns dem stellen. Nehmen sie meine Hand und lassen sie nicht los, verstanden?«, Severus hielt Harry seine Hand hin. Er sah keine andere Möglichkeit zu verhindern, dass er den Jungen irgendwann zwischen den Menschen verlieren würde, weil dieser vor Panik schlicht stehen blieb. Harry starrte ihn nur an und rührte sich nicht.
»Nun machen sie schon. Das werden wir beide überleben!«, sagte er strenger und sofort reagierte Harry und griff zu. Die Hand des Jungen war schweißnass und eiskalt. Severus trat an die Mauer und Augenblicke später standen sie in der Winkelgasse. Es herrschte reges Treiben. Viele kamen aus der Mittagspause und waren auf dem Weg nach Hause. Severus zog Harry mit sich und spürte, wie sehr der Junge sich verkrampfte. Unwillkürlich strich Snape mit dem Daumen beruhigend über Harrys Handrücken und es half, als sie vor »Madam Malkins - Anzüge für alle Gelegenheiten« standen, war Harry deutlich ruhiger.
»S-Sir?«, sagte er zögernd und Severus sah zu ihm herab.
»I-Ich ... muss noch Gold holen.«
»Wozu?«
»Z-Zum Bezahlen.«
»Nun Potter, solange sie in der Obhut von Remus und mir sind, obliegt es uns, für ihr Wohlergehen zu sorgen und dazu gehört auch ihre Ausstattung. Es ist ihnen sicher nicht bewusst, aber das ist es, was ein Vormund tut«, mit Unverständnis sah Harry seinen Lehrer an, nickte aber schließlich.
Der Laden, der vor Stoffballen, Anzügen und Kleider aus allen Nähten zu platzen schien, war zu Severus' Erleichterung leer. Sofort als er die Tür geschlossen hatte, kam Madam Malkins auf sie zu.
»Ah guten Tag, wie kann ich ihnen helfen?«, die rundliche kleine Frau mit dem einnehmenden Lächeln schien Harry nicht zu erkennen, auf jeden Fall ließ sie sich nichts anmerken.
»Der Junge braucht eine komplette Garderobe. T-Shirts, Hosen, Pullover, Socken, Unterwäsche und einen Mantel«, sagte Severus und schob Harry in Richtung der Frau.
»Oh sehr schön, na dann komm mal mit«, sagte sie und ließ Harry sich auf einen kleinen Hocker stellen. Ein Maßband schwebte nun um ihn und Madame Malkins notierte alles.
»Gut, also was gefällt dir denn so?«, wollte sie wissen, während Harry wieder vom Hocker stieg.
»Ähm...ich weiß nicht. Rot mag ich«, sagte Harry zögernd. Die Frau nickte verstehend und suchte einige Sachen heraus. Schließlich stand er in einer dunkelgrauen Stoffhose und einem bordeauxroten T-Shirt vor dem Spiegel. Darüber hatte er ein schwarzes offenes Hemd, dessen Ärmel Madame Malkins ihm bis zu den Ellenbogen hochkrempelte.
»Was sagst du?«, wollte sie wissen. Harry schluckte schwer. Er hatte bis auf seine Schuluniform noch nie Sachen besessen, die ihm passten und die tatsächlich neu waren.
»Ja, ja sehr schön, darf ich das anbehalten?«, fragte er unsicher.
»Oh ja sicher, aber da musst du besser deinen Vater fragen«, sagte die Frau munter.
»Äh...das ist nicht mein Vater...«, sagte Harry schnell und sah zu Severus, der so tat, als hätte er nichts weiter gehört.
»Vormund und ja, er kann die Sachen anbehalten«, sagte er steif und legte den Pullover, den er gerade in der Hand gehabt hatte beiseite.
»Nun gut. Ich suche noch einige andere Sachen zusammen, die dir sicher gefallen werden«, sagte Madame Malkins und zwinkerte Harry zu. Dieser stand immer noch vor dem Spiegel und betrachtete sich. Severus beobachtete den Jungen. Zum ersten Mal sah er ihn in Sachen, die ihm nicht zu groß waren, und nun wirkte der Zwölfjährige so unendlich klein und dünn, dass man annehmen konnte, er sei höchstens acht oder neun. Warum war ihm das im letzten Jahr nicht aufgefallen? Madame Malkins riss ihn aus seinen Gedanken.
»Reicht das?«, fragte sie und wies auf mehrere Stapel Kleidung. Severus nickte.
»Ja, das sollte reichen, danke!«, sagte er, griff in seine Tasche und bezahlte, während Harry neben ihm stand und sich sichtlich unwohl fühlte. Snape verkleinerte die verpackten Sachen und steckte sie in seinen Umhang, ehe er sich von Madame Malkins verabschiedete. Vor der Tür sah er Harry an, der noch immer nichts gesagt hatte.
»D-danke, aber...aber ich hätte...«
»Nichts hätten sie Potter. Ich sagte ihnen bereits, wie es aussieht. Remus und ich sind nun vorerst ihre Vormünder und daher versorgen wir sie nicht nur mit Essen, sondern auch mit Kleidung und nun lassen sie uns gehen«, sagte Severus und wandte sich zum Gehen, als er Harrys schmale Hand in seiner fühlte. Der Junge hatte ganz automatisch wieder nach der Hand des Lehrers gegriffen und schreckte nun zurück, als er dessen Blick sah. Schon wollte er die Hand wegziehen, aber Severus hielt sie fest, nickte und lief los. Sie hielten vor »Flourish und Blotts« und Severus ließ Harrys Hand los.
»Ich muss noch etwas besorgen, sehen sie sich ruhig um, aber bleiben sie in der Nähe. Ich habe keine Lust, den Laden nach ihnen abzusuchen, verstanden?«, schnell nickte Harry und folgte seinem Lehrer in das Geschäft. Es war recht leer und während Snape gezielt nach etwas zu suchen schien, ließ Harry seinen Blick über die Regale wandern. Im letzten Jahr, als er mit Hagrid hier war, war es voll und laut und er hatte keine Zeit, sich groß umzusehen nun erst sah er, wie viele Bücher es doch hier gab. Sein Blick blieb an einem etwas dickeren Buch hängen, dessen Einband eine gemalte Lilie zierte. »Heilpflanzen der nördlichen Hemisphäre« stand in goldenen Lettern darunter. Fasziniert blätterte Harry in dem Buch und konnte sich an den gemalten Bildern von Pflanzen und Kräutern kaum sattsehen.
»Ich bin fertig«, Snapes Stimme ließ ihn zusammenzucken. Schnell legte er das Buch beiseite und drehte sich um. Severus erhaschte einen Blick auf den Einband und er ahnte, warum der Junge es ausgewählt hatte.
»Gehen wir«, sagte er und führte Harry aus dem Laden. Vor der Tür griff er, ohne Umschweife wieder nach der Hand des Jungen.
»Wir treffen uns mit Remus in Florean Fortescues Eissalon«, erklärte er und zog Harry mit sich.
Remus Lupin hatte es sich in der Sonne, unter einem der rotweiß gestreiften Sonnenschirmen gemütlich gemacht. Ein Kellner brachte gerade den bestellten Kaffee. Remus' Blick wanderte in die Ferne. Er fragte sich, ob Harry und Severus einigermaßen miteinander ausgekommen waren. Er liebte Severus, aber er wusste, wenn es um James Potter ging, dann wurde er oft unfair und dies musste nun auch sein Sohn spüren. Trotz allem hatten der Junge und sein Schicksal etwas in ihm verändert, da war Remus sich sicher. So in Gedanken hätte er Severus und Harry beinahe nicht gesehen. Dann aber entdeckte er sie und winkte sie zu sich. Lächelnd registrierte er, dass Severus den Jungen an der Hand hielt.
»Das sieht toll aus!«, sagte er, als die beiden vor ihm standen. Er stand auf, küsste Severus und besah sich dann Harry.
»Das steht dir«, sagte er und Harry lächelte flüchtig.
»Ja, i-ich mag es. D-danke für die Sachen...«, sagte er und Remus sah fragend zu Severus.
»Mr. Potter war der Meinung, dass er selber für sie Garderobe sorgen muss«, erklärte dieser. Remus nickte verstehend.
»Mach dir keine Gedanken, hörst du?«, Harry nickte und setzte sich auf den Stuhl, auf den Remus wies.
»A-arbeitest du in der Winkelgasse?«, wollte er zögernd wissen.
»Nein ich arbeite im Ministerium als Bibliothekar. Möchtest du etwas essen?«, fragte Remus, da der Kellner inzwischen an ihren Tisch getreten war. Harry sah überfordert auf die Karte und dann zu Severus, der gerade einen Kaffee und ein Stück Kuchen bestellt hatte.
»Für den Jungen ein Glas Milch und etwas Shortbread«, sagte dieser und der Kellner nickte.
»I-ich, also darf ich zu Toilette?«, fragte Harry und senkte den Blick.
»Ja, sicher. Geh nur! Findest du es alleine?«, wollte Remus wissen.
»Ja, ich denke schon«, sagte Harry, stand auf und ging in den Laden. Remus sah zu Severus.
»Ich weiß, was du willst, aber lass ihn. Du hilfst ihm nicht, wenn du ihm alles abnimmst. Er hat im letzten Jahr den Stein der Weisen gefunden, da wird eine Toilette keine Herausforderung für ihn darstellen«, sagte Severus lächelnd. Remus zog die Augenbrauen nach oben, sagte aber nichts.
»Wie war es heute?«, wollte er lediglich wissen. Severus zuckte mit den Schultern und erzählte kurz von den Vorfällen am Morgen.
»Sev, du bist auch Heiler, was...also was denkst du?«
»Ich denke, er hat einen weiten Weg vor sich und wir wissen noch immer nicht alles. Fakt ist, bevor er gegen diese Muggel aussagen kann, wird noch einige Zeit vergehen«, sagte Severus nachdenklich, als der Kellner den Kaffee und die übrigen Sachen brachte.
»Wo bleibt er nur?«, wollte Remus wissen.
»Ich geh schon«, sagte Severus und stand auf.
Als er den Laden betrat, kam ihm bereits ein korpulenter Mann mit schütterem Haar und einer gestreiften Schürze, aufgeregt entgegen.
»Gehört der kleine Junge zu ihnen?«, wollte er sichtlich panisch wissen. Severus spürte sofort einen Knoten im Magen. Etwas, was er zuvor noch nicht gefühlt hatte. Er nickte.
»Ich...ich weiß nicht was passiert ist. Ich hab ihn nur an der Schulter berührt und wollte wissen, ob es ihm hier gefällt, wissen sie er hat sich die Dekoration im Fenster dort angesehen, und da...da hat er aufgeschrien und ist panisch geworden«, der Mann wies hinter sich zu einer Tür, die offenbar zu den Toiletten führte. Severus überlegte einen Moment, ob er Remus holen sollte, aber dann ging er selbst mit schnellen Schritten auf die Tür zu. In dem Gang entdeckte er Harry nicht, also ging er nach rechts zu den Toiletten. Harry saß mit angezogenen Knien schluchzend auf dem, rot-weiß gekachelten Boden. Severus sah, schon von der Ferne, wie sehr der Junge zitterte. Langsam ging er näher und hockte sich vor ihn. Nachdem er den Mann gesehen hatte, ahnte er, warum Harry in Panik geraten war.
»Harry?«, sagte er so sanft, er konnte. Der Junge sah auf. Seine Augen waren rot und Tränen schimmerten darin.
»Das war nicht dein Onkel!«, sagte Snape eindringlich.
»I-Ich...«, stotterte Harry unter Schluchzen.
»Schon gut, wir stehen jetzt einfach auf und gehen wieder nach draußen, einverstanden?«, sagte Severus und hielt ihm eine Hand hin. Harry streckte zitternd die Hände aus. Beide Handflächen waren blutig. Er hatte so fest die Finger zur Faust geballt, dass seine Nägel diese Verletzungen verursacht hatten. Severus zog ihn nach oben. Harrys Hose war nass und der Junge starrte auf den Boden. Severus zog den Zauberstab und trocknete die Hose. Er wusste, dass Harry hier wegmusste. Das Kind zitterte wie Espenlaub und seine Atmung war abgehackt. Ohne lange zu überlegen, hob er ihn hoch und brachte ihn aus dem Laden. Remus kam ihm bereits entgegen. Er hatte sich Sorgen gemacht und als er die beiden sah, wurde er blass. Harry hatte seine Arme um Severus' Hals gelegt und weinte leise. Snape hielt ihn fest und sah Remus ernst an. Dieser nickte.
»Ich hab bezahlt, lass uns gehen!«, sagte er und schritt zügig in Richtung »Tropfender Kessel«.
Wieder in Spinner's End, setzte Severus, Harry auf dem Sofa ab, verließ kurz den Raum und reichte ihm dann eine Phiole. Harry trank und sofort spürte man, wie er langsam ruhiger wurde. Das Zittern hörte auf und seine Atmung normalisierte sich. Sanft zog Remus die verletzten Hände zu sich und träufelte etwas Diptam-Essenz darauf, sofort schlossen sich die Wunden.
»Was ist denn passiert?«, wollte er wissen.
»Er sah aus wie...«, stotterte Harry und sah nicht auf.
»Einer der Mitarbeiter von Florean Fortescues, sah aus wie sein Onkel«, half Severus.
»Mr. Potter, ich weiß es ist schwer, aber...solche Attacken werden immer wieder kommen, wenn sie nicht darüber reden«, sagte er, dann so vorsichtig er konnte. Remus sah seinen Partner an, erst wollte er eingreifen, ihn bitten Harry nicht mit so etwas zu belasten, aber dann erkannte er, dass Severus recht hatte. Je mehr Harry in sich hineinfraß, je tiefer wurden die Wunden auf der Seele. Nach unendlichen Momenten der Stille hob Harry den Kopf und sagte: »Ich kann mich nicht erinnern, je keine Schmerzen gehabt zu haben...«
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